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2009

BERICHT AUS ZÜRICH

Als nach Kriegsende die ersten deutschen Kameras der Nachkriegsproduktion in der Schweiz feilgeboten wurden, war man hier allgemein über die maßlos hohen Preise erstaunt. Kein normaler Mensch konnte sich zum Beispiel eine Leica für 1600 Fr. leisten. Das war nämlich der Preis einer Leica IIIc Summitar, eine IIIc mit Elmar kostete 1400 Fr., eine Rolleiflex etwa 900 Fr. und die Retina I und II zwischen 400 und 800 Fr. Zu allen diesen Preisen kamen jeweils noch die 10% Luxussteuer (in der Schweiz ist eben das Fotografieren noch Luxus!) und die 4% Umsatzsteuer, also zusammen 14%! Weiß man, daß ein guter Arbeiter hier zwischen 500-600 und ein Angestellter seine 700 bis 800 Fr. im Monat verdient, so kann man wirklich von ihnen nicht verlangen, daß sie zwei volle Monatsgehälter ausgeben, um eine gute Kamera zu kaufen.
Die Ursache dieser übersetzten Apparatepreise lag natürlich hauptsächlich in dem zu hohen Wechselkurs von 129 Fr. für 100 DM, während ja der freie Kurs an der Zürcher Börse seit vielen Monaten schon zwischen 65 und 75 Fr. für 100 DM beträgt. Ergo war es für die Eidgenossen sehr vorteilhaft, mit schwarzen Mark sich in Deutschland eine Kamera zu kaufen, wäre nicht die strenge Zollkontrolle, die ja bekanntlich besonders scharf nach Photoapparaten fahndet.
Die Folge der hohen Preise dieser deutschen Apparate war nun einmal, daß sie unverkäuflich waren, und dann, daß billige, nicht so hochwertige amerikanische, italienische und schließlich noch französische Apparate den Markt in der Schweiz überschwemmten. Für den Knipser mögen sie ja recht sein, aber der ernsthafte Amateur trägt halt doch Tag und Nacht den großen Wunsch in seinem Herzen herum, den Wunsch nach einer Leica, einer Rollei, einer Contax, Retina oder einem Robot - wie sie nun alle heißen mögen!
Nun kam in diesem Herbst die große Abwertungswelle, die D-Mark wurde zum Schweizer Franken auf 104 Fr. = 100 DM abgewertet. In uns Amateuren stieg die Hoffnung mächtig an, nun doch endlich die Möglichkeit zu sehen, eine hochwertige Kamera „Made in Germany" zu erstehen. Und richtig, gerade in den Tagen vor Weihnachten verkündeten uns die Photogeschäfte: „Großer Preisabschlag auf deutsche Kameras - wegen Abwertung!" Betrachten wir die gleichen Apparate mit den neuen Preisen, so sehen wir, daß die Photohändler ihren Gewinn gleich auch noch etwas abgewertet haben, jedenfalls sind die neuen Preise um einiges tiefer, als die Abwertungsdifferenz von der Mark zum Franken ausmacht. So kostet die Retina I heute 246 Fr., die Retina II 598 Fr., die Leica IIIc mit Summitar 1119 Fr., die Leica IIIc Elmar 810 Fr. und schließlich der Rolleilex-Automat 680 Fr. Dazu kommen natürlich nach wie vor die 14% Steuern, die wir ja alle dem Staat zuliebe so gerne bezahlen.

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