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Artikel
2009
BERICHT
STEREO HOLT WEITER AUF
Seitdem sich die Filmindustrie in den Vereinigten Staaten der Raumbildtechnik mehr oder weniger bemächtigt hat, zum mindesten einer Illusion räumlicher Bildwirkung, hat sich das auch auf die Kameraindustrie ausgewirkt. Für die Filmindustrie bedeutet die Stereotechnik ungefähr das, was dem Ertrinkenden der berühmte Strohhalm ist: Die Fernsehempfänger sind schuld, daß die Zahl der Filmbesucher stark abgenommen hat und schon Hunderte von Filmtheatern zum Schließen gezwungen wurden. Nach dem Stummfilm kam der Tonfilm, dem der Ton-Farbfilm folgte. Nun versuchen die Filmgesellschaften in Hollywood, den faszinierenden Reiz der Raumtiefe ihren Zielen dienstbar zu machen. Das alles geschieht unter großem Aufwand an Propaganda, der von der Presse aus Selbsterhaltungstrieb nach Kräften mit Berichten unterstützt wird; denn auch sie fühlt sich natürlich bedroht, weil Leute mit Fernsehempfängern weniger lesen als solche, die sich mit einem Rundfunkapparat begnügen. Die ständig inserierenden Filmtheater sind auch ein weit besserer Anzeigenkunde als die Industrie für Fernsehgeräte.
Dieses Aufsehen, das um den plastischen Film heute künstlich gemacht wird, hat für die photographische Industrie wichtige und einflußstarke Nebenwirkungen. Der dreidimensionale Film in den Kinos, für den das echt amerikanische Wort 3-D-Film entstanden ist, macht sich natürlich als eine gewaltige, wenn auch kostenlose Reklame für Aufnahmekameras und Betrachtungsgeräte, weiterhin auch für die Filmindustrie höchst angenehm bemerkbar. Je mehr Leute für Raumbilder begeistert sind, desto besser geht das Geschäft mit Stereokameras, wie man sich denken kann. Ob die Fabriken für Stereokameras nicht sogar die Ursache sind, daß die 3-D-Filme jetzt auf einmal mit solcher Begeisterung einer verzweifelten Industrie aufgegriffen wurden, oder ob die Fabrikanten für Stereokameras eine so hervorragende Witterung für das, was kommt, schon vor einigen Jahren hatten, ist schwer zu entscheiden. Auf jeden Fall kommt jetzt die Stereokamera immer mehr in den Brennpunkt des Interesses. Nun macht sich die seit Jahren zäh betriebene Werbung für die View-Master-Bildscheiben und auch für die daraus entwickelte Stereokamera erst richtig bemerkbar. Auch bei anderen Firmen, die ähnliche Geräte bauen, rührt es sich: Die David White Company, Milwaukee, Wisconsin, eine seit 52 Jahren bestehende Kamerafabrik, die bisher Nivellierinstrumente und andere Feinmeßgeräte baute, hat mit ihrer Stereo Realist genannten Kamera einen immer größeren Erfolg. Im Jahre 1947 entfielen nur 8,58 % ihrer Umsätze auf die Kamera, 1952 waren es bereits 67 %, was dazu geführt hat, daß eine Investmentgesellschaft unter Führung von Bear, Stearns & Co. in New York und Loewi & Co. in Milwaukee sich die Aktienmehrheit bei der David White Company gesichert hat. Das bedeutet, daß sie über ein wahrscheinlich erheblich größeres Kapital verfügt und jetzt erst richtig loslegen wird. Der Leiter der David White Company, Charles 0. Rothweiler, der ihr 46 Jahre angehörte, ist ausgeschieden. An seine Stelle trat Theodore 0. Salzer, der bisher stellvertretender Direktor war. Seinen Posten hat Willis Rabbe übernommen, der von seinem Posten als stellvertretender Direktor der Parker Pen Company zurücktrat, eine der bedeutendsten und erfolgreichsten Füllhalterfabriken. Die Stereo-Realist-Kamera, die 16 Doppelbild-Paare auf normalem Farbfilm für 20 Aufnahmen im Format 24X 36mm liefert, soll mit allen Werbemitteln vorangetrieben werden.
In absehbarer Zeit ist auch eine neue 3-D-Kamera zu erwarten, die von der Lionel Corporation konstruiert wird. Diese Gesellschaft hat sich bisher auf Spielzeug-Eisenbahnen konzentriert und war darin führend. Sie ist hervorragend eingerichtet und besitzt einen umfangreichen Maschinenpark. Ihre Neuheit soll eine billige Stereokamera sein, so daß ein großer Kreis der Interessenten, die weder 159 Dollar für die Stereo Realist und auch keine 149 Dollar für die View-Master ausgeben konnten, als Absatzgebiet in Frage kommt.
Beim Laboratorium für Farbfilm-Entwicklung der Eastman Kodak Company in Chicago hat sich die Zahl der Stereofilme, die dort eingeliefert wurden, von 1951 bis 1952 um 350 % erhöht, was für die Verhältnisse bezeichnend ist. E. B.
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