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Artikel

Expertenteam testet:

AlexanderSpoerl, Joachim Giebelhausen, Jürgen Hahne

Canon F-1

Das Sucher- und Belichtungsmeßsystem

Jede Kamera ist so dynamisch wie ihr Sucher (-System). Schon mit der Augenmuschel fängt es an. Weich und daher immer fremdlichtsicher erlaubt sie bequemes Visieren in allen Lagen. Das Prismensystem ist außergewöhnlich flach gebaut. Wie man hier die optischen Notwendigkeiten bezwungen hat, ist erstaunlich. Das Kennzeichen der Canon als hochqualifizierte Systemkamera ist die Austauschbarkeit, weil damit wieder Spezialsucher und Belichtungsmeßgeräte angesetzt werden können, die uns noch schneller und unabhängiger machen.
Der sogenannte Sportsucher zum Beispiel ist viel mehr als sein Name sagt. Aus einigen Zentimeter Abstand hat man ein brillantes rechteckiges Sucherbild - ohne daß man dicht an das Okular heran muß. Das gibt Beweglichkeit, Übersicht und deutliche Sicherheit bei Verfolgung schneller Bewegungen, also echte Überlegenheit - noch dazu bei einer Drehung um 90xGRADx oder 180xGRADx für Schüsse mit Einblick von oben oder mit waagerechtem Einblick am Reprogerät, bis zur Mikroaufnahme. Winkel- und Lichtschachtsucher, Einstell-Lupe und die Serie auswechselbaren Mattscheiben liefern für jedes Spezialgebiet, für jeden Individualisten die optimale Einstellmöglichkeit.
Das eingebaute Belichtungsmeßsystem mit TTL-Messung durch das Objektiv und Nachführzeiger kann nunmehr durch zwei interessante Instrumente ergänzt werden: Den Verstärker-Sucher-T und den Servosucher EE.
Der Verstärker-Sucher-T ermöglicht dank seines stark erweiterten Meßbereichs mit elektronischem Zeitwerk genaue Belichtungsermittlung bei extrem ungünstigen Lichtverhältnissen und paßt sich damit dem "Available-light-Stil" moderner Reportagen sowie den höchstempfindlichen Aufnahmematerialien an. Das zeigt schon sein Meßbereich bis zu 60 Sekunden. Das System der Durchschnittsmessung hat sich im Test bei Nachtaufnahmen beleuchteter Großstadtstraßen d. h. mit vielen kleinen farbigen Lichteffekten glänzend bewährt. Beleuchtete Umfelder und Hausfassaden waren gut durchbelichtet, während die Lichtquellen selbst nicht "ausgefressen" waren, sondern noch in ihrer ganzen Farbigkeit schimmerten. Bühnenfotos zeigten den gleichen Effekt, indem die Kamera zwischen den Schauspielern im Rampenlicht und der schwächer beleuchteten Dekoration vermittelte. Die eingebauten Stop-Signale gaben dabei eine gute Hilfe wenn es um Über- oder Unterbelichtung ging.
Da man sich mit dem Verstärker-Sucher um keine Belichtungseinstellung zu kümmern braucht, da diese automatisch erfolgt, hat man Kopf und Hände für kreative Fotografie frei.
Bei vorgewählter Belichtungszeit dagegen wird die Blende motorisch den wechselnden Lichtverhältnissen laufend und kontinuierlich angepaßt, wenn man den Servosucher EE aufsetzt. Nicht nur der schnelle Reporter wird damit noch schneller, auch die technisch-wissenschaftliche Fotografie erfüllt damit Aufgaben, die bisher nur mühevoll und zeitraubend bewerkstelligt werden konnten. Zwei CdS Fotozellen nehmen das Licht im Prismensystem auf und verarbeiten die Impulse elektronisch in Motorumdrehungen für die Blendenregulierung. Das praktische Ergebnis sind absolut gleichmäßig belichtete Filme ohne einen Handgriff. Das funktioniert sogar bei 10xGRADx Minus (weiter konnten wir leider nicht testen). Mit Motor und einem Zeitgeber kann demnach die Canon F-1 unter wechselnden Lichtverhältnissen völlig selbsttätig Bildserien bis zu 250 Aufnahmen in beliebigen Abständen aufnehmen. Das ist unter Technikern noch viel zu wenig bekannt.
Beispiele der Anwendung: Automatische Registrierung in der Meteorologie, Verhaltensforschung bei Tieren, Chemische Reaktionen über längere Zeiträume, biologische Vorgänge, Verkehrsbeobachtung usw. Selbst dynamisch arbeitende Werbefotografen benutzen den Servosucher, weil sie völlig unabhängig von der Technik werden. Weshalb nicht auch der anspruchsvolle Amateur?

Das optische System

Besonders intensiv wurden die Weitwinkelobjektive untersucht. Vignettierungsfreiheit auch beim 24mm Weitwinkel erlebt man nur selten - hier ist sie garantiert da. Was ebenso wichtig ist: Volle Detailwiedergabe, sprich brillante Konturenschärfe, im Nahbereich. Weitwinkel im Nahbereich - ein noch selten beachtetes Feld fotografischen Dimensionen! Dazu allein lohnt sich das Canon-System zu benutzen, um Dinge und Lebewesen in perspektivisch reizvoller Weise darzustellen.
Teleobjektiv und Dunstfilter gehören zusammen, dann aber lassen sich mit der Canon sogar noch aus freier Hand scharfe Teleaufnahmen schießen. Ihre handgerechte Konstruktion macht sich um ca. eine Blende bzw. Verschlußzeit-Stufe bezahlt. Man hält sie einfach ruhiger.
Ober die einzelnen Objektive und ihre Daten geben die nüchternen Zahlen dem Kenner alle Auskunft.
Eine Besonderheit der neuen Canon-Objektive der FD-Serie ist ihre Einsatzfähigkeit auf allen fotografischen Gebieten, wie Nachtaufnahmen mit voller Öffnung und Nahaufnahmen. Stets bleibt die volle Abbildungsqualität erhalten. Man hat das mit einem hohen technischen Aufwand erreicht, indem man bei der Fokussierung die einzelnen Linsenabstände automatisch bewegt. Damit erreicht man ferner eine verzeichnungsfreie Abbildung bei allen Brennweiten.
Ganz augenfällig wirkt sich diese optische Spitzenleistung im Objektivbau natürlich bei Reproduktionen von exakten technischen Zeichnungen oder Plänen aus. Hier bemerkt man sofort jede objektivbedingte Verzeichnung gerader Linien usw.
Da Reproduktionen außerdem im Nahbereich erfolgen, ist dies ein doppelter Test. In der zehnfachen Vergrößerung kann man die kleinste Distorsion mit dem Lineal feststellen. Canon kommt hier wirklich an den Rand der Vollkommenheit.
Bei den Weitwinkelobjektiven überrascht die haargenaue Einstellmöglichkeit über das Mikroprisma des Suchers, weil dies bei Weitwinkeln immer problematisch ist. Erübrigt sich zu erwähnen, daß die längerbrennweitigen Objektive davon besonders profitieren. Der Einstell-Hub ist bei allen so kurz wie möglich gehalten - nicht weiter als 2/3 des Umfangs. Das ergibt ein schnelles Fokussieren in allen Lebenslagen. Weitgehende Normung der Filterschraubringe im Durchmesser läßt den Praktiker fast mit einem Filtersatz auskommen, wenn er nicht extreme Objektive verwendet. Die manuelle Blendenkorrektur ist arretierbar, für bildmäßige Fotografie ein "Muß", doch keineswegs überall zu finden.

Das Motorsystem

Drei Belichtungen pro Sekunde - und das mit der gleichen Präzision wie sonstige handgeschaltete Einzelaufnahmen. Intervall-Einstellung bis 60 Sekunden Phasen. Fernsteuerung. Diese Kriterien lassen manchen Sport-, Tier- und Wissenschaftlichen Fotografen aufmerken, denn nun sind mit weiteren Hilfsmitteln in Kombination alle in der Praxis vorkommenden Aufgaben roboterhaft zu lösen. In Verbindung mit der Canon-Filmkassette 250 hat auch der Reporter einen Tagesbedarf in der Hand und ist mit Einzelaufnahmen - wie mit Serienschaltung bestens ausgestattet. Drahtlos ferngesteuert ergeben sich weitere Anwendungen in der Technik und Wissenschaft. Man denke an Explosionsaufnahmen, Windkanal- oder Flugtest-Aufnahmen, Sport-Analysen und physikalische Vorgänge im Labor.

Die Extras (Spezialzubehör)

Wo soll man anfangen? Wir konnten nur einiges, Wichtiges testen. Zum Beispiel das Canon-Nahaufnahme-System.
Der Schlitten für extreme Nahbereiche, dazu Spezial-Makroobjektive wie das FL 50 mm mit seiner Nahbereichskorrektion dazu die Blitzautomatik des Canon Auto-Tuning-Systems, bei dem die Belichtungsautomatik der Kamera auf das Blitzgerät übertragen wird - all diese Kombinationen machen die angewandte Fotografie zu einem wertvollen Helfer auf allen Gebieten. Reprogerät und mechanisches Nahgerät, Spiegelobjektive, Zoom-Objektive, Fish-Eye-System mit 7,5 mm Brennweite, Spezialblitzgerät mit variabler Leistungsumstellung (Speedlite 500) und Mikroadapter erweitern den Radius der Canon, des genial anpassungsfähigen und aufbaufähig konstruierten Grundmodells in fantastischer Universalität bei höchster Funktionstüchtigkeit unter allen extremen Umständen.

Das Fazit

Unsere Test-Arbeiten fanden unter dem Tenor statt, möglichst viele - in der Praxis vorkommende - Tatbestände zu simulieren. Das Fazit aller Test-Ergebnisse ist, daß das System der Canon F-1 unter Würdigung aller Kriterien nur Superlative zuläßt. Kritik an unbedeutenden Kleinigkeiten wäre banal.
Und die letzte Frage: Rechtfertigt das CanonF-1-System seinen Preis? Wir würden einhellig sagen: Ja.

Abschnitt II: Alexander Spoerl "Canon-kaputt-Test"

Schon in der Wiege entwickelte ich meine wesentliche Begabung. Denn von Baby an war ich davon überzeugt, daß gewisse Dinge auch gewisse Sachen aushalten müssen.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil!
Wenn ich mir eine Kamera kaufe, dann soll die auch über Nacht im Auto frieren können, und hinterher muß sie trotzdem funktionieren. Genau genommen: sogar in der Arktis.
Und im Sommer will ich meine Kamera auch im Auto lassen, selbst wenn das Cockpit zum Brutkasten wird.
Und ich will im Boot meine Kamera auf irgend eine Bank legen können, bei allem Navigieren soll die Sonne getrost ins Objektiv scheinen, und ihre Verschlußautomatik hat gefälligst weiter zu funktionieren.
Eine Kamera soll nicht so sensibel sein, daß sie nicht mal vom Tisch herunterfallen darf. Denn ich will nicht der Sklave eines technischen Erzeugnisses sein, und sei dies Erzeugnis noch so "fabelhaft".
Die Canon ist zweifellos "fabelhaft".
Es gibt offenbar nichts, was man nicht mit ihr kann. Dazu besteht sie aus zehntausend Einzelteilen, rühmt sich sogar dieser Zahl, und hat unbezahlbar viel Zubehör.
Fragt sich nur: kann man sie auch kaputt machen?
Bei zehntausend Einzelteilen müßte das leicht sein.

Hitzetest

Erst buk ich sie, das heißt, ich legte sie bei 80xGRADx C für drei Stunden in den Backofen. So heiß wird im Auto eine Kamera, wenn man sie da liegen läßt und die Sonne darauf scheint. - Hinterher belichtete die Automatik korrekt (in diesen und in allen weiteren Torturen war Kodachrome 11 geladen), auch dem Linsenverband hatte die Hitze nichts angetan. Die Bilder waren gestochen scharf.

Kältetest

Am nächsten Tag packte ich sie in die Gefriertruhe. - Weil sie beim Herausnehmen sofort beschlug, konnte ich keine Testfotos veranstalten. Trotzdem konnte ich feststellen, daß der Verschluß seine Zeiten einhielt (geprüft mit Tonbandaufnahmen). - Und alle Einstellgewinde gingen trotz des Frostes immer noch wie in Butter. Es beschlugen: die Frontlinse des Objektivs von außen, Sucheraustritt und -Okular, aber auch die Unterseite des Dachprismas und die Oberseite des Planglases auf dem Gehäuse, weil der Sucher aufsteckbar ist und dahin sofort der Wasserdampf gerät. Es beschlugen nicht: Hinterseite des Objektivs, Spiegel, sonstige Innereien der Kamera, also z. B. der Verschluß oder der Film. So dicht ist das Gehäuse!

Lichtschock-Test

Ich schoß das Licht einer Jodlampe für eine halbe Stunde auf 1,5 Meter Distanz in das Objektiv, weil das nicht alle Kameras vertragen. Es gibt da offensichtlich Kurzschlußeffekte. (Man will seine Kamera ja auch einmal mit "Linse oben" in der Sonne liegen lassen.) Ich trieb das zweimal, einmal mit aufgeklapptem Spiegel und einmal mit zugeklapptem Spiegel. Und machte hinterher Testaufnahmen. - Die Automatik blieb unbeirrt:

Blenden-Verschlußzeit-Test

Bei einer Automatik mit Vorwahl der Verschlußzeiten muß die Blende immer im richtigen Verhältnis zur gewählten Verschlußzeit stehen. - Allein hier ergaben sich Differenzen von schätzungsweise einer halben bis einer vollen Blende. Das darf nicht einmal bei einer billigen Kamera passieren. Aber ganz offensichtlich handelte es sich bei dem mir gegebenen Exemplar um einen "Ausreißer". Oder vielleicht hatte ich die Canon schon zu sehr strapaziert. Bei einer gesunden Canon kommt das bestimmt nicht vor! (Bei dem in der Zwischenzeit umgetauschten Gehäuse konnten absolut richtige Ergebnisse erzielt werden. Red.)

Falltest

Die Redaktion hatte mir nicht erlaubt, die Kamera ein paarmal vom Tisch fallen zu lassen. - Mein Schreibtisch ist 74 cm hoch, auf dem Boden liegt allerdings ein langhaariger Teppich. Ich konnte es nicht lassen. Die Canon fiel fünfmal vom Schreibtisch. Trotz des langhaarigen Teppichs hat es ein paarmal gebumst. Danach funktionierte der Verschluß richtig und die volle Schärfe war auch noch da.
Für den einen, den letzten Test fehlte mir das Herz: Mal mit dem Hammer draufschlagen. Diesbezüglich bitte ich Sie um Verzeihung; eine Kamera ist ja auch nicht als Amboß gedacht, sondern mehr zum Fotografieren. Insofern wäre dieser Test irrelevant geworden.
Ich bin auch nicht mit dem Auto darüber gefahren, -einfach weil mir die Reifen zu schade sind.

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