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Artikel
Prüfstandtest
Test-Stenogramm
Fujica ST 901
Mein Freund und "Mitstreiter" Alexander Borell hat die Fujica ST 901 bereits in seiner Art gewürdigt. Wir beide kamen aber überein, daß es für die Leser von COLOR Foto-Journal sicherlich interessant sein würde, wenn auch ich diese Kamera noch einmal auf den Prüfstand nehme. Wir beide wissen nicht, was der eine oder andere geschrieben hat, denn das Heft mit dem Test von Alexander Borell ist noch nicht auf dem Markt und meine Testarbeiten müssen 2 Monate vor Erscheinen abgeschlossen sein.
Dies ist auch ein interessanter Test in eigener Sache. Er kann, wenn es hier zu Ergänzungen in der Aussage kommt, die dem Leser ein noch besseres Bild vermitteln, dazu führen, daß wir vielleicht zu einer neuen Testform finden.
Vielleicht! Dieses Vielleicht ist eigentlich eine Sache, die mehr in den Entscheidungsbereich des Lesers fällt.
Die Frage lautet demnach: Sollen wir beide künftig stets das gleiche Gerät testen?
Teil I würde sich mit der Ihnen vertrauten Testform von Alexander Borell befassen, Teil II würde ausschließlich aus meinen Meßergebnissen über das gleiche Gerät bestehen.
Oder sollen wir, wie bisher, "zweigleisig" fahren?
1. Beurteilung der technischen Eigenschaften
Die Fujica ST 901 ist eine Kamera mit automatischer Verschlußzeitenbildung. Das ist an sich nicht neu und entspricht dem Trend der letzten Zeit. Interessant aber ist, daß die Kamera, neben der elektronischen Zeitenbildung noch über ein mechanisches Hemmwerk für die Verschlußzeiten 1/60-1/1000 sek. verfügt. Man kann also auch ohne Batterie noch fotografieren. Nach der Fujica ST 801 (lesen Sie Test-Stenogramm COLOR Heft 11/73), bei der bekanntlich das Zeigerinstrument im Sucher durch 7 Leuchtdioden ersetzt war, zeigt die ST 901 die Verschlußzeit (bei automatischem Betrieb) mit Hilfe sog. LED direkt an.
Wer heute bereits eine jener kleinen Rechengeräte auf elektronischer Basis benutzt, kennt diese "Ziffernanzeige-Bausteine", kurz LED genannt. Aus zwei senkrechten und drei waagrechten Leuchtstrichen bilden diese LED's Zahlen, die man, weil sie manchmal etwas merkwürdig aussehen, auch Computerzahlen nennt. Das geht natürlich nicht wie von Geisterhand. Es sind einige integrierte Schaltkreise erforderlich, einem LED die entsprechende Information zu vermitteln.
In der Fujica 901 sind 4 LED's. 3 sind allerdings "Nullen". Es sind einfache LED's, die jeweils nur die Zahl "Null" anzeigen können. Nur das erste LED ist ein echtes LED. Wie das aussieht, sehen Sie auf den Fotos mit den 4 Abbildungen eines Ausschnittes des Sucherbildes. Jeweils am oberen Bildrand ist die Anzeige der Belichtungszeit zu sehen. Diese 4 Bilder sind wichtig, wenn man verstehen will, wie die Kamera anzeigt. Beginnen wir oben (3): Die Blende ist so weit geöffnet, daß 1/1000 sek. angezeigt wird. Alle drei "Nullen` leuchten und das LED hat die Zahl 1 gebildet. Darunter (4): Durch Schließen der Blende verringert sich die Belichtungszeit auf 1/200 sek. Das LED bildet die Zahl 2, weitere 2 "Nullen" leuchten. Bild 5: es leuchtet bei 1/60 sek. nur noch eine "Null", das LED hat die Zahl 6 gebildet. Darunter (6): wird die Lichtmenge zu stark (Blende zu weit geöffnet.), so daß selbst 1/1000 sek. zu langsam ist, leuchtet die erste "Null" mit einem Minusstrich. Die Aufnahmen entstanden übrigens durch Fotografieren mit einer anderen Kamera in den Sucher der Fujica. Das war gar nicht so einfach, denn die LED leuchten doch nur recht schwach und außerdem noch rot. Es war demnach zu befürchten, daß die Helligkeit der Einstellscheibe so groß sein würde, daß die LED-Anzeige nicht mehr zu sehen sein würde. Ich habe deshalb vor die Aufnahmekamera ein Rotfilter geschaltet.
Die Kamera kann also keine Zwischenwerte anzeigen. Angezeigt wird lediglich die ganze Zahl (1000, 500, 200, 100, 60, 30, 10, 5, 2, 1. Dann 2-, 5-, 10und 20-). Was zwischen diesen Werten liegt, bleibt dem Benutzer verborgen. Denn diese (verborgenen) Zwischenwerte werden ja, je nach Lichtmenge, in den Verschluß eingesteuert.
Nun ist das natürlich nicht überaus wichtig und man kann schon sagen, daß diese Digitalanzeige eine feine Sache ist. Ich bin, an anderer Stelle für diese Art der Zeiten- (oder Blenden-) Anzeige eingetreten und ich halte sie einfach für die Anzeigeart der Zukunft.
Strom braucht die Sache natürlich mehr als die herkömmliche CdS--Messung. Die Kamera hat eine 6 Volt Alkali-Mangan-Zelle. Beim Messen fließen 30 mA. Da aber der Strom nur bei Druck auf den Auslöser eingeschaltet ist, glaube ich der angegebenen Lebensdauer von ca. einem Jahr (für die Zelle).
Die sonstigen technischen Eigenschaften zeigen eine solide gebaute, konventionelle Kamera. Der Schlitzverschluß arbeitet genau. Sein (zusätzliches) mechanisches Hemmwerk gestattet Benutzung ohne Batterie (und natürlich dann auch ohne Belichtungsmesser) mit den Zeiten: 1/60, 1/125, 1/250, 1/500 und 1/1000 sek. und B. Das Finish der Kamera macht einen hervorragenden Eindruck, allerdings ist die schwarze Kunststoffbeschichtung nicht ganz abriebfest. Zu erwähnen ist noch eine Einrichtung, die zwar derzeit nur mit Fuji-Film funktioniert, aber doch nachahmenswert ist. In der Rückwand befindet sich ein Fenster, durch das man auf die Patrone schauen kann. Falls sich an dieser Stelle die Filmbezeichnung befindet (leider nur beim Fuji-Film) sieht man sie durch dieses Fenster. Zumindest aber sieht man, ob Film in der Kamera ist.
2. Beurteilung der Handhabung
Die Fujica ST 901 ist genau so handlich wie die 801. Man kann sie fast als klein bezeichnen. Alle Bedienungshebel liegen gut im Griffbereich. Warum man aber die Zeiteneinstellung mittels eines kleinen Hebels verriegelt hat, vermag ich nicht ganz einzusehen. Um so besser ist die Verriegelung des Auslösers gelöst. M42-Gewinde mit Arretierung und Offenblendenmessung. Ich sagte es schon einmal, nicht unbedingt mein Fall, aber ausgezeichnet für alle, die sich der Vielzahl von M42-Objektiven bedienen wollen und können. Gegenüber der 801 kann man die Einstellscheibe besser scharf sehen, doch so ganz optimal ist die Sache immer noch nicht. Ich wette, der Konstrukteur ist kurzsichtig. Aber auch hier ist eine Korrekturlinse kein Problem.
Was bei mir nicht immer so ganz funktioniert hat, ist die automatische Belichtungszeit. Verschluß und Belichtungsmesser scheinen sich nicht immer einig zu sein. Dies tritt aber nur auf, wenn man schnell hintereinander und bei gleichen Lichtverhältnissen mit unterschiedlichen Blenden fotografiert, so daß sich stets eine neue Zeit bilden muß. Es kann ein Fehler meiner Kamera sein.
Daß der Entfernungs- und Blendenring wieder justament andersherum geht wie üblich, ist zwar eine Krankheit, doch gewöhnt man sich daran. Dumm ist es nur dann, wenn man zu der Kamera eines der vielen Fremdobjektive mit "normaler" Einstellung benutzt.
3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung
a) Kamera: Verschlußzeiten: Mechanisch kontrollierte Zeiten:
1/1000 gut
1/500 gut
1/250 gut
(gemessen mit Leitz-Verschlußzeiten-Meßgerät)
Automatisch gebildete Zeiten: Übereinstimmung mit Meßwert des Belichtungsmessers: gut. Ausnahme: schneller Zeitenwechsel durch Umstellen auf eine kleinere Blende bei gleicher Lichtmenge.
Übereinstimmung Einstellebene-Filmebene: (gemessen mit Auto-Kollimator) sehr gut.
Kamerageräusch: + 10 (gegenüber Standard-Geräuschpegel), gut
Erschütterung: - 5 (gegenüber Standardwert), sehr gut
Finish: sehr gut. Schwarzer Kunststoffbelag jedoch nicht sehr abriebfest.
Stromfluß bei Auslöserbetätigung: 30 mA
Objektiv: Das EBC-Fujinon 1 1,4/50mm ist ein gutes Objektiv. Es erreicht gute MTF-Werte bereits bei Blende 1,4. Beste Blende ist 11. Die Reflexneigung ist gering. Reflexe und Oberstrahlungen treten nur in extremen Fällen auf (extremes Gegenlicht). Sie sind dann im Sucher sichtbar. Die Farbwiedergabe ist neutral. Gemessene Brennweite: 53,55 mm.
4. Gesamtbeurteilung
Auch wenn ich ein nicht mit sonderlichen Geldmitteln gesegneter, aber begeisterter Amateur wäre, glaube ich, würde ich mir diese Kamera "vom Munde absparen". Grund: sie ist eigentlich die interessanteste M-42SLR, die ich kenne. Die Digitalanzeige ist natürlich ein Gag, aber sie bringt echte Vorteile. Man kann sagen: "immer wenn es dunkel wird". Silizium-Fotoelemente machen die Sache noch attraktiver (übrigens auch bei der 801, die man sicher hier und dort preiswert bekommen kann).
Natürlich ist sie eine Amateurkamera. Warum eigentlich? Sie bietet doch auch einiges, was ein Profi nützen könnte.
Was die Fujica ST 901 kosten wird, weiß man noch nicht so genau. Ich schätze, so gegen DM 1200,- mit Objektiv 1,4/50 mm. Der Body wird zwischen DM 800,- und DM 900,- liegen. Aber wie gesagt, ich kann mich auch irren. Wert ist sie es.
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