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Artikel
Erfahrungsbericht
Nach einem Jahr Praxis:
Minolta XM - Die Kamera mit der Profi-Automatik
Eine neue photokina hat ihre Pforten geöffnet. Die Neuheiten der letzten sind der kalte Kaffee von vorgestern - mit ganz wenigen Ausnahmen: Immer wieder einmal gibt es eine bahnbrechende Entwicklung, die selbst mit dem Tempo unserer Tage nicht so leicht einzuholen, geschweige denn zu überholen ist. Eine davon: Minolta XM - die Kamera mit der Profiautomatik.
COLOR hat viel über diese Kamera berichtet: In Heft 11/73 standen erste Erfahrungen zu lesen, Heft 1/74 brachte ein Test-Stenogramm. Aber immer wieder hat mich die Minolta XM von neuem fasziniert, immer wieder nahm ich sie aus dem Schrank, um sie bei schwierigen Aufgaben einzusetzen. Ich wollte die Grenzen dieser Kamera finden, ihr "bis hierher und nicht weiter" ergründen.
Das geschah nicht ohne Hintergedanken: Ich bin von Hause kein Freund weitgetriebener Automatik, Ich werde nie so ganz das Gefühl los, die Automatik müsse mich einfach mal in einer Situation im Stich lassen, in der ich - auf eine nicht-automatische Kamera und meine Kenntnisse angewiesen - noch gute Bilder machen könnte. Und bisher habe ich mit diesem Gefühl bei jedem Stück Fotowerkzeug recht behalten. Ausnahme: Minolta XM.
Mit dieser Kamera habe ich Reportagen gemacht, bei denen mir das Fernsehen im ungünstigsten Winke1 und unpassendsten Moment sein hartes Licht dazwischen knallte; oder bei denen ich so wenig Licht hatte, daß ich die Einstellung nicht mehr ablesen und nur noch hoffen konnte, mit weitoffener Blende und bis an die Grenze gepreßtem Tri-X werde es schon gehen. Mit dieser Kamera habe ich Makro- und Mikroaufnahmen gemacht und das Belichten der Automatik überlassen. Mit dieser Kamera habe ich Doppelbelichtungen gemacht und mir die ganze Rechnerei, das Abwägen von Helligkeitsfaktoren geschenkt. Und mit dieser Kamera habe ich Modelle Querfeldein gehetzt durch Licht und Schatten, bedacht nur auf den bildwirksamen Augenblick. Meine Leser werden wissen, daß ich das alles auch ohne Automatik mache. Nur - die Trefferquote lag bei der XM höher als gewohnt, und Bilder aus dem kreativen Bereich, in schwierigen Situationen geschossen, zeigten mehr Schwung, eine schwer beschreibbare Leichtigkeit. Nun will ich hier nicht wiederholen, was andernorts über diese Kamera geschrieben wurde, will nicht über das "Was" ihrer Eigenschaften schreiben, sondern über das "Wie":
Die XM ist, mit dem Auto-Electro-Sucher ausgerüstet, eine Kamera mit vollelektronischer Belichtungssteuerung - zur eingestellten Blende spielt sie stufenlos die passende Befichtungszeit ein. Sicher und schwer liegt sie einem in der Hand - eben wie ein gutes Stück Werkzeug. Und wenn man sich erst einmal an sie gewöhnt hat, dann finden die Finger auch diejenigen Einstellelemente mit spielerischer Sicherheit, die einem auf den ersten Blick ungewöhnlich, vielleicht sogar ein wenig "unmöglich" vorkamen - der "Senswitch", der Schalter zum blitzschnellen Einschalten des Stromkreises in Schnappschußsituationen beispielsweise oder die "Override" Taste, mit der man im Bereich von ±2 LW stufenlos in das Arbeiten der Belichtungsautomatik eingreifen kann. Gerade diese beiden Funktionen, in ihrer Art vorbildlos, haben mich zuerst mißtrauisch gemacht. Und gerade diese beiden Elemente waren es, die sich in der Praxis als so besonders wichtig erwiesen: Obwohl in fast all ihren Funktionen auf Elektrizität angewiesen, war die XM durch ihren Senswitch in jeder Situation sofort aufnahmebereit kein Bild habe ich verpaßt, weil ich etwa an einem Schalter hätte fummeln müssen. Und durch die Override Taste konnte ich ohne die Kamera vom Auge zu nehmen! - in all jenen Situationen eingreifen, wo ich nicht so wollte wie die Automatik. Anders ausgedrückt - mit der XM hatte ich alle Vorteile der elektronischen Automatik zu meiner Verfügung, ohne deren allzu bekannte Nachteile hinnehmen oder durch zeitraubende Manipulationen überbrücken zu müssen. Diese Automatik - bei der es freilich auch nicht ganz ohne Erfahrung abgeht - hat mich übrigens immer wieder begeistert: Schätzt man den Belichtungsbereich, innerhalb dessen man fotografieren will, richtig ein und wählt entsprechend den mittleren Blendenwert, kann man für rund 95% aller Aufnahmesituationen die Belichterei vergessen - häßliche Kontrastsituationen nicht ausgenommen: Der CLC-Kontrastausgleich macht's möglich.
Herrlich ausgeführt ist auch das Herkömmliche an dieser Kamera. Das große, helle Sucherbild ist auch für mich mit meiner Brille in allen Fällen mühelos überschaubar. Ob mit verschwitzten Händen oder mit Handschuhen - der Schnellschalthebel läßt sich immer greifen - und stört doch nie. Weiche Verschlußauslösung, weicher Verschlußablauf, tadellos abgebremster Spiegel, sehr geringer Geräuschpegel - all das, was der Profi mag, was er braucht, um unter wechselnden Bedingungen seine Arbeit tun zu können, ist wohldurchdacht und funktionell gegeben. Vor allem auch das System! Denn Minolta treibt seit Jahren konsequente Systempflege. Alles, was man von den bisherigen SRT-Modellen her kennt, ist auch an der XM verwendbar - das gesamte Zubehör für wissenschaftliche und kreative Arbeit, vor allem aber die insgesamt 32 Rokkore von 7,5 bis 1600 mm Brennweite. Ja, Sie haben richtig gelesen: 32 Rokkore! Auf dieser photokina bringt Minolta noch einmal fünf neue Objektive, sämtlich Weitwinkel, mit einer Weltsensation darunter.
Ihre Qualität reiht die Rokkore in die Spitzengruppe, sie bringen in jeder Hinsicht, was der Profi braucht. Und neben der XM bietet Minolta jetzt auch noch eine leicht vereinfachte Version, die XE-1. Für kostenbewußte Profis, ambitionierte Amateure ein perfekt ausgewogenes System.
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