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Artikel

Prüfstandtest

Test-Stenogramm

Oldtimer: Leica IIIa und Contax III

Vorbemerkung zu diesen beiden Test-Stenogrammen:

Es ist sicherlich sehr reizvoll, einmal mit modernen Mitteln festzustellen, was Spitzenkameras der damaligen Zeit zu leisten imstande waren. Einen echten Vergleich aber stellt dieser Test nicht dar. Die getestete Leica IIIa ist ein echter "Oldtimer". Sie stammt etwa aus dem Jahr 1938. Die Contax hingegen ist, gemessen an der Leica, noch eine recht junge "Dame". Nach meiner Schätzung stammt sie aus der Nachkriegsproduktion, also voraussichtlich aus den Jahren 1950/60 herum. An der Leica hat der "Zahn der Zeit` bereits fest genagt. Das Objektiv ist praktisch unbrauchbar geworden und der Verschluß tut seinen Dienst nur unvollkommen. Nach einer gründlichen Überholung aber würde diese Kamera wieder voll einsatzfähig sein. Die Contax hingegen ist in einem recht guten Zustand. Mit ihr kann man durchaus noch fotografieren.
Der Test dieser Kameras wäre eigentlich unbrauchbar, würde man nur Meßdaten vergleichen. Man muß schon wie ich, mit diesen Kameras noch selbst gearbeitet haben. Ich kaufte mir 1938 meine erste Leica (es war eine Leica IIa) und meine erste Kleinbildkamera nach dem Krieg war die, übrigens absolut "legendäre" schwarze Contax mit dem Filmtransportknopf auf der Kameravorderseite.
Leica IIIa

Leica IIIa

1. Beurteilung der technischen Eigenschaften

Die Leica ist sozusagen die "Mutter" aller Kleinbild-Systemkameras. Das Konzept ist einfach, aber gerade deswegen auch heute noch "genial". Das überaus kleine Kameragehäuse enthält den Film, den Verschluß (der mit Rücksicht auf die universelle Anwendbarkeit ein Schlitzverschluß sein muß), den Sucher, den Entfernungsmesser und einen Objektivanschluß (Leica-Gewinde M 39). Die Kupplung des Entfernungsmessers mit den Original-Leitz-Leica-Objektiven erfolgt über einen Hebel und eine Rolle, in direktem Kontakt mit dem Objektiv-Schnekkengang. Bis heute eine der einfachsten und sichersten Methoden. Dieser Entfernungsmesser hat nur eine kleine Basis (ca. 38 mm). Er ist trotzdem überaus genau, weil er nach dem Fernrohrprinzip aufgebaut ist. Demzufolge besitzt er einen vom Sucher getrennten Einblick. Sein Okular hat überdies noch einen Hebel zur Scharfstellung des Bildes im Nahbereich.
Der Sucher hingegen ist für heutige Verhältnisse winzig. Das wurde bereits damals bemängelt und es gab zur Leica sehr bald verschiedene Zusatzsucher, mit denen sich der Bildausschnitt besser Lind genauer festlegen ließ als mit dem Kamerasucher. Der Schlitzverschluß der alten Leica lief bereits außerordentlich leise und weich ab. Er ist auch bei der alten Kamera noch so leise und erschütterungsfrei, daß er, gemessen an den modernen Spiegelreflexkameras als sensationell bezeichnet werden muß. Der Verschluß war sehr robust und einfach aufgebaut. Wenn er bei der getesteten Kamera seinen Dienst nicht mehr einwandfrei übernimmt, so bedeutet das nichts. Auch heute wäre dieser Verschluß zu reparieren und würde dann wieder einwandfrei laufen. Das Trommelbild des Leitz-Verschlußzeitenprüfgerätes (es ist übrigens die einzige Möglichkeit, diesen Verschluß zu prüfen, da durch die feste Rückwand sich die elektronischen Fühler eines modernen digitalen Kurzzeitmessers nicht anbringen lassen) zeigt deutlich, daß der Verschluß zu spät öffnet und sich die Schlitzbreite ungleichmäßig verändert. Die Verschlußzeit konnte übrigens bei der Leica nur bei aufgezogenem Verschluß eingestellt werden.

3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung

Verschluß: Der Schlitzverschluß der Leica 111 a ist nicht mehr in Ordnung. Der Fehler könnte leicht durch eine Reparatur behoben werden. So aber läuft er ungenau ab. Er öffnet sich zu spät, so daß sich am Bildanfang (Beginn des Verschlußablaufes) eine unbeachtete Phase zeigt. Er läuft ungleichmäßig ab, was sich aus den ungleichen Breiten des Trommelbildes eindeutig ersehen läßt. Es ist daher auch nicht möglich, ihn zu beurteilen.

Entfernungsmesser: Der Entfernungsmesser dieser alten Kamera arbeitet auch heute noch absolut genau. Eine Nachjustage ist nicht erforderlich.

Objektiv: Das getestete Summar 1:2,0/50 mm hat eine gemessene Brennweite von 55,4 mm und eine gemessene Öffnung von 1: 2,2. Aufnahmetechnisch ist dieses Objektiv unbrauchbar. Der Grund liegt in einer Krankheit, die diesen Objektivtyp leider schon damals oft befallen hat. Der Linsenkitt reißt, vermutlich durch thermische Belastungen und bildet eine netzartige Struktur. Man kann das leicht sehen, wenn man das Objektiv gegen eine Lichtquelle hält. Ich habe das fotografiert und man kann auch auf dem Bild die Kittrisse deutlich erkennen. Dadurch aber wird die optische Qualität enorm verringert. Das Objektiv wird zum absoluten "Weichzeichner". Wenn es trotzdem noch so aussieht, als ob die Konturen scharf abgebildet würden, so beweist das nur die Tatsache, daß dieses Objektiv einst ausgezeichnet war. Es ist sehr schade, daß ich unter diesen Umständen natürlich keine Kennlinien ermitteln kann. Wenn dieses Objektiv aber in Ordnung wäre (und ich sage das aus der eigenen Erfahrung) würde es auch heute noch ein sehr gutes Objektiv sein. Da es nicht vergütet ist, ist es natürlich gegenüber modernen vergüteten Objektiven reflexanfälliger.

4. Gesamtbeurteilung

Wem auch immer diese Testkamera Nr. 269473 gehören möge (ich weiß es wirklich nicht), er soll sie umgehend reparieren lassen und dann einmal mit ihr fotografieren. Das geht dann natürlich nicht automatisch. Er muß schon einen Handbelichtungsmesser mitnehmen, um die Belichtung zu messen, oder er muß zu den alten Hasen gehören, die noch fähig sind, die richtige Belichtung zu schätzen. Tut er das, wird er feststellen, daß man eigentlich gar nicht so viel dazugelernt hat. Wenn man von den reinen Bequemlichkeiten und dem heute üblichen großen und genauen Sucherbild absieht, fotografiert es sich mit dieser alten Leica noch genau so gut (und in mancher Beziehung besser) wie mit einer supermodernen Kamera.

Contax III

1. Beurteilung der technischen Eigenschaften

Die Contax besaß den modernsten Schlitzverschluß der damaligen Zeit. Es handelt sich um einen Metallschlitzverschluß, dessen Rollos aus ineinandergesetzten Metallprofilstäben bestehen. Der Verschluß läuft vertikal ab und weist bereits eine recht hohe Ablaufgeschwindigkeit auf. Dadurch ließ sich dieser Verschluß auch gut mit Elektronenblitzen (1/50 sek.) synchronisieren. In der getesteten Kamera läuft er noch einwandfrei. Lediglich seine kurzen Zeiten stimmen nicht mehr, was auf Verharzung und Erlahmung der Federn zurückzuführen ist. Auch dieser Kamera würde eine Überholung gut tun. Die Contax war eine der ersten Systemkameras mit Meßsucher (ausgenommen das erste Modell). Demzufolge hatte sie bereits früher als die Leica (dort erst das G-Modell) einen größeren Sucher. Trotz einer bedeutend größeren Entfernungsmesser-Basis (74 mm) ist die Entfernungseinstellung durch die Sucherverkleinerung und den geringeren Kontrast des Mischbildes nicht optimal. Gegenüber der Leica erfolgt die Kupplung des Entfernungsmessers über den in die Kamera eingebauten Schneckengang für die Standardobjektive (mit Innenbajonett). Andere Brennweiten mit unterschiedlichem Einstellhub wurden durch das (starre) Außenbajonett gehalten und kuppelten zur Entfernungseinstellung mit dem Schneckengang des inneren Ringes. Dieses System war recht kompliziert. Die abnehmbare Rückwand erlaubte ein für damalige Verhältnisse bequemes Filmeinlegen. Das vorliegende Modell war bereits für die als Filmkassette ausgebildete Spezialrückwand vorgesehen. Dieses Rückwandsystern wurde bei der Contaflex und Contarex beibehalten. Die vorliegende Kamera hat einen eingebauten Belichtungsmesser. Er ist allerdings nicht mit Blende und Zeit gekuppelt. Es handelt sich um einen Selenbelichtungsmesser mit Brückenabgleich. Nach Abgleich des Meßwerkzeigers auf eine Einstellmarke konnte man links unter dem Rückspulknopf Blende und Zeit ablesen. Diese Werte mußten auf Verschluß und Objektiv übertragen werden. Dies war auch in den 50iger Jahren ein unerhörter Komfort. Die Contax ist bereits mit einem Selbstauslöser ausgestattet.
Auch der Verschluß der Contax läuft mit sehr geringer Erschütterung und sehr leise ab. Erst die Spiegelreflexkamera hat uns das "Zittern" und das "Klappern" gelehrt, denkt man 20 Jahre zurück.

2. Beurteilung der Handhabung

Die Contax III ist deutlich schwerer und "klobiger" als die Leica. Trotzdem ist auch sie eine sehr griffige Kamera. Ihr Gehäuse ähnelt schon mehr dem der heutigen Spiegelreflexkameras. Wenn auch der Sucher deutlich größer und genauer als der Leica-Sucher ist, so merkt man doch deutlich, daß damals der Bau von Meßsucherkameras noch in den Kinderschuhen steckte. Demnach ist es auch gar nicht so einfach, die Entfernung sicher einzustellen. Sehr nett war die Entfernungseinstellung der Standardobjektive durch ein kleines, arretiertem Rädchen an der rechten oberen Kamerafront. Der Auslöser sitzt in der Mitte des Filmtransportknopfes durchaus richtig. Die Bedienung des Filmtransportknopfes ist nicht ganz so schnell wie bei der Leica. Er hat einen deutlich längeren Weg. Man legte auch auf diese Eigenschaft damals keinen so großen Wert, da man fraglos bedächtiger fotografierte als heute. Der Belichtungsmesser arbeitet auch heute noch recht genau. Er läßt sich schnell abgleichen und die Übertragung der Meßwerte macht kaum Schwierigkeiten.

3. Beurteilung der meßtechnischen Prüfung

Entfernungsmesser: Der Entfernungsmesser stimmt auch bei der Contax. Er hat weder einen Höhen, noch ein Seitenfehler.

Entfernungsmesser: Der Entfernungsmesser stimmt auch bei der Contax. Er hat weder einen Höhen, noch ein Seitenfehler.

Belichtungsmesser: Selen-Belichtungsmesser. Er arbeitet noch einwandfrei. Bei richtiger Messung (großer Meßwinkel!) liefert er durchaus brauchbare Ergebnisse.

Objektiv: Das getestete Sonnar 1:1,5/50 mm hat eine gemessene Brennweite von 55,65 mm und eine gemessene Öffnung von 1:1,59.
Dieses Objektiv ist noch voll verwendungsfähig. Es ist vergütet (Carl Zeiss T-Belag) und liefert er durchaus brauchbare Erebnisse. Sein Farbverhalten ist annähernd neutral. Da es gegenüber modernen Systemen stärker UV-durchlässig ist, wird es bei entsprechender Beleuchtung zu einer leicht blaustichigen Wiedergabe neigen (dies ist allerdings eine Vermutung). Sein Reflexverhalten ist bereits recht ordentlich, obgleich das Objektiv nicht so reflex- und streulichtfrei ist wie moderne Systeme aus dem gleichen Hause. Die Kennlinien dieses Objektives zeigen demnach auch sehr gute Werte.

4. Gesamtbeurteilung

Leica und Contax waren die bevorzugten Systemkameras der damaligen Zeit. Ich sagte bereits, daß sich die beiden getesteten Kameras nicht vergleichen lassen, da sie aus verschiedenen Entwicklungsepochen stammen. Daher trägt die Contax auch modernere Züge. Als die vorliegende Contax das Werk in Stuttgart verließ, war aber auch die Leica bereits wesentlich moderner. Der Systemausbau der Leica war von Anfang an begünstigt durch die einfachere Konstruktion dieser Kamera. Die Contax hatte es da etwas schwerer. Immerhin haben sich beide Firmen durch die gesunde Konkurrenz gegenseitig "aufgeschaukelt". Sie haben jeder für seinen Kameratyp, Zubehörteile entwickelt und geliefert, die den Einsatz dieser Kameras immer vielseitiger machten. Auch heute ist die Meßsucherkamera als komplettes Kamerasystem (z. B. Leica M 5) gar nicht so uninteressant wie viele glauben.
Jedenfalls haben diese beiden renommierten deutschen Firmen den wesentlichen Anteil an der Entwicklung der heutigen Kleinbildfotografie. Beschäftigt man sich aber näher, so wie ich es tat mit den beiden Kameras, der Leica und der Contax, dann stellt man fest, daß vieles in der modernen Geräteentwicklung durchaus anders hätte verlaufen können. Zeiss Ikon baut leider keine Kameras mehr. Leitz aber hat das System der Leica zu einem modernen Konzept weiterentwickelt. Leider angesichts der Spiegelreflexentwicklung nicht immer mit der Konsequenz, die sicherlich möglich gewesen wäre. Lassen wir das, es ist leider ein "unterbelichtetes` Kapitel.
Eines dürfen wir aber abschließend beruhigt feststellen: Diese beiden "Oldtimer" sind auch heute noch recht "modern". So entsetzlich viel weiter sind wir im Augenblick noch gar nicht.

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