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Artikel
Prüfbericht
Test-Stenogramm
Voigtländer VSL1
Eigenschaften
Die Voigtländer VSL 1 hat ein interessantes Konzept. Sie gehört zu der gar nicht so häufigen Kameragruppe, deren besondere Eigenschaften darin liegen, daß sich bei ihnen ein relativ einfacher Aufbau mit besonders großer Vielseitigkeit bei gutem Bedienungskomfort paart. Die VSL 1 hat Objektivanschlußgewinde M42. Durch einen Anschlagstift, der beim Herausnehmen des Objektives nicht einmal extra entriegelt werden muß, und einen Blendensimulator, kann man mit den Originalobjektiven bei offener Blende messen. Ebenso einfach aber ist Gebrauchsblendenmessung bei Benutzung fremder Objektive oder spezieller optischer Zusatzgeräte. Somit ist sie unglaublich universell, was die Adaption von Objektiven etc. an das Kameragehäuse betrifft.
In ihrem mechanischen Aufbau macht die Kamera, genau wie in ihrem Finish, einen ausgezeichneten Eindruck. Verschluß, Spiegelmechanik, Filmtransport und Belichtungsmesser sind robust und recht praktisch aufgebaut und montiert. Der Aufbau der Kamera nimmt Rücksicht auf eine rationelle Großserienfertigung, die Voraussetzung für gute Präzision bei erschwinglichem Preis ist.
Kleine Besonderheiten fallen wohltuend auf. Da ist z. B. die Innen- und Außenablesung des Meßwerkzeigers, ein Okularverschluß zur Eliminierung von Fremdlicht bei Stativarbeiten, bei denen das Auge nicht am Okular ist und damit Fremdlichteinfall verhindert. Da ist der kleine Lichtleiter, der die Einstellmarke des Meßzeigers im Sucher beleuchtet und der auch bei sehr schwachem Licht einen gut sichtbaren Zeigerabgleich erlaubt. Da ist die verriegelte Einstellscheibe für die Filmempfindlichkeit. Da ist das Filmzählwerk, das nur zählt, wenn ein Film in der Kamera ist. Da ist schließlich auch die geringe Auslöseerschütterung und das ebenfalls geringe Auslösegeräusch in Verbindung mit einem weichen, auf relativ geringen Druck reagierenden Auslösers. (Auslösedruck ca. 380 Gramm.)
Verschluß und Belichtungsmesser zeigten bei dem Prüfling ausgezeichnete Werte. Der Belichtungsmesser zeigt praktisch überhaupt keine Abweichungen, der Verschluß zeigt gute Zeitengenauigkeit, wobei 1/1000 sek. wirklich 1/1000 sek. entspricht. Dies ist besonders interessant, weil der Prüfling der Demonstration auf der photokina diente und daher eine überaus harte Beanspruchung hinter sich hatte. Die Übereinstimmung zwischen Film- und Einstellebene ist gut. Trotzdem könnte ich mir eine ganz kleine Korrektur dieser Justage als besonders vorteilhaft bei Arbeiten mit offener Blende vorstellen. Allerdings bezieht sich das nur auf den Unendlichpunkt. Bei 50 Meter stimmt die Justage genau.
Das Standardobjektiv, Voigtländer Color-Ultron 1:1,8/50 mm ist hervorragend. Seine Leistungen sind die eines absoluten Spitzenobjektives. Bereits bei voller Öffnung liefert es sehr kontrastreiche und scharfe Bilder. Die Reflexneigung ist außerordentlich gering, sicher eine Folge der Mehrschichtvergütung, aber auch bedingt durch den reflexarmen Aufbau der Fassung. Die gemessene Brennweite stimmt nahezu vollkommen mit der gravierten Brennweite überein (50,4 mm). Die gemessene Öffnung ist mit 1,8 gleich der gravierten Angabe. Es ist ein für diese Preisklasse wirklich ungewöhnliches Objektiv.
Das Sucherbild zeigt ca. 95% des Filmbildes. Die Einstellgenauigkeit ist durch den schräggestellten Schnittbildentfernungsmesser mit Zylinderlinse und das große Mikroprismenfeld sehr genau. Die Helligkeit des Sucherbildes ist gut. Der CdS-Belichtungsmesser mißt das Licht auf der Einstellscheibe integral. Das wesentliche Meßfeld entspricht einem eingeschriebenen Kreis mit dem Durchmesser von ca. 23 mm. Damit ist sicheres Messen gewährleistet, wenn man, insbesondere bei Gegenlichtaufnahmen, die Eigenschaften der Integralmessung beachtet.
Blitzsynchronisation: Synchronisation ist mit allen, auf der Zeiteneinstellscheibe rot ausgelegten Zeitwerten möglich. Für E-Blitze und Blitzlampen gibt es, gleich nach der Einstellung "B", zwei gesonderte Positionen (Blitzlampen = rotes Lampensymbol, E-Blitze = gelbes Blitzsymbol). Bei E-Blitzen wird eine Verschlußzeit von ca. 1/40 sek. erreicht. Das ist nicht gerade sehr kurz zu nennen, hängt aber mit dem verhältnismäßig langsamen Verschlußablauf zusammen, der seinerseits wieder gut ist für lange Lebensdauer.
Der Schnellschalthebel kann nur mit einem Hebelschwung von ca. 220xGRADx bedient werden. Sein Leerschaltweg (kombiniert mit der Abschaltung der Belichtungsmesserbatterie) beträgt ca. 100.
Handhabung
Die Voigtländer VSL 1 gehört zwar nicht zu den kleinsten Spiegelreflexkameras, ist aber trotzdem sehr handlich und bequem. Dies liegt insbesondere an der guten Position der Bedienungselemente. So ragt z. B. die Einstellscheibe für die Belichtungszeit etwas über den Kamerakörper heraus, so daß sie, in Aufnahmehaltung mit dem Zeigefinger der rechten Hand bedient werden kann. Scharfstellung und Belichtungsmesserabgleich sind, dank gut voneinander abgesetzter Einstellringe am Objektiv, dank ausgezeichneter Einstellscheibe und nicht zuletzt dank der beleuchteten Einstellmarke des Meßzeigers (Lichtleiter) sehr bequem. Die Filmrückspulung geht ' leicht, dank einer sehr großen und vollkommen frei liegenden Rückspulkurbel. Die Blendenanzeige im Sucher allerdings ist nicht so gut erkennbar. Griffgünstig liegt auch der Druckstift für Blendenkontrolle und Gebrauchsblendenmessung. Hier ein Hinweis: bei Originalobjektiven kann nur mit Offenblende gemessen werden. Bei Fremdobjektiven ohne Blendenwertübertragung, wird beim Einschrauben der kameraseitige Übertragungshebel vollständig eingedrückt, was einer Einstellung auf die größte Objektivöffnung gleich kommt.
Zusammenfassung
Die Voigtländer VSL 1 ist eine qualitativ ausgezeichnete, technisch einfache, robuste und vielseitige Kamera. Sie ist ideal für Amateure, die gerne Fremdobjektive benutzen oder mit optischen Zusatzgeräten experimentieren.
Das Objektivangebot (Originalobjektive mit Offenblendenmessung) reicht weit, Es umfaßt praktisch alle Brennweiten vom 25 mm Weitwinkel bis zum 200 mm Teleobjektiv. Gemessen an der ausgezeichneten Qualität des Standardobjektives, dürften diese Objektive ebenfalls zu einer ausgezeichneten Bildwiedergabe führen.
Die VSL 1 ist eine Kamera, die praktisch allen Anforderungen gewachsen ist. Sie ist nicht nur für den Anfänger geeignet, sondern bietet auch dem fortgeschrittenen Amateur einen ausgezeichneten Baustein für ein umfassendes Kamerasystem, das je nach Geldbeutel auf die eine oder andere Art ergänzt werden kann und das den Besitzer nicht unbedingt an die Zubehörprodukte eines Herstellers bindet.
Die VSL 1 ist Bestandteil eines neuen Programms, das vielseitig verwendbar, problemlos in der Anwendung und fair im Preis ist. Im Besonderen aber freue ich mich, daß der gute alte Name Voigtländer mit dieser interessanten Spiegelreflexkamera eine Wiedergeburt erlebt.
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