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Alexander Borell über:

Konica T3

Fotografie ist immer mehr oder weniger eine Weltanschauung. Dies gilt auch für die Beurteilung von Automatikkameras. Wenn aber eine Automatikkamera die Vorteile der Automatik mit den Vorteilen konventioneller Kameras vereint - kann eigentlich gegen die Automatik nichts mehr ins Feld geführt werden.
Die KONICA T3 vereint die Pluspunkte der (Blenden-)Automatik mit den Möglichkeiten des Fotografierens ohne Automatik. Ganz einfach - indem man diese abschaltet. Davon wird man aber nur selten Gebrauch machen - denn keine Kamera ist schneller als eine mit Automatik! Red.

Da es sich bei der KONICA T3 um eine Kamera mit Blendenautomatik handelt, kommt man bei ihrer Besprechung nicht umhin, festzustellen, daß es auch Kameras mit Verschlußautomatik gibt. Blendenautomatik bedeutet: Vorwahl der Verschlußzeit, die konstant bleibt, und automatisches öffnen und Schließen der Blende je nach den gegebenen Lichtverhältnissen. Verschlußautomatik hingegen erfordert feste Vorwahl der Blende, mit der man arbeiten möchte, und automatische Einregulierung der Verschlußzeit je nach den gegebenen Lichtverhältnissen. Ehe ich auf diese beiden Möglichkeiten, die inzwischen zu zwei Evangelien geworden sind, zurückkomme, noch ein Wort zur Automatik überhaupt:
Als die automatischen Getriebe für Autos über Amerika Mode wurden, habe ich mich dagegen gewehrt: Ich wollte nicht, daß mein Auto schaltet, wann es ihm paßt, sondern ich wollte den Zeitpunkt selber bestimmen. Inzwischen wurden die Automatiken verbessert, und heute fahre ich einen Wagen mit Automatik, weil ich diese Automatik wenn ich es will, trotzdem vom ersten bis in den vierten Gang durchschalten kann, ich muß das aber nicht tun. Und wer einmal im Sommer von Riva nach Desencano gefahren ist und dabei viertausendmal kuppeln und schalten mußte, wird begreifen, wie schön es ist, wenn ich mich heute genüßlich selbst in einer Schlange vorwärts bewege, ohne etwas tun zu müssen und daher auch ohne Aggressionen gegen Stopsler vor mir. Als dann jemand mit einem Automatikwagen sogar ein internationales Rennen gewann, begann die Automatik populär zu werden. Ebenso aber frage ich mich, warum muß ich unbedingt beim Fotografieren vor einem Schnappschuß meine Zeit und evtl. die Situation dadurch opfern, daß ich durch Drehen an der Blende oder am Verschlußrad einen Meßzeiger mit einem Nachführzeiger zur Deckung bringen muß, wenn mir dies eine Automatik abnimmt? Noch dazu eine Automatik, die ich abschalten kann, und dann da bin, wo Nachführzeiger-Kameras bereits aufhören. Die Automatik wird kommen, und für mich ist jede neue Kamera ohne eine der beiden oben erwähnten Automatiken bereits heute schon bei ihrem Erscheinen auf dem Markt veraltet.
Fotografieren ist weitgehend eine Sache des Charakters und des Temperaments des Fotografen. Man kann Statiker sein und Murmeltiere in den Alpen mit einer optischen Bank auf dem Stativ fotografieren. Ebenso kann man die Markuskirche in Venedig mit einer Minox fotografieren. Dazwischen liegt die ganze Skala aller Möglichkeiten. Ich betrachte mich als normalen Durchschnitt, fotografiere hin und wieder Statik vom Stativ, am liebsten aber aus der Hand, und am allerliebsten sind mir blitzschnelle Schnappschüsse, Situationen, die es im Leben nicht überall gibt. Dazu brauche ich eine schnelle Kamera, und die KONICA T3 mit ihrer Blendenautomatik ist eine der schnellsten Kameras, die ich kenne. Manchmal spielen Kinder oder junge Tiere im grellen Sonnenlicht und hüpfen plötzlich von einer weißen Hauswand in den Schatten einer Hütte aus dunklem Holz. Ich brauche dazu die 1/125 sek. Die Lichtdifferenz kann 3-4 Blendenstufen ausmachen. Ich stelle die Entfernung scharf (Prismenspot oder Schnittbild in der Mattscheibe) und schieße unbekümmert. Die Blende schließt sich in der Sonne automatisch auf 11, und sie öffnet sich mit dem Nachziehen der Kamera ins Dunkel bis auf 2,8 - die 1/125 sek. habe ich immer. Fotografiere ich jedoch mit Verschlußzeitenautomatik bei 5,6 und 1/500 sek. in der Sonne, so habe ich im Schatten bei gleicher Blende mit 4 Stufen Differenz nur noch 1/30 sek.! Ich muß also meine Zeiten beobachten, das kostet Zeit und hebt in manchen Situationen den Vorteil der Automatik wieder auf. (Je kleiner und undeutlicher der Zeitenzeiger im Sucher ist, desto schwieriger ist es, mit solchen Kameras zu arbeiten. Moderne Konstruktionen mit Leuchtdiodenanzeige erlauben blitzschnelles Nachregulieren der Blende!). Blendenautomatik erfordert entsprechende Objektive, KONICA hat von Anfang an diese Blendenautomatik geplant, und bei einigen anderen Firmen ist es ebenso. Andere Kamerahersteller, die Millionen von Objektiven ohne die Möglichkeit einer Blendenautomatik in die Welt gesetzt haben, müssen zur Verschlußautomatik greifen und aus dieser Not eine Tugend machen, um nicht alle Objektivbesitzer zu vergrämen. Aber auch da ist eine Verschlußautomatik immer noch besser und moderner, als gar keine.
Ich arbeite seit fast drei Jahren unter anderem mit KONICA-Kameras. Wenn sie, die KONICA T3, nicht immer den Rang einnimmt, der ihr auf Grund ihrer fotografischen Leistung eigentlich gebührte, liegt es in erster Linie daran, daß sie von Anfang an zu billig war. Man traut einer leichten, handlichen Kamera einfach nicht das gleiche zu, wie einem schweren, teuren Klotz.
Firmen loben ihre Produkte. Es gibt aber heute bereits ein sehr gutes Barometer, an dem man das Durchsetzungsvermögen einer Kamera auf dem Weltmarkt sehr deutlich ablesen kann: An den Angeboten der Hersteller von Fremdobjektiven. Und alles, was es hier noch vor zwei Jahren mit M42, Nikon und allenfalls noch Canon gab, gibt es jetzt auch mit Erhaltung der vollen Automatik für die KONICA. Das ist der beste Beweis dafür, daß sich diese Kamera durchgesetzt hat.
Eigentlich läßt sie bei mir keine Wünsche mehr offen, insbesondere das Modell T3. Der Aus- und Einschalter am Auslöser liegt griffgünstig, er dient zugleich als Testschalter für die Batterie. Der Verschluß, von B über 1 sek. bis zur 1/1000 ist blitzsynchronisiert bei der 1/125, also Spitze des heute Erreichbaren. Ein einfacher Hebel unter dem Zeiteinstellrad erlaubt präzise Mehrfachbelichtungen, ein Fach auf der Rückseite der Kamera erinnert an den verwendeten Film, wenn man die Lasche einschiebt: Neben dem heißen Blitzkontakt im Sucherschuh gibt es gesondert je einen M- und X-Kontakt, um die Filmspule einzulegen, braucht man nichts zu entsichern und herauszuziehen, ein Ausschnitt im Kameraboden macht's möglich, der Schlitzverschluß (Metall) läuft vertikal und sehr leise ab, der Spiegelschlag ist nicht spürbar und ebenfalls sehr leise. Der Hebel des Selbstauslösers dient zugleich als Kontrolle der Schärfentiefe bei Arbeitsblende.
Das Schönste aber an der KONICA ist für mich die Möglichkeit, bei gezielten Aufnahmen die Blende blitzschnell und einfach korrigieren zu können. Bei leichtem Antippen des Auslösers nämlich wird sie arretiert. Steht der Blendenzeiger also z. B. auf Blende 8, ich möchte aber, um mehr Brillanz in mein Dia zu bringen, lieber Blende 11, gehe ich mit dem Objektiv in einem Sekundenbruchteil soweit ins Helle, daß der Blendenzeiger auf die 11 rückt, halte ihn dort mit dem Auslöser fest und nehme diese Einstellung zurück zu meinem Motiv, das dann tatsächlich eine Blende knapper belichtet wird. Andere Kamerakonstruktionen brauchen dazu einen extra Hebel und rühmen sich dessen auch noch.
Hin und wieder erhalte ich Anrufe von KONICA-Besitzern. Sie sagen, in einem sonst tadellos belichteten 36er Film seien an verschiedenen Stellen einige Aufnahmen entweder total über- oder völlig unterbelichtet. Sie vermuten, der Belichtungsmesser ihrer KONICA sei defekt. Es stellt sich dann aber heraus, daß lediglich ihr Zeigefinger diesen Fehler produziert hat. Drückt man nämlich, während man auf ein bestimmtes Motiv lauert, in der Hitze des Gefechtes eben den Auslöser leicht an, wird ja die Blende blockiert. Beim darauffolgenden Schnellschuß ist das Belichtungsergebnis dann entsprechend falsch.
So kann also bei der KONICA der Vorteil der leichten Manipulation der Blende zu einer Fehlerquelle werden. Wenn man es aber weiß, macht man diesen Fehler später nicht mehr.
Die Belichtungsmessung wählt die KONICA optimal selber: Bei Verwendung der Standardobjektive hat sie eine Art von Spotmessung: sie mißt, etwa wie die Leicaflex den mittleren Kreis auf der Mattscheibe. Bei Verwendung des Weitwinkels wird aus diesem Kreis eine flachgedrückte, liegende Acht, rückt also in der Mehrzahl aller Fälle auf einen Mittelwert bei Weitwinkelaufnahmen, während bei Teleobjektiven praktisch integral etwa 3/4 des Mattscheibenbildes gemessen werden. Dies funktioniert bei etwa 90% aller Aufnahmen einwandfrei, bei 10% muß man allerdings dabei ein wenig denken. Aber man sollte ja überhaupt beim Einschalten einer Automatik das Denken nicht ausschalten. Trotzdem bewahrt Sie die Automatik bei Schnellschüssen vor Fehlergebnissen, wenn sie auch nicht in jeder Situation das optimalste Ergebnis bringen kann. Will man das bei ganz bestimmten Aufnahmen, löst man die Automatik und kann nun die Blende (unter anderem auch natürlich zum Blitzen) frei wählen. Es ist auch möglich, mit Fremdobjektiven ohne Automatik zu arbeiten, die Belichtungsmessung erfolgt dann allerdings mit der Arbeitsblende des jeweiligen Objektivs.
Die T3 dürfte zur Zeit mit dem Standardobjektiv 1:1,7 so um DM 950,- kosten. Sie ist gegenüber den ersten Modellen nicht nur besser, sondern auch teurer geworden. Sie folgt damit nicht nur dem allgemeinen Trend zum Teurerwerden, sie rückt auch allmählich in die Klasse der Kameras, die allein schon vom Preis her von vielen unwissenden Käufern für gut gehalten werden. Sie wäre ihr Geld immer noch wert, auch wenn ihr Preis bei DM 1.200,- läge, und Sie sollten sich vor einem Kamerakauf die KONICA T3 auf alle Fälle einmal näher anschauen.

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