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Test

Vielseitigkeit plus Qualität:

Mamiya C330 Professional

»Keine ihrer Schwestern kann mehr... «

Sie vereint Robustheit, Vielseitigkeit und höchste Präzision: Einwegkurbel, Balgenauszug, austauschbares Sucher-, Einstellscheiben- und Rückwandsystem machen die C 330 im Verein mit ihren Wechselobjektiven zu einem Spitzenreiter unter den zweiäugigen 6 x 6Kameras. Sie kann tatsächlich das, was man bei ihren Mitbewerbern vermißt. Ein derart vielseitiges Aufnahmesystem muß daher besonders kritisch geprüft und getestet werden. Denn eine hochwertige Kamera mit großem Zubehörsystem ist nur so viel wert, wie sie in der Praxis zu leisten vermag. Wir wollen daher hier feststellen, ob eine Diskrepanz oder Kongruenz zwischen dem gefertigten Produkt und dem praxisgerechten Einsatz besteht. Denn wie gesagt: Vielseitigkeit und Grundkonzeption sind nur dann von Vorteil, wenn sie perfekt in die fotografische Praxis transponiert werden können. Wie sehr dies bei der C 330 der Fall ist, zeigt dieser Test. Aber auch einige kritische Bemerkungen werden von Interesse sein. Lesen Sie selbst! Red.

So manches im Leben beginnt mit einem Höhenflug und endet fast mit einer Bauchlandung. Dies hätte man auch von den zweiäugigen 6x6-Kameras sagen können. Denn ihr kometenhafter Aufstieg, ihr Verbleiben im fotografischen Zenith dauerte Jahrzehnte und dauerte nahezu so lange, daß die Zeichen der Zeit übersehen wurden. Und um ein Haar wäre die Entwicklung schief gelaufen, wenn sich nicht andere Hersteller der Sache angenommen hätten (die Rede ist natürlich von den berühmten Rolleis und ihren Konkurrenten). So aber entstanden neue zweiäugige Mittelformatkameras, die dem jeweiligen technischen Trend der Zeit folgten. Und manches, das als Kopie begann, wurde in kurzer Zeit eine eigenständige Konstruktion. Ein Hersteller aber - und das ist Mamiya - ging von vorneherein den Weg absoluter Neukonstruktion. Einen Weg, der von vorneherein die Schwächen der zweiäugigen 6 x 6-Kameras auszumerzen trachtete, um dem System zu neuer Geltung zu verhelfen. Somit ist dieser Kameratyp aktueller denn je, denn die C 330 kann alles das, was ihre Schwestern nicht können. Dies beweist der millionenfache Erfolg der Mamiya 6x6-Modelle.
Und weil wir gerade beim Mittelformat sind:
6x6 ist immer eine Weltanschauung, noch dazu eine, die teilbar ist in die Philosophie der Ein- und Zweiäugigkeit. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, beide Konzeptionen sind letzten Endes eine Frage persönlicher Individualität des Fotografen. Jede Wertung kann daher nur Fakten nennen, die helfen können, eine individuell richtige Kaufentscheidung zu treffen.
Das Konzept der Zweiäugigen aber ist zeitlos: Starrer Spiegel, Zentralverschluß, Handlichkeit ergeben ein Maximum an Zuverlässigkeit und Praxissicherheit. Demgegenüber fehlt die schnelle Tausendstel der Einäugigen, deren erweiterte Objektiv-Wechselmöglichkeit und noch größere Schnelligkeit. Andererseits ist die Zweiäugige von Grund auf einfacher konstruiert, daher auch preiswerter in der Anschaffung. Die Liebe zur Zweiäugigen ist wie eine gute, stille und starke Liebe - eine Liebe, auf die man bauen kann.

Die C 330 in der Praxis

Auf Anhieb wirkt sie schwer, manchmal vielleicht zu schwer, aber nach kurzer Zeit verschwindet dieser Eindruck und weicht großer Handlichkeit, verbunden mit Schnelligkeit und Universalität. In der Grundausführung ist die C 330 mit Standardobjektiv (1: 2,8/80 mm) und Faltlichtschacht ausgerüstet. Die Rückwand ist durch einfaches Umstellen der Filmandruckplatte umstellbar von 120er auf 220er Film (12 bzw. 24 Aufnahmen). Nun aber wird es aufregender: Denn bereits der eingebaute Balgen ermöglicht bei Mindestabstand (35,4 cm) mit dem 80mm-Objektiv die Abbildung einer Bildfläche von 8,6x8,6 cm. Der Faltlichtschacht kann umgewandelt werden in einen Rahmensucher oder wird durch Ausklappen einer Lupe zum Spezial-Scharfeinstellsucher. Sie können also von ganz nahe bis Unendlich extrem scharf einstellen. Je nach Einstellentfernung wandert auf der Einstellscheibe ein Indexzeiger mit, der exakt anzeigt, welcher Teil Ihres Motivs bei Einstellung im Nahbereich nicht mehr abgebildet wird. Nun, ein Balgen schluckt, so er ausgefahren wird, Licht. Aber auch das ist kein Problem für die C 330: Zahlenmarkierungen im Bereich des Parallaxen-Indexzeiger zeigen Ihnen, um welchen Wert die Belichtung verlängert werden muß. Man kann natürlich auch einen der CdS-TTL-Sucher verwenden und kann so den jeweils richtigen Belichtungswert durch das Objektiv ermitteln. Sucher und Einstellscheibe sind sekundenschnell zu wechseln, die Rückwand ist abnehmbar, die Filmkammern sind besonders gut zugänglich. Im Gegensatz zu konventionellen Zweiäugigen verläuft die Filmführung der C 330 an der Kameraunterseite nicht um die hintere Basiskante, sondern ist identisch mit der Führung eines Kleinbildfilmes. Dies gewährleistet nicht nur eine für 6x6 außergewöhnliche Planlage (Schärfe!), sondern man kann jederzeit auf dem Stativ den Film wechseln.
Die an der Kamera rechts angebrachte Transportkurbel ist als Einwegkurbel ausgelegt und ermöglicht extrem rasche Aufnahmeserien. Selbstverständlich gibt es eine Filmempfindlichkeits- bzw. Filmtyp-Merkscheibe und ein kleines Memory-Fenster (an der Rückwand) mit Anzeige für Film 120 oder 220. Alle Objektive sind mit Seiko-Zentralverschluß (B, 1-1/500 sek.), M-, X-Vollsynchronisation ausgerüstet (allerdings ohne Selbstauslöser).
Die Blendenskala reicht beim 80-mm-Standardobjektiv von 2,8 bis 32. Das 250-mm-Tele ist abblendbar bis f/64. Zwei Auslöser erfüllen alle individuellen Wünsche: An der Kamera-Unterkante vorne; rechts seitlich am Gehäuse und schließlich - gleichsam ein 3. Auslöser - direkt am Objektiv für Langzeit-Freihandfanatiker. Fokussiert wird über zwei geriffelte Einstellräder oder über eines von beiden. Die Zeit- und Blendeneinstellringe können einhändig bedient werden. Alles in allem: Die Einstellung der drei wichtigsten Kamerafunktionen (Blende - Zeit - Entfernung) ist sehr schnell durchzuführen. Die Frontplatte des Objektivs ist mit der Balgenführung aus einem einzigen, hochpräzisen Stück (Doppel-Zahnstangentrieb!) gefertigt. Auch bei voll ausgefahrenem Balgen plus 250-mm-Tele sind Standarte plus Zahnstangenführung absolut im Lot und Winkel und 1000/oig verwacklungsfrei, vibrationsfrei. Der Fokussiertrieb ist von ganz leicht bis schwergängig (wie man es wünscht) justierbar. Die abschaltbare Doppelbelichtungssperre erfreut die Freunde des fotografischen Experimentes (bedenken Sie bitte, welche Aufnahmemöglichkeiten allein aus der Kombination von Balgen und Mehrfachbelichtungsmöglichkeit resultieren . . . ).
Wie so vieles an dieser Kamera, so erstaunt auch der Objektiv-Wechsel: Es gibt kein Gewinde, aber auch kein Bajonett und dennoch ist der Anschluß von Objektiven und Gehäuse perfekt. Mit einem äußerst kräftigen Federbügel-Rahmen wird die Verbindung von Objektiv und Gehäuse hervorragend gewährleistet. Unkompliziert und schnell, natürlich auch bei eingelegtem Film ohne Bildverlust. Für den Objektiv-Wechsel betätigt man ein griffiges Einstellrad (links an der Kamera), klappt dadurch eine lichtdichte Abdeckplatte hinter das Aufnahmeobjektiv. Erst danach kann der Objektiv-Haltebügel ausgeschwenkt werden. Nach Austausch eines Objektivs muß zuerst die Abdeckplatte zurückgeschwenkt werden - erst dann läßt sich der Verschluß spannen bzw. Film transportieren. Also Sicherungen gegen alle Eventualitäten.
In Aufnahmerichtung gesehen, ist die Entfernungsskala an der linken Gehäuseseite angebracht. Durch Drehen ist die E-Skala für jede Brennweite adaptierbar. Die roten Gravuren (ablesbar in einem Gehäuse-Fenster) gelten für die Objektive 55 mm, 65 mm und 80 mm. Die schwarzen Gravuren - ablesbar in Draufsicht auf der E-Stange, decken den Bereich der Objektive 105 mm, 135 mm, 180 mm und 250 mm ab. Wir müssen daher feststellen: Zwei - je nach Brennweite - unterschiedliche Ablese- bzw. Anzeigemethoden (wahlweise Meter oder feet) und Einstellbarkeit für jede Brennweite zusätzlich. Das Fehlen einer Schärfentiefeanzeige erstaunt den Besitzer einer C 330 anfänglich, wird aber nach kurzer Zeit nicht mehr vermißt. Denn einerseits sieht man auf der Einstellscheibe ohnedies, in welchem Motivbereich die exakte Schärfe liegt, andererseits kann jederzeit mit den Schärfentiefetabellen (der Gebrauchsanweisung) präzise gearbeitet werden. Nach kurzer Eingewöhnung kennt man die für jedes Objektiv gültigen, blendenabhängigen Schärfentiefebereiche auswendig. Man erspart sich ein für allemal den Blick auf eine Schärfentiefeskala (hier nicht vorhanden). Man arbeitet noch zügiger, denn inzwischen weiß man genau, in weichem Bereich die Schärfentiefe bei Blende 8 des 180-mmTele und z. B. E-Einstellung 14 m liegt. Das Fehlen einer Schärfentiefeskala ist somit kein gravierendes Manko, wenn man sich intensiv mit der Kamera auseinandersetzt und sie zu seinem täglichen Handwerkszeug macht.

Filter an der Zweiäugigen

Der SW-Fotograf kennt von vorneherein die Wirkung eines Filters für SW. Zusätzlich bietet sich ihm die Möglichkeit, auch an der Zweiäugigen die Wirkung nochmals durch Anbringen am Aufnahmeobjektiv zu prüfen. Dies gilt auch für alle Filter der Farbfotografie, besonders für den Einsatz eines Polfilters bei (SW und) Farbe. Entgegen der weit verbreiteten Meinung, daß Polfilter und Zweiäugige sich wenig vertragen, sei hier festgestellt: Entweder dreht man das Polfilter vor dem Auge in wirksamste Position und setzt es dann auf das Aufnahmeobjektiv - oder man prüft den Poleffekt erst am Sucherobjektiv und überträgt es dann auf das Aufnahmeobjektiv. So oder so - es empfiehlt sich die Anwendung eines Polfilters mit Zahlenkranz (Heliopan). Dank der Gravur gibt es keine Übertragungsfehler. Natürlich geht das Ganze nicht so schnell wie bei einer SLR-Kamera. Jedes Objektiv der C 330 wird serienmäßig mit Filtergewinde-Schutzringen geliefert - eine feine Sache.

Die C 330 im Vergleich

. . . . . . mit ihren Konkurrentinnen schneidet sehr gut ab. Allein schon aufgrund der Universalität des Systems, besonders der Wechselobjektive. Allerdings kann sie nicht - so wie die zweiäugigen 6x6 Rolleis - auf eine Mehrformateinrichtung verweisen. Andererseits gibt es für die Rolleis keine CdS-Systeme, keine Wechselobjektive. Im Grunde genommen sollte man die gängigen 6x6-Zweiäugigen Yashica Mat 124 G - die Rollei-Modelle und die C 330 nur in der Ausführung mit Standardobjektiv vergleichen. Da kann dann natürlich das Mehrgewicht der Mamiya in die Waagschale fallen. Dafür hat diese wieder einen eingebauten Balgen. Letzten Endes zählt das, was man will: Mehr Universalität bedingt auch höheres Grundgewicht.

Das Mamiya C 330 Professional System

Wechselobjektive

Die Sekore von Mamiya zählen zum Besten in ihrer Abbildungsleistung für SW und Farbe. Grundsätzlich gilt: Die Sekore sind alle den kontrastreich abbildenden Systemen zuzuordnen. Bestechend ist ihre mechanische Fassung - wie "Made in Germany 119351 Die Abbildungsleistung ist für jedes Objektiv in allen Blenden- und Einstellungsbereichen gleichermaßen exzellent. Egal, ob ganz nahe oder im Unendlichen, mit offener oder abgeblendeter Blende. Weltweit gerühmt werden vor allem das 55-mm-Weitwinkel und das Tele 180 Super (S).

Suchersysteme

1. Porroflexsucher für Durchblick in Augenhöhe; aufrechtes, seitenrichtiges Bild. 

2. CdS-Porroflexsucher für TTLMessung.

3 Prismensucher; zeigt normales Mattscheibenbild in 2,5-facher Vergrößerung. 

4. Lupeneinstellhaube für 3,5- bzw. 6-fache Vergrößerung. 

5. 5,5-fach zum Aufsetzen auf Lichtschacht. 

6. Faltlichtschacht mit Rahmensucher für 80- und 65-mm-Brennweite und Lupe (schwenkbar).

7. CdS-Lupeneinstellhaube: Für direkten, vertikalen Suchereinblick. Mit großer Augenmuschel. Dieser Sucher ist das optimale TTL-Meßsystem zur C 330. Durch seine Konstruktion als allseitig lichtdichter Schacht erhöht er die Brillanz des Einstellbildes enorm bei 3,4-facher Vergrößerung. Einstellbar von 12-6400 ASA (12-42 DIN); 2x1,5 Volt Silberbatterien.

Spezialzubehör

Filter, Gegenlichtblenden, Objektivköcher, verschiedene Bereitschaftstaschen, Alu-Koffer. Auswechselbares Rückteil für Einzelaufnahmen (Planfilm). Handgriff (ohne Auslöser), Pistolengriff mit Auslöser, Spezial-Auslösehandgriff, Augenkorrekturlinsen für Porroflex- und Prismensucher-Systeme. Paramender (Modell 2 u. 3). Entfernungsfeineinstelladapter. Stativadapter und Quickschuh Type P für Stativ-Kamera-Schnellverbindung. Blitzschiene, Kondensator-Blitzgerät. Trageriemen.

Fazit

Kamera plus System stellen das mit Abstand vielseitigste System in der Kategorie der zweiäugigen 6x6-Kameras dar. Optische wie mechanische Fertigung bieten eine für heutige Maßstäbe außergewöhnlich hohe Qualität, durchdacht bis in kleinste Details. Kamera und System sind schnell, einfach zu bedienen. Betont werden muß die Robustheit bei gleichzeitig solider Präzision. Die Trageriemenbefestigung entspricht nicht dem sonst so hohen Niveau. Der Brennweitenbereich der Wechselobjektive reicht von 55 bis 250 mm. Keine andere Zweiäugige hat dies. Die optische Qualität erfüllt besonders auch hohe Ansprüche. Dazu dürfte die einzigartige Planlage bzw. Filmführung beitragen. Verglichen mit anderen 6x6-Systemen zählt die C 330 zur Kategorie der leichteren. Sollte einmal der Verschluß versagen, so genügt es, das Objektiv einzusenden. Alle CdS-TTL-Meßsysteme arbeiten schnell, reagieren sofort auf unterschiedliche Lichtbedingungen. Der Zeigerabgleich funktioniert auch vor dunklem Motivhintergrund (besser als bei vielen KB-SLR-Kameras). Alles in allem: Das zeitlose Prinzip der Zweiäugigen, umfassend erweitert nach modernsten Ansprüchen in Punkto Optik, Elektronik und Zubehör. Für alle Liebhaber der zweiäugigen Mittelformatkamera, für alle, die darin eine fotografische Weltanschauung sehen.

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