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Alexander Borell über:
Asahi Mot - Der wichtige zweite Schuß
Immer wieder höre ich die Ansicht, ein MD-Systern (Motor Drive) sei nicht so wichtig, man würde auf Serien gern verzichten, insbesondere auf Sportreportagen. In Wirklichkeit aber ist die Möglichkeit einer Bild-Serie nur eine Dreingabe: Der zweite Schuß macht oft das erste Bild wirklich zur Aussage, der zweite Schuß sitzt meist noch besser, aber er tut es nur dann, wenn man die Kamera wirklich am Auge behalten kann. Die nen Asahi ES II MD in Verbindung mit dem Motor-Drive-System ist die erste wirklich sinnvolle Kombination von Automatikkamera und Motor.
Ein Loch in der Stoßstange und eine Handkurbel sind billiger, als ein Zahnkranz am Schwungrad und ein elektrischer Anlasser mit Ritzel: Trotzdem haben Sie bei Ihrem Wagen mehr Geld ausgegeben und kurbeln vermutlich nicht mehr. Noch deutlicher aber wird die Sache bei den Jägern, und wenn wir uns nicht als Fotografen auf Architektur oder Pilze spezialisiert haben, sind wir in vielen Situationen auch mit der Kamera Jäger. Mit einer Büchse, die nur eine Kugel verschießen kann oder mit einer einläufigen Flinte wären Sie als Jäger unmöglich: Der zweite Schuß, blitzschnell nach dem ersten, ist oft der entscheidende. Ich wage eine Voraussage: in wenigen Jahren wird kein Fotograf mehr ernst genommen, der mit dem Daumen von Bild zu Bild schaltet. Durch größeren Umsatz würde ja auch der Preis für Motorkameras entsprechend sinken. Für mich ein Lichtblick in dieser Richtung, für Fabrikanten ein Alptraum, dürfte die in wenigen Monaten auf den Markt kommende Contax sein, bei deren Konzept man den Motoraufzug bereits berücksichtigt hat.
Und damit sind wir beim Motor der Asahi ES II, der in sehr perfekter Art das bietet, was grundsätzlich schon längst bekannt ist: Den Motoransatz, an den wiederum ein ziemlich schwerer Handgriff angeschraubt wird, in dem ein enormes Kraftpaket steckt. 8 Stück 1,5 V Mignonzellen bzw. auf Wunsch ein entsprechender NC-Akku.
Dafür schafft er 3 Bilder pro Sekunde oder, bei Schaltung auf Einzelbild, auch nur eins, dann allerdings mit der vollautomatischen Belichtungszeit von 8 sek. bis 1/1000 sek. des ES II-Automaten.
Ich habe vor einiger Zeit schon festgestellt, daß logisches und technisches Denken auch den Japanern allmählich Schwierigkeiten zu bereiten scheint und daß sie, mit Marschtritt und Blick stur geradeaus, auf den gleichen Abgrund zumarschieren, in den wir in den letzten 20 Jahren mit unserer deutschen Fotoindustrie gestürzt sind. Wie sonst wär es möglich, daß große Hersteller, mit bedeutenden und guten Namen in unseren deutschen Ohren, als Neuheit automatische Kameras anpreisen, die keinen Anschluß für einen bereits vorhandenen Motor eines anderen Modells haben. Oder daß sie umgekehrt neue Motorkameras herausbringen, die einer Belichtungsautomatik entbehren. Wenn man zwei und zwei zusammenzählen kann und schon jemals selber fotografiert hat, müßte man wissen, daß die Automatik in Verbindung mit dem Motor erst eine schnelle Kamera macht, und daß umgekehrt ein Motor Wesentliches von seiner Schnelligkeit verliert, wenn man bei jedem Schuß einen Nachführzeiger des Belichtungsmeßsystems erst irgendwo einpendeln muß.
Mit dieser Kritik über andere Fabrikate, ist eigentlich zugleich schon alles Entscheidende über die Asahi ES II Motor-Drive mit ihrem Antrieb gesagt. Sie ist eine Automatikkamera mit Motorbetrieb, und folglich die erste und bisher einzige Kamera auf dem Markt, die diese Forderung voll und ganz erfüllt.
Die Kamera ES II ist nicht mehr neu, es ist schon viel darüber geschrieben worden, es ist kein Geheimnis, daß es Asahi versteht, Qualität zu produzieren, sowohl technische als auch optische.
Die Regulierung der Belichtungszeit nach vorgegebener Blende ist kein "Religionskrieg" wie ich neulich in einer Fachzeitschrift las, sondern eine Frage der technischen Konzeption. Wer sich von Anfang an auf eine bestimmte und technisch begrenzte Befestigung der Objektive im Kamerakörper festgelegt hat, kann nachträglich keine Blendenautomatik mehr liefern, weil er damit Hunderttausende von eigenen Objektiven aus dem Prinzip der Systemtreue herausnehmen und zu Schrott machen würde.
Trotzdem sollte man sich auch bei Asahi darüber im Klaren sein, daß die heutigen Kameras eine Menschengeneration älter sind als die ersten Modelle, daß die Müllhalden von M-42-Objektiven inzwischen entrümpelt sind, und daß das M42 überhaupt kein Argument mehr ist.
Viele Hersteller recht brauchbarer Objektive liefern inzwischen zu diesen jeden gewünschten Anschluß, gleichgültig, ob M42 oder irgend ein Bajonett. Warum versucht bei Asahi niemand, aus dem Gewinde 3 Segmente herauszufräsen, bei neuen Objektiven ebenso, dann würde bajonettartiges Einsetzen Punkt auf Punkt und eine kurze Drehung genügen? Die alten M-42-Objektive könnte man dabei trotzdem noch schrauben.
Wie immer Sie nun über eine Motorkamera denken: Wenn Sie einmal damit gearbeitet haben, fassen Sie eine andere Kamera nur noch mit stark nostalgischen Gefühlen an.
Für das Vergnügen, mit dieser ES II Motor-Drive zu arbeiten, müssen Sie heute noch reichliche DM 3.000,- bezahlen, aber Sie erschließen sich für diesen höheren Preis ein völlig neues Fotogefühl, die Freude an souveräner Überlegenheit gegenüber jedem beweglichen Motiv.
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