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Alexander Borell Kommentar
Die große Entscheidung von Asahi
Drei Modelle: K2, KX, KM
Irgendwo in der Schweiz sitzt ein Mann, der unerhört fleißig arbeitet. Seit langer Zeit schon fräst er aus Asahi-Pentax-Kameras Segmente aus dem Schraubgewinde, er fräst sie auch von den Objektivgewinden ab, und so gibt es viele Schweizer, der Schrauberei überdrüssig, die schon längst Asahi-Kameras mit einer Art von Bajonett besitzen. Ich habe diesem Mann versprochen, seine Anschrift unter keinen Umständen bekannt zu geben, weil er einfach mit der Arbeit allein schon für die Eidgenossen nicht nachkommt. Das könnte sich nun grundlegend ändern: Asahi hat selbst geschaltet (endlich!) und bringt neue Modelle mit Bajonettverriegelung auf den Markt.
Als besondere Anerkennung kluger, technischer Planung mein Kompliment an Asahi: In das weit offene Bajonett läßt sich ein Adapter verriegeln, mit dem die bisherigen M-42-Objektive weiter verwendet werden können, wenn auch nicht mit der Automatik.
"Formel K" ist die Überschrift einer Werbeseite (CFJ 11/75) für die neuen Asahi-K-Modelle. Und das ist sicherlich berechtigt. Im bisherigen, mindestens um fünf Jahre zu lange festgehaltenen, M42-Programm wirkten die "K"-Modelle mit ihrem weit offenen Bajonett (45 mm) wie eine neue Formel. Es wäre denkbar, daß sie zu einer Zauberformel für den Umsatz wird, als Lohn der Angst vor einer Umstellung von Asahi redlich verdient.
Weiter steht in dieser Werbung, die Handlichkeit sei "ergonomisch" gestaltet. Was das ist, steht weder im Fremdwörter-Duden, noch konnte es mir irgend jemand sagen. Ist bei Asahi niemand, der den Werbeleuten solchen Unfug verbietet, zumal es alle drei K-Modelle nicht nötig haben, mit solchen Werbeworten hochgeputscht zu werden.
Vermutlich würde es Ihnen ebenso gehen wie mir: Wenn Sie über drei Modelle zu berichten hätten, würden Sie das Topmodell am gründlichsten vornehmen. Und daher ist zunächst einmal das Topmodell K2 dran. Das erste, was ich tat, als ich die K2 ausgepackt hatte? Ich holte mir meine Olympus OM 1 zum Vergleich - so klein und handlich wirkt die K2. Sie wirkt nicht nur so, sie ist es. Sie ist nur 5,5 mm breiter, ohne Objektiv sogar etwas weniger dick, und nur etwa 12 mm an der höchsten Stelle höher. Dies dürfte damit die bisher kleinste Spiegelreflexkamera mit elektronischem Verschluß und voller Zeitautomatik sein. Trotzdem liegt sie ausgezeichnet in der Hand.
Wie immer gilt die zweite Prüfung dem Sucherbild. Auch da hat Asahi etwas getan, es ist merklich heller und klarer, als bei den bisherigen Modellen. Ich sitze, während ich diese Zeilen schreibe, vor einer Bücherwand, und wenn ich geradeaus durch den Sucher blicke, steht just am rechten Bildrand die "Heilige Schrift`, schwarz eingebunden, und deshalb kann ich trotz guten Lichtes zwar über die Mikroprismen schnell und sehr deutlich scharfstellen, aber welche Zeit die Belichtungsanzeige ausweist, sehe ich wieder einmal nicht: Denn die kleine, schwarze Zeitenskala wird natürlich vor schwarzem Hintergrund unsichtbar. Und wenn es dämmert, geht da auch nichts mehr. Offenbar können Kamerakonstrukteure nicht kapieren, daß die beste Anzeige nichts nützt, wenn man sie nicht ablesen kann. Ich möchte nur einmal wissen, ob alle diese Konstrukteure und Bosse nachts in ihren Autos auch mit unbefeuchteten Anzeigegeräten die Welt verunsichern, weil es ihnen Wurst ist, ob sie 50 oder 100 fahren. Es ist nur ein kleiner Trost, daß sich Asahi hier nicht von anderen Spätdenkern unterscheidet. Der dritte Griff gilt dem Auslöser. Das Ohr erwartet den Verschlußablauf und das Klappgeräusch des Spiegels. Der Auslöser arbeitet korrekt mit Druckpunkt (der zugleich die Automatik steuert!), der Verschlußablauf ist nicht zu hören, aber der Spiegelschlag klingt hart, wenn auch sehr sauber. Es gibt bereits leisere. Dafür hat man anderwärts nicht gespart. Der Auslöser läßt sich verriegeln, die Batterie auf der Kamerarückseite mittels eigener Diode testen: Man vergißt also nicht, wo ein Meßzeiger bei Durchsicht stehen soll, wenn die Batterie in Ordnung ist. Das Rad für die Zeiten- bzw. Automatikeinstellung ist auf Automatik arretiert.
Zum Lösen der Automatik braucht man drei Finger oder zwei Hände - aber die hat man ja, und ein Wechsel erfolgt hier nicht unerwartet und blitzschnell. Die Blenden-Stopptaste zur Feststellung der Schärfentiefe bei Arbeitsblende ist konventionell bedienbar. Die Automatik läßt sich mittels Drehring an der Kamerafront um je zwei Blenden nach Plus oder Minus vorprogrammieren. Die Einstellung der DIN/ASA-Zahl ist für mich ein Alptraum - zum Glück wechselt man ja nicht bei jedem Film.
Der überdimensionierte Spiegel läßt sich hochklappen, dann ist die K2 kaum hörbar. Nur: Bei hochgeklapptem Spiegel ist es meistens ganz egal, ob leise oder nicht - unter Menschen kann man nicht unbemerkt fotografieren.
Die elektronisch gesteuerten Verschlußzeiten reichen von mindestens 8 Sekunden (in der Praxis schafft die K2 etwa die doppelte Zeit noch einwandfrei) bis zur 1/1000, und alle Zeiten lassen sich auch manuell einstellen.
Daß man sowohl an den Objektiven, als auch an der Kamera die Einsetz-Stellung des Objektivs ins Bajonett ertasten kann, ist bei Dunkelheit ein Vorteil. Der Drehwinkel von 65xGRADx macht Asahi - oder deren Werbeleute, besonders stolz, aber bei manchen anderen Kameras ist er auch nicht größer, manchmal sogar noch kleiner: Auf einen Zentimeter mehr oder weniger Dreh kommt es nicht an.
Die Siliziumdioden beschleunigen den Meßvorgang, der neugestaltete Schnellschalthebel erleichtert den Filmtransport, der Filmwechsel funktioniert einfach und schnell - der vertikal ablaufende Metallschlitzverschluß ist eine Generation vom Ur-Gummituch entfernt und erlaubt Blitze bei der 1/125 sek.!
Diese Kamera ist ein schönes und solides Stück, ein gutes und zuverlässiges Werkzeug, ein Fotokamerad für viele Jahre.
Und wie bereits erwähnt, hat man allen M-42-Besitzern nicht die Tür vor die Stirn geknallt ein Spalt ist offen geblieben. Man kann ja alle M-42-Objektive weiter verwenden. Und so ist diese K2 mit Sicherheit nicht ergonomisch, sondern viel eher supercalfragelistisch.
Die ASAHI KX und KM
Es zeugt von Weitblick, nicht nur dem Spitzenmodell eine Liftung und das Bajonett zu verpassen, sondern auch noch zwei andere, preiswertere Modelle gleichzeitig in diese Erneuerung des Programms einzubeziehen. So ist die KX mit keinem bisherigen Modell zu vergleichen. Neu sind die überaus schnell messenden Siliziumdioden, neu ist die volle Information über Zeit und Blende über Zweizeigersystem im Sucher. Auch dieser Sucher ist merkbar heller geworden, dank spezieller Vergütung des Prismas. Und schließlich läßt sich auch bei diesem Modell ebenso handlich wie die K2 der Spiegel, hochgeklappt, arretieren. Gespart hat man sich die elektronische Verschlußsteuerung, sie erfolgt mechanisch wie bisher. Ebenso läuft vor dem Film Opas Gummituch ab - auf die gute Funktion dieser Kamera hat beides keinen Einfluß. Und bei drei preisverschiedenen Modellen muß natürlich das teuerste mehr können oder - wenigstens moderner sein. Beim Blitzen muß man sich mit der 1/60 sek. begnügen, was andere Hersteller immer noch als Weltspitze bezeichnen.
Schließlich ist die "KM" nun tatsächlich eine Weiterentwicklung der bisherigen Spotmatic-Kameras. Ihr Hauptmerkmal ist das neue Bajonett. Im übrigen ist auch sie eine funktionell einwandfreie Kamera, die - in der Hand eines guten Fotografen auch nicht schlechter arbeitet, als die anderen.
Mehr als zwanzig Objektive die längst bekannten Takumare - sind bereits zu den Bajonett-Kameras erhältlich, dazu als Neuheit ein 50 mm Objektiv 1: 1,2. Ober die Qualität der Pentax-Objektive braucht nicht mehr gesprochen zu werden: Sie sind längst bekannt und sehen jetzt ebenfalls ein wenig moderner aus. Alles in allem: Die neuen "K"-Modelle reißen niemanden vom Stuhl, dafür erlebt man mit ihnen bei der Arbeit auch keine Enttäuschung. Ich würde sagen, sie sind goldrichtig. Die K2 wird einiges über tausend Mark kosten, die KX einiges darunter, und die KM liegt dicht dabei.
Und wenn Sie mich jetzt fragen, für welches Modell ich mich entscheiden würde, käme meine Antwort ohne Zögern: Bei der relativ geringen Preisdifferenz würde ich die K 2 nehmen und dafür dem Fotohändler - wenn's anders nicht geht - 10 Monate lang DM 25,- überweisen.
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