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Photographica Aktuell

Spiegelbild der Kameratechnik

Sammlerthema Rollei

Rollei-Kameras vertraten sowohl technisch als auch qualitativ immer einen hohen Anspruch, dem sie auch meistens gerecht wurden. In den nunmehr über sechzig Jahren der Rollei-Geschichte gab es eine Vielzahl interessanter Kamera- und Zubehörkonstruktionen, die zu sammeln sich lohnt.

Die Marke Rollei ist ein noch erschwingliches Betätigungsfeld für den Kamerasammler, obwohl auch hier die Preise klettern. Leica-Maßstäbe werden aber noch lange nicht erreicht, so daß sich gerade für Einsteiger hier gute Chancen auftun, für vergleichsweise wenig Geld Stück für Stück einen Querschnitt durch sechzig Jahre Kamerageschichte aus Braunschweig aufzubauen.

Wer eine Sammlung zu einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Marke anlegen will, der geht sicherlich nicht immer chronologisch vor, denn die ältesten Stücke sind meist die teuersten und die seltensten. Daran wagt man sich erst, wenn der Grundstock steht. Diese Basis ist bei Rollei recht leicht auszumachen, denn die Zweiäugige ist die Wurzel des Stammbaums, von den raren und teuren Franke&Heidecke-Urmodellen Rolleidoskop und Heidoskop einmal abgesehen. Sicher wird die Keimzelle einer Rollei-Sammlung in den meisten Fällen eine Zweiäugige aus den fünfziger Jahren sein, bestückt mit dem Tessar 3,5/75 mm und möglicherweise mit der damals gerade in Mode gekommenen Lichtwertkupplung der beiden Einstellrädchen für Zeit und Blende. Gerade diesen Typ gibt es in einer Vielzahl von Variationen. Ähnlich wie beim VW-Käfer wurde auch bei Rollei eine alljährliche Modellpflege betrieben, die die Versionen-Vielfalt geradezu ins Uferlose ansteigen läßt. Handfeste Bestimmungsliteratur ist dann zu solch einem Modell nötig; Rollei-Spezialist Udo Afalter bietet sie in Form des Prachtbands Die Zweiäugigen von 1929 bis 1991. Eine, solche Rollei aus den fünfziger Jahren bildet sozusagen den Standard-Grundstein zur Sammlung, In einwandfreiem Zustand ist sie etwa 600 Mark teuer, und sie eignet sich heute noch genauso zum Fotografieren wie damals.

Wer in Sachen Zweiäugige erst einmal auf den Geschmack gekommen ist, dem steht der Sinn schnell nach Höherem in der Modell-Hierarchie, denn er entwickelt schnell ein Gespür für technische Finessen, mit denen jede dieser originellen Kameras reichlich gesegnet ist. Besonders gut durchkonstruiert und ausgefeilt präsentieren sich die Modelle 2,8 F und 3,5 F, die ab 1960 das Programm nach oben abrundeten. Nicht nur das hochwertige fünflinsige Planar- oder Xenotar-Objektiv machen den feinen Unterschied zu den einfacheren Modellen aus, auch der kreuzgekuppelte Belichtungsmesser ohne umständliche Lichtwertübertragung markieren einen wichtigen Schritt nach vom in der Entwicklung der Zweiäugigen. Der abnehmbare Faltlichtschacht und die auswechselbaren Sucherscheiben, später auch beim preiswerten Modell Rolleiflex T eingeführt, machen sie zu einer Systemkamera im kleinen Rahmen. Lupensucher und Prismensucher können anstelle des üblichen Faltlichtschachts treten, Gitternetz und Vollmattscheibe ohne Einteilung und Einstellhilfen die Serienmattscheibe ersetzen. Beim Fotografieren mit Filtern kann man den Korrekturfaktor mit Hilfe eines Einstellrads vorweg eingeben, das Filmtastwerk sorgt für schnelles, unproblematisches Wechseln.

Eine 3,5 F bildet in finanzieller Hinsicht einen Geheimtip. Obwohl von gleicher technischer Ausstattung wie die 2,8 F, ist sie gebraucht rund 500 Mark billiger. Das Objektiv ist zwar mit einer Anfangsöffnung von 3,5 geringfügig lichtschwächer als das der 2,8 F, aber eher von besserer Abbildungsqualität. Bei der 2,8 F muß man eben die Unverwechselbarkeit mit anderen Modellen durch die große Objektivöffnung und den Status des Spitzenmodells teuer bezahlen.

Als "Brot-und-Butter-Modell" für Amateure gilt die Rolleicord, die in keiner Rollei-Sammlung fehlen darf. Bei gleicher optischer Leistung wie eine Rolleiflex mit Tessar 3,5 zeigt sie sich in der Ausstattung spartanischer und in der Bedienung anspruchsvoller, weil bei ihr Filmtransport und Verschlußaufzug getrennte Funktionen sind. Für die Sammlung empfiehlt sich ein Modell mit der Bezeichnung römisch fünf (V), das viele sinnvolle Verbesserungen gegenüber den Vorgängern aufweist.

Damit wäre das Kapitel der Zweiäugigen mit dem nötigsten abgeschlossen. Teure Spezialitäten wie Tele- und Weitwinkel-Rolleiflex sind in diesem Stadium noch nicht vorgesehen allenfalls eine Rolleiflex T in schmuckem Grau und mit Belichtungsmesser könnte noch eine begehrenswerte Ergänzung sein. Die stilistisch mißglückte RolleiMagic mit halbautomatischer Belichtungssteuerung will kaum jemand haben - gerade deshalb ist sie eine Sünde wert, die obendrein auch nicht viel kostet.

Die nächste Abteilung in der Vitrine wird von der Rollei 35 angeführt, dem nach der Zweiäugigen wohl originellsten Rollei-Modell Oberhaupt. Adäquater Mittelpunkt dieser umfassenden Kamerareihe wäre eine Rollei 35 in Chromausführung mit numeriertem Tessar, "Made in Germany", für rund 500 Mark, die in einer schwarzen Rollei 35 S ihre ideale Ergänzung findet. Wer es darüber hinaus nicht lassen kann, sollte als nächstes zu einer 35 SE in Chrom greifen, denn sie ist seltener als die schwarze Ausführung und notiert zur Zeit noch niedrig. Interessant wäre außerdem noch eine chromfarbene B 35 mit Selen-Belichtungsmesser das ehemalige Einsteiger-Modell mit dreilinsigem Triotar-Objektiv. Die Kamera ist, wie auch die belichtungsmesserlose C 35, anders konstruiert als die aufwendigeren 35-Modelle. Bei ihr stellt der Fotograf die Blende und die Verschlußzeit direkt am Objektiv ein statt an den Bedienrädchen rechts und links daneben, die der 35 das originelle Aussehen verleihen. Nach 1974, als die 35 S hinzukam, haben sich die Bezeichnungen 35 B, 35 T, 35 S eingebürgert; später, von 1978 an, hießen die Kameras dann 35 LED, 35 TE und 35 SE.

Die siebziger Jahre sind wegen der herrschenden Modellvielfalt bei Rollei Oberhaupt eine Fundgrube für Sammlung. Kein Weg führt an der geradezu puristisch wirkenden ersten Kleinbild-Spiegelreflexkamera SL 35 vorbei, und kaum einer an der kleinsten Pocketkamera der Welt namens Rollei A 110. Gerade diese Kamera besticht durch ihr gelungenes Design und ihr hervorragendes Objektiv, deshalb sollte sie nur mit Kodachrome 64 (110) geladen werden. Noch seltener ist die verschlußtechnisch einfachere E 110 im silbernen Outfit. Die Bezeichnung "Made in Germany" sollte bei den Rollei-Modellen der frühen siebziger Jahre schon angestrebt werden, sie sind insgesamt wertstabiler als die baugleichen Singapore-Versionen, kosten aber auch im Schnitt 30 Prozent mehr. Apropos Kassettenkameras - die waren zu dieser Zeit groß in Mode. Bei Rollei gab es gleich zwei für das Forrnat 28x28 Millimeter, auch als Kassette 26 bekannt. Die eine war ein Suchermodell, hieß A 26 und konnte mit einem Blitzgerät gleicher Größe zu einer kompakten Fotografier-Einheit kombiniert werden. Die andere ist eine Spiegelreflex und erlaubt den Anschluß von drei Zeiss-Objektiven von 28, 50 und 85 mm Brennweite. Eine A 26 gibt es nicht unter 800 Mark, weil Rollei nur wenige tausend Stück baute. Auch die XF 35, eine Kleinbildkamera mit Mischbildentfernungsmesser, verdient beim Sammler Beachtung - nicht nur das lichtstarke Sonnar 2,3/40 min, auch die übrigen Qualitäten der ursprünglichen Voigtländer-Konstruktion überzeugen.

Die Rolleiflex SLX läutete das Elektronikzeitalter bei den Rollei-Mittelformatkameras ein und gilt aufgrund ihrer revolutionären Konzeption, die für die Nachfolgemodelle 6006 Mod. 2 und 6008 auch heute noch Gültigkeit hat, zu recht als Meilenstein. Der Sammler hat nun allerdings ein Problem: Aufgrund der Tatsache, daß alle Rollei-Kameras sammelwürdig sind, muß er seine Kaufentscheidungen sorgfältig abwägen. Für Einsteiger lautet ein Grundsatz, zunächst die wichtigen Grundmodelle zusammenzutragen, bevor es dann an die Varianten geht, oder sich zunächst auf ein bestimmtes Rollei-Teilgebiet mit wichtigen Versionen zu beschränken.

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