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2009

NÖRGELMANN ÜBER: OLYMPUS FTL

Nummer vier und fünf der Nörgelmann-Amateurtests im „Foto-Magazin" haben zwei Kameras zum Thema, deren Benutzerkreise sich wohl grundsätzlich unterscheiden: Die Olympus FTL ist eine Systemreflex für anspruchsvolle Amateure und auch für Profis; die Nizo 1000 dagegen dürften „Bildermacher" mit Sinn fürs Exklusive schick finden. Mit der FTL engagiert sich Olympus erstmals auf dem Markt der Spiegelreflexkameras für das volle Kleinbildformat 24x 36. Mit einer Kamera, bei der es - erstmals in einer West-Reflex - gelungen ist, das Praktica-Gewinde für die Offenmessung einzurichten. Die FTL wird in diesen Wochen ausgeliefert. - Mit der Nizo 1000 dagegen - vollgepackt mit originellen Konstruktionsideen - wagt Braun/Nizo den ersten Schritt auf das Fotokamera-Parkett. Wann folgt der zweite? Red.

Dieser Test geht schief, das möchte ich Ihnen schon im vorhinein sagen, damit Sie dann nicht enttäuscht sind. Von einem Test erwartet man nämlich immer, daß verborgene Schwächen zutage gefördert werden, und wie froh ist man z. B., wenn ein Opel Manta, verglichen mit dem Ford Capri, von Durchmesser auf 100 ... na ja, Sie wissen schon. Wie herrlich ist es, einen Test zu schreiben, wenn der Verschluß wie eine Haubitze knallt. Aber bei der OLYMPUS FTL tut er das nicht.
Oder wenn wenigstens der Spiegel ein wenig schlagen würde. Aber der tut das nicht ...
Aber vielleicht liegt sie nicht sehr gut in der Hand? Verdammt nochmal, sie liegt nicht nur gut, sie stimmt haargenau.
Und spätestens jetzt werfen ein paar Patrioten das FM weg: „Natürlich, jetzt hat der Nörgelmann wieder mal seine geliebten Japaner ... weiterlesen erübrigt sich." Aber vielleicht lesen doch noch. ein paar Fotografen weiter, die nicht nur patriotisch Sind? Für diese also weiter im Text
Handlichkeit hervorragend. Der Schnellschalthebel „handsympathisch" (von mir, gottlob nicht von Olympus!), steht bei der Arbeit ein wenig ab, man muß ihn bei raschen Schüssen nicht immer erst irgendwo rauspolken.
Wenn ich ein Auto kaufe, was, weil ich keine studierenden Söhne habe, jedes Jahr stattfindet, tue ich das in erster Linie mit dem Hintern. Bei Kameras sind es meine Hände: passen muß das Ding, es muß sich anfassen, einen Griff haben - ich kann nichts dafür, bei der OLYMPUS FTL stimmt das alles.
Das zweite: der Blick durch den Sucher. Hell muß das Bild sein. Nun, ich habe schon mal, ein einziges Mal, ein helleres gesehen, aber hell ist es, ausreichend hell.
Das dritte: Wie mißt sich die Entfernung? Feine Mattscheibe insgesamt, davon in der Mitte ein kleiner Kreis Mikroprismen. Die Schärfezone ist nicht zu übersehen, besonders weil Natürlich, weil Sie immer mit voller Blendenöffnung messen! Das bedeutet, bei schnellen Schnappschüssen, in der Praxis Sicherheit für garantierte Schärfe. Die Punktschärfe im Prismenfeld ist deutlich, springend.
Und weil wir gerade beim Sucher sind: Belichtungsmesser-Nadel deutlich, Nachführzeiger mit kleinem Ring, wie ich das liebe: man kann etwas drunter, etwas drüber oder genau auf die Mitte, wie man's gerade braucht.

Und die Messung natürlich durch die Objektive, die Schraubgewinde haben mit Pfiff. Der Pfiff besteht aus einem kleinen Stift, so daß es mit Offenblende geht. Man dachte, das wäre nur jenseits des östlichen Vorhanges, wegen Patentgründen, möglich, aber noch östlicher scheint's noch möglicher zu sein. Ich hätte heute, als Kamerafabrikant, nicht mehr den Mut, ohne Offenmeß-Methode eine Kamera zu bauen. Aber so lange hierzulande die Sicherheit der Autos aus Schaumgummi besteht, kauft man vielleicht auch noch andere Kameras.
Das Elektrizitätswerk kann abgeschaltet werden, zwecks Ersparnis an Batterie. Das beruhigt, denn zweimal im Jahr wäre ein solches Knöpfchen vielleicht zu teuer? Dafür würde man, im eiligen Augenblick, das Einschalten nicht vergessen haben ... ich bin ganz glücklich, auch ein kleines Manko gefunden zu haben. Sparsamen Leuten wird das aber gar nicht als Manko erscheinen, sie drehen abends zu Hause auch immer die Birne in der Diele aus, weil die mit ihren 60 Watt 1.80 DM pro Monat kostet. So ist halt alles relativ.
Relativ ist für mich auch das Vergnügen, mit einem Knöpfchen die zu erwartende Schärfentiefe vorher schon kontrollieren zu können: meine Augen stimmen da nicht, denn was ich nach Abblenden im Sucher scharf sehe, ist hinterher auf der Vergrößerung doch noch unscharf. Wenn's darauf ankommt, ist mir eine gute Tabelle lieber, aber immerhin: diese Vorab-Blendung wird kostenlos mitgeliefert.
Fürs Blitzen ist doppelt gesorgt: Mittenkontakt im Sucherschuh und - Blitzkontakt extra. Neulich schrieb mir einer allen Ernstes, ich sei ein Blödel, weil ich den Mittenkontakt
gefordert hätte: ob ich denn noch nicht wüßte, daß Aufnahmen mit dem Blitz am langen Kabel viel schöner würden. Na, was soll man da antworten? Wenn ich sage, nein, das habe ich bisher noch gar nicht gewußt, ist der Schreiber vermutlich zufriedener, als wenn ich ihm sage, daß für rasche Arbeit oftmals ein Mittenkontakt Gold wert ist, und daß man ihn vor allem ja nicht unbedingt allein verwenden muß. Also: bei der OLYMPUS FTL kann man sich's heraussuchen. Blitzsynchron bei 1/60 s. Na ja, so ist man's gewöhnt, aber da gehört der Stich den Regula-Leuten im deutschen Schwarzwald mit ihrer 1/125! Auch die Filmeinspulung ist noch konventionell, mag die Aufwickelspule auch noch so viele Schlitze haben. Und immer noch muß man den Film so lange hineinwursteln, bis die Zahnrädchen in beide Perforationsreihen eingreifen. (Ein Geheimtip für Olympus: Ich kenne Euch allmählich, Ihr macht ganz gern was Besonderes, tut doch auch mal da einen Schritt nach vorn und erfindet eine Filmführung, die auch ohne doppelte Perforation funktioniert und dann vielleicht gar noch den Transportschritt nach Wahl gestattet! Herr Barnack war ein Genie, aber muß sein Filmtransport wirklich bis zum jüngsten Gericht eine Norm bleiben?)
Objektive gibt's in Hülle und Fülle, ich hatte zum Testen als Norm: 1:1,4/50, das sich bis 0,4 Meter einstellen läßt, also etwa auf Postkartenformat. Schön, daß man dafür nicht schon Zubehör braucht. Weitwinkel und Tele - es ist alles vorhanden, sogar ein sehr handlicher Balgen und Diakopiervorsatz. Blendenautomatik dann nicht mehr gegeben, man sollte sich vielleicht doch ein Spezialgerät mit dieser automatischen Übertragung als Sonderwunsch auf Lager legen. Messung durchs Objektiv bleibt aber natürlich erhalten, wird nur etwas umständlicher: dafür läßt sich aber der Blendenvorwahlknopf in seiner Arbeitsstellung arretieren. Sie haben an alles gedacht ...

(Übrigens werden so auch Fremdobjektive in Praktica-Fassung verwendet.)
Und wenn Sie also einen Film belichtet haben, kommt das Rückspulen, wie bei allen Kameras: mit einer kleinen Kurbel. Bis man den berühmten „Widerstand" spürt. Das ist bei OLYMPUS nicht anders, als bei Hinz und Kunz. Schade, denn auch da möchte ich endlich mal was Neues! Denn im Gedränge der raschen Arbeit, Modell wartet, Gelegenheiten bei Autorennen flitzen vorüber ... und da warten Sie mal auf den „geringen Widerstand", wenn der Film aus der Aufwickelspule rutscht! Kann man sich da wirklich nicht auch mal was einfallen lassen? Ich will OLYMPUS nicht vorwerfen, daß es hier genauso ideenlos ist, wie alle anderen Weltfirmen. Aber gerade ... nun ja, wir haben uns verstanden, nicht? (Und für die Patrioten: wenn eine deutsche Firma da was erfände, würde ich mich noch mehr freuen!) Ich kann jedenfalls tun, was ich will, mir rutscht immer der ganze Film in die Spule zurück, und die Colorentwicklungsanstalten freuen sich dann darüber.
Merken Sie jetzt endlich, wie ich krampfhaft bemüht bin, irgendeinen Mangel zu finden? Aber auch das Leder ist gut, der Lack schwarz, das Chrom O.K., und ich kann doch mit dem besten Willen nur meine Note 2 erteilen, denn ich kann mir im Augenblick die OLYMPUS FTL nicht leisten, es sei denn, einer meiner Leser kauft mir vorher meine ... nein, ich teile das lieber schriftlich mit, sonst kriege ich noch mehr Schwierigkeiten.
Ach ja, und noch etwas: Da schreibt mir jemand, meine Tests wären ja ganz nett, aber ich würde nie etwas über die Qualität der Aufnahmen sagen, und das sei doch schließlich bei jeder Kamera das Wichtigste.
Richtig, dieser Ansicht bin ich auch. Aber meines Wissens machen immer noch die Besitzer der Kameras die Bilder, nicht das Gerät. Und da schauen Sie sich mal die Ausstellungen an: unscharf, verwackelt, körnig, schief im Raum, stürzende Linien ...
Und da erwartet man von mir, ich soll etwas über die Bildqualität sagen? Wo doch schon billige Objektive besser sind als der Film? Nein, ich werde hier immer nur sagen, ob die Kamera Spaß macht, oder nicht. Was Sie dann damit anfangen, ist allein Ihre Sache...
Und die OLYMPUS FTL zu testen machte mir Spaß, können Sie nicht eine ... brauchen, ich gebe Sie als Gelegenheit günstig ab?

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