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Artikel

2009

NÖRGELMANN ÜBER:Asahi Pentax Spotmatic und Minolta SR-T 101

„Demnächst”, schrieb Nörgelmann im Juniheft an die Leser des FM, „werde ich die Asahi Pentax Spotmatic und die Minolta SR-T 101 testen. Ich mag einmal nicht alles selber tun, und deshalb bitte ich die Besitzer solcher Kameras, mir möglichst bald ihre Meinung darüber zu schreiben, evtl. zu nörgeln, evtl. zu loben, und vor allem: warum wurde gerade diese Kamera und keine andere gekauft? "Es scheint unter den Lesern des FM erstaunlich viele Asahi- und Minolta-Besitzer zu geben. Denn bis Anfang August, dem allerletzten Termin für die Auswertung hatten uns genau 117 Leser geschrieben. Zehn-Seiten-Briefe zum Teil, von zuhause und aus dem Urlaub, immer aber sehr gründlich und sehr engagiert. „Eine irre Arbeit", sagt Nörgelmann, der hier erstmals seine Meinung gegen die unserer Leser stellt. Eine zukunftweisende Marktforschung des FM, meinen wir. Red.

Zwei grundsätzliche Betrachtungen

Mir scheint, ich komme diesmal ohne zwei Betrachtungen allgemeiner Art nicht aus. Da wäre z. B. zunächst ein Phänomen zu klären: die unglaubliche Beharrlichkeit des Menschen. Lernt er etwa das Autofahren auf einem Wagen, der außen zwei Trittbretter und dafür innen keinen Platz hat, so wird dieser Mensch trotzdem sein Leben lang behaupten, er fahre das beste Auto der Welt, nur weil es sich vorwärtsbewegt und am Berg nicht stehen bleibt. Ebenso verhalten sich manche Kamerabesitzer: sie haben sich, freiwillig oder mit Nachhilfe eines Fotohändlers, für ein Kameramodell entschieden und sind über die Tatsache, daß die Kamera wirklich Bilder macht, so entzückt, daß sie sich nicht vorstellen können, eine andere Kamera könnte noch bessere Bilder machen, oder die gleichen Bilder mit geringerem Aufwand. Soviel über menschliches Beharrungsvermögen, häufig ganz zu Unrecht auch als Treue deklariert.
Ebenso wichtig erscheint mir eine Bemerkung über Statistik jeglicher Art. Die Hexenjagd auf alkoholisierte Autofahrer verdanken wir der Tatsache, daß sich noch niemand die Mühe machte, sogenannte Alkoholunfälle wirklich gründlich zu untersuchen. Die „Fahne" ist an allem Schuld, - aus. Das ist bequem, wenn auch falsch. Und weiter: wenn man einen Menschen mit einem Fuß auf eine glühende Ofenplatte stellt, mit dem anderen in eine Gefriertruhe, dann fühlt er sich, nach der einwandfreien Statistik über die Wärmeverteilung, genau wohl. Ich bitte meine Leser daher, der hier zu lesenden Statistik in Prozenten, von mir selber erarbeitet, größtes Mißtrauen entgegenbringen zu wollen! Wenn also von fünfzig Asahibesitzern halt, hier muß ich sofort eine Einschaltung machen, um vermutete Vorurteile auszuschalten: ich nenne Asahi vor Minolta, weil im deutschen Alphabet A vor M kommt. Klar? Wenn also fünfzig Asahibesitzer erklären, sie würden sich nur wieder eine Asahi kaufen, dann müßte man wissen, welche anderen Kameras sie zwischenzeitlich gründlich ausprobiert haben.
Und wenn fünfzig Minoltagrafen das ganz besonders helle Sucherbild erwähnen, dann müßte man erst wissen, durch wie viele andere Sucher von Spitzenkameras sie geschaut haben.
Dem Reinen ist bekanntlich alles rein, - aber die Minoltaleute jammern doch über Staub auf der Mattscheibe. Die müßten erst einmal mit einer Kamera arbeiten, wo das Suchersystem auswechselbar ist!

Widersprüche

Und was soll man gar dazu sagen, wenn nahezu die Hälfte der engagierten Amateure sich bei einer Kamera darüber beschwert, der Verschluß und Spiegelschlag sei zu hart und zu laut, während die andere Hälfte lobenswert hervorhebt, beides sei erfreulich ruhig und leise?
Trotz solcher scheinbarer Widersprüche zeichnen sich doch ganz klare Vorzüge und Nachteile ab. Zum Glück für mich sind sie schön gleichmäßig auf die beiden Kameramodelle verteilt, so daß ich der mißlichen Lage enthoben bin, mich ganz offenkundig irgendwo in die Nesseln setzen zu müssen. Wenn zwei sich darüber streiten, ob der Urlaub in den Bergen oder an der See schöner sei, kann man diesen Streit nicht schlichten, weil das eben Ansichtssache ist.

Klare Gründe zur Anschaffung

Und so geht aus den Zuschriften eindeutig hervor, daß die Asahi-Käufer ganz bewußt das Normalgewinde haben wollten, während man bei Minolta Wert auf das Bajonett legte. Einschrauben bedeutet zwar „langsam", dafür große Auswahl an preiswerten Objektiven; Bajonett hingegen heißt rasches Arbeiten mit Werksoptik. Wer will da entscheiden, was besser ist? Ich persönlich habe die Schrauberei schon bei den alten Leicas zum Teufel gewünscht, weil ich in der Eile alles verklemmt habe.

Offen- oder Arbeitsblende

Ebenso deutlich gehen die Meinungen darüber auseinander, ob man mit offener Blende oder mit der Arbeitsblende messen soll. Ich bin hier inzwischen bekannt dafür, daß ich für die offene Meßmethode plädiere, denn warum, muß es dunkel im Sucher sein, wenn's auch hell geht? Und daß die Arbeitsblende zuverlässiger sei, ist eine Erfindung des jeweiligen Fotohändlers: Autos mit Automatik sind heute weniger störanfällig als die, die man noch mit der Hand schalten muß! Es kommt nur darauf an, wie gut die Automatik ist, also das Springen der offenen Blende im Augenblick des Auslösens. Und dieses Problem können heute schon Elektroniker dritten Grades einwandfrei lösen.
Daher wünschen sich auch einige AsahiBesitzer die Offenmessung. Klar, denn ab Blende 8 wird's halt verdammt duster. Daran ändert sich auch nichts, wenn einige schreiben, das würde sie nicht stören: manchen Leuten macht es ja auch nichts aus, wenn im Nachbarhaus zwei Hunde bellen und drei Kinder brüllen. Mich macht so was nervös, und ein dunkler Sucher auch.

Diverse Feststellungen

Doppelt so viele Asahibesitzer jammern über Fehler durch Rücklicht im Sucher, besonders bei Brillenträgern. Dafür mußten wesentlich mehr Minoltisten ihre Kamera zur Reparatur einsenden, als Asahileute. Man könnte sagen: ein Alfa muß auch öfters in die Werkstatt, als ein Diesel, und wenn weniger Mechanik mehr Sicherheit bedeutet, und das tut sie, dann ist die Asahi ein ganzes Stück überlegen.
Natürlich schreiben viele Asahileute, daß sie ihr gutes Stück wegen des eleganten und handlichen Äußeren gekauft haben. Das schreiben die Minoltaleute weniger. Und mir gefällt die Asahi rein vom Äußeren her auch besser: leichter, weniger Chrom und nicht so klobig. Dafür hat die Minolta einen Vorteil, den die Asahi nicht bieten kann: durch ihr riesiges Bajonett kann man mit Adapterringen ebenfalls die Objektive verwenden, von denen die Asahi gewissermaßen lebt: die Einschrauber! Und dann kann man mit der Arbeitsblende messen - aber bei der Asahi nicht offen.

Die interessante Preisfrage

Die Asahi ist im Preis viel günstiger, schreiben einige Amateure. Jawohl, und sie vergleichen damit die Preise der Minolta. Was aber bedeutet es, wenn auch die Minoltaleute betonen, daß sie ihre Kamera wegen des „günstigeren Preises" gekauft hätten? Nun, - die vergleichen mit Nikon.

Ärgerlich

Zwei Dinge jedoch gibt es, worüber jeder verärgert ist: bei der Asahi ist es das umständliche Filmeinlegen. Ich hatte das Modell II, und wenn das Filmeinlegen vorher noch mühsamer war - nein, spulen war schon vor dreißig Jahren unpraktisch!
Bei der Minolta ist es das vertrackte Einschalten der Elektrizität am Kameraboden.
Daß wiederum einige Asahibesitzer die jedesmal nötige Einschaltung des Belichtungsmessers unpraktisch finden, ist klar: die Taste liegt unhandlich, geht zu schwer und rastet auch noch ein. Ein ganzer Arbeitsgang zuviel!
Ein wenig Enttäuschung klingt aus den Briefen der Asahileute, daß auch das neue Modell II nicht sehr viel mehr bringe. Aber dazu wird es nachher noch einiges zu sagen geben: die neue Vergütung der Takumare...

Was sich alle gleichermaßen wünschen

Egal ob Asahi oder Minolta: man möchte den Auslöser verriegeln können, weil es zuviele Bilder kostet, wenn man die Kamera in die Tasche steckt. Und man möchte endlich eine Blitzsynchronisation mit 1/125, und nicht mehr die längst überholte 1/60!
Ebenso wünschen sich die meisten Schreiber, daß man Doppelbelichtungen ausführen können sollte oder wenigstens nicht so umständlich, wie das gewissermaßen hinten herum empfohlen wird. Ich selber glaube, wenn die Hersteller, Asahi und Minolta, diese Wünsche nicht bald berücksichtigen,
werden sie das zu spüren bekommen, denn auch in Japan schläft die Konkurrenz nicht! Soweit vielleicht mein Kommentar zu dem, was Sie sich mit etwas Mühe selber aus der Statistik hätten herauslesen können.

Nun aber meine eigenen Eindrücke und Erfahrungen

A) Handlichkeit: Vom reinen Anfassen her ist die Asahi handlicher. Arbeiten kann ich mit der Minolta genau doppelt so schnell.
B) Belichtungsmessung: Die Asahi mißt den gesamten Bereich und zieht einen Durchschnitt. Das ergibt eben durchschnittlich gute Bilder. (Ich sage extra „gute"!) Bei gewissen Aufgaben jedoch versagt dieser Durchschnitt aus hell und dunkel: dann stimmt beides eben nicht ganz. Aber grobes Verhauen ist völlig unmöglich, 36mal drücken sind einfach 36 Fotos.
Bei der Minolta ist das nicht ganz so einfach, die hat zwei empfindlichere Meßpunkte im Gesamtbild: etwa im unteren Drittel in der Mitte der Längsseite, und etwa ein Stück darüber, unter dem oberen Rand. Das führt teilweise zu präziseren Belichtungsergebnissen, weil bildwichtige Punkte betont gemessen werden. Aber es kann auch zu totalen Pannen führen: etwa ein Haus im Gegenlicht, auf dem Dach spiegelnde Sonne, vorne heller Kies: dann ist die Hauswand so schwarz wie eine Nacht ohne Mond. Die Asahi gleicht das ganz hübsch aus: Helles ist etwas zu hell, Dunkles nicht ganz schwarz. Sehr begabte Anfänger arbeiten etwa so, und so steht es auch in alten Lehrbüchern.
Der Minoltabesitzer muß das wissen, dann holt er aus seiner Art Messung mehr heraus, als es die Durchschnittsmessung bringen kann. (Und die Minoltaleute sollten das in ihrer Bedienungsanleitung klarer zum Ausdruck bringen!)
Asahi legt ganz besonderen Wert darauf, daß man die neue Vergütung der Takumare, die Super-Multi-Coating-Vergütung hervorhebt, weil es praktisch keine Spiegelung im Objektiv mehr gibt, wenn man gegen die Sonne fotografiert.
Zunächst habe ich völlig normal fotografiert: beide Kameras auf dem Stativ, beide gleichzeitig ausgelöst, und dann die Dias verglichen. Hierbei erwiesen sich die Asahi-Takumare als wärmer im Ton. (Weil das 1,4 Objektiv vielleicht eine Linse mehr hat, als bei Minolta?) Dafür waren die Minoltaaufnahmen eine Spur unterbelichtet. Beim zweiten Testfilm habe ich das individuell durch Änderung der ASA-Einstellung (wieviele Amateure wünschen sich eine DIN und ASA-Skala!) korrigiert und fand zwischen den Aufnahmen praktisch keinerlei Unterschiede. Auch die Belichtungszeiten- und Blendeneinstellungen stimmten nahezu überein. Gelegentliche Differenzen kamen daher, daß das 1,4 Takumar 50 mm Brennweite hat, das 1,4 Rokkor jedoch 58 mm.
Daher schoß ich einen dritten Testfilm und achtete auf den stets gleichen Bildausschnitt. Erfolg: die Dias sind kaum voneinander zu unterscheiden, es sei denn bei bestimmten Beleuchtungsverhältnissen, wo einem entweder die gemischte Meßmethode der Asahi, oder aber die etwas Selektive der Minolta einen Streich spielen kann.

Der dicke Hund

Dann aber kam der dicke Hund: nachdem man mich von seiten Asahis so nachdrücklich auf diese neue Wundervergütung aufmerksam gemacht hatte, befaßte ich mich zunächst mit dem Studium der Prospekte und - Versprechungen. Wenn es danach geht, gibt es heute überhaupt kein Objektiv mehr, das Blendenbilder oder Spiegelungen bei Gegenlicht erzeugt. Die einen vergüten immergrün, die anderen himmelblau, die dritten Super-Super und ...
Kurz und gut: die Takumare sind den Rokkoren bei direktem Gegenlicht, besonders bei Schüssen in die Sonne, deutlich, wirklich deutlich überlegen. Wenn Sie nun meinen, man schießt selten in die Sonne, dann tut man's doch öfters als man denkt, in spiegelndes Wasser oder auf Chrom von Autos. Hier sehe ich eindeutig das größte Plus für Asahi. Für mich persönlich, und ich bin ja nun einmal ein subjektiver Mensch, würde ich die Minolta wählen, wegen des schnellen Arbeitens und des einen Arbeitsganges weniger. Aber ...
Ich bin auch ein gerechter Mensch, oder möchte es wenigstens sein, und so sind mir die Vorteile der Asahi durchaus begreiflich und akzeptabel, selbst wenn es mich, wie viele meiner Leser, ärgert, daß sich ausgerechnet eine Kamera „Spotmatic" nennt, die genau das Gegenteil von einem Spot mißt.

Das Urteil

Ich würde mir, gäbe es keine Minolta, eine Asahi kaufen. Bei technisch gleichem Angebot wiederum würde nicht nur der Preis, sondern auch das gute Aussehen und die Griffigkeit der Asahi den Ausschlag geben, und ich würde dann die Asahi wählen. Und weil ich sie beide für technisch ausgereifte, qualitativ hochstehende und durchaus wertvolle Kameras halte, kann ich mich nicht entschließen, meine private Entscheidung in der Benotung auszudrücken: ich würde damit beiden nicht gerecht. Infolgedessen erhalten beide Kameras meine Note 2.

Urteilsbegründung

Sie kennen das vom Fernsehen: Kür der Damen oder Herren auf dem Eis. Die beste Note ist 6,0, und Sie würden diese Note geben. Die Preisrichter jedoch halten die Täfelchen mit 5,7 - 5,6 - 5,6 - hoch. Es könnte ja sein, daß ein noch besserer kommt. Ich würde beiden Kameras meine Note 1 geben, wenn nicht ...
Ich sagte vorhin „ausgereifte" Kameras. Nun, mir scheinen sie beide ein wenig zu ausgereift, beinahe schon überreif. Eine wirkliche Modernisierung z. B. könnte noch alles Mögliche an Komfort und technischem Fortschritt bringen, nicht nur eine bessere Vergütung oder - seit Jahren gar nichts. Ich habe den Fortschritt bei den deutschen Kameras so laut gefordert, warum sollte ich japanische sanft auf ihrem Standard schlummern lassen? Und so möchte ich halt meine Note 1 für eine Asahi Pentax Spotmatic III aufheben, oder für eine Minolta SR-T 102 - oder für eine andere Kamera, die es eines Tages geben wird. (Und vielleicht habe ich diese Kamera sogar schon zum Testen in Händen!)

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