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Artikel
2009
NÖRGELMANN ÜBER: POLAROID BIG SHOT
Da kommt also eines Tages ein Paket von Polaroid. Ein großes Paket. Ich denke: Nanu - warum schicken die mir ihr ganzes Produktionsprogramm? Das leichte Gewicht allerdings machte mich stutzig. Ich packe also aus, und was sehe ich? Haben die mir doch, vermutlich als Anerkennung für geleistete Dienste, die Nachbildung des Zielrichterhäuschens von der Sprungschanze in Sapporo geschickt!
Bei näherer Betrachtung entdeckte ich aber das bekannte Rückteil für den Polaroid-Filmpack 108. Und wo ein Film hineingehört, müßte man damit auch fotografieren können, dachte ich, und fand auf dem Dach des Richterhauses auch das bekannte Pola-Objektiv mit der Einstellmöglichkeit auf „heller" oder „dunkler".
Eine Fresnel-Linse, die ich ursprünglich für das Schutzdach gegen Schneetreiben gehalten hatte, erwies sich als Lichtverteiler für einen dahinter steckenden Blitzwürfel. Aber wo sind die Batterien zur Zündung?
Gibt es keine. Die BIG SHOT arbeitet mit den neuen X-Würfeln ohne Batterie. Auch der Verschluß ist mechanisch.
Er macht stur 1/60, er blitzt stur, ob drinnen oder draußen. Und den Handgriff hielt ich für sehr griffig, aber ich fand keinen Sucher an dieser Kamera. (Kamera ist eigentlich falsch, wenn je, dann gilt hier das deutsche Wort „Fotoapparat".)
Durch den handlichen Griff kann man durchschauen und sieht einen prachtvoll hellen Leuchtrahmen, ein Mischbild, und wenn man mit dem ganzen Apparat vor oder zurückgeht, hat man bei Deckung der Mischbilder genau die richtige Entfernung für eine Porträtaufnahme!
Der Auslöser ist unübersehbar rot, und wenn man draufdrückt, blitzt und donnert -es, und eine Minute später hat man ein Farbbild ... ein Farbbild sage ich Ihnen ... also Sie können lange ein Labor suchen, das Ihre Colornegative so hervorragend ausarbeitet!
Schärfe und Farbe sind verblüffend gut, eigentlich ohne Übertreibung meisterhaft, und damit die Entwicklungszeit auch stimmt, drehen Sie ein Uhrwerk auf, und wenn es nicht mehr schnurrt, ist das Bild fertig.
Dieser ganze Apparat ist ein Phänomen an Frechheit, raffinierter Technik, Narrensicherheit und hervorragendem Bildergebnis! Federleicht: ist ja auch nur umbaute Luft, aber für den Kofferraum meines Wagens schon ein Problem. Vielleicht sollte es noch kleine Räder haben und einen Stiel zum Nachziehen?
Die Leute bleiben auf der Straße stehen und schauen Ihnen nach, wenn Sie mit der BIG SHOT herumlaufen. Aber wenn Sie blitzschnell schießen, und die Leute dann Ihre großartigen Porträts sehen, wollen sie diesen Apparat spontan haben. Und wenn man ihn hat, vergißt man Aussehen und Klapparatismus, man wird porträtsüchtig. Ich habe bereits einen Karteikasten gekauft und sammle von jetzt an die Porträts aller Leute, die mich besuchen. Heute sehen sie so aus, - in zwei Jahren so, in zehn Jahren ... mal wieder eine neue Möglichkeit, was zu sammeln. Und der beständige Erfolg (falsch kann man nichts machen, auch wenn man will, denn sogar der Verschluß hört automatisch auf, wenn sich der Blitzwürfel viermal gedreht hat!) macht schlicht und einfach riesiges Vergnügen.
„Für Mütter, die ihre Kinder fotografieren wollen", heißt es bei den Polaleuten bescheiden. Nun, Sie erfassen mit der BIG SHOT eine Motivausdehnung von etwa 36 X 26 cm, und das bedeutet nicht nur Porträts, sondern Nahaufnahmen aller Art. Zum Beispiel von Produkten, und der Koch in meinem Stammrestaurant, ein besonders guter Koch, will künftig seine berühmten kalten Platten dokumentarisch festhalten.
Ein simples Ding mit einem Optimum an Funktionalität, verwendbar fast zu allem im Nahbereich.
Nur halt die viele, viele unausgenützte Luft?! Ich habe schon mal gefordert, man müsse doch wenigstens den Ortssender empfangen können, und für die Mütter, die ihre Kinder aufnehmen wollen, sollte ein kleines Vögelchen heraushüpfen. THE BIG SHOT WITH BIRD.
Wenn ich diese Kamera in Deutschland vertreten müßte, würde ich mir privat ein paar hundert Stück mit einem kleinen Transistorradio ausrüsten lassen: dann hätten wir endlich auch mal was für die jungen Leute
THE BIG SHOT WITH BOOMS!
Aber sie wird sich auch ohne Musik verkaufen, ganz von selber. Meine besten Wünsche begleiten sie, und ich gebe sie nicht mehr her. Was ich von Kameras, die mehr als das Zehnfache kosten, nicht immer behaupten würde.
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