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2009
NÖRGELMANN ÜBER: Mamiya sekor Auto XTL
Da bekanntlich jeder 4. Deutsche ein Auto hat, nach sicherem Vernehmen jedoch nur einige wenige etwas von der Möglichkeit, vermittels eines Gerätes Bilder machen zu können, wissen, hat es die Automatik bei Fotokameras sicherlich noch schwerer, sich durchzusetzen, als die Automatik in Autos. Ich selber fahre seit Jahren nur Automatikwagen. Oft ernte ich dafür von Leuten, die sich für sportlich halten, einen scheelen Blick: „Was - Sie fahren Automatik? Nee, ich schalte lieber selber, ich fahre nämlich sportlich."
Fährt dann ein solcher mal mit mir, wird, er zunächst blaß, dann schwitzt er, und allmählich merkt er, daß ich nicht im Graben lande, und beim Aussteigen sagt er: „Das habe ich wirklich nicht gewußt, daß man mit einer Automatik ... also ich muß zugeben ... usw." Und sein nächster Wagen hat Automatik.
So ähnlich geht es einem, wenn man heute zugibt, Aufnahmen mit einer „Automatischen" zu machen, obwohl ich das schon vor fast einem Jahr als einzige wirkliche Lösung für den Amateur empfohlen habe. Aber bitte, wer fummeln will, soll fummeln. Nur soll er keinen Unsinn über Fotoautomatik 'reden, wenn er nichts davon versteht. (Wobei es einem bei jedem guten Automatik-Apparat freisteht, die Automatik abzuschalten und so zu fotografieren, wie es die andern gar nicht anders können!)
Da ist also die neue Mamiya XTL. Auf Anhieb freut man sich über den breiten, angenehmen Gummibelag auf den Objektiven, die das Einstellen sehr erleichtern. Der Schlitzverschluß zeigt die üblichen Zeiten von B bis1/1000 die Blitzsynchronisation 1/so bei
Elektronenblitz könnte weiter oben liegen - wie bei vielen anderen Spitzenmodellen auch. Zum Testen der Batterie brauchen Sie nicht erst umständliche Manipulationen und Verstellungen vorzunehmen: Sie drücken auf ein rotes Knöpfchen, und ein grünes Lichtlein leuchtet: Batterie in Ordnung.
Aber wie die Batterie abschalten, ein bei uns Deutschen doch so besonders heiß ersehnter Wunsch?
Wenn Sie den Film weitergeschaltet haben, merken Sie es von selbst: der übrigens angenehm griffige Schnellschalthebel geht nicht ganz in die Ruhelage zurück. Erst wenn Sie auf seine schwarze belederte Achse drücken, tut er das: und damit ist auch das E-Werk abgeschaltet. Es freut mich immer, wenn Leute was denken, und das Ergebnis praxisnah ist.
Daß das Sucherbild hell und klar ist, dürfte inzwischen bei Kameras, die man mir zu einer Besprechung anvertraut, selbstverständlich geworden sein. Eine mit trübem und dunklem Sucherbild bekomme ich bestimmt nicht mehr in die Finger.
Aber ... trotzdem hat es dieses Sucherbild in sich. Nicht weil die Mikroprismen in der Mitte eines Mattscheibenrings so deutlich die Schärfe anzeigen, sondern weil Sie also zunächst rechts oben ein „A" entdecken. Das bedeutet, daß Ihr Objektiv auf „Automatik" steht. Wünschen Sie die Blende zu ändern, können Sie das natürlich, aber dann steht da oben ein „M" für „manuell", - damit Sie keine Fehlbelichtungen bekommen und das Umstellen nicht vergessen.
Etwas unterhalb, rechts außerhalb des Sucherbildes, sehen Sie darauf noch ein „A". Das heißt, daß auf dem Schieber neben dem Objektiv ebenfalls „A" steht, und Sie messen jetzt Ihre Belichtungszeit „Allgemein", also übers ganze Bild integral.
Verstellen Sie den Schieber auf „S", so sehen Sie dieses „S" auch im Sucher und wissen, daß Sie jetzt „Spot" messen, also etwa das, was vom E-Meßkreis im Sucher umschlossen wird. Darunter haben Sie die Blendenskala, die, wie ebenfalls bei fast allen anderen Spitzenkameras, dunkel wird, wenn's ringsumher ebenfalls dunkel ist. Im Gegensatz zu anderen Kamerabesitzern sind Sie aber mit Ihrer Automatik fein heraus: wenn Sie aus dem dunklen Zuschauerraum auf die Bühne fotografieren, nehmen Sie hochempfindlichen Film und stellen Ihre Zeit auf etwa 1/30. Die Blende kommt dann immer richtig, auch wenn Sie das Zeiger- und Zahlenwerk nicht sehen, und wenn viel Dunkel um die Bühne mit drauf kommt, stellen Sie eben auf „Spot" und messen damit nur die Bühne.
Unter dem Bild haben Sie noch die ganze Verschlußzeitenskala mit Anzeiger, welche Zeit Sie gerade eingestellt haben. Herz, was willst du noch mehr?
Und da gibt es Leute, die immer noch glauben, ohne Nachführzeiger nicht fotografieren zu können!
Mit der Mamiya XTL können Sie aber noch mehr: nämlich unschwer jeden Blendenwert nach eigenem Gusto korrigieren. Kommt es Ihnen auf die hellste Stelle an, die jedoch außerhalb der Spotmessung liegen soll, so stellen Sie mit Spot darauf ein, drücken den Auslöser leicht an und nehmen diese so fixierte Blende einfach mit ins übrige Bild. Selbstverständlich können Sie die automatisch oder manuell eingestellte Blende in ihrer Bildwirkung durch Druck auf einen Knopf kontrollieren, aber Sie arbeiten grundsätzlich mit Offenmeß-Methode. (Wenn Sie wollen, können Sie aber auch mit der Arbeitsblende messen, was einige Leute aus mir unerfindlichen Gründen für präziser halten!)
Sie können auch als Brillenträger das ganze Sucherbild übersehen, es gibt einen Geräteschuh mit Mittelkontakt, zusätzlich Buchsen für FP und X, es gibt einen Selbstauslöser, und Rechtshänder werden die besonders griffige Seite der Kamera zu schätzen wissen. Wenn Sie übrigens eine ganze Serie mit der gleichen Blende schießen wollen, können Sie die auch feststellen.
Das Einspulen des Films ist weder leichter noch schwerer, als bei anderen Kameras, das Rückspulen klickt deutlich, und wenn es nicht mehr klickt, ist der Film in der Spule.
Nun wollen Sie, wie üblich, noch etwas über die Objektive wissen. Sie sitzen in einem Bajonett, sind einhändig spielend zu wechseln, und es gibt diverse Adapter dazu, u. a. für M 42!
Die Automatik geht damit allerdings verloren, und ihretwegen kauft man sich ja eine solche Kamera. Aber für ein Einzelobjektiv aus Beständen ist es gut.
Das Angebot an Originalsekoren wächst noch, aber vom Weitwinkel bis zum Tele ist schon alles lieferbar. Genaue Auskünfte erhalten Sie durch den Prospekt.
Und die Schärfeleistung? Mamiya ist kein neuer Name, die Sekore stehen in der Rangliste sehr weit oben, sie leisten mehr, als Ihr Film.
Der einzige Wermutstropfen in dieser sonst so schönen und runden Sache ist der Auslöser: er geht für meine Finger zu hart, von butterweich ist keine Rede, es sei denn, die Butter kommt frisch aus der Tiefkühltruhe. Die Mamiya-Leute sollten hier noch etwas tun, denn was andere können, sollte ihnen doch wohl auch möglich sein.
Nehmen Sie diese Kamera in die Hand, probieren Sie sie auch: vielleicht haben Sie andere Finger als ich, und wahrscheinlich überwiegen alle anderen Vorteile diesen Nachteil.
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