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2009

NÖRGELMANN ÜBER: Norita 66

Ich bekam sie schon vor der photokina, diese Norita 6 X6, hergestellt von der Norita Kogaku in Japan. Aber sie wurde mir vom Canon-Vertrieb geschickt, der diese Kamera in sein Programm aufgenommen hat.
Nun, ich sagte mir, daß es Canon vermutlich nicht nötig hat, sich einen Klotz ans Bein zu hängen, der nichts taugt.
Die Versuche, eine 6 X 6-Kamera nach dem Prinzip der KB-SLR zu bauen sind nicht neu, aber die Resultate waren nicht immer überzeugend, und einiges verschwand wieder vom Markt.
Wie stark aber das Interesse der Amateure an einer handlichen „großformatigen" Kamera ist, bekam ich durch Telefonanrufe nach meinem Bericht über die Asahi 6 X7 zu spüren, die ja ebenfalls nach dem Prinzip einer Kleinbild-Spiegelreflex konstruiert ist.
Liebhaber dieses 6 X 6-Formats haben nun durch die Norita eine weitere, und wie mir scheint, sehr bemerkenswerte Chance, sich ihren Wunsch zu erfüllen, zumal die Norita ausgesprochen „preisfreundlich" ist.
Es ist eine handliche Kamera mit Wechsel-Objektiven von 40 bis 1000 mm. Als Standard-Objektiv wird ein Noritar 1:2 (!) f 80 mm geliefert. Es sitzt in einem Bajonett mit Haltering, der Wechsel ist einfach und sehr schnell möglich, wobei die Objektive
selbstverständlich mit der automatischen Springblende kuppeln.
Das Suchersystem ist auswechselbar. Der Prismensucher gibt ein sehr helles, seitenrichtiges Bild, das man über die Mikroprismen im Mittelfeld der Mattscheibe deutlich und ohne langes Hin und Her scharfstellen kann. Der Lichtschachtsucher kann mit Lupe oder ohne verwendet werden, er klappt mit einem Handgriff hoch oder wieder zusammen, auch hier gibt es keine Fummelei. Bei weggeklappter Lupe übersieht man die ganze Mattscheibe, kann die Vorder- und Rückfront einklappen und hat dann einen Sportsucher. Das alles ist kein Klapparatismus, sondern sauber und präzise gearbeitet.
Die Verschlußzeiten reichen von B über 1 s bis zur 500stel. Eine „X"-Marke zeigt die Verschlußstellung fürs Blitzen, leider nur 1/4o s. Wer aber öfters blitzen will oder muß, bekommt ein wundervolles Noritar 1:3,5/ f 70 mm mit eingebautem Segmentverschluß und kann damit alle Zeiten von 1/2 bis 1/500 s blitzen.
Der bequem am Daumen liegende Schnellschalthebel für Filmtransport und Verschlußaufzug (Tuch-Schlitzverschluß, waagrecht ablaufend), läßt einen bei rascher Arbeit fast vergessen, daß man nicht mit Kleinbild arbeitet.
Der Auslöser arbeitet weich, hat aber keinen Druckpunkt. Er ist das, was Jäger einen „weichstehenden Flintenabzug" nennen würden. Die Auslösung selbst ist nicht haargenau präzise festzulegen, sie kommt aber beim weichen Abdrücken ebenfalls so weich, daß man diese Kamera kaum verreißt und sogar lange Zeiten aus der Hand schießen kann. Ob Sie 120er-Filme oder 220er verwenden wollen, ist egal, die Umstellung erfordert nur zwei Handgriffe: einmal die Andruckplatte drehen, und die Filmwählscheibe auf 120 oder 220 stellen.
Das Filmeinlegen erfolgt wie bei jeder Rollfilmkamera ohne Magazin: Volle Spule links, Film rüberziehen und in die rechte Leerspule einschieben, weiterschalten bis sich Filmanfang mit Rotpunkten deckt, zuklappen (zusätzliche Sicherheitsverriegelung!) und solange schalten, bis das deutliche Zählwerk auf der Kamera die 1 zeigt.
Filmende: automatische Weiterschaltung, bis der Film durchgespult ist.
Es könnte Ihnen passieren, daß Sie den Schalthebel bewegen, aber die Kamera löst nicht aus, wenn Sie z. B. beim Händler einen Test machen. 
Dann steht links ein Hebel und rechts ein rastendes Rad auf „N". Das heißt normal, die Kamera arbeitet nur mit Film und - transportiert ihn natürlich auch. Sie können aber Hebel und Rädchen auf „D" stellen. Das heißt „Doppelbelichtung", der Verschluß zieht sich auf, Sie können auslösen, - aber der Film wird dabei nicht weitertransportiert. So können Sie ohne jegliches Manöver ein Bild so oft belichten, wie Sie wollen, wofür ich den Norita-Leuten ganz besonders danke!
Mir standen für meine Testaufnahmen ein 1:4/40 mm Weitwinkel, das 70 mm Blitzobjektiv, das 2,0/80 mm Standard, ein 1:4/ 160 mm und ein 1:4/240 mm Noritar zur Verfügung.
Alle sind etwas schwer, aber sehr sauber und griffig gebaut, die Aufnahmen mit diesen Objektiven zeigten einwandfreie Schärfe, ein wenig in Richtung auf Kontrast ausgelegt, was die meisten Amateure bekanntlich durchaus als Vorteil empfinden.
Es gibt Original-Sonnenblenden dazu, aus leichtem Kunststoff. Ein Gummizwischenglied macht sie universell, je nach Brennweite. Und so ist alles sehr sauber und sinnvoll durchdacht, liebevoll gefertigt.
Eine sehr feine Sache: die drei Zwischenringe, automatisch jeder die Springblende übertragend. Ihre Länge: Nr. 1 = 17 mm, Nr. 2 = 33 mm, Nr. 3 = 76 mm.
Es lassen sich damit nahtlos Vergrößerungsmaßstäbe je nach Objektiv bis zu einer formatfüllenden Bildgröße von 17X17 mm durchfahren!
Übersichtliche Tabellen dazu geben Auskunft über Maßstab und den Faktor der nötigen Belichtungszeit-Verlängerung.
Ich machte auch Micro-Aufnahmen mit dem Micro-Ansatz, der einen eigenen Zentralverschluß von T bis 1/500 s hat, dazu Blenden zum Öffnen und Schließen von 3,5 bis 32.
Es gibt weiter einen aufsteckbaren Zusatzgeräte-Schuh und eine solide Bereitschaftstasche mit abnehmbaren Deckel. Die würde ich Ihnen empfehlen, denn mit der Aufhängung der Kamera direkt am Riemen gibt es vorerst wohl noch Schwierigkeiten: zwar kann man Trageösen an der Kamera direkt haben, bei ihrem Gewicht, besonders mit langbrennweitigen Objektiven erscheint mir das jedoch problematisch. Und ein lieferbarer, sog. Cradle- Handgriff, an dem man einen Trageriemen befestigen kann, ist abscheulich: er sieht aus wie eine umgekehrte Eisenbahnbrücke und faßt sich auch so an.
Sonst noch etwas über diese Kamera? Vielleicht die plangeschliffene Doppel-Filmauflage, die Planlage garantiert? Nein, etwas viel Wichtigeres: Profis, die mit dieser Kamera ihr Brot verdienen müssen, erhalten sofort eine Service-Kamera, falls mit ihrer Norita einmal etwas passiert sein sollte. Das spricht wohl für das Vertrauen, das Norita und Canon in diese Kamera setzen.
Ich habe nichts entdeckt, was dieses Vertrauen abschwächen könnte!

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