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Normtest

Fujica Auto Electro ST 901

Bei Sonnenschein und Dunkelheit klar lesbare Digitalziffern für die Belichtungsanzeige sind die besonderen Merkmale, dieser 35-mm-Kleinbildkamera mit Belsichtungsautomatik. Die Belichtungszeit wird durch rote LED-Leuchtziffern, wie Sie sie von den Taschenrechnern her kennen, im Sucher angezeigt.

Die Fujica ST 901 im Testinstitut

Bei Nacht- oder Dämmerungsaufnahmen ist es bei geringer Objekthelligkeit oftmals schwierig, die im Sucher angezeigte Belichtungszeit abzulesen oder bei Kameras ohne Automatik die Belichtungszeit mit dem Meßzeiger korrekt einzustellen. Für Kameras gibt es aber auch Belichtungsmeßsysteme mit Leuchtdioden-Lichtwaagen oder Belichtungsmeßsysteme bei denen die Skalen oder Meßzeiger durch die Sucherbeleuchtungseinheiten beleuchtet werden können, die im Zubehörprogramm enthalten sind.
Die selbstleuchtende Belichtungsanzeige ist nicht nur für Nachtaufnahmen außerordentlich wertvoll; denken Sie an Theateraufnahmen, Industrieaufnahmen, Aufnahmen in Innenräumen oder z. B. auch Aufnahmen mit Nachtsichtgeräten. Nachtsichtgeräte, die für infrarote Strahlung empfindlich sind, wandeln die von einem Scheinwerfer, mit vorgeschaltetem Schwarzfilter, ausgestrahlten Lichtspektren im Bereich von 900-1300 nm, einem Spektralbereich für den das Auge unempfindlich ist, in einer sogenannten Bildwandlerröhre in sichtbares, meist grünes Licht um.
Die Funktionsweise ist im Prinzip wie folgt:
Ein lichtstarkes, mittleres Teleobjektiv bildet auf einer Kathodenschicht der erwähnten Bildwandlerröhre, die vom Objekt reflektierte infrarote Strahlung ab. Die Lichtquanten (Photonen) der Infrarotstrahlung schlagen aus der Kathodenschicht Elektronen heraus, die durch ein starkes elektrostatisches Feld, erzeugt durch eine Betriebsspannung von 8000-20000 Volt, beschleunigt werden. Die Elektronen treffen mit hoher Geschwindigkeit auf den Leuchtschirm auf, der nun entsprechend der Intensität der Elektronen aufleuchtet. Es ist dies derselbe Effekt, wie Sie ihn von Ihrem Fernsehempfänger her kennen. Das auf dem Bildschirm erzeugte Bild, das dem Bild auf der Kathodenfläche entspricht, kann nun beobachtet oder natürlich auch fotografiert werden. Zwischen der Kathodenschicht und der Bildschirmschicht, die üblicherweise einen Abstand von 5-10 cm voneinander haben, sind ringförmige Elektroden in den Glaskörper eingeschmolzen, an die eine Teilspannung der Gesamtbetriebsspannung gelegt wird. Zwischen diesen Elektrodenringen bilden sich gekrümmte Spannungspotentialfelder aus, die für die zum Bildschirm mit hoher Geschwindigkeit fliegenden Elektronen wie eine Sammellinse wirken; genauso, wie Glaslinsen für das sichtbare Lichtspektrum. Durch Verändern der Spannung an den Elektrodenringen kann die "Brennweite" und damit die Scharfstellung des elektronen-optischen Abbildungssystems vorgenommen werden.
Die Nachtsichtgeräte haben, außer für militärische Anwendungen auch in zivilem Werkschutz und für bestimmte Überwachungsaufgaben der Polizei ihre Bedeutung erlangt.
Nach diesem Seitenblick nun wieder zurück zu unserer Belichtungsanzeige im dunklen Sucher. Natürlich ist eine selbstleuchtende Belichtungsanzeige auch sehr wertvoll wenn, z. B., wie bei Mikroskopaufnahmen, Lupenaufnahmen und anderen Aufnahmen mit Spezialobjektiven, bei denen das Bild bzw. das Sucherfeld nicht vollständig ausgezeichnet wird, eine Belichtungsmessung durch selbstleuchtende Ziffern erleichtert wird.
In der Werbung für Fotokameras mit Belichtungsautomatik hat es sich teilweise eingebürgert, von Belichtungscomputern zu sprechen. Ein Elektroniker wird schmunzelnd über die Verfremdung des Begriffs Computer für die Anwendung bei einer Schaltungsanordnung mit Zeitverhalten, bestehend aus Widerständen zur Simulierung der Blendenposition, der gewählten Filmempfindlichkeit und evtl. Belichtungskorrektur, einem Kondensator und einem integrierten Schaltkreis mit Schaltfunktion, hinwegsehen.
Bei der FUJICA ST 901 kann mit einer gewissen Berechtigung von einem Belichtungscomputer gesprochen werden. Ist doch der FET-LSI (LSI bedeutet, integrierter Schaltkreis mit großer Abmessung; FET ist ein Hinweis auf die verwendete Technologie des integrierten Schaltkreises) des Belichtungsautomaten in der Lage aus kleinsten Spannungsdifferenzen die Verschlußzeit und den, den Belichtungswerten entsprechenden Spannungsschwellwertreihe, durch logische Entscheidungen die Auswahl der Schaltkreise zu treffen, die dann mit digitalen Ziffern die Belichtungszeit anzeigen. Trotz dieser ausgezeichneten Lösung für die Anzeige der Belichtungszeit im Sucher, sind weder in der deutschen noch in der englischen Bedienungsanleitung Begriffe wie Computer, Belichtungscomputer oder ähnliches verwendet. Diese Bescheidenheit ist ausgesprochen positiv zu sehen. Aber auch die Kamera FUJICA ST 901 vermittelt den Eindruck von solider Qualität.

FUJICA-Objektivgewinde

Das M-42-Objektivgewinde mit Rasterung des Objektivs in der Anschlagposition ist sehr sauber gearbeitet. Die Verbindung Kameraobjektiv ist präzise und fest. Auch die Verbindung der Kamera mit einem schweren Teleobjektiv vermittelt unbedingt den Eindruck der starren und festen Verbindung.
Sicher ist es richtig, daß ein Objektivwechsel bei einer Kamera mit Objektivbajonett schneller möglich ist als bei der M-42-Verschraubung. Im allgemeinen wird jedoch die Notwendigkeit des schnellen Objektivwechsels überbewertet.
Doch gerade der Fotograf, der eine Objektivreihe mit M-42-Gewinde besitzt, begrüßt es möglicherweise, daß er die FUJICA ST 901 mit fortschrittlicher Belichtungsautomatik mit seinem Objekivsatz kombinieren kann. Gerade die ST 901 erleichtert durch die rastbare Arbeitsblendentaste den Automatikbetrieb mit "Fremdobjektiven".
Selbstverständlich verfügt die FUJICA außer über ein umfangreiches Zubehörprogramm über ein vollständiges Objektivprogramm von 16 mm bis 1000 mm einschließlich von 3 Zoom-Objektiven.

Drehrichtung von Blende und Fokussierung

Bei Drehung des Blendenringes im Uhrzeigersinn (Kamera in Aufnahmeposition vor dem Auge) wird die Blende kleiner (f 1,4 in Richtung f 16). Die Fokussierung folgt von Nah gegen Unendlich im Uhrzeigersinn. Beide Drehrichtungen entsprechen den Normvorschlägen nach DIN 4522.

Verschluß

Die ST 901 hat einen horizontal ablaufenden Tuchverschluß. Die Ablaufrichtung ist von rechts nach links auf das Kamerabildfenster bezogen. Die Verschlußablaufzeit von 35 mm (Diabreite) beträgt 11,8 ms. Die Geschwindigkeit mit der sich der Spalt zwischen 1. und 2. Verschlußvorhang vor der Filmfläche vorbei bewegt beträgt 2,97 m/s. Das ist typisch für einen horizontalen Tuchverschluß.
Die Verschlußoffenzeit bei 1/60 sek. beträgt 3 ms bzw. 1/330 sek. und reicht für Amateurblitzgeräte aus. Die Vorlaufzeit des FP-Synchronkontaktes beträgt 10 ms. Die Sollbelichtungszeit der 5 mechanischen Verschlußzeiten werden sehr gut eingehalten.
Alle mechanischen Verschlußzeiten stehen auch bei schwacher oder defekter Batterie zur Verfügung. Für manche fotografischen Aufgabenstellungen mag es als Nachteil empfunden werden, daß für den Bereich von 1 sek. bis 1/60 sek. keine festeinstellbaren Verschlußzeiten zu wählen sind. In fast allen Aufnahmesituationen (außer bei Aufnahmen mit E-Blitz und FP-Blitzbirnen) lassen sich jedoch Belichtungszeiten von 20 sek. bis zu 1/60 sek. und kürzer mit sinnvoller Bedienung der Automatik erreichen. Es muß nur durch Verstellen der Blende und gegebenenfalls durch Verstellen der Belichtungskorrektur bei richtig eingestellter Filmempfindlichkeit auf die gewünschte Belichtungszeit im Automatikbetrieb eingestellt werden.
Die Ungleichmäßigkeit (r), das Verhältnis der längsten zur kürzesten Belichtungszeit längs der Verschlußablaufrichtung, ist mit dem festgestellten Wert von r= 1,18 gut und liegt auch sicher in der Toleranz (r=1,5).
Auch bei -20xGRADx C war das Verhalten des Verschlusses einwandfrei. Hervorzuheben ist die geringe Temperaturempfindlichkeit des Verschlusses. Der Variationskoeffizient (VK) ist im normalen Temperaturbereich sehr gering und verdient die Bewertung sehr gut.
Die Belichtungsanzeige wird eingeschaltet, wenn mit dem Auslöser der Druckpunkt erreicht wird. Die eigentliche Auslösung des Verschlusses erfolgt weich, etwas nach dem Druckpunkt, bei dem der Belichtungsmesser eingeschaltet wird. Der Auslöseknopf ist zu arretieren und dadurch lassen sich Fehlauslösungen vermeiden. Wichtiger erscheint mir jedoch die mögliche Arretierung für den Auslöser im Interesse der Lebensdauer der Batterie. Wird im Automatikbetrieb der Auslöseknopf gedrückt, so wird unabhängig davon, ob der Verschluß gespannt ist oder nicht, die Digitalanzeige des Belichtungsmeßsystems eingeschaltet. Durch den relativ hohen Stromverbrauch der Digitalanzeige würde sich selbst eine neue Batterie in ca. 5 Stunden vollständig entladen, wenn während dieser 5 Stunden der Auslöser gedrückt bleibt!
Normalerweise reicht eine neue Batterie für ca. 1500 Aufnahmen, wenn jeder Verschlußauslösung eine Belichtungsanzeige von 10 sek. zugeordnet wird.
Die Batteriekontrolle signalisiert durch Blinken der Anzeige, daß die Batterie zu schwach wird. Leider erfolgt diese Warnung vor zu schwacher Batterie erst dann, wenn die Batterie schon weitgehend erschöpft ist.
Bei ausgedehnten Urlaubsreisen empfiehlt es sich auf jeden Fall eine Reservebatterie mitzunehmen.

Sucher

Die ST 901 hat eine Mattscheibe mit Schnittbildindikator im Zentrum, umgeben von einem feinen Mikroprismenring, der seinerseits wieder von einem Mattscheibenring umgeben ist.

Anzeigen im Sucher

Das Sucherbild der ST 901 ist gut zu übersehen. Eine geringe Vignettierung der Bildecken und Ränder, besonders oben und unten, ist für Brillenträger gegeben. Allerdings gibt es im Zubehörprogramm einschraubbare Okulare mit Dioptrienkorrektur. Ein wichtiges Zubehör für Brillenträger! Die rotleuchtende Digitalanzeige über dem Sucherbild ist in jedem Fall gut zu sehen. Mit den dargestellten Ziffern im Suchersystem ist eine problemlose und sichere Beurteilung der Belichtungszeit möglich. Die Zeiten mit dem hochgestellten Minus sind als volle Sekunden zu lesen. (10- bedeutet also 10 sek. Belichtungszeit.)
Die differenzierte Beurteilung von Kontrastunterschieden ist wegen der Stufung der Anzeigenintervalle in Blendenschritte erschwert. Kontrastunterschiede von 1-2 Blenden können natürlich gut erkannt werden.
Die Ausbildung der Zonen gleicher Empfindlichkeit für das Belichtungsmeßsystem gewährleistet eine relativ problemlose Belichtungsmessung im Automatikbetrieb.
Bei den mechanischen Verschlußzeiten von 1/1000 sek. bis 1/60 sek. und B ist das Belichtungsmeßsystem ausgeschaltet!
Die gewählten Verschlußzeiten werden links im Sucher mit kleinen Ziffern angezeigt. Die Betriebsart Automatik (AUTO) ist gerastet und wird auch im Sucher angezeigt. Eine evtl. eingestellte Belichtungskorrektur wird ebenfalls im Sucher angezeigt. Die feste Rastung des Automatikbetriebs ist jedoch aufgehoben.
Die am Objektiv eingestellte Blende wird im Sucher nicht angezeigt. 
Beachtung verdient das Filmfenster in der Kamerarückwand, wie wir es auch von einfachen Boxkameras und Pocketkameras her kennen. Dieses Filmfenster läßt erkennen, ob überhaupt ein Film und wenn, welcher Film in der Kamera eingelegt ist.

Resümee

Objektivgewinde:

Positiv: Ausgezeichneter Sitz des Objektivs in der Verschraubung. 

Negativ: Im Vergleich zum Objektivbajonett der etwas langsamere Objektivwechsel.

Verschluß:

Positiv: Sehr gute Zeitgenauigkeit und gute Reproduzierbarkeit der 5 mechanischen Verschlußzeiten, die auch bei Batterieausfall zur Verfügung stehen. Verschluß arretierbar.

Negativ: Fehlende Verschlußzeiten für manuellen Betrieb von 1 sek. bis 1/60 sek. Keine Vorkehrung für Doppelbelichtung. Schwingspiegel nicht arretierbar.

Sucher:

Positiv: Helles, relativ großes Sucherbild mit allen Einstellhilfen (Schnittbildindikator, Mikroprisma und Mattscheibe). Ausgezeichnete Belichtungsanzeige mit Anzeige der Belichtungsgrenzen, Automatikbetrieb und Belichtungskorrekturen im Sucher angezeigt.

Negativ: Keine Anzeige der Objektivblende. Geringe Vignettierung für Brillenträger.

Belichtungsmessung:

Positiv: Schnelle Einstellung durch Silizium-Fotoempfänger. Sehr weiter Belichtungsmeßbereich. Meßfeldausbildung für problemlose Belichtungsmessung. Der rastbare Knopf für Tiefenschärfenkontrolle schaltet das Belichtungsmeßsystem auf Arbeitsblendenmessung um, dadurch wird Belichtungsmessung und Automatikbetrieb mit Fremdobjektiven erleichtert.

Negativ: Kein Belichtungswertspeicher (d. h. kein Memo-Schalter). Ausgedehntes Belichtungsmeßfeld erschwert selektive Belichtungsmessung. Die in Blendensprüngen gestufte Belichtungsanzeige erschwert Kontrastbeurteilungen.

Sonstiges: Filmfenster in der Kamerarückwand.

Schlußbemerkung

Die FUJICA ST 901 ist eine gute Spiegelreflexkamera mit Zeitautomatik. Den Bedingungen des problemlosen Automatikbetriebes und der gut lesbaren Anzeige der Belichtungszeit unter allen Beleuchtungsbedingungen wurde besonders entsprochen.

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