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Alexander Borell Kommentar
Topcon IC-1 Auto
Mit Tausend Mark sind sie dabei!
Vor einiger Zeit sagte mir jemand, wir alle würden immer mehr zu Sklaven der Technik, wir würden uns von ihr beherrschen lassen, statt sie zu beherrschen. Auch die Kommentare und Testberichte in COLOR gingen in dieser Richtung: stets müsse es das Neueste, das "Modernste" sein, und ob wir denn alle völlig vergessen hätten, daß große Meister mit den einfachsten Mitteln wirklich hervorragende Aufnahmen geschaffen haben. Außerdem habe nun einmal nicht jeder das Geld, sich jeweils das neueste "Spitzenmodell" zu kaufen, wir würden jedoch den Eindruck erwecken, als könne man eben nur mit solchen Kameras der Spitzenklasse etwas erreichen. Jeder Amateur, der sparen und rechnen müsse, sei dadurch von vorneherein benachteiligt, wenn nicht gar total entmutigt.
Ich habe mir dieses Gespräch sehr zu Herzen genommen, habe es tagelang bedacht, und mir zugleich klarzumachen versucht, wo ich als Fachjournalist stehe. Eins ist mir klar: Ich habe nicht die Aufgabe, neue Produkte der Industrie in den Markt zu schleusen. Aber es ist meine Aufgabe, die Leser einer Fachzeitschrift über alle Neuheiten von einiger Bedeutung laufend und möglichst aktuell zu unterrichten. In einer Zeit also, wo es viele Neuheiten gibt, kann sicherlich der Eindruck entstehen, als würden nur diese Neuheiten gewertet Altbewährtes totgeschwiegen. Vor allem scheint mir ein Argument wirklich wichtig: Es stimmt, daß man auch mit einer einfachen Ausrüstung großartige Fotos machen kann, und wir haben vielleicht nicht oft und deutlich genug betont, daß ein guter Fotograf mit der jämmerlichsten Ausrüstung immer noch bessere Aufnahmen machen wird, als ein Nichtskönner mit einer für drei Mille. Und trotzdem leben wir in einem technischen Zeitalter: Unsere Autos fahren schneller, als wir meistens dürfen, und wir tragen Uhren am Handgelenk, quarzgesteuerte Computer, obwohl wir mit Sicherheit auch mit einer Dreißigmark-Uhr rechtzeitig zur Arbeit und in den Urlaub kämen.
Ich halte auch die Freude an guter Technik für ein berechtigtes Vergnügen. Jeder muß seine Einstellung selber finden und' vertreten. Die einen interessiert wirklich nur das Bild als Produkt seiner, oft mühevollen, Arbeit, der andere genießt die Technik seiner modernen Kamera und braucht das Foto nur zur Kontrolle eben dieser Technik. Wir hatten nach dem Kriege eine Exakta-Varex, mit einer kleiner Mattscheibe, auf der alles seitenverkehrt ablief, dazu noch eine Lupe - aber wir waren glücklich damit. Dann gab es eine Edixa mit Sucherprisma, wir hielten das für eine unerhört dufte Sache unsere Aufnahmen waren weder besser noch schlechter als vorher.
Damals schickte eine große Illustrierte den besten Fotografen um die Welt: Er hatte eine Leica mit einem 35er und einem 90er - sonst nichts. Und was er an Fotos mitbrachte, sucht heute noch ähnliches! Und heute glauben wir, ohne Zoom-Objektiv seien wir von vorgestern und kaufen uns lieber ein drittklassiges Zoom, statt eines erstklassigen 90ers. Die Gehäuse heutiger "Weltspitzenkameras" kosten einiges über 1.000,- DM.
Ich beendete meine Überlegungen mit dem Versuch, Ihnen eine komplette Ausrüstung zum gleichen Betrag vorzustellen: Mit einem knappen Tausender haben Sie eine zuverlässige Kamera mit Blendenautomatik und einem Standardobjektiv 2/50, einem Weitwinkel 4/28 und einem Tele 4/135!
Die Topcon IC-1 auto ist, wie gerade erwähnt, ein Blendenautomat. Sie wählen die Verschlußzeit, die Blende stellt sich automatisch ein. Die Blendenzahlen und der Meßzeiger sind links im Sucherbild zwischen zwei roten Marken sichtbar. Daß man dies bei Dämmerung oder einem dunklen Motiv am linken Rand nicht sieht, hat die Topcon IC-1 mit doppelt so teuren Kameras gemeinsam.
Die Messung selbst geschieht sehr mittenbetont über CdS-Widerstände, bei meinen Filmen funktionierte dies praxisnah und zuverlässig. Gespeist werden Meßwerk und Verschluß von zwei Knopfzellen 1,3 Volt üblicher Art. Der Strom kann nicht abgestellt werden, was Supersparer dazu veranlassen wird, nach jeder Aufnahme den Objektivdeckel aufzusetzen: statt zwölf Monate halten die Batterien dann vielleicht vierzehn.
Ich kenne keine Kamera, deren Hersteller behauptet, das Sucherbild sei dunkel und trübe. Im Prospekt der Topcon steht, der Sucher zeige, dank der Offenblendenmessung, ein strahlend helles Bild. Die Offenblendenmessung stimmt, sie funktionierte einwandfrei mit allen drei Objektiven, aber strahlen tut in diesem Sucher ebensowenig etwas, wie in irgend einer anderen Kamera. Dieser Waschmittel-Jargon breitet sich leider immer mehr aus. Es muß genügen, und es genügt tatsächlich, wenn ich sage, das Sucherbild ist hell und absolut klar, die E-Messung über Mikroprismen, Mattscheibenring und auf der ganzen Sucherfläche ist das, was man anderweitig auch als ausgezeichnet vermerken müßte.
Die Zeiten dieses elektronisch gesteuerten (!) Verschlusses werden, ähnlich wie bei der Olympus OM-1 und OM-2, an einem Ring am Bajonett eingestellt und reichen von B über 1 sek. bis zur 1/500. Und da haben wir's: andere schaffen eine 1/2000 sek.! Diese Zeit braucht ein Sportfotograf zweimal im Jahr. Mit der 1/500 der Topcon haben Sie immerhin die Verschlußzeit aller Hasselblad-Profis zur Verfügung, und das wird Ihnen in 99,6% aller Fälle genügen. Die Blitzsynchronisation liegt bei der 1/60 sek. und auch da erreicht die IC-1 das, was anderswo als Weltspitze angeboten wird.
Ich habe vor 18 Jahren einen Kühlschrank gekauft. Ich hatte die Wahl zwischen elf Modellen. Ich ließ bei jedem die Tür zufallen und merkte mir das Geräusch. Ich kaufte den, wo es ein weiches, sattes "Plob" machte, und der läuft heute noch. Ebenso kaufe ich Autos und ebenso bewerte ich zum Teil Kameras. Denn jedes mechanische Geräusch ist unsaubere Technik. Ganz sauber gibt's keine, aber es gibt gute und schlechte Verschlußgeräusche. Die Topcon IC-1 hat ein gutes Geräusch, und damit sind wir bei der übrigen Verarbeitung: auch die ist keineswegs dem Preis entsprechend, sondern sauber. Daß man die Verschlußzeiten nicht gerade besonders bequem einstellen kann, weil es zwischen diesem Ring und dem Blendenring etwa zu eng zugeht, ist ein Manko. Aber kein großes, denn meistens fotografiert man doch unter einigermaßen konstanten Lichtbedingungen, so daß man mit einer vorgewählten Zeit, bei der automatischen Blendeneinstellung, nicht allzu oft am Zeitenring fummeln muß. Der Blendenring - alle Objektive lassen sich bis 22 abblenden! - sitzt ebenfalls am Gehäuse, nicht in den Objektiven, was diese klein und leicht macht. Bei der Ihnen hier vorgeschlagenen Universalausrüstung haben alle drei Objektive (2/50, 4/28 und 4/135) den gleichen Durchmesser, also auch gleiche Objektivdeckel und gleiche Filter, was man in der Praxis nicht hoch genug einschätzen kann.
Die Objektive sitzen sehr zügig in ihrem Bajonett, und wenn man sie wechselt, kann hier ein Fehler passieren, der Ihnen ganze Filme versaut. Sie hat nämlich vorne ein kleines Stellrad mit einer Skala. Hier müssen Sie bei jedem Objektivwechsel die größte Öffnung dieses Objektives einstellen, sonst bekommen Sie eine Blenden- bzw. Meßdifferenz um jeweils den Betrag dieser Blendendifferenz. Sie stellen also beim Standardobjektiv auf "2" - bei den beiden anderen auf A". Vergessen Sie das, ist Ihr Film um jeweils zwei Blendenstufen unter- oder überbelichtet. Für mich, der ich nun einmal beinahe täglich mit einer anderen Kamera fotografiere, wäre dies eine recht bedenkliche Fehlerquelle.
Wenn man jedoch davon ausgeht, daß der Besitzer dieser Kamera allein mit ihr arbeitet, dann bekommt man dieses Einstellen beim Objektivwechsel in den Griff, man tut es dann ebenso im Schlaf, wie man eine Waffe nach dem Laden sichert.
Die IC-1 hat keinen "heißen" Sucherschuh, Sie müssen Ihr Blitzgerät mit dem Kabel am Synchrokontakt einstecken. Ist das ein Manko? Ich würde sagen, ein kleines. Wohingegen um ganz korrekt zu sein und mir Vorwürfe zu ersparen - der Auslöser nicht (!) gegen Fehlauslösungen gesichert ist. Ein Manko? Ich würde sagen nein, denn man kann die Kamera anfassen wie man will, man kann sie verkehrt hinlegen, man kann einen kleinen Sandsack draufwerfen: es wird nur ausgelöst, wenn es unser Finger will.
Die Film-Aufwickelspule ist konventionell, man hat ebenso viele Schlitze zur Verfügung, wie bei der Weltspitze, die Drehrichtung ist gegenläufig, wie auch bei der Leicaflex. Das bedeutet, daß man frisch entnommene Filme nicht auf jede Spule zur Entwicklung bekommt, man sollte mit solchen Systemen gleich die passende Dose kaufen. Abschließend wollen Sie noch etwas über die Qualität der Objektive wissen: Sie sind leicht und handlich und ihre Mechanik ist, soweit ich das durch entsprechende Erwärmung feststellen konnte, nicht durch hineingepacktes Fett "zügig" gemacht worden. Die optische Leistung?
Auf 24 x 30 cm vergrößert und neben die gleiche Aufnahme mit einem Leitz-Objektiv gelegt, merken Sie einen Unterschied. Dafür zahlen Sie bei Leitz für das Objektiv soviel, wie hier für die ganze Kamera. Und: wer legt erstens Ihre Aufnahmen ständig neben andere zum Vergleich? Wozu brauchen Sie, zweitens, für Ihre Aufnahmen die höchste professionelle Qualität. Und drittens sollte ich es jetzt vielleicht doch deutlich aussprechen: diese Objektive sind gut. Ich habe, zum doppelten Preis, schlechtere erlebt.
Abschließend:
Ich kenne im Augenblick kein anderes System, bei dem Sie für tausend Mark einen so realen, soliden und umfassenden Gegenwert bekommen. Mit tausend Mark sind Sie dabei - ob in Alaska, auf den Bahamas oder an einem Regentag in Fallingbostel.
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