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Foto Professional
Made in Germany by Rollei
Die SLX - mit Vergnügen geprüft
Eine lange Wartezeit hat ihr Ende gefunden: Bereits zur photokina 1972 wußte ich von dieser Kamera, im März 1973 wurde ihr Prototyp auf der großen Rollei Pressekonferenz in Singapur vorgestellt. Damals durfte keiner von uns sie in die Hand nehmen, denn noch funktionierte sie nicht wirklich. Funktionstüchtig war sie erst zur photokina 1974.
Und auch anschließend mußte an einigen Details hart gearbeitet werden, um sie serienreif zu machen. Bis zuletzt blieb zweifelhaft: Würde diese Kamera in nächster Zeit überhaupt zu kaufen sein? Jedoch:
"Rollei hat ein Versprechen gegeben. Und wir müssen es halten", entschied Peter C. J. Peperzak, Vorsitzender des Rollei-Vorstandes. Und die SLX ging vielleicht sogar entgegen kaufmännischen Überlegungen - in Serie. Bereits in COLOR 5/76 hat mein Freund und Kollege Alexander Borell Ihnen geschildert, wie diese Kamera funktioniert, die Sie in diesem Monat erstmals in den Auslagen führender Fotogeschäfte sehen und natürlich auch kaufen können.
Doch was kaufen Sie sich mit solch einer scheinbar sehr teuren Kamera wirklich?
Mit der Rollei SLX kaufen Sie perfekte, kreative Freiheit, losgelöst von aller Technik, die ein Prozeßrechnen Ihnen abnehmen kann. Sie kaufen die erste Kamera, bei der ohne Zusatzgerät sämtliche Funktionen elektronisch gesteuert werden, bei der Gerätetechnik die Mehrzahl aller fototechnischen Überlegungen überflüssig macht. Sie kaufen die erste Kamera der Weit, mit der Sie so frei und kreativ oder so technisch kontrolliert und präzis arbeiten können wie Sie wollen.
Ich hatte das durch nichts getrübte Vergnügen, mit dieser Kamera praktisch zu arbeiten. Ein Kamera-Body mit Faltlichtschacht und das 80-mm-Normal-Objektiv standen zur Verfügung - der Prismensucher, der sehr schöne Handgriff mit elektrischem Auslöser und die Wechselobjektive von 50-250 mm Brennweite waren noch nicht zu haben, ihnen wird ein gesonderter Bericht zu widmen sein. Mit einem Modell, der sehr wandlungsfähigen Petra Drechsler, suchte und fand ich bei Außenaufnahmen die gegensätzlichsten Lichtbedingungen, harte Kontraste. Nach zwei Stunden Arbeit war mein Modell frisch wie am Anfang. Ich fühlte mich, als ob ich gar nichts getan hätte. Und 27 Filme waren belichtet.
Ich hatte mit dem Licht fotografiert und gegen das Licht. Ich hatte es seitlich genommen und im Schatten gearbeitet. Ich hatte die Entfernung eingestellt und auf den Knopf gedrückt. Und den Rest der Arbeit hatte ich der Kamera überlassen, ihrer durch den Prozeßrechner gesteuerten Automatik.
Sämtliche Aufnahmen zeigten tadellos gleichmäßige Belichtung. Alle Dias auf dem bekanntlich ein wenig steil arbeitenden Kodak Ektachrome-X waren uneingeschränkt brauchbar. Und wenn ich mir die Gegenlicht-Porträts, bei denen der Kopf etwa 2/3 des Formates füllte, auch ein wenig heller gewünscht hätte, so ist das sicher Geschmacksache: Eine um 2 DIN niedriger gewählte Empfindfichkeitseingabe hätte das gewünschte Ergebnis gebracht, das die Automatik nun wirklich nicht mehr "vorausahnen" konnte. Die Aufnahmen auf Vericolor II Negativfarbfilm dagegen waren sämtlich so einwandfrei durchgezeichnet, daß ich mir bei der Vergrößerung jede wünschenswerte Dichteabstimmung problemlos holen kann. Doch was viel entscheidender ist: Die Trefferzahl übertraf bei weitem jeden Erfahrungswert. Praktisch saß jeder Schuß, denn die Rollei SLX ist eine Kamera, die es dem Fotografen gestattet, sich ohne Einschränkung auf sein Motiv zu konzentrieren, die es ihm erlaubt, blitzschnell jede Nuance im Wandel der Aufnahmesituation zu erfassen. Nur eines störte mich: Der Film war immer viel zu schnell zu Ende.
Doch auch das ist bei der SLX eigentlich kein Problem: Meine Assistentin reichte mir einen vorgeladenen Einsatz nach dem anderen zu - Klappe auf, Einsatz raus, Einsatz rein, Klappe zu. Ein Druck auf den Auslöser, die Kamera transportierte bis zum ersten Bild. Das alles dauerte kaum länger als 12 Sekunden.
Über die Grenzen dieser Kamera - und natürlich hat auch diese Kamera Grenzen - wird bei anderer Gelegenheit zu berichten sein: Während dieser ersten Aufnahmeserie erreichte ich sie nicht. Wohl brachte ich durch gezielte Grenzwert-Einstellungen die Warn-LEDs zum Aufleuchten. Doch während der eigentlichen Arbeit mußte ich nur zweimal die Belichtungszeit umstellen, um alle Lichtsituationen erfassen zu können. Einmal fuhr mir, an normale Kameras gewöhnt, der Schreck in die Glieder: Ich hatte von 19 DIN Ektachrome auf 21 DIN Vericolor gewechselt und lediglich die Empindlichkeitseingabe umgestellt - sonst nichts. Aber die Kamera glich's über die Blende aus. Es passierte nichts.
Wer diese Kamera haben möchte, ist klar: praktisch jeder, der sich in seiner fotografischen Arbeit dem 6x6-Format verschrieben hat. Doch wer braucht sie wirklich? Für wen lohnt sich die Investition, so daß aus der relativ teuren eine nur scheinbar teure Kamera wird, die sich schnellstens bezahlt macht? Gehen wir von der praktischen Situation aus: Der Trend zum größeren Format ist in der gesamten professionellen Fotografie deutlich erkennbar. Das Kleinbild, auf das bis vor kurzem noch alles Bewegte, Dynamische fotografiert wurde, genügt - zumeist aus reprotechnischen Gründen - nicht mehr. Die Aufnahmen aber sollen die gleiche Bewegung, die gleiche Dynamik zeigen wie bei KB - nur eben auf dem größeren Format.
Am härtesten von dieser Forderung betroffen sind vor allem Fotografen, die an den sachgerechten Bedienungskomfort der Kleinbildkamera gewöhnt sind, ihn brauchen, um voll kreativ sein zu können. Für all diese Fotografen ist die Rollei SLX eine geradezu ideale Kamera. Sie bietet einen wesentlich höheren Bedienungskomfort als jede Kleinbildkamera der Welt ohne Spezialzubehör - bei ihr ist der Motor integrierter Bestandteil des gesamten Aufbaus. Die Belichtungsautomatik arbeitet zuverlässig: und mit 3 Bildern in 2 Sekunden dürfte man praktisch jeder Aufnahmesituation gewachsen sein. Hinzu kommt das große helle 6x6-Sucherbild mit Schnittbildindikator für blitzschnelles Scharfstellen, für klares Erkennen eines jeden Bilddetails: Für Farb- und Sportreporter, für Mode-, Beauty- und Titelfotografen ist die SLX das Werkzeug, das der Kreativität keine spürbaren Grenzen setzt, den entscheidenden Vorsprung im Wettbewerb von morgen sichert.
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