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Alexander Borell Kommentar
Mamiya M645 1000S
Vor über anderthalb Jahren, in COLOR FOTO 9/75, schrieb ich zum ersten Male über die damals brandneue Mamiya M 645. Wie immer, wenn eine große Serie anläuft, wurden auch bei dieser Kamera hier und da einige Kleinigkeiten verbessert, aber dies alles war von nicht großer Bedeutung: Man kann heute noch mit dem ersten Stück von damals ebenso gute Bilder machen, wie mit dem neuesten Modell "1000 S". Ich möchte dies vorausschicken, damit nicht ein Besitzer der "alten" traurig ist oder gar meint, nun besitze er eine abgewertete Kamera. Das wirklich "Bedeutsame" an der neuen Kamera ist eigentlich nur eben dieses "1000 S", was besagt, daß der Verschluß nun die 1/1000 Sekunde schafft und nicht, wie bisher, bei der 1/500 aufhört. Nun, die 1/1000 sek. rundet das Bild einer Klassekamera ab, aber lebensentscheidend ist sie nicht. Was mir viel wichtiger scheint: An der Kamera selber hat man nichts "verschlimmbessert".
Damals, vor anderthalb Jahren, hatte ich über eine Kamera zu berichten, von der es hierzulande nur dieses eine Stück gab. Und ich wagte eine Prophezeiung, ich schrieb wörtlich:
"Diese M 645 wird einer der größten Kameraerfolge nach dem Kriege, und Mamiya wird lange nicht die Stückzahlen liefern können, die zu verkaufen sein werden."
Dies ist genau eingetroffen, und rege Schwarzimporte haben eine Weile auf beiden Seiten großen Kummer gemacht: beim Verbraucher, weil er unkontrollierte Kameras bekam, oft aus dritter Hand und nur aufpoliert, und bei der Fa. Osawa in München, weil man diese schwarzen Schafe nun "auf Garantie` reparieren sollte. Die Tatsache allein aber spricht für die Beliebtheit dieser Kamera, und wer heute eine "M 645" besitzt, erregt damit kaum noch Überraschung. Was also wurde, gegenüber dem bisherigen Modell, geändert?
1. Die 1/1000 sek.
2. Arretierbarer Zeitenknopf.
3. Der Schärfentiefen-Kontrollhebel, der rechts vorne an genau richtiger Stelle fingergerecht sitzt und leicht (!) zu betätigen ist. (Es gibt Kameras, auch bei KB, wo man sich fast den Finger verstaucht, ehe sich die Blende bewegt!).
4. Ein Selbstauslöser ist nun eingebaut.
5. Die Transportkurbel ist gegen einen Transportknopf austauschbar. (Wozu, wissen nur die Götter und vielleicht ein paar Japaner, es wäre aber schön, wenn hier ein künftiger Motoranschluß vorgeplant wäre!).
6. Die Filmebene ist, um einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, nun so markiert, daß man diese Markierung nach langem Suchen knapp hinter dem Zeiteinstellrad des Prismensuchers findet.
7. Das neue Objektiv 1,9/80 mm, das nun den Rekord fürs Mittelformat hält, und das technisch und optisch ausgezeichnet ist (es paßt auch an das einfache Modell M 645 .
Das PD-Prisma reicht ebenfalls bis zur 1/1000 Sekunde, es wurde mir berichtet, mit dem neuen PD-Prisma und Einstellung auf 1/1000 sek. würde diese kurze Zeit auch vom einfachen Modell erreicht. Na bitte!
Ich hatte damals noch keine Gelegenheit, über dieses PD-Meßprisma zu berichten, ich will es jetzt nachholen:
Ein Käufer, der darauf besteht, diese Kamera nur mit Lichtschacht zu kaufen, fällt selbst herein, außer er braucht die Kamera ausschließlich für Repro- oder andere spezielle Zwecke. Ein Fotohändler, der diese Kamera ohne Prisma verkauft, gehört in den Kartoffelgroßhandel. Denn eins steht nun einmal fest: Mit einer Rechteck-Spiegelreflex kann man Hochformat nur über ein Prisma fotografieren. Anders ist alles seitenverkehrt und steht auf dem Kopf. Mindestens das sollte der Händler dem Interessenten vorher sagen. Und wenn schon Prisma, dann wohl gleich dieses PD-Meßprisma, das mit zu den besten Meßmethoden gehört, die ich überhaupt kenne: Man drückt, ohne jegliche Verrenkung, auf einen weißen Knopf und hat dann, bei vorgewählter Blende oder Verschlußzeit, also kreuzweise gekuppelt, das Signal über 7 Leuchtdioden, drei rote unten nach Unterbelichtung, drei rote nach oben für Überbelichtung, und die mittlere richtige ist grün. Sie leuchten nach Knopfdruck 15 Sekunden: Zeit genug zum Einstellen, wenig Zeit für Batterieverbrauch, und besonders günstig für Vergeßliche, wie ich einer bin: man kann nie vergessen, das Meßsystem abzustellen. Ich kenne nichts, womit sich angenehmer in diesem Format arbeiten ließe.
Und somit ist nun diese Mamiya M 645 1000 S eine Kamera nicht nur geworden, sondern geblieben, die mich ob ihrer Qualität und ihrer Funktion immer wieder fasziniert. Und andere auch, wie ich an ihrer Verbreitung und den Anrufen merke, die zu mir kommen.
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