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Foto-Historica
Die Volkskamera für ganze vier Mark!
Die Geschichte der Fotografie spiegelt sich nicht nur in großen, teuren und technisch raffinierten Kameras wider, auch einfache, simple Kameras müssen wir manchmal als Wegweiser bzw. Zeugen neuer Tendenzen werten. Dadurch haben diese einfachen Geräte auch für den ernsthaft interessierten Sammler ihren Wert, ebenso wie die in meinem letzten Beitrag beschriebene "Ermanox".
Ende vorigen Jahrhunderts war es die "Kodak No. l" (1888), die als erste Rollfilmkamera der Welt zugleich auch als erste vollkommen auf die Belange des Amateurs abgestimmt war. Der Werbespruch "Sie drücken den Knopf - wir machen den Rest" war die Schlagzeile für die Amateuridee, die sich dann auf breiter Basis durchsetzte.
Ihr Pendant in diesem Jahrhundert fand die "Kodak" in der Agfa "Preis-Box", die in ganz Europa viele Leute zur Fotografie brachte, denen es bis dahin zu teuer oder technisch zu kompliziert gewesen war.
Diese Boxkamera war eigentlich nur der Mittelpunkt einer Verkaufsförderungsidee, die als Wettbewerb getarnt war. Der Agfa-Verkaufsdirektor Dr. Bruno Uhl hatte aus der Notwendigkeit heraus, mitten in der Wirtschaftskrise den Film- und Papierverkauf anzuregen, eine solche Aktion vorgeschlagen, und durch geschickte Werbung nicht nur sein Verkaufsziel erreicht, sondern auch die Münchner Kamerafabrikation der Agfa zum größten deutschen Kamerawerk gemacht.
Dabei war die" Preis-Box" gar keine ausgesprochene Neuheit, sondern nur die vereinfachte Form einer seit 1930 existierenden Boxkamera. Im Dezember 1930 war eine solche Box in zwei verschiedenen Ausführungen - als Agfa-Box 54 und als Box-Special mit besserer Optik - erhältlich. Preise: 14,50 bzw. 16,50 Mark.
Bereist im März 1932 führte die Agfa eine verkaufsfördernde Aktion mit einer vereinfachten Version der ursprünglichen Agfa-Box durch: In Zusammenarbeit mit dem Preußischen Unterrichtsministerium erhielten die jeweils Klassenbesten in den höheren Schulen eine solche Boxkamera geschenkt. Von den listenmäßigen Modellen unterschied sich diese "Prämienbox" durch ihre tiefblaue Lackierung und das in den Ledertragegriff eingeprägte Wort "Schulprämie".
Eine geschichtlich einmalige Verkaufsförderungsaktion
Für den Sammler sei hier angemerkt, daß die Box "Schulprämie" heute unter den Seltenheiten einzustufen ist. Ich habe bisher nur 2 Exemplare zu Gesicht bekommen, eins davon ist im Foto-Historama in Leverkusen. Im Juli 1932 startete dann die Agfa unter dem Stichwort "Suchen Sie die Agfa-Mark" einen großen Wettbewerb, bei dem man 4 Mark-Stücke mit den Münzstätten-Buchstaben A-G-F-A sammeln mußte. Legte man diese dem Fotohändler vor, so erhielt man dafür die "Agfa-PreisBox" ausgehändigt. Im Oktober 1932 endete diese Aktion.
In diesen drei Monaten wurden fast 1 Million Exemplare verteilt. Statistiker rechneten aus, daß alle verkauften Preis-Boxen aneinandergereiht eine Wegstrecke von 117km (=Berlin-Stettin) ergeben würden. Die Statistik ging noch weiter: man rechnete sogar aus, wieviel Boxbesitzer auf dem Lande bzw. in der Stadt lebten und wie viele Volks- bzw. Höhere Schüler darunter waren.
Der Erfolg war durchschlagend: das Agfa-Camerawerk mußte 800 zusätzliche Arbeiter einstellen.
Schon bald (Oktober 1932) gab es auch Zubehör für die Preis-Box: eine Porträtlinse, ein Gelbfilter, ein Stativbügel und ein Selbstauslöser waren lieferbar.
Im Frühjahr 1933 konnte die Preis-Box gegen eine Agfa Billy-Record (Preis 26,- Mark) eingetauscht werden. Die 4 Mark wurden voll rückerstattet. Motto: "Agfa-Mark hat ihren Wert behalten". Eine Werbeaktion die viel Erfolg hatte.
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