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Alexander Borell Kommentar

Die neue Spieglereflex-Minolta XD-7

Kurz vor absoluter Perfektion!

Sowohl der Knipser als auch der schöpferische Fotograf haben zwei Möglichkeiten, mit der neuen Minolta XD-7 zu fehlbelichteten Aufnahmen zu kommen: Entweder man stellt "manuell" völlig falsch ein, oder man verstellt, ebenso unbegründet und falsch, die "Plus- oder Minuskorrektur". In allen anderen Fällen können Sie mit dieser Kamera, bei freier Wahl der Automatik, zu keinem Fehlergebnis kommen!
Freie Wahl der Automatik? Es gab vor langer Zeit eine Diskussion zwischen mir und einem Herrn aus dem Hause Minolta, was besser sei: Zeiten- oder Blendenautomatik. Da es bei Minolta damals nur Zeitautomation gab, taugte ein Blendenautomat natürlich nicht viel.

Freie Wahl zwischen Blenden- oder Zeitautomatik

Es bereitet mir stilles Vergnügen, daß es ausgerechnet die Firma Minolta ist, die nun diese Frage auf eine so deutlich hervorragende Art beantwortet hat: Die XD-7 hat beides!
Je nach Gusto des Fotografen, aber sicherlich auch je nach der Art des Motivs und der Aufgabenstellung kann man zwischen Zeit- oder Blendenautomatik wählen. Ein kleiner Hebel neben der Verschlußzeiteneinstellung rastet dreimal: auf Stellung "S", auf "A" (das sind die beiden automatischen Einstellungen!) und natürlich auf "M", für manuelle Bedienung dieser Kamera.
Die XD-7 ist die erste Kamera, die, wenn Sie nicht unbedingt selber von der "korrekten` Belichtung abweichen wollen, in den beiden Automatikpositionen Ihre Fehler korrigiert und dafür sorgt, daß Ihre Aufnahme richtig belichtet wird. Aber wir wollen da beginnen, wo man mit jeder Kamera beginnt: man nimmt sie als erstes in die Hand.
Schon beim ersten Kontakt der Finger mit dieser XD-7 erlebt man ein völlig neues "Kameragefühl". Das liegt an dem neuartigen Bezug, der sich weich und griffig anfaßt, und der so rutschfest ist, daß Ihnen selbst dann die Kamera (samt Winder!) nicht ausrutscht, wenn Sie sie nur mit zwei Fingern hochheben. Gerade dieser Punkt wird von manchen Herstellern wenig beachtet, obwohl er überaus wichtig ist: Eine Kamera liegt bei längeren Zeiten nur dann gut und ruhig in der Hand, wenn die Finger keine Kraft dazu aufwenden müssen, sie überhaupt festzuhalten.
Bemerkenswert heller Sucher - auch für Brillenträger
Als zweites folgt, wie immer, der Blick durch den Sucher. Auch hier eine echte Überraschung: Dieser Sucher ist nicht nur "leitzhell", sondern man wird auch nicht mehr von dunklen Ringen oder Strichen irritiert. Der Mikroprismenring und der Teilstrich für den Schnittbild-E-Messer sind nahtlos in die Sucherscheibe integriert. Man sieht also nur, daß etwas geteilt ist, oder daß es ringförmig flimmert.
Dadurch ist das Einstellen, besonders auch für Brillenträger, selbst dann nicht schwierig, wenn man keine "Senkrechte" im Bild hat. Neben dem Sucherbild entdecken wir eine Skala mit Blendenzahlen, von 1,4 bis 32. "Entdecken" ist wörtlich zu nehmen; das Licht in einem Fotoladen reicht aus, diese Zahlen sichtbar zu machen, aber leider: Wenn der berüchtigte Herr rechts im Bild wieder mal einen dunklen Anzug trägt, ist die Skala weg. Sie bezieht ihr Licht durchs Objektiv, im Gegensatz zur Einspiegelung von Blende und Verschlußzeit unterhalb des Bildfensters.
Immerhin muß ich dieser Skala bescheinigen, daß sie von allen schlechten die deutlichste ist. Sicherlich hat das Einsparen an elektronisch Möglichem seinen Grund, nämlich den Endpreis für diese Kamera, die mit 1,7-Objektiv ca. zwischen DM 1.100,- und DM 1.200,- kosten dürfte. Und damit schweifen wir kurz von der Traumtechnik in die Realität der Finanzen: Für das, was diese Kamera kann, ist sie relativ billig. Aber nur ein Snob wird sie aus diesem Grunde nicht kaufen.
Zurück in die Technik: Wir haben inzwischen den Schnellschalthebel betätigt und haben das Gefühl, er funktioniere nicht, weil er so weich und ohne Widerstand arbeitet. Er funktioniert aber doch und beim Auslösen empfinden wir ähnlich: hat sie nun wirklich ausgelöst, ist der Verschluß abgelaufen? Diese Metalllamellen laufen tatsächlich so sanft ab, es ist geradezu ein technischer Genuß, sich dies mit geöffneter Kamera ein paarmal vorzuspielen. Inzwischen haben Sie es natürlich auch gemerkt, wir arbeiten gerade mit Verschluß-, also Zeitenpriorität, oder andersherum: mit Blendenautomatik. Daher neben dem Sucher die Blendenskala, und beim leichtesten Druck auf den Auslöser leuchtet eine rote Diode neben der Blende auf, die sich die Automatik entsprechend der gewählten Zeit ausgesucht hat. Da sich aber eine Blende nicht weiter öffnen kann, als es das Objektiv erlaubt - also etwa bis 1,4, werden Sie ebenso sanft wie wirkungsvoll korrigiert, wenn Sie, von draußen kommend, im Wirtshaus Ihren Verschluß immer noch auf der 1/250 Sekunde stehen haben und (!) dabei das rote Warndreieck im Sucher übersehen.

Zur Vermeidung von Pannen ist vorgesorgt

Ihre XD-7 ändert dann halt die Zeit so, daß die Belichtung mit der größten Blende stimmt. Und sie ändert, wenn es sein muß, bis zu zehn Sekunden. Natürlich ist bei solcher Unachtsamkeit Ihre Aufnahme dann verwackelt, aber - sie ist auf alle Fälle korrekt belichtet!
Nun stellen wir vom grünen "S" auf das orangerote "A". Sie sollten das einmal tun, während Sie dabei die Skala im Sucher beobachten: Die Blendenskala schiebt sich nämlich nach rechts weg, wird unsichtbar, und an ihre Stelle ist eine Zeitenskala getreten, von 1 Sekunde bis zur 1/1000. Und nun ist Ihnen wieder klar: Sie haben jetzt den Zeitautomaten mit Priorität der gewählten Blende. Und wieder zeigen Ihnen rote Leuchtdioden, welche Zeit Ihre Kamera macht, wenn Sie mit einer bestimmten Blende arbeiten wollen.
Wenn jedoch bei Blende 8 - wieder im Wirtshaus nach dem Freiluftfotografieren! - neben der "1" von einer Sekunde das rote Warndreieck aufleuchtet, und Sie Ihre Blende nicht weiter aufmachen wollen oder können, weil Sie die Warnung übersehen haben, dann - macht die XD-7 eben mehr als eine Sekunde auf, genau so lange, daß Ihr Foto mit Blende 8 die richtige Menge Licht bekommt.
Wie gesagt, Sie müssen sich schon einige Mühe geben, um Fehlbelichtungen zu produzieren.

Fehlbelichtungen sind praktisch ausgeschlossen

Natürlich können Sie sich auch einen Belichtungsmesser kaufen, die Zeit-Blendenkombination ausmessen, und dies dann auf die XD-7 manuell übertragen. Schließlich kann man sich ja auch für DM 18.000,- eine Hammond-Orgel anschaffen, mit zwei Manualen und 42 Registern, um dann mit dem "Violoncello"-Register und einem einzigen Finger ergreifend schön "Stille Nacht zu spielen.
Gedacht war die Orgel allerdings für einen Könner, und auch die XD-7 ist dem Könner in die Hand gebaut, der es versteht, auch aus einer Automatik genau das herauszuholen, was er für sein Foto braucht - nur schneller und weniger mühsam als mit der Hand.
Bekanntlich gibt es Pessimisten, die weder dem Hosenträger noch dem Gürtel vertrauen, und ihre Beinkleider deshalb mit beidem absichern. Für diese Leute hat Minolta auch gesorgt: Bei den Einstellungen auf "X" (Blitzsynchronisation 1/100 sek.!), "0" oder "B" arbeitet der Verschluß mechanisch, also ohne Batterie (eine kleine Plastik-Kapsel am Trageriemen nimmt zwei Ersatzbatterien auf!).
Selbstverständlich gibt's noch ein paar Kleinigkeiten: Sie können durch Knopfdruck die Schärfentiefe der Blende kontrollieren; Sie können mit Selbstauslöser arbeiten; Sie können Aufnahmen nach Plus oder Minus um je zwei Blendenstufen korrigieren; Sie können die Filmempfindlichkeit von 12 bis 3200 ASA eingeben; Sie können für extreme Zeitaufnahmen mit vollem Sonnenlicht von hinten den Suchereinblick über ein Hebelchen verschließen; Sie haben eine Kontrolle, ob der Film richtig transportiert wird; Sie haben einen Kontakt für Kabel-Blitz-Anschluß; sie haben auch einen "heißen` Kontakt im Sucherschuh; Sie haben die Möglichkeit, eine Lasche der Filmpackung an der Rückwand in ein Fach zu schieben; und Sie können auch einen Winder anbringen, ohne dabei irgend etwas am Kameraboden verändern zu müssen!
Dieser Winder ("Auto Winder D") ist ein Kapitel für sich, was sein Leichtgewicht betrifft und seine Kompaktheit.
Er wird mit vier der üblichen Batterien oder NC-Akkus geladen und leistet die üblichen zwei Bilder pro Sekunde, wobei er weniger laut jammert als mancher andere. Einzelbild = einmal drücken, längeres Drücken bringt die Serie. Wer lange Artikel gegen den Winder schreibt und dabei von den "Serienfotos" ausgeht, hat den Winder überhaupt noch nicht begriffen. Die Serie ist nämlich nur sehr selten interessant; wichtig hingegen ist der schnelle Nachschuß! Wenn Sie hauptsächlich Kirchen oder Teppiche fotografieren, brauchen Sie den schnellen Nachschuß nicht und auch keinen Winder. Wenn Sie aber, wie ich, Freude an Schnappschüssen haben, werden Sie - wie ich - das auch schon erlebt haben:
Eine Hand, einen Kopf im Sucher, im letzten Augenblick heimtückisch ins Bild gekommen; oder Ihr Modell dreht den Kopf, schließt beim Auslösen die Augen usw. Dazu ist der Winder: mit dem raschen zweiten Schuß klappt es dann.

Zur XD-7 gibt es auch den passenden Winder

Er wiegt netto 205 Gramm und schafft mit Hochleistungs-Batterien 70, mit voll geladenen NC-Akkus sogar 150 Filme. Sagt Minolta. Ich hatte noch zu wenig Zeit, dies nachzuprüfen, im Gegensatz zur Automatikkorrektur - aber ich werde bei Gelegenheit noch einmal darüber berichten. Auch hier zeigt eine rote LED auf der Rückseite die Funktion an. Zum Rückspulen muß der Winder nicht abgenommen werden, und am Filmende zerreißt er nicht die Perforation, sondern bleibt - rot leuchtend - stehen.
Alles in allem auch hier erfreulich logisch durchdacht. (Fernauslösung ist auch mit Winder und elektrisch möglich!)
Wirklich eine kleine Sensation ist das zur XD-7 gehörende Blitzgerät "Minolta Auto-Electroflash 200 X". Welche Automatik Sie an der Kamera auch eingestellt haben mögen: Dieser Blitzer schaltet sich selber elektrisch ins Programm, und zwar nicht beim Aufstecken, sondern erst dann, wenn er eingeschaltet und blitzbereit ist! Dies wird durch Blinken des oberen Warndreiecks angezeigt, das übrigens auch bei den mechanischen Zeiten blinkt. Und nun können Sie mit Blitz und Winder, eine Serie blitzen! 
Sobald Sie das Gerät abschalten, übernimmt die Kamera wieder ihre volle Automatikfunktion. Der 200 X erlaubt vier Einstellungen in zwei Funktionen: einmal Winderblitzen, zum zweiten manuelle Ausnützung der vollen Leitzahl 20 bei 21 DIN, oder zwei Automatikblenden von 0,7 m bis 3,50 m, oder von 1 m bis 7 Meter. Ein 35er wird voll ausgeleuchtet, zum 28er gibt es einen Vorsatz. Ebenfalls kompakt gebaut, wiegt er ohne Batterien 21 0 Gramm. Und weil wir gerade vom Gewicht sprechen: die XD-7 ist mit Winder und vier Batterien, aber ohne Objektiv um 10 Gramm leichter als die Olympus OM-2 im gleichen Zustand. Auch in den Abmessungen sind keine sehr großen Unterschiede XD-7 Gehäuse 136 x 86 x 51 mm, OM-2 Gehäuse 136 x 83 x 50 mm. Ich bringe diesen Vergleich mit voller Absicht, weil es sich bei beiden Kameras um die modernsten technischen und elektronischen Möglichkeiten im derzeitigen Kamerabau handelt. Beide bieten dem Fotografen ungewöhnliche Möglichkeiten, verglichen mit anderen Kameras.
Eine wirkliche, vergleichende Wertung halte ich für unmöglich, weil sich einfach Äpfel nicht mit Birnen vergleichen lassen. Trotzdem muß man kein Hellseher sein, um voraussagen zu können, daß es zwischen diesen beiden auf dem Weltmarkt einen harten Clinch geben wird, welche Tatsachen gleichermaßen für beide Produkte spricht. Der Verbraucher wird seine Wahl nach seinen Gesichtspunkten treffen müssen, aber ich bin sicher: er wählt in beiden Fällen ein echtes Spitzenprodukt.

Technik als Fortschritt, als Herausforderung - pro & contra!

Ausblick: Es ist wohl eine Binsenweisheit, zu erklären, daß sich eingeführte Technik nicht mehr reduzieren oder gar eliminieren läßt. Wir leben auf allen Gebieten mit ihr, ob wir nun Kerzen schöner finden als Glühlampen, Herdfeuer gesünder als Mikrowellen und einen Spaziergang erholsamer als Fernsehen.
Wir nehmen schon lange keinen Objektivdeckel mehr ab, um die Belichtungszeit auszuzahlen, und wir kaufen unser Negativmaterial fertig, ohne damit die Qualität selbstgegossener Platten 18 x 24 erreichen zu können. Und schließlich akzeptieren wir den Filmtransport mit Motor und die Elektronik bei Zeit- und Verschlußautomatik.
Die Minolta XD-7 ist nur ein konsequenter Schritt der Weiterentwicklung. Die Automatik dieser Kamera ermöglicht es dem Fotografen, sich ungeteilt auf seine Motive konzentrieren zu können. Überlegt man sich andererseits, welche Funktionen ein elektronischer Taschenrechner heute auszuführen in der Lage ist, dann scheint mir auch diese Kamera noch ganz am Anfang zu stehen.

Auch für die XD-7 gilt: In Zukunft ist noch vieles möglich

Man denkt heute nicht mehr an die Kutsche, wenn man Autos konstruiert, und man wird auch im Kamerabau von fossilen Vorstellungen abgehen müssen: Was nützen schon praktisch zeitlose Übertragungen diverser Funktionen, wenn ich den Film noch ebenso mühsam einfädeln muß wie vor Jahrzehnten?
Wozu brauche ich einen "Schnellschalthebel", wenn der Transport ohnedies elektrisch arbeitet?
Wozu brauche ich noch Handrädchen mit Zeiten-Einstellung und Belichtungskorrekturen, wenn man anderswo bereits mit leichtem Knopfdruck wesentlich kompliziertere mathematische Vorgänge einschließlich Selbstkontrolle ausführen kann?
Der Weg scheint mir vorgezeichnet, Minolta ist ein gutes Stück auf diesem Weg vorwärtsgekommen. Die Minolta-Objektive waren es eigentlich, die aufmerksame Beobachter darüber informierten, daß eine Schwangerschaft besteht. Das "MD" ist es gewesen, dargestellt durch zusätzliche Technik, das die bisherigen "MC"-Rokkore in die ältere Generation von Objektiven verwies. Zwar funktioniert die XD-7 voll nur mit den neuen MD-Objektiven, aber mit den alten MC-Ausführungen arbeitet die XD-7 immer noch als Zeitautomat, während die neuen MD-Objektive an fast alle Minolta-Modelle passen. Im Minolta-Text heißt es wörtlich:
"Objektivfassung und Mechanismus der neuen Objektive wurden konstruktiv umgestaltet. Die Reihe von anfangs 17 MD-Rokkoren wird in den kommenden Monaten auf ca. 30 neue, erstklassige Objektive erweitert werden."
Ich habe von diesen künftigen 30 Objektiven erst 3, es besteht jedoch nicht der geringste Anlaß, zu glauben, daß Minolta plötzlich weniger gute Objektive baut als bisher. Ich glaube eher, daß sie besser sind!

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