← Zurück

Artikel

Trends der Wissenschaft

Die Mehrfach-Belichtungsautomatik

Mit der Minolta XD-7 escheint endlich die erste Kamera mit doppelter Belichtungsautomatik auf dem Markt. Neben dieser "Multimode"-Charakteristik (stimmt, wenn man's genau nimmt: Es sind mehr als zwei Betriebsarten vorhanden - Blendenautomatik, Verschlußzeitenautomatik und Manuellbetrieb) bringt Minolta auch ihre erste wirklich kompakte Kleinbild-Spiegelreflex. Sie entspricht in ihren Abmessungen praktisch (binnen 1 oder 2 mm hier und da) der Olympus OM-2 und ist kaum 8% schwerer. Dabei kann man auch gleich feststellen, wo der Maßstab gesetzt wurde: Olympus war die erste Kompakt-Reflexkamera und alle anderen - darunter auch einige geringfügig kompaktere - werden eben gegen die Olympus abgemessen. Diese Seite der Miniaturisierungsmanie hat natürlich einiges auch mit dem Werbewert zu tun, obwohl allerdings die Nachmacherei der Olympus-Abmessungen auch sehr solide auf dem enormen Markterfolg der OM-Kameras basiert. .
Bequeme Kameraabmessungen hängen zum Teil auch von der Größe
der eigenen Hand ab. Jedenfalls beweist diese Entwicklung, daß die Kleinbild-Spiegelreflexkamera kleiner sein kann als sie es lange Zeit hindurch war. Allerdings kommt es besonders auf die Abmessungen der übrigen Ausrüstung an. Minolta hat mit dem kompakten Auto-Winder D und dem Auto-Electroflash 200x einen guten Anfang gemacht. Es ist nur zu hoffen, daß die Firma auch dem Beispiel von Olympus und Asahi mit entsprechend kompakten Objektiven zur kompakten Kamera folgen wird.
Abgesehen von den Einzelheiten der Kameramerkmale ist aber das ganze Thema der Mehrfachautomatik ein interessantes Beispiel, wie die Technik eine Marktnachfrage und ein Marktproblem erzeugt und dann damit fertig werden muß.

Was ist Doppelautomatik? Unter dem von Minolta mit "Multimode" bezeichnetem Betrieb ist die Belichtungsautomatik mit wahlweiser Blenden- oder Verschlußzeitenvorwahl zu verstehen. Im ersten Fall entscheidet man sich für eine Blendeneinstellung und überläßt die Verschlußzeitenwahl der Kameraautomatik. Im zweiten Fall stellt man die Verschlußzeit ein, worauf die Kamera - stets in Abhängigkeit von der vorhandenen Objektjeuchtdichte die Blende einstellt. Marktmäßig ist die Doppelautomatik das Resultat jahrelanger Debatten über die Vor- und Nachteile der beiden Systeme, Bekanntlich wählt man nur die Blende vor, wenn man bestimmte Schärfentiefenverhältnisse braucht, während die geeignete Verschlußzeitenvorwahl Bewegungsunschärfen bzw. Verwacklung unterbindet. Mit manueller und auch halbautomatischer Blenden- und Verschlußzeiteneinstellung gibt es hier auch kein Problem: Man wählt eben jeweils die festzulegende Größe vor. Kreuzgekuppelte Nachführzeigersysteme sowie alle anderen Vorrichtungen, wo ein Meßzeiger sowohl von der Blenden- als auch von der Verschlußzeiteneinstellung beeinflußt wird, sind ebenfalls unproblematisch. Erst mit der Belichtungsautomatik kam es dazu, daß der Benutzer eine Einstellung und die Kamera die andere besorgte. Und spätestens da fingen die Argumente an, wer was besser machte.

Automatik mit Blenden- oder Zeitenpriorität

Die meisten Amateure und auch Fachfotografen zogen und ziehen die Verschlußzeitenvorwahl mit Blendenautomatik vor. (Abgesehen von den Protagonisten der beiden Systeme, die natürlich an ihrer eigenen Sache interessiert waren, führte Rollei zur Zeit der SLX-Konstruktion eine Gebraucherrundfrage aus. Denn Rollei hatte mit seinem System beide Möglichkeiten der Belichtungsautomatik - Verschlußzeiten- oder Blendenvorwahl - technisch absolut offen. Und da sollten, wie mir Rollei-Konstrukteure seinerzeit erzählten, zwischen 80 und 90% für die Verschlußzeitenvorwahl getippt haben.)
Fotografen sind eben mehr verschlußzeiten- als blendenbewußt und wollen sicher gehen, daß mit einer bestimmten Verschlußzeit die Bewegungsunschärfe bzw. Verwacklungsgefahr entsprechend ausgeschaltet wird. Natürlich kann man eine im Sucher sichtbare Verschlußzeitenanzeige auch mit einer Blenderivorwahl-Kamera entsprechend beeinflussen und so die Verschlußzeit wählen, die man braucht. Aber psychologisch gesehen ist das nicht das selbe wie die genaue Fixierung der Verschlußzeit. Nur wenn diese Beeinflussung durch einen Trick vorgetäuscht wird - was übrigens anscheinend teilweise bei der Minolta XD-7 erfolgt (siehe unten) - ist der Fotograf zufrieden. Die Verschlußzeitenvorwahl kann aber bei Kameras mit Wechseloptik auch konkrete Vorteile bieten. Z. B. braucht man beim Objektivwechsel nicht das neue Objektiv auf die gleiche Blende wie das abgenommene einstellen - die Automatik besorgt das. Die Objektive brauchen aber eine entsprechende Kupplung zur Übertragung der von der Automatik gewählten Blende auf die Objektiv-Blendeneinstellung. Bei fast allen bisherigen Systemen erfolgt das mechanisch, obwohl eine elektrische Steuerung viel logischer wäre. (Einzige bisherige Ausnahme: Rolleiflex SLX.)
Technisch bzw. beim heutigen Stand der Technik ist die Verschlußzeitenautomatik mit Blendenvorwahl eleganter, besonders beim elektronischen Verschluß. Denn die Verschlußelektronik läßt sich direkt vom elektrischen Ausgangssignal der Meßvorrichtung steuern. Dabei sind weniger bewegliche Teile als die bei der Blendenautomatik eingesetzten Abtastvorrichtungen usw. erforderlich.
Die Blendenautomatik wird bei bestimmten Aufnahmeverhältnissen ganz unwirksam, z. B. wenn die Kameraoptik keine Blendenkupplung ermöglicht - etwa in der Makro- und Mikrofotografie an Balgengeräten, mit Spiegeloptiken ohne Blendeneinstellung usw. Mit einer Blendenvorwahl funktionieren diese Systeme dagegen einwandfrei. Mit einer Arbeitsblendenmessung - die auch einen Sekundenbruchteil vor der Belichtung selbst erfolgen kann - gibt es noch weniger Beschränkungen im Objektiveinsatz. Dabei ist zu bemerken, daß mit der Minolta XD-7 alle bestehenden Objektive vom Typ MC-Rokkor für die Belichtungsmessung mit Blendenvorwahl verwendbar sind, während dagegen die Verschlußzeitenvorwahl mit Blendenautomatik eine neue Objektivreihe MD mit einem entsprechend zusätzlichen Kupplungselement erfordert.

Zur neuen Minolta gibt es auch die neuen MD-Objektive

Übrigens ersetzen jetzt in der Produktion die neuen MD-Objektive die bisherigen MC-Systeme. (Auf der letzten photokina gab es die MD-Objektive mit der grünmarkierten kleinsten Blende für die Blendenautomatik auch schon am Minolta-Stand. Nur wurde keine Aufmerksamkeit auf die grüne Blende gelenkt. Minolta-Techniker, die ich darüber befragte, zuckten höflich mit der Achsel und meinten: "Ja, wir experimentieren da ein bißchen."
Minolta's "Multimode" Kamera hat es nun geschafft, die Argumente abzuschaffen. Zum Großteil gelang es auch, weil andere Entwicklungen diesen Schritt technisch und wirtschaftlich ermöglichten. Bevor wir näher auf die technische Lösung der Mehrfachautomatik und ihre wirtschaftliche Berechtigung eingehen, ist ein Blick in die Vergangenheit ganz interessant.

Wiege der Automatik? Die Entwicklung der Automatik-Technik für die fotografische Belichtungssteuerung ist merkwürdigerweise bereits ein dreiviertel Jahrhundert alt. Damals war eine Automatik - ohne philosophische Argumente - eine Anordnung, die etwas selbsttätig machte. Das galt z. B. für eine 1902 beim "Kaiserlichen Patentamt" angemeldete Verschlußvorrichtung: Eine lichtempfindliche Zelle erzeugte einen Strom, der seinerseits die Einstellung eines Verschlusses steuerte. Da sowohl der Einstellbereich wie auch die Nützlichkeit sehr beschränkt war, blieb es beim Patent. Die nächsten Meilensteine der Kameraautomatik erschienen überhaupt erst viel später. So dauerte es ca. 30 Jahre, bevor elektrische Belichtungsmesser - damals mit Selenzellen - den Markt erreichten, aber nicht viel länger, bis sie in Kameras eingebaut wurden: Die Meßsucherkamera Contax II vom Jahrgang 1936 und die zweiäugige Contaflex, während Kodak 1939 schon die erste vollautomatische 620 Automatic vorstellte. Der Zellenstrom steuerte dort direkt die Einstellung der Blendenlamellen, wobei auch die Automatik praktisch mit einer Verschlußzeitenvorwahl begann. Übrigens hatte Eumig schon vier Jahre früher die erste halbautomatische Belichtungskupplung in einer Schmalfilmkamera. Aber die Automatikentwicklungen auf dem Schmalfilmgebiet erfolgten dann nicht nur rascher, sondern auch logischer, da ja hier nur eine Blendenautomatik infrage kam. Und da konnte man ohne weiteres kompliziertere Systeme hochzüchten.
Um aber bei Fotokameras zu bleiben, nahm die Belichtungsautomatik nach dem Krieg einen neuen Anlauf, wobei vorerst Rollfilm- und Kleinbildkameras mit eingebauten und gekoppelten Belichtungsmessern erschienen. Der nächste Schritt war die Automatic 66 von Agfa, eine Rollfilm-Meßsucherkamera, die 1956 erstmalig eine Verschlußzeitenautomatik mit Blendenvorwahl bot. Der Antrieb der Automatik war eine pneumatische Vorrichtung, die die Verschlußzeit über eine Kabelverbindung steuerte. Die pneumatische Einstellung hing wiederum von einem Meßzeigerausschlag ab (die Kamera hatte natürlich einen Selenzellen-Belichtungsmesser), wobei der Zeiger unterschiedliche Anzahlen von Luftlöchern in der Pneumatik-Steuerung ab- oder aufdeckte.

Meilensteine der Belichtungsautomatik

Während diese Kamera ebenfalls als Prototyp sitzen blieb, war die erste Optima von Agfa drei Jahre später nicht nur ein Markterfolg, sondern auch das Vorbild für die Programmautomatik, in der die mechanische Abtastung eines Meßzeigers die Einstellung der Blenden- und Verschlußzeitenringe steuerte. Dieses Prinzip der mechanischen Meßzeiger-Abtastung blieb als Basis von Automatikkameras mit Verschlußzeitenvorwahl für die nächsten 15 Jahre bestehen. Unmittelbar vor der Optima erschien auch als erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera mit Belichtungsautomatik (Verschlußzeitenvorwahl) die französische Savoyflex, wobei allerdings noch von einer Innenmessung keine Rede war. Die letztere kam allerdings sehr bald von Topcon (aber ohne Automatik).
Die Innenmessung der Belichtung wurde erst mit der Cadmiumsulfidzelle praktisch, da ja die Zelle durch das Objektiv viel schwächere Leuchtdichten als die direkt auf das Motiv weisende Zelle messen muß. Nach der Topcon wurde die Innenmessung um 1963 mit der Pentax Spotmatic und der Alpa 9d bekannt. Hier wurde vorerst die Helligkeit des Einstellscheibenbildes und darin später - in der Topcon Super RE - das Licht direkt durch die Spiegel hindurch gemessen.
Die beiden anderen Entwicklungen der gleichen Zeit waren der elektronisch gesteuerte Verschluß mit - damals - einem Kondensator/Widerstandsstromkreis zur Steuerung der Öffnungszeit. Für Prontor und Compur brachte das bedeutende Publizität und wies auch gleich auf den nächsten logischen Schritt der Automatik hin, nämlich die Steuerung des elektrischen Widerstands im Verschlußzeitensystem über den Fotowiderstand bzw. Cadmiumsulfidzelle. Vorschläge dafür gab es mehrere auf der photokina 1963; die erste marktgängige Kamera mit diesem System war allerdings die Polaroid 100.

Die ersten automatischen Spiegelreflexen: Die elektronische Verschlußzeitenautomatik ist natürlich eine besonders elegante Belichtungsautomatik und wurde bald zur üblichen Konstruktion von Kleinbild-Sucherkameras. Das Prinzip der Automatik hat sich hier bis heute kaum geändert, wenn auch neuere Modelle jetzt eingebaute Elektronenblitzgeräte und neuestens auch die Einstellautomatik Visitron von Honeywell, z. B. in der Konica C35 AF aufweisen. Bedeutend ist dabei die Tatsache, daß die Kamera das Licht während der Belichtung selbst mißt: Der Verschluß geht auf und schließt sich erst, ,wenn die Meßzelle genügend Licht registriert hat.
Das war für alles, außer Kleinbildspiegelreflexkameras, ideal. Wenn man aber bei den letzteren durch das Objektiv mißt, geht das natürlich schlecht während der Belichtung selbst. (Das Problem löste erst die Olympus OM-2.) Da nun aber Sucherkameras mit Belichtungsautomatik den Markt und den Verbraucher berieseln, mußte man für SLR-Kameras wohl oder übel geeignete Kompromisse finden.

Die Belichtungsautomatik in Spiegelreflexkameras

Eine Möglichkeit war die Beibehaltung der elektronischen Automatik unter Verzicht auf Innenmessung durch das Objektiv. Das war die Lösung der Instamatic Reflex von Kodak - die erste einäugige Spiegelreflexkamera mit elektronischer Belichtungssteuerung und übrigens auch die hübscheste (bzw. die einzig hübsche) Reflexkamera für das Kassettenformat 126. Konishiroku andererseits behielt die Innenmessung aber ohne elektronische Verschlußsteuerung. Die Konica Autoreflex setzte sich für die schon fast 10 Jahre alte Meßzeiger-Abtastmechanik ein und begegnete Einwänden gegen die Beschränkung auf Verschlußzeitenvorwahl mit dem Argument, daß diese ohnehin besser wäre. Ein ähnliches Prinzip im Sinne der Kodak Instamatic Reflex ging auch die Contarex Electronic von Zeiss Ikon: Der elektronisch gesteuerte Verschluß ließ sich durch Aufstecken einer Zubehör-Meßzelle auf Automatikbetrieb umschalten.
Die noch heute am weitesten verbreitete Kompromißlösung der Automatik mit Innenmessung erschien erst nach 1970. In der Electro-Spotmatic verwirklichte Asahi die elektronische Speicherung des Meßergebnisses durch das Objektiv, während der Spiegel hochschwenkt. Dieses gespeicherte Meßergebnis steuert dann die Belichtung über den elektronischen Verschluß. Diese Möglichkeit und die Lizenzen von Asahi bewegten bald fast alle anderen Hersteller von Kleinbild-Spiegelreflexkameras zum Einbau eines gleichen Systems. Die wirkliche Revolution war aber nicht nur die Speicherung des Meßergebnisses, sondern auch die inzwischen enorm herangereifte Elektronik mit hochgezüchteter Technik, gedruckten Schaltungen, integrierten Schaltungen und dem Einsatz von Mikro-Prozeßrechnern. Da diese technische Lösung vor allem mit der Verschlußzeiten-Automatik verbunden war, spalteten sich Hersteller von automatischen Spiegelreflexkameras bald in zwei "Vorwahl"-Lager: Blendenvorwahl für die (verhältnismäßig einfachere) Zeitautomatik und Verschlußzeitenvorwahl für Hersteller, die - wie z. B. Konishiroku - ihre Investition in der mechanischen Automatik schon Jahre vorher abgeschrieben hatten und enorm wettbewerbsfähig waren. Es ist kein Zufall, daß die Konica Autoreflex lange Zeit hindurch das preisgünstigste Kleinbild-Spiegelreflexsystem für 24x36 mm mit Belichtungsautomatik blieb.

Die Elektronik bewirkte den großen Sprung nach vorne...

Der Einsatz des Prozeßrechners in der Automatiksteuerung hatte zwei weitere Vorteile. Der erste war eine erweiterte Eingabe- und Ausgabefähigkeit. Der LSI-chip hat eine Programmkapazität, die nicht nur für die Belichtungssteuerung selbst, sondern auch für die Anzeige über Leuchtdioden, Digitalanzeigen, Umschaltung auf Blitzaufnahmen (mit evtl. Einstellung einer Blitzleistung oder der richtigen Synchronisier-Verschlußzeit) und selbst für den motorangetriebenen Filmtransport ausreicht. Leuchtdioden-Anzeigen finden sich heute auch in den meisten modernen Spiegelreflexkameras mit Belichtungsautomatik (und auch einigen mit Halbautomatik).Darunter war vor ca. 3 Jahren die Fujica 901 die erste Kleinbildreflex mit Digitalanzeige der Verschlußzeit (also Leuchtdioden-Ziffern im Sucher), während Punktreihen von Leuchtdioden z. B. in der Contax RTS - und eben auch in der Minolta XD-7 nicht nur den Meßzeiger im Sucher ersetzen, sondern auch die Anzeige bei schwachen Lichtverhältnissen deutlich sichtbar machen.
Ein zweiter Nutzen der Entwicklung hochintegrierter Stromkreise war, daß die winzigen Prozeßrechner-Chips eine außerordentlich leistungsfähige und preisgünstige Alternative für bedeutende Elemente der bisherigen Kamera-Steuermechanik boten. Zusammen mit einer Neuorganisation der Fertigung lancierte diese Entwicklung daher eine neue Welle hochgezüchteter Automatikkameras in einer mittleren Preisklasse, angefangen vor "/2 Jahren mit der Canon AE-1, die mit ihren Nachfolgern (darunter auch z. B. Pentax ME) die Marktpläne führender europäischer Hersteller weitgehend umstürzte. Andererseits wurde aber durch dieses Konzept der wirtschaftlicheren Fertigung auch endlich eine Kleinbild-Spiegelreflex mit Mehrfachautomatik tragbar. Denn der Gedanke - und sogar ausgearbeitete Pläne - derartiger Konstruktionen existieren schon seit mehreren Jahren in den Konstruktionsbüros einiger Kamerahersteller. Nur war bisher eine Markteinführung preislich einfach nicht tragbar.

Schnell ansprechende Zellen für die Arbeitsblendenmessung: Zu erwähnen ist noch eine weitere wichtige Entwicklung: Die neue Generation von Fotozellen. Die CdS-Zelle verdrängte die Selen-Zelle, da die letztere nicht die geringen durch das Objektiv durchkommenden Lichtströme vermessen konnte. Die Belichtungsautomatik wurde aber ebenfalls durch die langsame Reaktion und die "Gedächtniseffekte" der Cadmiumsulfid-Zelle kompliziert. Vor allem erforderte diese Zelle eine meistens mindestens einige Sekunden lang dauernde Offenblendenmessung, so daß dieser Meßvorgang in der Betrachtungsphase des Sucherbildes stattfinden mußte und daher die Blendeneingabe in die Messung einen Blendensimulator erforderte. Das bedeutete also zusätzliche mechanische sowie elektrische Bauteile. Als eine der ersten Kleinbild-Reflexkameras setzte die Fujica 901 Silizium-Zellen ein. Andere Hersteller folgten rasch nach oder (wie z. B. Asahi) wählten Gallium/Arsen/Phosphor-Folodioden mit ähnlichen zeitlichen Ansprecheigenschaften. Derartige Elemente erfordern eine komplizierte Steuerelektronik - die ebenfalls erst mit hochintegrierten Schaltungen praktisch wurde - ermöglichen aber durch ihre kurze Ansprechzeit die Belichtungsmessung unmittelbar vor der Belichtung selbst, wenn das Objektiv schon auf die Arbeitsblende abgeblendet ist. Dadurch erspart man nicht nur einen Blendensimulator, sondern das System ist auch mit einem größeren Objektivsortiment einsatzfähig. Es gibt z. B. mehrere Kameras, die nach diesem Prinzip mit praktisch allen Schraubobjektiven 42 mm (mit dem schon fast normgemäßen internen Abblendstift) verwendbar sind - z. B. Chinon, Cosina. Übrigens wurde ja auch die Innenmessung von Olympus des vom Film reflektierten Lichts erst durch die schnell ansprechende Silizium-Zelle möglich.

Automatik mit Verstand? Interessant ist ein Merkmal der Doppelautomatik - nämlich die Nachstellung der Belichtungszeit, wenn (bei Automatik mit Zeitenvorwahl) die vorgewählte Zeit nicht in den verfügbaren Blendenbereich hineinreicht. In der Minolta XD-7 funktioniert das etwa folgendermaßen:
Im Sucher erscheint rechts eine Blendenskala und darunter einerseits die am Zeitenring vorgewählte Verschlußzeit und andererseits die über die Sucheroptik eingespiegelte am Objektiv eingestellte Blende. Für Blendenautomatik-Betrieb muß diese die kleinste Blende (größte Blendenzahl) am Objektiv sein, die dort grün markiert ist. Bei der Messung, also bei durch ganz leichten Druck auf den Auslöser eingeschaltetem Meßkreis - leuchtet neben der Sucher-Blendenskala eine der Leuchtdioden auf und zeigt die für die richtige Belichtung erforderliche Blende.
Bei der Auslösung selbst schließt sich - wie von Minolta beschrieben die Objektivblende auf diesen vorher angezeigten Wert, bei dem nun die Belichtung erfolgt.

Die Automatikfunktionen der neuen Minolta XD-7

Liegt dagegen die richtige Blende für die vorgewählte Verschlußzeit außerhalb des im Sucher angezeigten Blendenbereichs bzw. außerhalb des Objektiv-Blendenbereichs, so leuchtet im Sucher eine der Warnmarken (rotes Dreieck oberhalb oder unterhalb der Blendenskala) auf. Bei der Belichtung stellt sich dann die Verschlußzeit so nach, daß die richtige Belichtungskombination wieder in den verfügbaren Blendenbereich hineinrückt. Natürlich sind dieser Nachstellung auch Grenzen gesetzt - über den vorhandenen Verschlußzeitenbereich kann die Automatik auch nicht hinaus - aber die Automatik korrigiert sozusagen eine fehlerhafte Verschlußzeitenvorwahl des Benützers. Damit ergibt sich -jedenfalls mit Blendenautomatik und Zeitenvorwahl - ein totaler Einstellbereich von 16 bis 17 EV-Stufen (10 Verschlußzeitenstufen und -je nach Objektiv - 6 bis 7 Blendenstufen). Übrigens gab es das auch in der auf der letzten photokina vorgestellten aber noch immer nicht lieferbaren Rolleiflex SL 2000 (also Doppelautomatik, Verschlußzeitenkorrektur bei Blendenautomatik).
So weit, so schön. Warum funktioniert aber diese Nachkorrektur nicht bei der Verschlußzeitenautomatik mit Blendenvorwahl? Man könnte sagen, daß, wenn der Fotograf auf eine bestimmte Verschlußzeit besteht, die nicht möglich ist, ihm nachgeholfen werden muß. Das sollte ja auch für die Blendenvorwahl gelten. Allerdings gibt es bei Blendenautomatik-Betrieb öfters Motive, die eine Nachkorrektur erfordern als bei Zeitautomatik-Betrieb - denn die Zeitenskala ist länger als die Blendenskala. Der wirkliche Grund liegt aber in der Konstruktionstechnik. So weit sich die Mechanik aus den vorhandenen Daten ableiten läßt (eine eingehendere Untersuchung der Kamera wird noch folgen), finden zwei Meßvorgänge statt. Der eine steuert die Sucheranzeige und der andere die Belichtung - aber die Belichtungszeit, sowohl bei der Blenden- wie bei der Zeitautomatik. Nun, der Gedanke der getrennten Messung zur Anzeige und Steuerung ist schon von der Olympus OM-2 her bekannt. In der Minolta wird das aber anders eingesetzt. Die Anzeige beruht auf einer Offenblendenmessung, die Belichtungssteuerung dagegen auf einer Arbeitsblendenmessung. Die gleiche Silizium-Zelle dient (im Gegensatz zu Olympus) für beide Meßvorgänge. Bei der Zeitautomatik mit Blendenvorwahl ist der Vorgang ganz einfach: Nach der Offenblenden-Vormessung mit Sucheranzeige über Leuchtdioden schließt sich das Objektiv unmittelbar vor der Aufnahme auf die vorgewählte Blende, bevor noch der Spiegel hochklappt. In diesem Augenblick schaltet die Automatik auf die Zeitensteuerung um, mißt das die Einstellscheibe durch das abgeblendete Objektiv erreichende Licht, speichert diesen Meßwert und setzt ihn gleich nach dem Hochklappen des Spiegels zur Steuerung der Verschlußzeit ein.
Bei Blendenautomatik dagegen erfolgt eine ungefähre Steuerung des Endwertes der mechanischen Abblendung im Objektiv. Sobald sich nun die Blende unmittelbar vor der Aufnahme auf diesen Wert geschlossen hat, setzt wieder die Steuerautomatik in der gleichen Weise wie bei Blendenvorwahl ein und stellt die Verschlußzeit nach. Diese Zeit kann daher auch im Normalfall mehr oder weniger geringfügig von der vorgewählten Zeit abweichen. Wenn aber der bei der Vormeßstufe angezeigte Wert nicht innerhalb des verfügbaren Blendenbereichs liegt, so bleibt das Objektiv entweder bei der größten oder der kleinsten Blende (bei geringer bzw. hoher Objektleuchtdichte) stehen und diese nun zur Arbeitsblendenmessung gewordene Einstellung steuert wieder die Verschlußzeit. Dadurch ergibt sich automatisch die Nachstellung der Verschlußeinstellung, wenn man von vornherein eine ungünstige Zeit gewählt hat.

Die Zeitautomatik im Dienste der Präzision

Interessant ist dabei, daß Minolta in beiden Fällen die viel genauere Möglichkeit der Zeitautomatik ausnützt und damit die anscheinend weniger genaue Blendenautomatik im letzten Augenblick übersteuert. Als Leistung von Minolta ist zu bewerten, daß eine Kamera mit Doppelautomatik - dazu zu einem tragbaren Preis - überhaupt da ist, nicht daß sie die beste Lösung darstellt. Denn das tut sie nicht: Technisch hat Minolta einen ziemlichen Umweg gewählt, der aber Produktionsvorteile bietet. Einerseits wird es durch ein vereinheitlichtes Automatiksystem möglich, praktisch die gleiche Kamera auch mit einer nur einfachen Verschlußzeiten-Automatik (bei Blendenvorwahl) auf den Markt zu bringen. Das ist die Minolta XG-2, also das billigere Schwestermodell.
Die technische Ideallösung einer Doppelautomatik ist der von Rollei schon in der Rollfilm-Reflexkamera SLX eingeschlagene Weg der gleichwertigen Blende- und Verschlußzeitensteuerung über den seinerzeit etwas falsch bezeichneten "Linearmotor". Das war die technische Leistung, die aber Rollei so viel kostete, daß es sich anscheinend weder diese Firma noch - über Lizenznahme - ein anderer Hersteller leisten kann, die gleiche Lösung in der Kleinbild-Spiegelreflex zu miniaturisieren.
Das Gute ist des Besseren Feind Minolta hat mit der Doppelautomatik einen Marktvorsprung, den sie nun wohl auch ausnützen wird. Etwas beiläufig kann man evtl. auch ähnliche Konstruktionen von Leitz erwarten, wobei nicht ausgeschlossen ist, daß die Wetzlarer Firma auch Ideen zur Multimode XD-7 beisteuerte. Aber das letzte Wort ist dieses System nicht.
Zur Blitzautomatik in der Kamera gehören auch noch einige Randbemerkungen. Das zur XD-7 gehörende Elektronenblitzgerät Auto-Electroflash 200x bietet auch nach einer verhältnismäßig neuen Mode, die man als "Rückmelde-Automatik" bezeichnen kann, eine Funktionskupplung mit der Kamera. Und zwar schaltet das in den Zubehörschuh der Kamera eingesetzte, eingeschaltete und aufgeladene Gerät die Verschlußzeit automatisch auf die richtige Synchronzeit von 1/100 sek. um. Dadurch soll ein Blitzen bei einer falschen Verschlußzeit (und die damit verbundenen "teilweisen" Aufnahmen) verhindert werden. Ist das Blitzgerät abgeschaltet oder nicht aufgeladen, so kehrt die Verschlußzeiteneinstellung der Kamera auf den früher vorgewählten oder von der Automatik gewählten Wert zurück.
Ferner aktiviert das Blitzgerät im Sucher eine Leuchtdioden-Bereitschaftsanzeige.
Eine ähnliche Funktionskupplung ist schon von der Canon AE-1 bekannt, wo das Gerät Speedlite 150 außerdem auch den für die Computerautomatik erforderlichen Blendenwert am Objektiv einstellt. (Die AE-1 hat Blendenautomatik mit Verschlußzeitenvorwahl.)
Und das Gerät Quick Auto 310 von Olympus läßt sich bekanntlich auch in seiner Blitzdauer durch die internen Silizium-Zellen der OM-2 Kamera steuern.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}