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Photokina Spezial
Neues EOS Spitzenmodell mit neuer Blitzsteuerung
Der leise Fortschritt
Mit der EOS 1N läßt Canon die Muskeln spielen, denn im neuen Spitzenmodell des Hauses steckt nur das Beste aus der gegenwärtigen Konzerntechnologie. Entstanden ist eine angesichts der EOS 1 und der EOS 5 zwar wenig spektakuläre, dafür aber dennoch sehr fortschrittliche Kamera für höchste AF-SLR-Ansprüche.
In den Regalen des japanischen Canon-Konzerns lagern wertvolle Schätze, wie zum Beispiel die Kameratechnik und die Gehäusekonstruktion der EOS 1, das Autofokussystem und die AF-gekoppelte Mehrfeldmessung der EOS 5. Und weil in der Finanzabteilung bei Canon die Grundrechenarten offenbar länger als bei anderen Firmen bekannt sind, hat man wohl beschlossen, keine vollkommen neue Kamera, sondern ein Spitzenmodell aus den besten "Zutaten" des Hauses zu bauen. Daß die neue EOS 1N keine Retortenkamera geworden ist, sollte man den Entwicklungsingenieuren von Canon hoch anrechnen. Das Ergebnis ist eine optisch und akustisch eindrucksvoll agierende Spiegelreflexkamera, die für die professionelle Fotografie ausgelegt ist. Äußerlich sieht die EOS 1N dem Vorgängermodell EOS 1 zum Verwechseln ähnlich, ist jedoch um 5,5 Millimeter hohen Verändert wurden auch einige Symbole für die Funktionstasten und die Lage der Tasten für die manuelle Belichtungskorrektur und Beleuchtung des Monitors. Hinzugekommen ist eine Taste für die Wahl des AF-Meßfeldes sowie eine integrierte Okularabdeckung. Das "Innenleben" der neuen EOS 1N ist freilich etwas "bewegter" als beim Vorgängermodell. Beginnen wir mit den Veränderungen gegenüber der EOS 1. Zusätzlich zum zentralen Kreuzsensor wurde die EOS 1N mit je zwei vertikalen AF-Sensoren (bei Querformathaltung) ausgestattet, die den zentralen AF-Sensor flankieren. Das AF-System der EOS 1N ist somit identisch mit dem der EOS 5, allerdings ohne Augensteuerung. Jeder der AF-Sensoren kann aber einzeln angewählt werden. Das AF-System der EOS 1N ist empfindlicher als beim Vorgängermodell, denn es springt bereits bei EV 0 an, während bei der EOS 1 die Ansprechschwelle bei EV 1 lag. Auch das Belichtungsmeßsystem der neuen Kamera ist weitgehend identisch mit dem der EOS 5. Bei der AF-gekoppelten Mehrfeldmessung der EOS IN ist die Meßzelle in 16 Meßsegmente aufgeteilt. Das sind genau zehn Meßsegmente mehr als bei der EOS 1 Ferner verfügt die neue Kamera über eine mittenbetonte Integralmessung, Selektiv- und Spotmessung. Die Spotmessung mit der größeren Meßfläche (3,5 Prozent des Aufnahmeformats) kann außerdem an jeden der fünf AF-Sensoren gekoppelt werden. Die eigentliche zentrale Meßfläche für die Spotmessung erfaßt etwa 2,5 Prozent des Aufnahmeformats. Über 14 Individualfunktionen (8 bei der EOS 1) können bestimmte Funktionen umprogrammiert werden.
So kann beispielsweise die Anzeige und die Einstellung der Zeit-Blenden-Kombination wahlweise in Drittelstufen, in halben oder in ganzen Stufen erfolgen. Auch die manuelle Belichtungskorrektur kann wahlweise in Drittelstufen oder in halben Stufen erfolgen (bei der EOS 1 waren nur Drittelstufen möglich). Über die Individualfunktionen ist sogar die Spiegelvorauslösung möglich, die ja bei der EOS 1 bekanntlich gefehlt hat.
Die Belichtungsprogramme der Profikamera
Die Canon EOS 1N ist mit Programm-, Zeit- und Blendenautomatik, sowie mit Schärfentiefenautomatik, Belichtungsreihenautomatik sowie manueller Belichtungseinstellung ausgestattet. Die Belichtungsprogramme werden bei gedrückter Modetaste mit dem vorderen Einstellrad auf dem externen Datenmonitor eingestellt. Lediglich die Belichtungsreihenautomatik wird über zwei Tasten im Klappenfach aktiviert, die beide gleichzeitig gedrückt werden müssen. Über eine Individualfunktion kann die Belichtungsreihenautomatik aber auch auf die AF- und die Modetaste gelegt werden, die dann gleichzeitig gedrückt werden müssen. Der gewünschte Abstand zwischen den flankierenden Belichtungen wird dann mit dem vorderen Einstellrad eingestellt. Die Programmautomatik kann erfreulicherweise geshiftet werden, das heißt, die Zeit-Blenden-Kombination kann bei gleichbleibendem Belichtungswert verändert werden. Der Programmshift kann somit in den meisten Fällen die Umschaltung in die Zeit- oder Blendenautomatik überflüssig machen, weil die gewünschte Blende oder Verschlußzeit problemlos eingestellt werden kann. Mit der Schärfentiefenautomatik kann man auf bequeme Weise die Ausdehnung der Schärfentiefe durch zwei AF-Messungen bestimmen. Das mag, je nach Sichtweise, als eine willkommene Arbeitserleichterung oder als Placebofunktion in einer Profikamera betrachtet werden. Jede Belichtungsmeßart kann frei mit jedem Belichtungsprogramm kombiniert werden.
Das Meßfeld A1 entspricht dem zweiten AF-Sensor von links und gilt bei aktiviertem Sensor als Hauptmeßfeld. A3, A0 und B6 werden als Nebenmeßfelder berücksichtigt.
Die fünf Meßfelder A0 - A4 sind an die fünf AF-Sensoren gekoppelt und werden je nach aktivem AF-Sensor gewichtet. In unserem Beispiel ist der zentrale Kreuzsensor aktiv.
Das Meßfeld A4 gilt in unserem Beispiel als Hauptmeßfeld, weil der rechte äußere AF-Sensor aktiv ist. Die Felder B10 und B11 werden als Nebenmeßfelder berücksichtigt.
Eine echte Neuentwicklung ist die TTL-Blitzbelichtungsmessung und -steuerung sowie das Blitzsystem mit dem neuen Blitzgerät 540 EZ. Die Meßzelle für die TTL-Blitzbelichtungsmessung ist in drei Meßsegmenten aufgeteilt und auf die AF-Messung bezogen, wobei das jeweils aktive Segment mit 100 Prozent bewertet wird. Die manuelle Blitzbelichtungskorrektur kann am Gehäuse erfolgen, was bei der EOS 1 nicht möglich war. Mit einem neuen Algorithmus kann das Verhältnis zwischen Blitz- und Umgebungslicht in der Zeit- und in der Blendenautomatik gesteuert werden. Das neue Blitzgerät 540 EZ hat Leitzahl 42 in der Reflektorstellung für Brennweite 50 Millimeter und Leitzahl 54 in der Reflektorstellung für Brennweite 105 Millimeter (jeweils bei ISO 100/21xGRADx). Der schwenk- und drehbare Zoomreflektor leuchtet den Winkel der Objektive zwischen 24 und 105 Millimeter Brennweite aus. Mit der eingebauten Streuscheibe, die auch als Aufhellreflektor einsetzbar ist, kann der Ausleuchtwinkel der Brennweite 18 Millimeter entsprechend erweitert werden. Die Leistung kann auch manuell bis auf 1/128 der Maximalleistung reduziert werden. Das Blitzgerät hat mehrere Funktionen, darunter eine Stroboskopfunktion mit freier Wahl der Frequenz und der Anzahl der Blitze.
Das eingebaute AF-Hilfslicht kann für ein AF-Feld oder für jedes der fünf AF-Felder eingestellt werden.
Der motorische Filmtransport ist leiser und leistungsfähiger als beim Vorgängermodell. Mit Booster kann eine Frequenz von bis zu 6 Bilder pro Sekunde erreicht werden. Das Rückspulgeräusch wurde von 70 dB bei der EOS 1 auf 48 dB bei der EOS 1N reduziert.
Canon EOS 1N RS
Voraussichtlich im Frühjahr 1995 wird die EOS IN ein Schwestermodell zur Seite gestellt bekommen, die EOS 1 N RS, die in der Betriebsart RS bis zu 10 Bilder pro Sekunde belichten kann. Die höhere Bildfrequenz ist möglich geworden, weil der Spiegel nicht nach jeder Aufnahme hoch- und herunterklappen muß. Die EOS IN RS ist nämlich mit einem feststehenden, teildurchlässigen Spiegel ausgestattet, der außerdem die Erschütterung und die Arbeitsgeräusche während der Aufnahme reduziert. Weitere Vorteile des feststehenden Spiegels sind der permanente Durchblick (keine Dunkelphase) und die Verkürzung der Verzögerung zwischen dem Druck auf den Auslöser und der tatsächlichen Verschlußauslösung auf 6 Millisekunden. Die technischen Daten der EOS 1 N RS sind weitgehend identisch mit denen der EOS 1 N. Die Unterschiede betreffen den Austausch der Sucherscheiben, der in einer Canon-Vertragswerkstatt durchgeführt werden müssen und die Einschränkungen in der Betriebsart RS: kein Al Servo AF und keine Belichtungsreihenautomatik. Das Schärfentiefenprogramm ist ebenfalls konstruktionstechnisch auf der Strecke geblieben. Die unverbindliche Preisempfehlung für die Canon EOS 1 N RS wird mit 3998 Mark angegeben.
Die Ergonomie
Auf dem Papier beeindruckt die Canon EOS 1 N also mit hervorragenden technischen Daten, so daß wir auf den Auftritt der neuen Kamera in der Praxis gespannt waren. Im Querformat liegt die EOS IN gut in der Hand. Wer oft im Hochformat fotografiert, sollte die Anschaffung des Boosters überlegen, der mit einem speziellen Hochformatauslöser und den wichtigsten Bedienungselemente für die Hochformathaltung ausgestattet ist. Das Daumenrad, das wir vom Vorgängermodell und der EOS 100 kennen, ist zweifelsfrei eine gute Erfindung, über jeden Zweifel erhaben ist es aber nicht. Um das Daumenrad zu bedienen, muß man den rechten Daumen etwas zu sehr spreizen, was nach längerem Einsatz den Verlauf der Sehnen ins Handgelenk mitunter deutlich spüren läßt. Ein kleines Einstellrad, in der Mulde zwischen der Belichtungsspeichertaste und der Augenmuschel plaziert, wäre unter ergonomischen Gesichtspunkten wohl die bessere Lösung gewesen. Auch die Lage des Hauptschalters unterhalb der Kamerarückwand ist etwas gewöhnungsbedürftig und vielleicht doch nicht so glücklich gewählt. Die Anwahl der AF-Betriebsart und der Belichtungsmeßmethode durch Drehen des vorderen Einstellrades bei gedrückter Taste funktioniert problemlos.
Auf dieselbe Weise wird auch die Einstellung der Belichtungsprogramme vollzogen. Das funktioniert genauso problemlos, obwohl der Bedienungskomfort der Wählscheibe, wie wir sie von anderen EOS-Modellen kennen, nicht erreicht wird. Es ist vielleicht ein Trugschluß zu glauben, eine Wählscheibe würde eine Profikamera nicht gut zu Gesicht stehen. Die Sucheranzeigen sind aufgeräumt und informieren übersichtlich über die wichtigsten Aufnahmedaten.
Die Anzeige der Belichtungsmeßmethode und des aktiven Belichtungsprogramms nicht nur auf dem externen Datenmonitor, sondern auch im Sucher wären allerdings bei eine Profikamera wünschenswert.
Die Blitzbelichtungkorrektur und vor allem die Belichtungskorrektur lassen sich sehr schnell und einfach einstellen. Die Belichtungsreihenautomatik läßt sich einfacher aktivieren, wenn sie über die entsprechende Individualfunktion auf die AF- und Modetaste auf der Gehäuseoberseite gelegt wurde. An der Arbeitsauffassung des Autofokussystems gibt es nichts auszusetzen, es arbeitet schnell, präzise und sehr leise.
Die fünf AF-Sensoren können mit dem vorderen Einstellrad gezielt angewählt werden, nachdem die entsprechende Taste mit dem rechten Daumen angetippt wurde.
Über die entsprechende Individualfunktion kann die Wahl der AF-Sensoren auch auf das Daumenrad gelegt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, die Wahl der AF-Sensoren dem Kameracomputer zu überlassen. Für die manuelle Wahl der AF-Sensoren spricht außerdem die Möglichkeit, die Spotmessung (3,5 Prozent) an den jeweils aktiven Sensor zu koppeln.
Wenn man Druckpunkt am Auslöser nimmt, kann man die AF-Diode im Sucher auch als elektronische Einstellhilfe für die manuelle Scharfeinstellung benutzen. Das funktioniert in der Praxis besser als bei anderen AF-Kameras, denn der Fokussierbereich ist so ausgelegt, daß die Diode nicht andauernd flackert.
Die Canon EOS 1 N lieferte, trotz kleiner Schwächen im Detail, insgesamt eine überzeugende Vorstellung in der Fotopraxis und erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht hervorragend*****.
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