← Zurück

Artikel

Service Vergleichstest

Welche Kamera braucht den meisten Strom?

Stoppt die Stromfresser

Bereits in Heft 5/94 hat COLOR FOTO je zwei Stromverbrauchs-Zyklen aller aktuellen SLR-Kameras mit Autofokus veröffentlicht. In diesem Heft folgen nun die Meßwerte der Einzelfunktionen wie Blitzen oder Filmeinlegen.

Eine lange Batterielebensdauer steht ganz oben auf der Wunschliste für die ideale SLR-Kamera. Bei den Herstellern hat sich das indes noch nicht überall herumgesprochen. So brachte die "Stunde der Wahrheit" (COLOR FOTO 5/94) dann ja auch erhebliche Unterschiede im Konsumverhalten an den Tag: Schafft die Minolta Dynax 700si über 90 der fiktiven Testfilme mit einer Batterieladung, übersteht die Nikon F601 gerade mal 28 Filmzyklen, bevor der Griff zum - hoffentlich noch vorhandenen - Reserve-Energiespender fällig wird.
Dieses Mal geht es eher um die Millisekunde der Wahrheit: Wo bleibt der kostbare Saft aus den nicht gerade billigen Lithium- oder Alkali-Mangan-Zellen? Statt nur die aufgelaufenen Summen zu bilanzieren wird auch der momentane Verbrauch der einzelnen Kamera-Aktionen akribisch protokolliert.
Dazu erhielt das eigens dafür entwickelte Stromaufnahme-Meßgerät Rückendeckung von einem speziell zur Meßdatenerfassung ausgestatteten PC. Der kann hunderttausendmal in der Sekunde den Strom bis auf 0,02 Prozent genau messen, die Resultate mathematisch bearbeiten und grafisch darstellen. Allerdings genügt es auch, den Kameras nur 1000mal in der Sekunde auf die Finger zu schauen, ohne daß wesentliche Ereignisse unbemerkt durchrutschen. So ergibt sich eine Kurve, die den momentanen Stromverbrauch über die Zeit darstellt. Die Fläche unter dieser Kurve entspricht dann der Ziffernanzeige des Stromverbrauchsmeßgerätes.

Das Testprogramm

Belichtungsmessung: Diese Funktion bestimmt wesentlich die Ergebnisse des Filmzyklus mit. Wenn der Auslöser berührt wird, aktiviert sich in der Regel das gesamte elektronische Innenleben, und um die 100 mA je nach Betriebsart und Anzahl der gerade aktiven Lämpchen fließen aus der Batterie. Darüber, wie lange dies sinnvollerweise zu dauern hat, gehen die Meinungen weit auseinander: Die Minoltas schalten sofort ab, und deshalb läßt sich auch kein Verbrauchswert pro Messung angeben, denn er würde von der Fingerfertigkeit des Testers abhängen. Die Nikon F4 läßt die Bordelektronik dagegen stolze 16 Sekunden unter Dampf. Entsprechend ist ihr auch ein unrühmlicher Spitzenplatz sicher. 

Autofokus: Die Ergebnisse lassen einige Einblicke in die Konstruktionsprinzipien der Hersteller zu. So ist beispielsweise der Autofokus der Canon EOS-Kameras nicht nur schnell und leise, er braucht auch wenig Strom - allerdings arbeitet seine Führung nicht gerade mit dem kleinsten Spiel. Weit sich der Verbrauch des Belichtungsmessers nicht getrennt erfassen läßt, fallen die Tabellenwerte nicht wesentlich kleiner aus als bei der Konkurrenz.

Auslösen plus Filmtransport: Die recht kurze Aktion der Belichtung bei 1/125 s stellt einen komplexen Vorgang dar und ist anhand der Diagramme nicht komplett zu deuten. Das Zusammenspiel der Motoren mit der Mechanik spiegelt sich in zerklüfteten Diagrammen für die Stromaufnahme wider.

Blitz plus Auslösen und Filmtransport: Wie schon bei den Filmzyklen nivellieren sich die Unterschiede beim Blitzeinsatz: Wenn die gleiche Leistung abgegeben wird, bleibt auch der Stromverbrauch fast gleich. Ungefähr 2 Milliamperestunden muß man für die Erleuchtung opfern. Damit schlaucht ein Bild mit Blitz die Batterie so viel wie drei bis vier ohne. Doch während die reine Blitzelektronik sehr effektiv arbeitet und wenig Gelegenheit für die Konstrukteure bietet, sich zu profilieren, sind die Unterschiede in den anderen Disziplinen weitaus größer.
Eine Besonderheit ist die hohe absolute Stromaufnahme in den ersten Momenten nach dem Blitz. Hier saugt die Elektronik alles, was sie bekommen kann, aus den Batterien, während das Meßgerät nur maximal zwei Ampere liefert - deutlich weniger als eine Lithiumzelle. Diese Begrenzung beeinflußt die Meßergebnisse bei den Verbrauchswerten nicht, führt aber zu den geraden Teilstücken in den Diagrammen. Jeder Wert für diese Strombegrenzung ist willkürlich, aber für reproduzierbare Messungen unverzichtbar, denn auch die Stromlieferfähigkeit einer Batterie hängt extrem von Entladezustand und Betriebstemperatur ab.

Offener Verschluß: Auch die Tätigkeit "Verschluß offenhalten" wird mit ziemlich unterschiedlicher Anstrengung bewältigt. So kostet es die Yashica 300 nur 24 Milliampere zusätzlich zur Belichtungsmessung, während die Sigma SA-300 mit fast 300 mA zwölfmal soviel Strom fließen läßt. Entsprechend bekommt sie auch bei der Verbrauchsmessung für die Vier-Sekunden-Belichtung mit Transport den mit Abstand schlechtesten Wert.

Filmeinlegen: Das sehr kurze Einspulen des Films benötigt nur wenig Energie und kommt zudem nur selten vor, so daß Unterschiede hier in der Praxis keine große Rolle spielen.

Film-Zurückspulen: Für das Spulen des Films benötigen fast alle Kameras etwa 500 Milliampere. Wer es am schnellsten schafft, erfreut nicht nur den ungeduldigen Benutzer, sondern schont auch die Batterie.

Fazit

Canon-Autofokus mit Minoltas Eyestart-Feature, der Yashica-Verschluß und der Filmantrieb der Nikon F4 - das wäre, zumindest was das Stromsparen betrifft, das Nonplusultra. Also genug Spielraum für die Ingenieure, um ein wenig zu feilen. Wenn dann noch zukünftige Batteriesysteme größere Kapazitäten im gleichen Gehäuse liefern, wird das leidige Batterieproblem wieder in den Hintergrund treten.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}