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Test & Technik Praxisbericht
Die Nikon F90X in der Fotopraxis
Profitauglich
In den Vorhöfen der Profiklasse sind viele Kameramodelle angesiedelt, darunter auch die Nikon F90. Der neuen Nikon F90X jedoch ist der Sprung über den Zaun in die Oberklasse gelungen. Reicht es aber zu mehr?
Wenn die Nikon F90 nicht gut genug war, der kann sich vielleicht mit der neuen F90X anfreunden. War die F90, so Nikon, für "Hobbyfotografen mit professionellen Ansprüchen` gedacht, so ist die F90X laut Nikon für "professionelle Fotografen, die höchste Ansprüche an die AF-Geschwindigkeit stellen", konzipiert. Daher gilt die wesentliche Verbesserung auch dem Autofokussystem. Die AF-Signalverarbeitungszeit wurde um 50 Prozent verkürzt und der Objektivantrieb ist um 25 Prozent schneller geworden. Die Verkürzung der AF-Signalverarbeitungszeit ist vor allem auf eine neuentwickelte Software zurückzuführen. Das neue Autofokussystem ist von der Software abgesehen, identisch mit dem der F90. Das Autofokus-Sensor-Modul CAM 246 besteht aus 172 horizontalen und 74 vertikalen CCD-Elementen, die paarweise und kreuzförmig angeordnet sind. In Verbindung mit superschnellen Mikrocomputern und dem kernlosen AF-Motor der F90X ermöglicht das CAM-246-Modul schnelle und präzise Scharfeinstellung, wovon wir uns in der Praxis überzeugen konnten. Durch die kreuzförmige Anordnung der Sensoren kann die F90X sowohl auf vertikale als auch auf horizontale Strukturen fokussieren. Die Nikon F90X bietet, wie das Vorgängermodell, zwei AF-Meßfelder. Das 7-Millimeter-Breitfeld erfaßt selbst Objekte, die sich nicht unmittelbar in der Bildmitte befinden, und bewegte Objekte lassen sich leichter verfolgen. Für präzises Fokussieren auf kleine Motivdetails bietet sich das 3 Millimeter kleine Meßfeld in der Bildmitte an. Die Umschaltung der AF-Meßfelder erfolgt über eine Taste, die dem Einstellrad vorgelagert ist. Die F90X ist mit Einzel-Autofokus mit Schärfepriorität und kontinuierlichem Autofokus mit Auslösepriorität ausgestattet. In allen AF- und Filmtransport-Betriebsarten schaltet die Kamera automatisch auf dynamische Schärfenachführung , sobald sie eine Objektbewegung erkennt. Und gerade hier kommt die neue Software und der neue Antriebsmechanismus voll zum Tragen: Die dynamische Schärfenachführung funktioniert sogar bis zu einer Bildfrequenz von 4,1 Bildern pro Sekunde, was recht nahe an die maximale Frequenz mit dem eingebauten Motor reicht (4,3 Bilder pro Sekunde).
Anders als bei der F90 können bei der F90X die Verschlußzeiten in Drittelstufen angewählt werden. Auch die Programmverschiebung (das Shiften) erfolgt in Drittelstufen, wobei die Verschlußzeiten in Drittelstufen, die Blenden aber leider nur in ganzen Stufen angezeigt werden. Ob die sieben Motivprogramme bei einer Profikamera fehl am Platz sind oder nicht, mag je nach Sicht beantwortet werden.
Pro & Kontra
PRO
schneller Autofokus
AF-Kreuzsensor mit breiter Basis
gute Grundausstattung und Ausbaumöglichkeiten
drei Belichtungsmeßarten
Matrix-Blitzbelichtungsmessung
KONTRA
keine eingebaute Belichtungsreihenautomatik (nur mit der Rückwand MF-26)
keine Blitzbelichtungskorrektur am Gehäuse o recht lauter Spiegelschlag
Abblendtaste schwergängig
Einzelwertung
Programme
Die Nikon F90X verfügt über Programm-, Zeit- und Blendenautomatik, manuelle Belichtungseinstellung sowie sieben Motivprogramme (im Nikon-Jargon Vari-Programme), die für folgende Motivbereiche gedacht sind: Porträts, Porträts mit Vorblitz, Schärfentiefe, Landschaft (siehe Foto), Silhouetten, Sport und Nahaufnahmen. Ob Motivprogramme zu einer Profikamera passen, sei dahingestellt. Auf jeden Fall sind die Motivprogramme so plaziert, daß sie nicht weiter stören. Sehr sinnvoll ist die Programmverschiebung (Programmshift), die in Drittelstufen durch Drehen des Einstellrades erfolgen kann.
Sucher
Der fest eingebaute High-Eyepoint-Sucher zeigt etwa 92 Prozent des Aufnahmeformats und liefert ein helles Sucherbild. Die mitgelieferte Einstellscheibe kann vom Anwender gegen eine Vollmattscheibe mit Gitterteilung ausgetauscht werden. Die Sucheranzeigen der F90X präsentieren sich aufgeräumt und informieren über alle aufnahmerelevanten Daten. Leider wird aber die Blende nur in ganzen Stufen angezeigt und die dauerhafte Anzeige des Wertes der Belichtungskorrektur fehlt.
Filmtransport
Der eingebaute Motor schafft mit einem frischen Satz Alkali-Mangan-Batterien in der Einstellung "H" maximal 4,3 Bilder pro Sekunde. In der Einstellung "L" steht eine Bildfrequenz von 2 Bildern pro Sekunde zur Verfügung. Bei dynamischer Schärfenachführung können in beiden Einstellungen maximal 4,1 Bilder pro Sekunde belichtet werden. Natürlich besitzt die F90X auch Einzelbildschaltung.
Belichtungsmessung
Mit drei Meßmethoden - Matrixmessung, mittenbetonter Integralmessung und Spotmessung - ist die Nikon F90X für jede Belichtungssituation gut gerüstet. Beim Einsatz von Objektiven mit 3-D-Steuerung berücksichtigt die 8-Zonen-Matrixmessung auch Daten vom Autofokussystem. Hohe Motivkontraste und Gegenlicht können aber auch die Matrixmessung irreführen (Foto: Matrixmessung mit Belichtungskorrektur von +1,3 EV). Bei der mittenbetonten Integralmessung wird der 12-mm-Kreis im Sucher mit 75 Prozent bei der Belichtungsmessung gewichtet, während das Umfeld mit 25 Prozent in die Messung eingeht.
Blitztechnik
Mit den AF-Blitzgeräten SB-26 und SB-25 ist 3D-Multisensor-Blitzsteuerung und Kurzzeitsynchronisation bis zu 1/4000 Sekunde möglich. Langzeitsynchronisation, Synchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang und manuelle Blitzkorrektur am Blitzgerät sind ebenfalls möglich. Blitzbelichtungskorrekturen sowie Blitzbelichtungsreihen-Automatik am Gehäuse sind nur mit der Multifunktionsrückwand MF-26 möglich.
Manuelle Einstellungen
Manuelle Einstellmöglichkeiten sind bei Autofokus-Kameras normalerweise als Notlösung konzipiert. Bei der Nikon F90X handelt es sich jedoch um eine gute Notlösung, obgleich die Blende "nikonspezifisch" nur in ganzen Stufen manuell eingestellt werden kann. Die manuelle Scharfeinstellung funktioniert sowohl nach Sicht auf der Mattscheibe als auch mit elektronischer Fokussierhilfe gut. Die Anzeige für den manuellen Belichtungsabgleich im Sucher wirkt allerdings recht "unruhig".
Autofokus
Die neue Computereinheit samt neuer Software arbeitet doppelt so schnell wie die CPU der F90. Schneller ist auch der Objektivantrieb geworden, und zwar um 25 Prozent. Dadurch verfügt die F90X über ein sehr agiles Autofokussystem mit einer extrem kurzen Reaktionszeit, was sich in der Praxis auch tatsächlich bemerkbar macht. Der kreuzförmige AF-Sensor kann sowohl auf vertikale als auch auf horizontale Strukturen scharfstellen. Das kleine Meßfeld entspricht etwa einer Sensorgröße von 3x3 mm, das große Meßfeld einer Sensorgröße von 3x7 mm (Foto: Das große Meßfeld hat das Hauptmotiv problemlos erfaßt).
Lautstärke
Die Betriebsgeräusche der Nikon F90X vermitteln recht unterschiedliche Eindrücke: Autofokusaktivitäten, Filmtransport und Filmrückspulen verursachen einen relativ niedrigen Geräuschpegel, aber die Harmonie wird durch den Spiegelschlag nachhaltig gestört.
Stromversorgung
Die F90X wird mit vier Mignonzellen von je 1,5 Volt gespeist, die in ein Batteriemagazin eingesetzt werden, das anschließend in dem Kameragriff seinen Platz findet. Die Batterieprüfung läuft automatisch ab und die Anzeige des Batteriezustandes erfolgt in drei Stufen.
Verarbeitung/Material
Das Gehäuse ist gut verarbeitet und das Material an den gummiarmierten Teilen griffsympathisch. Plastik wirkt wie guter Kunststoff und läßt keine Zweifel an der Robustheit der Kamera aufkommen. Der Hochformatgriff MB-10 scheint aber nicht aus demselben "Holz` geschnitzt.
Ergonomie
Die Nikon F90X liegt gut in der Hand, und mit dem Hochformatgriff MB-10 sind auch Hochformataufnahmen ohne Verrenkungen zu realisieren. Allerdings würde ein Einstellrad auf der Rückseite die Arbeit mit dem MB-10 im Hochformat weiter erleichtern. Die Anordnung der Bedienungselemente und die Aktivierung der einzelnen Funktionen ist praktisch identisch mit der F90 und somit recht gut gelöst. Allerdings könnte die Abblendtaste etwas leichtgängiger sein und der Batteriewechsel am Gehäuse ohne Kleingeld erfolgen. Besser gelöst ist der Batteriewechsel beim Hochformatgriff MB-10, wo das Batteriefach per Knopfdruck herausspringt. Die Anzeige der Verschlußzeit erfolgt in Drittelstufen, die Blende jedoch wird in ganzen Stufen angezeigt, was nicht sehr praxisgerecht ist.
Grundausstattung
Die Nikon F90X ist gut und reichlich ausgestattet, man vermißt keine wesentliche Funktion. Der Zielgruppe und der Preisklasse angemessen wäre aber eine im Gehäuse eingebaute Blitzbelichtungskorrektur sowie eine (Blitz-)Belichtungsreihenautomatik. Nikon F90 Fotografen können die Vorzüge von Belichtungsreihenautomatik und Blitzbelichtungsreihenautomatik nur mit der Rückwand MF-26 genießen.
Systemausbau
Die Nikon F90X ist eingebunden in das sehr umfangreiche und absolut für professionelle Ansprüche ausgelegte Nikon-Zubehörsystem, so daß der Fotograf die Kamera für nahezu jeden Aufnahmezweck beliebig ausbauen kann. Lediglich das Angebot an auswechselbaren Einstellscheiben könnte einen etwas größeren Umfang haben, denn zusätzlich zur mitgelieferten Brite-View-Einstellscheibe steht für die Nikon F90X nur noch die Einstellscheibe E mit Gitterteilung zur Verfügung.
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