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Praxis-Test
Yashica FR I und FR II mit automatischer Zeitensteuerung
Zusätzlich zu der schon bekannten Yashica FR mit manuell einzustellendem Belichtungs-Nachführsystem brachte Yashica mit der FR I und der FR II zwei Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit automatischer Zeitensteuerung auf den Markt. Beide Kameras standen mir für den Praxis-Test zur Verfügung.
Zwillinge mit abgestufter Leistung: Abgesehen davon, daß die Yashica FR I mit schwarzem Gehäuse und die FRII mit Chromgehäuse gebaut wird, gleichen sich die beiden Modelle auf den ersten Blick wie Zwillinge. Die FR 1 ist die technisch höher entwickelte Kamera, die FR II ist das in einigen Details vereinfachte Modell. Mit dem Normalobjektiv Yashica ML 1,7/50 mm betragen die Abmessungen 145x88x94 mm (BxHxT), also geringfügig mehr als bei den in letzter Zeit sooft zitierten "kompakten" Modellen. Auch im Gewicht war wohl keine neue Rekordmarke angepeilt worden, denn mit 675 g für das FR-I-Gehäuse und 665 g für das FR-II-Gehäuse bringen diese Kameras ziemlich genauso viel auf die Waage wie beispielsweise die Olympus OM-1 zusammen mit Objektiv. Bei den Yashicas kommt jedoch für das Objektiv 1,7/50 mm nochmals 242 g hinzu, so daß das Gewicht der kompletten Kamera mit über 900 g in konventionellem Rahmen liegt.
Der positive Eindruck bestätigt sich in der Praxis
Äußerlich strahlen die beiden Modelle eine gewisse Solidität aus. Gut, es gibt Kameras, deren Memohalter für den Abriß der Filmschachtel aufwendiger gebaut ist als der hier auf die Kamerarückwand aufgesetzte einfache Rahmen, aber dieser erfüllt genauso seinen Zweck. Wenn die Yashica-Konstrukteure den Aufzugshebel für den Selbstauslöser noch mit einer leichten Friktion versehen, damit er nicht in gespanntem Zustand so locker sitzt, daß man zwangsläufig das Gefühl bekommt, man würde ihn demnächst verlieren (wird man aber bestimmt nicht!), dann wäre auch für den Augenschein alles zur Zufriedenheit getan.
Ich hatte auf Anhieb einen guten Eindruck von den beiden FR-Modellen und fühlte mich schnell mit ihnen vertraut. Alle Einstellelemente gehen zügig, rasten sauber ein, der Schnellschalthebel ist griffgünstig dimensioniert, und besonders angetan bin ich von dem großflächigen Magnetauslöser, der mit leichtem Druckpunkt auf eine Kraft von etwa 2,8 N anspricht (falls Sie mit der "neuen" Einheit Newton noch nicht vertraut sind: 2,8 N sind etwa 285 Pond). Ein Drahtauslösergewinde gibt es nicht. Dafür haben beide Yashicas einen Kontaktnippel für einen elektrischen Fernauslöser, der aufwendiger, aber zugegebenermaßen universeller als ein Drahtauslöser ist. Ein ganzes dickes Lob möchte ich für die Filmrückspuleinrichtung aussprechen. Mit sowenig Kraftaufwand wie bei der Yashica FR I habe ich noch bei keiner anderen Spiegelreflexkamera den Film zurückgekurbelt, selbst in eisiger Kälte.
Damit nun aber bei solcher Leichtgängigkeit der Filmanfang nicht versehentlich bis in die Patrone hinein gedreht wird, ist in der Aufwickelspule der FR I eine Ratsche eingebaut, deren leise schnurrendes Geräusch beim Rückspulen in dem Augenblick verstummt, wenn der Filmanfang aus der Spulenklammer rutscht und die Spule sich nicht mehr dreht. Für die FR II war dieser Aufwand wohl ein paar Yen zu teuer? Die Batteriekontrollampe, über deren grundsätzlichen Nutzen man geteilter Meinung sein kann, liegt unter dem Bildzählwerkfenster und kann zu dessen Beleuchtung verwendet werden - eine Kleinigkeit, aber erwähnenswert. Die vom Hersteller angegebene Vorlaufzeit des Selbstauslösers von 7 Sekunden wird bei der FR I genau eingehalten, bei der FR II beträgt sie 10 Sekunden.
Die Bajonett-Entriegelungstaste sitzt an beiden Modellen für Linkshänder günstiger als für Rechtshänder.
Ebenfalls ein wenig gewöhnungsbedürftig ist die nicht optimale Anordnung der an der FR I zusätzlich vorhandenen Abblendtaste.
Vermißt habe ich an der FR II einen Kabel-Synchronisationsanschluß. Wer kein Blitzgerät mit Mittenkontakt hat oder das Blitzgerät von der Kamera trennen möchte, braucht bei der FR II mithin ein Kabelanschluß-Zwischenstück für den Aufsteckschuh. Die FR I hat zusätzlich zum Mittenkontakt einen Blitznippel an der linken Kameravorderseite.
Zeitautomatik mit und ohne manuelle Einstellmöglichkeit
Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden neuen Yashica-Modellen liegt in der Verschlußsteuerung, die bei der FR I manuell und automatisch und bei der FR II nur automatisch (Ausnahme: B- und Blitzeinstellung mit etwa 1/60 Sekunde) erfolgen kann. In Automatikeinstellung ist eine gewollte Unter- und Überbelichtung um bis zu zwei Blendenstufen, auch mit beliebigen Zwischenwerten, möglich. Ich habe die Zeitautomatik beider Kameras, gegebenenfalls mit Korrektureingabe, unter den unterschiedlichsten Bedingungen - von der Nachtaufnahme über trübes Regenwetter bis zu strahlendem Sonnenschein - mit stets einwandfreiem Ergebnis bei Schwarzweiß- und Farbdiaaufnahmen benutzt.
Bei der FR II wird die von der Automatik bestimmte Verschlußzeit durch einen Zeiger auf einer Skala rechts im Sucherbild angegeben, wenn bei Schnellschalthebel in Arbeitsstellung eine geriffelte Taste rechts oben neben dem Sucherokular gedrückt wird. Soll die Anzeige dauernd arbeiten, wird die Taste nach rechts eingerastet. Sie springt von selbst zurück, wenn der Schnellschalthebel wieder an das Gehäuse in Ausgangsstellung angelegt wird.
Bei der FR I ist die Handhabung ebenso, im Sucher wird jedoch zusätzlich an der oberen Bildkante die eingestellte Blende durch einen Zeiger auf einer Skala angegeben. Im manuellen Betrieb erscheint bei diesem Modell rechts unten im Sucher ein rotes Warnsignal mit dem Buchstaben M.
Lichtempfänger ist bei beiden Modellen eine Siliziumzelle. Die Messung erfolgt mittenbetonte Der Bildinhalt in der unteren Hälfte (bezogen auf Querformat) wird ein klein wenig stärker berücksichtigt als der in der oberen, das Empfindlichkeitsmaximum liegt jedoch bei beiden von nur getesteten Kameras ziemlich genau in der Bildmitte.
Der Sucher bietet durchschnittliche Helligkeit, im Vergleich zu den neuesten Modellen einiger anderer Hersteller gehört er eher zu den weniger brillanten. Das gesamte Bild kann auch von einem Brillenträger überblickt werden. Der diagonal ausgerichtete Schnittbildindikator ist von einem Mikrorasterring umgeben. Die exakte Einstellung der Schärfe bereitet keine Mühe.
Sehr gute Schärfe in der Bildmitte: Das wichtigste Kriterium bei einer Kamera ist natürlich die Bildqualität. Von der Belichtung hatte ich schon gesagt, daß sie bei beiden Testkameras einwandfrei war. Die optische Leistung des Normalobjektivs 1,7/50 mm ist bei offener Blende durchschnittlich, auf mindestens 2,8 abgeblendet im Vergleich zu entsprechenden Objektiven anderer Hersteller in der Umgebung der Bildmitte sehr gut, am Bildrand aber wieder nur mittelprächtig. Im Kontrast ist das Leistungsgefälle nicht ganz so stark ausgeprägt, liegt aber ähnlich.
Ein Großteil des Contax-Zubehörs uneingeschränkt verwendbar
Fazit: Die beiden neuen Yashica-Spiegelreflexkameras FR I mit Zeitautomatik und manueller Belichtungseinstellung und FR II ausschließlich für automatische Zeitensteuerung gehören bei einem durchschnittlichen Preis von 700 DM bzw. 600 DM (mit dem Normalobjektiv Yashica ML 1,7/50 mm) der Mittelklasse an. Sie bieten den dort heute üblichen Komfort. Einige kleine Mängel haben gegenüber den positiv auffallenden Details kaum eine Bedeutung. Der insgesamt gute Eindruck im praktischen Umgang voll bestätigt. Mechanik und Elektronik erfüllten die in sie gesetzten Erwartungen in jeder Hinsicht. Die Bildqualität liegt außer bei voller Öffnung und am Bildrand auf einem sehr hohen Niveau. Die Anschlußmöglichkeit für einen Winder, eine Datenrückwand und die Verwendbarkeit eines großen Teils des Contax-Zubehörs bieten dem Fotografen eine beachtliche Vielseitigkeit.
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