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Trends der Wissenschaft
Canon A-1
Der Digitalrechner machts möglich!
Wie mir Torakiyo Yamanaka, heute Konstruktionschef der Canon Inc., im Laufe eines Shabu-Shabu Abendessens (ein am Tisch zubereitetes japanisches Gericht, bei dem sich jeder hauchdünn geschnittene Rindfleischscheiben in einer in der Tischmitte siedenden Grünzeugsuppe mit japanischen Pilzen, Tofu usw. selbst kocht) in Tokio erzählte, fing er vor mehr als fünf Jahren nicht nur mit der Planung der heute weltberühmten Canon AE-1 an, sondern legte auch gleichzeitig die Konstruktionsgrundlagen der neuen Canon A-1 fest. Das zeigt sich schon darin, daß die Objektivreihe FD seit Jahren mehr Kupplungselemente aufweist, als für bisherige Funktionen (selbst mit der Blendenautomatik der AE-1) erforderlich waren. In die Planung der wahlweisen Blenden- und Zeitautomatik waren daher die Objektive schon von Anfang an einbezogen. Die Canon A-1 braucht also (im Gegensatz z. B. zur Minolta XD-7) keine neue Objektivreihe für den uneingeschränkten Einsatz der Automatik-' möglichkeiten.
Bereits vor fünf Jahren: Planungsbeginn für die A-1
Abgesehen von der Mehrfachautomatik liegt aber der grundsätzliche Unterschied zwischen der AE-1 und der A-1 in der weiterentwickelten volldigitalen Steuerung der A-1. Die Automatik wird ausschließlich durch die Impulse eines eingebauten Taktgebers gesteuert. Damit steht die A-1 als erste Kamera einer neuen Generation da, bei der nicht nur eine neue Technik, sondern auch eine neue Konstruktionsphilosophie zum Einsatz kommt. In ihrer Funktionsweise und Elektronik entspricht die Automatik praktisch einem modernen Taschenrechner.
Nicht zu verwechseln ist die Digitalsteuerung mit der Digitalanzeige, nämlich der Anzeige der Einstellwerte in Leuchtziffern. Das hat die Canon A-1 auch. Eine Digitalanzeige ist aber auch in einer weitgehend analog gesteuerten Kamera möglich, wie es z. B. in der Fujica ST 901 der Fall war. Es braucht dazu überhaupt keine Belichtungsautomatik vorhanden sein - z. B. beim Sinar-Digital-Verschluß.
Die Bedeutung der Digitalsteuerung liegt in ihrer Vielseitigkeit. Der eingebaute "Taschenrechner" der Automatik läßt sich weitgehend programmieren (ähnlich wie auch forgeschrittenere Taschenrechner) und kann verschiedene Entscheidungen selbst treffen - ein logisch denkendes System für fotografische Zwecke!
Auf die Begriffe der Digital- und Analogsteuerung komme ich noch zurück. Der Zweck der Digitalsteuerung in der A-1 ist die Mehrfachautomatik mit Digitalanzeige. Zum Verständnis der Steuerung müssen wir aber wissen, was die Automatik bietet und die Anzeige anzeigt.
Die fünffache Automatik: Die Digitalsteuerung ermöglicht in der A-1 eine fünffache Automatik: 1. Zeitautomatik mit Blendenvorwahl und Offenblendenmessung;
2. Blendenvorwahl mit Zeitautomatik und Offenblendenmessung;
3. Programmautomatik mit Offenblendenmessung;
4. Zeitautomatik mit Blendenvorwahl und Arbeitsblendenmessung;
5. Blitzautomatik mit entsprechenden Blitzgeräten sowie
6. Manuellbetrieb der Kamera.
Die Einstellung der Betriebsart erfolgt über einen Wählschalter im Kameraoberteil. Dreht man diesen, den Auslöseknopf umgebenden Schalter, auf Stellung "Av" (= aperture value, also einzustellender Blendenwert), so erscheint im Fenster daneben eine Blendenskala und die Kamera funktioniert mit Blendenvorwahl und Zeitautomatik. Nach Einstellung der Blende (und natürlich der Filmempfindlichkeit) wählt die Automatik in bekannter Weise die der Beleuchtungsstärke entsprechende Belichtungszeit. In Schalterstellung "Tv" (= time value, also einzustellender Zeitenwert) erscheint im Fenster anstelle der Blendenskala eine Verschlußzeitenskala; entsprechend der eingestellten Belichtungszeit wählt die Automatik - ähnlich wie an der Canon AE-1 - die erforderliche Blende. Dreht man -ebenfalls in Schalterstellung "TV" - die Verschlußzeit auf "P" nach der 1/1000 sek., so setzt die Programmautomatik ein: Die Digitalsteuerung wählt nun selbsttätig sowohl eine Zeit als auch eine Blende in einem Bereich zwischen 1/8 sek. bei Blende 1,4 (bzw. bei der größten Blendenöffnung) und 1/1000 sek. bei Blende 16 bzw. der kleinsten Öffnung. In diesem Bereich steigt die Programmkurve geradlinig in einem Winkel von 45xGRADx an: Bei jeder Veränderung der Beleuchtungsstärke ändert sich die Blende gleichzeitig mit der Zeit. Beim Erreichen der größten Blende läuft die Kurve in ihrem untersten Punkt waagrecht weiter: Es verlängert sich hier nur die Belichtungszeit bis zu einem Maximalwert von 8 sek. (dieser Bereich gilt bei Filmempfindlichkeit 100 ASA bzw. 21 DIN; bei anderen Empfindlichkeitseinstellungen verschieben sich die untersten und obersten Grenzen). Damit umfaßt die Programmautomatik einen Meßbereich von EV -2 bis + 1 8 oder ca. 0,03 bis 33.000 cd/m2.
Bei diesen ersten drei Betriebsarten erfolgt die Messung bei Offenblende. Zeitautomatik wählt man bekanntlich, wenn aus Schärfentiefengründen eine bestimmte Blende einzuhalten ist; Blendenautomatik, wenn zur Ausschaltung von Bewegungsunschärfen eine entsprechend kurze Verschlußzeit erforderlich ist. Bei der Programmautomatik braucht man sich über keine Vorwahl den Kopf zu zerbrechen; sie ist bei nicht extremen Lichtverhältnissen die einfachste und narrensicherste Automatik. Bei der vierten Betriebsart stellt man wie für Zeitenautomatik mit Blendenvorwahl ein, schaltet aber das Objektiv (über den Abblende- und Schärfetiefenkontrollschieber vorn an der Kamera) auf Arbeitsblende. Das setzt den Blendensimulator der Kamera außer Kraft und ist für Einsatzgebiete bestimmt, wo man eben nur bei Arbeitsblende messen kann - z. B. in der Mikro- und der Makrofotografie, oder mit Objektiven der älteren FL-Reihe von Canon.
Canon A-1 mit Automatik für problemloses Blitzen
Die Blitzautomatik setzt beim Einschieben eines der Blitzgeräte Speedlite 155A (schon von der AE-1 her bekannt) oder 199A ein. Sobald das Blitzgerät aufnahmefertig aufgeladen ist, stellt es die Verschlußzeit der Kamera auf 1/60 sek. und wählt je nach der Leistungseinstellung am Gerät automatisch einen Blendenwert. Die Belichtungssteuerung erfolgt dann über die übliche Lichtdosierung. Das Speedlite 199A ist eine Weiterentwicklung des 155A mit Leitzahl (bei Manuellbetrieb) 30 (100 ASA bzw. 21 DIN), drei Leistungsstufen bei Automatikbetrieb, einer Kontrollampe, die bei erfolgter richtiger Belichtung (innerhalb des Automatikbereiches) aufleuchtet und schwenkbarem Reflektor für "bounce flash", also indirektes Blitzen. Die Sensorzelle bleibt dabei auf das Aufnahmemotiv gerichtet. Ein Sondermerkmal ist die mögliche Verwendung längerer Verschlußzeiten. Dazu befindet sich auf dem Blitzgerät ein Umschalter: bei Stellung "MANU 1/60-30 S." läßt sich dann die Verschlußzeit manuell wählen, wenn z. B. auch vorhandenes Licht (etwa bei Innenaufnahmen) bei der Ausleuchtung mitwirken soll.
Ein Vorteil dieser Blitzautomatik ist, daß sie sich nur bei voll aufgeladenem Blitzgerät einschaltet. Nach einer Blitzaufnahme schaltet die Kamera von selbst auf die vorherige Automatikarbeitsweise zurück, bis der Blitz wieder aufnahmefertig ist. Die Kupplung erfolgt elektrisch über den zweiten Kontakt der Zubehörklemme (wie an der AE-1); bei Nichtgebrauch kann das abgeschaltete Blitzgerät ruhig an der Kamera bleiben, ohne die Funktion zu stören.
Letztlich sind bei Manuellbetrieb (Wählschalter auf "Tv", Blendenring am Objektiv von "A" weggedreht) Zeit und Blende unabhängig voneinander einstellbar.
Die Digitalanzeige im Sucher: Eine der bedeutendsten Neuerungen für den Benutzer sind die unterhalb des Sucherbildes erscheinenden Leuchtziffern: Eine Zahlenanzeige aus Leuchtdioden. Dazu kommt noch ein Dezimalpunkt für Blendenwerte und eine Buchstabenanzeige M für Manuellbetrieb. Die Leuchtziffern sind im wahrsten Sinne des Wortes digital. Leuchtdioden als Zahlenanzeige gab es schon vor ca. 3 Jahren in der Fujica ST 901, hatte aber damals noch einige konzeptmäßige und praktische Nachteile. Wie zu erwarten war, löste Fujis damalige Konstruktion in der Industrie und unter Gebrauchern lebhafte Diskussionen aus, die sich sowohl mit den Möglichkeiten als auch mit der Existenzberechtigung dieser Art der Sucheranzeige befaßten.
Praxisnachteile sind der hohe Stromverbrauch der Leuchtdiode (daher raschere Batterieerschöpfung) und die eventuelle Verwirrung des Fotografen, wenn Leuchtziffern im Sucher rasch und dauern als echte Anzeige der Lichtverhältnisse wechseln. Fuji löste das seinerzeit teilweise durch eine Beschränkung der Leuchtanzeige mit großen, aber nicht normgemäßen Zeitintervallen (z. B. mit 1/100 sek.) und verzichtete auf eine Blendenanzeige mit Leuchtziffern. Das System der ST 901 fand so wenig Anklang, daß Fuji in der neuen AZ-1 zu einer "analogartigen" Leuchtdiodenanzeige zurückkehrte.
Weiterentwickelte Digital-Anzeige im Sucher der neuen A-1
Canon entwickelte dagegen den Gedanken der Digitalanzeige in der A-1 logisch weiter. Die Zahlenanzeige umfaßt hier sowohl Zeit- als auch Blendenwerte und zwar jeweils in ganzen und halben Werten. Z. B. verlaufen die Zeitenwerte von 1000 (1/1000 sek.) über 750, 500, 350, 250, 180 usw. bis volle 30 sek. (Sekundenstriche unterscheiden die vollen Sekunden von Bruchteilen: z. B. 1"5 = 1 1/2 sek., 20" = 20 sek. usw.). Blendenwerte gehen von 1,2 über 1,4,1,8, 2,0, 2,5 usw. bis 27 und 32. Bei Automatikbetrieb erfolgt jede 112 sek. eine Abfrage der Belichtungsverhältnisse, wobei die Anzeige bei Bedarf jeweils nachgestellt wird. Der Zahlenwechsel ist dadurch kaum störend und man sieht stets volle Normwerte oder Halbstufen-Zwischenwerte. Die Belichtungsmessung und Steuerung erfolgen aber praktisch stufenlos; es kann also z. B. eine Belichtung von z. B. 1/202 sek. bei Blende 8,4 geben. In der Anzeige erscheint das aber auf den nächsten Voll- oder Zwischenwert abgerundet - also 1/180 sek. und Blende 8,0. Ferner paßt sich die Helligkeit der Leuchtziffern an die Lichtverhältnisse an, so daß die Zahlen auch unter einem sehr hellen Sucherbild deutlich sichtbar sind, aber bei einem dunklen Bild nicht blenden.
Praktisch hängt die Steuerung vom Belichtungswert (EV) der eingestellten Zeit- und Blendenkombination ab: ist die EV höher als 15, so leuchten die Ziffern mit voller Intensität; zwischen EV 11 und 15 werden Sie um 1/4 dunkler, zwischen EV 5 und 11 leuchten sie mit halber Intensität und unter EV 5 mit Viertelhelligkeit.
Die Betriebsart kann im Sucher abgelesen werden
Aus der Zahlenanzeige läßt sich auch die Betriebsart ableiten: Bei Zeitautomatik (Blendenvorwahl) wechselt nur die Zeitanzeige und bei Blendenautomatik nur die Blendenanzeige. Mit Programmautomatik wechseln beide bei wechselnden Lichtverhältnissen. Unter- und Überbelichtung wird durch Blinken der entsprechenden Zahlen angezeigt: Bei Einstellung auf Zeitautomatik blinkt die 1000 (Überbelichtung) oder die 30 (Unterbelichtung), bei Blendenautomatik die kleinste oder größte Blendenzahl des angesetzten Objektivs; bei Programmautomatik blinkt die Blende und die Zeit (kleinste Blende und kürzeste Zeit oder größte Blende und längste Zeit des Programms). Setzt die Blitzautomatik (angesetztes und aufgeladenes Blitzgerät) ein, so erscheint am rechten Ende der Zeitanzeige der Buchstabe F. Die Zeit ist dabei, wie schon erwähnt, 1/60 sek. oder bei Langzeiteinstellung am Blitzgerät Speedlite 199A die manuell gewählte längere Verschlußzeit. Nach der Blitzaufnahme verschwindet die Anzeige F, bis das Gerät wieder aufnahmefertig aufgeladen ist.
Weitere Digitalanzeigen: Die Einstellung für Zeitaufnahmen erscheint als BULB oder (bei gleichzeitigem Anschluß des Blitzgeräts) als BUF. Bei Manuellbetrieb erscheint rechts neben der Blendenanzeige der Buchstabe M. Letztlich gibt es in bestimmten Fällen einer falschen Handhabung das Fehlersignal EEEEEE (= Error), das bis zur Richtigstellung des Handhabungsfehlers auch die Auslösung und den Filmtransport sperrt. Die Auslösung sperrt auch, wenn die Batteriespannung nicht mehr für die ordnungsgemäße Funktion ausreicht. Die ganze Digitalanzeige wird im Sucher erst nach dem teilweisen Eindrücken des Auslöseknopfes sichtbar, läßt sich außerdem auch durch einen weiteren Knopf in der Kameraseite einschalten und durch einen Schalter an der Kameraoberseite ganz ausschalten.
Analogsteuerung und -anzeige: Unter einer Analogie versteht man normalerweise die art- oder gesetzmäßige Ähnlichkeit zweier Vorgänge oder Erscheinungen. Bei der fotografischen Belichtungssteuerung besteht die Analogie zwischen Beleuchtungsdichte und Stromstärke, zwischen Lichtmenge und Strommenge. Der Belichtungsmesser setzt Leuchtdioden in Stromstärken um und die Analogsteuerung mißt und vergleicht diese stufenlos variablen Ströme, um sie zur Regelung z. B. der Blendenöffnung oder der Belichtungszeit einzusetzen. Bei der einfachsten Analogsteuerung - bevor man sich noch über diese Begriffe den Kopf zerbrach - floß der vom Belichtungsmesser erzeugte Strom durch einen Elektromagneten, der die Blendenlamellen mehr oder weniger öffnete. Mehr Licht = mehr Strom = kleinere Blendenöffnung. Oder der Strom aktivierte eine Kondensatorenschaltung langsamer oder schneller und steuerte so elektrisch die Offenzeit eines Verschlusses. Weitere für die Belichtung maßgebende Kenngrößen, z. B. Filmempfindlichkeitseinstellung oder Blendensimulator, modifizieren ihrerseits die Stromstärke über (in die entsprechenden Einstellungen) eingebaute Regelwiderstände. Als analog bezeichnet man das System, weil die verschiedenen Steuerwerte größenmäßig mehr oder weniger direkt den eingegebenen Licht-, Empfindlichkeitswerten usw. entsprechen. Änderungen gehen in ähnlich analoger Form und prinzipiell stufenlos variabel durch das System. (In der Praxis können allerdings Einstellungen auch stufenweise erfolgen.) Ferner geschieht das immer in Echtzeit, also gleichzeitig mit der Änderung.
Das Prinzip der Analogsteuerung in bezug zur Fototechnik
Eine analoge Anzeige besteht in der in Kameras üblichsten Form aus einem Meßzeiger, dessen Ausschlag auf einer Skala (Blenden- oder Verschlußzeitenwerte) den Meß- oder Steuerwert anzeigt. Größerer Ausschlag = mehr Licht, größere Blendenzahl usw.
"Analogähnlich" ist die Anzeige, wenn eine Reihe von Leuchtdioden je nach dem gemessenen bzw. eingestellten Wert neben z. B. einer Verschlußzeitenskala aufleuchten. (Für den Elektriker ist das schon streng genommen eine Digitalanzeige, denn Leuchtdioden werden lediglich ein- oder ausgeschaltet. Da aber für die Anzeige die Position der aufleuchtenden Diode maßgebend ist, soll sie für unsere Zwecke "analog mit einem Meßzeiger" als Analoganzeige gelten).
Eine Digitalsteuerung zählt: Digital heißt zahlenmäßig. Eine Digitalsteuerung arbeitet mit Zahlenwerten, die -wie z. B. in einem Taschenrechner - gezählt, addiert und subtrahiert werden. Das Ergebnis der Rechnung ist ebenfalls ein Zahlenwert, der dann entsprechende Einstellungen, z. B. die Verschlußzeit, steuert.
Die Blende ist hier die übliche Blendenzahl, die Zeit die Verschlußzeit in sek., die Filmempfindlichkeit der durch eine Konstante geteilte ASA-Wert und die Leuchtdichte ein als cd/M2 gemessener Wert. Durch Umwandlung zum Logarithmus zur Basis 2 ergeben sich einfache Zahlenwerte. Aus der obigen Gleichung läßt sich daher die erforderliche Blende oder Zeit ableiten, wenn eine dieser Werte, sowie die Filmempfindlichkeit und die Leuchtdichte bekannt sind. Die letztere mißt der Belichtungsmesser, an dem auch die Filmempfindlichkeit eingestellt wird.
Dieser auf den ersten Blick einfache Vorgang wird dadurch komplettiert, daß für obige Addition die verschiedenen Kenngrößen vorerst in log2-Werte umzuwandeln sind. Das erfordert eine Verschlüsselung, bei der aus den analogen Größen Zahlenwerte, also Digitalwerte werden. Diese Verschlüsselung erfolgt in einem in die Digitalsteuerung eingebauten Analog/Digital-Wandler (AD-Wandler). Zur Steuerung der endgültigen Einstellung an der Kamera setzt man eventuell das zahlenmäßige Rechenergebnis in einem Digital/Analog-Wandler (DA-Wandler) in einen Analogwert (Stromstärke) um. Eine Belichtungszeit läßt sich aber auch direkt digital steuern.
Digitalsteuerung in Theorie - und komplizierter Praxis...
Zweitens ist in einem Taschenrechner selbst eine einfache Addition ein verhältnismäßig komplizierter Vorgang. Denn in einem Rechner fließt Strom durch eine Riesenzahl von elektronischen Schaltern. Ein Schließen oder Öffnen der Schalter leitet den Strom durch verschiedene andere Schalter um, die ihrerseits weitere Schalter öffnen oder schließen usw. Die Schalter bilden ein Logiksystem mit sogenannten Toren, die verschiedene Wenn/Dann-Bedingungen erfüllen. Der Zustand der Tore bzw. Torgruppen läßt sich kontrollieren; der Rechner kann also je nach den vorhandenen Verhältnissen eine Entscheidung über den weiteren Verlauf einer Rechnung treffen. Welche Entscheidung wann getroffen wird, hängt vom im Rechner verdrahteten Programm ab. Wichtig ist auch, daß die Schalter und Tore nur offen oder geschlossen sein können: es fließt Strom oder es fließt keiner; Zwischenstellungen (halb offen) gibt es hier nicht. Mathematisch entspricht das einem Binärsystem mit nur zwei Ziffern: 0 (kein Strom) und 1 (Strom). Größenwerte werden im AD-Wandler daher meist binär verschlüsselt: Aus höheren Werten wird eine entsprechende lange Folge von Nullen und Einsern.
Grundsätzliches zur Funktion der Digitalsteuerung
Drittens ist der Rechenvorgang zeitbedingt. Der Rechner erzeugt einen sogenannten Maschinentakt (mehrere Tausende oder auch Millionen von Impulsen in jeder Sekunde), dessen Impulse gezählt werden. Dieses Zählen besorgt das Addieren der verschiedenen Werte, speichert Zahlenwerte in verschiedenen Speichern (Schaltungsabschnitte, dessen Schaltzustände bzw. Tore beliebig lang bestehen bleiben) und steuert den folgemäßigen Ablauf der Rechnung bzw. des Programms. Werte werden auch durch Zählungen verglichen. Der Vorgang braucht etwas Zeit, geht aber normalerweise schnell genug vor sich, um in einer Kamerasteuerung als Echtzeit zu gelten. Ferner ermöglicht die Taktzählung eine verhältnismäßig einfache und sehr genaue Steuerung einer Belichtungszeit: Nach dem Öffnen des Verschlusses zählt der Rechner, bis die in einem Speicher (erforderliche Verschlußzeit) enthaltene Impulsanzahl erreicht ist und schließt dann den Verschluß. Liefert der Taktgenerator z. B. 32768 Pulse/sek., so entspricht 1/1000 sek. ca. 33 Impulsen mit einer Toleranz in der Elektronik von etwa 1-2 Impulsen, also ca. 5%. (Die mechanische Toleranz des Verschlusses ist meistens sehr viel größer.) Zur Digitalanzeige wird der entsprechende Wert wieder dezimal umkodiert an die eine Zahlenreihe bildende Leuchtdiode angelegt.
Werdegang der integrierten Schaltung: Belichtungssteuerungen in Kameras funktionierten bis vor sehr wenigen Jahren ausschließlich analog.
Die Schaltungselemente - Kondensatoren, Widerstände usw. - wurden anfänglich manuell verdrehtet und später auf gedruckten Schaltungen in die Kamera eingebaut. Auf die gedruckte Schaltung folgte die integrierte und dann die IIL- (integrated injection logic)-Schaltung, die sich in der Rechnertechnik zur Miniaturisierung von Taschenrechnern und auch für große Datenverarbeitungsanlagen durchsetzte. Durch den Großeinsatz in verschiedenen Steuersystemen und Automatiken in der Industrie und auch in Haushaltsgeräten wurden diese zu Prozeßrechnern ausgebildeten Schaltungen bedeutend preisgünstiger, so daß ein Einsatz auch in der automatischen Kamera infrage kam.
Der Prozeßrechner, auch als Mikrocomputer oder CPU (central processing unit) bekannt, funktioniert aber digitale In, mit einem Prozeßrechner versehenen Kameras, wurden daher anfänglich Eingabewerte digital umgewandelt und Rechenergebnisse wieder analog zur Steuerung eingesetzt. Daneben gibt es auch integrierte Schaltungen, die zum Großteil analoge Daten verarbeiten. Andererseits bringt die Canon A-1 erstmalig eine volldigitale Steuerung, die selbst der Canon AE-1 schon wieder um eine Generation voraus ist.
Analogschaltungen haben neben dem vorläufig noch günstigeren Preis den Vorteil der einfachen Verarbeitung der analogen Information beider Belichtungssteuerung. Dagegen ist die verarbeitbare Datenmenge ziemlich beschränkt: Sobald es um mehr als Zeit, Blende, Filmempfindlichkeit und Leuchtdichte geht, wird die erforderliche Schaltung komplizierter. Sie beansprucht dann in der Kamera mehr Platz mit zusätzlichen Kondensatoren, Widerständen usw., die sich nicht in den jetzt schon winzigen quadratmillimetergroßen "Chips" der integrierten Schaltung einbauen lassen. Ein Programm -wenn also weitere Daten (z. B. Blitzbereitschaft, Motorantrieb mit Filmschaltung nach jeder Aufnahme usw.) zu verarbeiten sind - läßt sich da nur mehr mit einer Digitalschaltung handhaben. Die Hin- und Herwandlung der Daten zwischen Analog und Digital ist aber zeit- und kapazitätsraubend. Logisch ist daher, Eingabedaten zuerst analog zu verarbeiten, dann digital umzuwandeln und im Prozeßrechner weiter zu verarbeiten und das Rechenergebnis mit oder ohne Rückwandlung zur Steuerung der entsprechenden Belichtungsfunktion einzusetzen.
Bis zum Erscheinen der Canon A-1 waren diese Hybridsysteme der neueste Stand der Technik in der Kameraautomatik, z. B. in der Canon AE-1, Fujica AZ-1, Minolta XD-7 usw. Die analog eingegebenen Daten und deren analoge Vorverarbeitung unterliegen allerdings sogenannten Störgeräuschen. Unter diesem, der Audioelektronik entlehnten Begriff, versteht man die nicht von der zu messenden Größe (z. B. Zeiteinstellung usw.) herrührenden Nebenfaktoren (darunter Dunkelströme), die zu einer Fehlerbelastung des Meßergebnisses führen. Je mehr analoge Eingabedaten vorhanden sind, desto größer wird der additive Meßfehler und daher auch am Ende der Einstellfehler.
Analoge und digitale Funktionen der Canon A-1
Die Weiterentwicklung der Canon A-1 besteht darin, daß nur noch die Lichtmessung analog erfolgt, aber alle anderen Daten digital eingegeben und verarbeitet werden. Das erfordert bedeutend kompliziertere hochintegrierte Logikschaltungen. Nach Canons Angaben sind die Schaltungen der A-1 drei- bis vierfach höher integriert als in der AE-1. Das Ergebnis ist eine Datenverarbeitungsanlage in einer sogenannten monolithischen Schaltung, die heute in einer Fläche von einigen Quadratmillimetern eine Kapazität von etwa 300 früher integrierten Schaltungen aufweist. Vor zehn Jahren besetzte eine Datenverarbeitungsanlage ähnlicher Kapazität noch einen mittelgroßen Schrank, vor 25 Jahren einen großen Saal.
Die Analoganzeige entspricht besser unserem Empfinden: Sie ist eine zweidimensionale Anzeige, die nicht nur Zahlenwerte bringt, sondern Abstände zwischen Werten veranschaulicht. Auf einer Blendenskala mit darüber ausschlagendem Zeiger sieht man auf einen Blick, wie viele Blendenstufen man von einem gewünschten oder Sollwert entfernt ist. Gleiches gilt für die Verschlußzeitenskala: Man sieht sofort, um wie viele Blendenstufen man z. B. eine Zeitänderung von 1/30 auf 1/250 sek. nachkorrigieren muß. Bei einer reinen Zahlenangabe muß man dazu Kopfrechnen oder einen Taschenrechner zu Hilfe nehmen. Aus dem gleichen Grund sind mir Digitaluhren nicht sehr sympathisch: Auf meiner heute als analog angebenden Zeigeruhr weiß ich beim Daraufsehen gleich, in wieviel Minuten der Zug um 8 Uhr 52 abfährt - auf der Digitaluhr muß ich es ausrechnen. Dieser visuelle Eindruck ist allen Ernstes nicht zu unterschätzen.
In einer reinen Digitalsteuerung läßt sich ähnliches nur mit der schon beschriebenen "analogähnlichen" Leuchtdiodenreihe erreichen. Ein entscheidender Vorteil der Digitalanzeige ist aber ihre Vielseitigkeit. Ein Zeigerausschlag auf einer Skala bringt ausschließlich eine Angabe. Sind mehrere Angaben anzuzeigen, braucht man meistens mehrere Zeiger und mehrere Skalen, denn eine Umschaltung auf eine andere Ausgangsleistung ist in einem Analogsystem umständlich und erfordert mindestens mechanische Schaltelemente. Eine Digitalanzeige kann dagegen zu beliebigen Zeiten mit denselben Leuchtdioden unterschiedliche Informationen vermitteln.
Ein Vergleich der uns allen geläufig ist...
Nochmals die Armbanduhr: Soll sie mehrere Zeitzonen zeigen, als Stopuhr funktionieren usw., so braucht man weitere Zeiger und evtl. auch zusätzliche Zifferblätter. In der Digitaluhr dagegen dienen die gleichen Leuchtdioden zur Anzeige aller dieser Angaben und noch dazu des Datums. In der Canon A-1 wird die letzte Leuchtziffer der Zeitanzeige zum Buchstaben F, wenn ein Blitzgerät aufnahmebereit angeschlossen ist. Jede einzelne Leuchtdiode kann, durch die Taktsteuerung des Digitalsystems bedingt, vielerlei Information vermitteln. Diese seien hier anhand einiger Punkte umrissen:
1. Sie leuchtet.
2. Sie leuchtet nicht.
3. Sie blinkt langsam.
4. Sie blinkt schnell.
In der Canon A-1 dienen die Blinkanzeigen als Über- und Unterbelichtungssignal. Am Selbstauslöser und beim Batterietest zeigt die Blinkgeschwindigkeit die noch vorhandenen Sekunden bis zur Auslösung bzw. die verbleibende Batteriereserve. Für die vielfachen Anzeigen einer vielseitigen Digitalsteuerung werden wir daher in Zukunft kaum auf eine Digitalanzeige mit Leuchtdioden bzw. -ziffern verzichten können.
Digitalsteuerung und ökonomische Aspekte des Systems
Wann wird die Digitalsteuerung wirtschaftlich? Die Wirtschaftlich einer Steuerung hängt einerseits von ihren Entwicklungskosten und andererseits von der herzustellenden Stückzahl ab. Die Entwicklung einer Hybridschaltung kostet gegenwärtig in Japan rund 2 Millionen Yen (ca. DM 18.000), einer hochintegrierten Logikschaltung dagegen bis 100 Millionen Yen (etwa 900.000 DM). Eine Digitalsteuerung erfordert eine hochintegrierte monolithische Schaltung; eine Analogsteuerung kann es auch mit der billigeren Hybridschaltung schaffen. Der Einsatz einer monolithischen Schaltung - und daher einer Digitalsteuerung - wird also erst bei viel höheren Stückzahlen wirtschaftlich, in der Praxis um etwa eine Million Schaltungen. Nach den Angaben von Canon soll die Firma bis jetzt schon 1,5 Millionen Stück des Kameramodells AE-1 gefertigt haben; die gegenwärtige Produktion liegt um monatlich 70.000 Stück. Für die A-1 ist vorläufig eine Monatsproduktion von 15.000 Stück vorgesehen.
Rationeller wird die Sache noch bei einem vielseitigeren Einsatz einer Schaltung. Die Hybridschaltung einer Analogsteuerung muß man eigens für die Verwendung der Steuerung ausarbeiten. Jedes Kameramodell erfordert eine eigene Schaltung. Die monolithische Schaltung einer Digitallogik kann aber für viele Anwendungen die gleiche bleiben; Es ist lediglich ein anderes Programm erforderlich. Canon fertigt neben Kameras auch Taschen- und Großrechner, in denen von Texas Instruments hergestellte monolithische Schaltungen zum Einsatz kommen. Das treibt die Stückzahl der Schaltungen hoch und die Einzelkosten herunter. Für die Firma Canon, die von Anfang an für die AE-1 auch monolithische Schaltungen verwendete, ist daher die Verwendung einer Digitalsteuerung schon jetzt rationeller. Andere Hersteller, die schon in Hybridschaltungen investiert haben, können und wollen diese vorläufig noch weiterverwenden, denn für die Ansprüche einer einfacheren Belichtungsautomaik reicht eine Analogsteuerung mit Hybridschaltung voll aus.
Früher oder später (wahrscheinlich früher) müssen sich andere Hersteller aber doch mit der Konkurrenz Canons mehrfacher Automatik auseinandersetzen und ähnlich vielseitige Kameras herausbringen. Die größeren Kamerahersteller nehmen daher schon Fühlung mit führenden Elektronikfirmen für die Fertigung der monolithischen Schaltungs-Chips auf. Ähnliche Abkommen wie zwischen Canon und Texas Instruments sollen nach dem, was sich in der japanischen Industrie herumspricht, auch zwischen Minolta und Sharp, zwischen Olympus und Mitsubishi sowie zwischen Fuji und Hitachi in Vorbereitung sein. Partner werden sich wohl auch für National Panasonic und für Toshiba finden. Die Kameraindustrie wird sich daher bald gründlich der Elektronikindustrie verschrieben haben, was auch für zukünftige Finanz- und Teilnahmeverhältnisse von einiger Bedeutung sein kann.
Auch bei der Canon A-1: Ohne etwas Fachwissen geht's nicht'
Die denkende Kamera? Mit ihren fünf Automatik-Betriebsarten wird die Canon A-1 für den Benützer allerdings etwas kompliziert. Man hat den Eindruck, daß man für diese Kamera fast einen Führerschein braucht. Jedenfalls muß der Fotograf bei der Wahl der Betriebsart Entscheidungen treffen, die etwas Fachwissen voraussetzen. Das gilt natürlich auch für andere fortschrittliche Kameras; die Automatik soll den Fotografen aber technisch doch entlasten. Lediglich für die Betriebsart Programmautomatik kann der Fotograf die Wahl der optimalen Blenden/Zeitkombination der Kamera überlassen. Der Kameratyp der A-1 ist daher nicht eine Endstufe, sondern der Ausgangspunkt einer neuen Einstellung zur Automatik. Denn zukünftige Automatikkameras werden dem Benützer auch die Entscheidungen der Automatikwahl abnehmen müssen, also zum praktisch "denkenden" Gerät werden. Der Begriff der "denkenden" Kamera ist in der Publizität schon reichlich abgedroschen, und so werden also auch wir uns neue Slogans und Schlagworte "ausdenken" müssen.
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