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Normtest

Schnell, kompakt und automatisch

Die neue Nikon FE

Sie ist keine reine Profikamera und keine reine Amateurkamera. Sie ist ganz einfach die automatische Nikon für alle Anwender. Äußerlich in ihren Abmessungen mit der kompakten FM identisch, im Innenleben aber weitgehend der Nikkormat EL bzw. der Nikon EL2 gleich. Die Nikon FE fügt sich in das System völlig ein. Der Motor MD-11 ist ansetzbar und damit wird klar, daß die Kamera für harten Dauerbetrieb gebaut wurde. Die Nikon FE löst das Modell Nikon EL2 ab, das nicht mehr gefertigt wird. Damit hat man jetzt eine konventionelle und eine automatische Kompaktkamera im Programm.
Da die Nikon FM bereits mit Leuchtdioden zur Anzeige der richtigen Belichtungszeit ausgestattet ist, nahm man in Fachkreisen an, die neue FE würde ebenfalls über eine Reihe von LED's zur Belichtungszeitanzeige verfügen. Statt dessen ist sie mit dem altbekannten Zeigersystem der Nikkormat EL aus dem Jahr 1972 ausgerüstet. Es sind zur Zeit heftige Debatten pro und contra Leuchtdioden im Gange. Tatsache ist jedenfalls, daß eine Leuchtdiodenanzeige bedeutend mehr Strom verbraucht und die beiden Knopfzellen arg strapazieren würde. Auch das Prinzip der Zeigernachführung bei ausgeschalteter Automatik ist mit der FE recht einfach.
Drei Dinge sind es - abgesehen von der Verschlußzeitenautomatik - die die FE vom Schwestermodell FM unterscheiden:

1. Die Sucherscheiben sind auswechselbar, es stehen zur Zeit drei verschiedene Typen zur Auswahl (K, B und E). In der Grundausstattung enthalten ist die Scheibe K, ein Schnittbildentfernungsmesser, der von einem Mikroprismenring und einer feinen Mattscheibe umgeben ist. 2
. Die Kamera verfügt über einen "Memory Lock". Wird der Selbstauslöser in Richtung Objektiv gedrückt, wird der angemessene Wert gespeichert und bleibt so lange wirksam, wie der Hebel gedrückt wird. 
3. Vereinfachte Blitzaufnahmen mit dem speziell zu dieser Kamera lieferbaren Blitzgerät SB-10. Ist das Blitzgerät aufgesteckt und arbeitsbereit, stellt sich bei Automatikbetrieb selbsttätig die 1/90 Sekunde ein, gleichzeitig leuchtet im Sucherokular eine rote Leuchtdiode auf. Ist die Kamera auf Manuellbetrieb umgeschaltet, gibt die Leuchtdiode bei Verschlußzeiten von 1/125 Sekunde oder länger Dauerlicht, bei einer falschen Synchronzeit von 1/250 oder kürzer blinkt die Diode als Warnzeichen. Leider ist der zusätzliche Kontakt im Aufsteckschuh nicht genormt, die Verwendung eines fremden Blitzgerätes (z. B. Minolta Auto 200 X) mit dem gleichen zusätzlichen Kontakt bringt nicht den gewünschten Erfolg. Es ist sehr schade, daß die Hersteller sich hier nicht auf eine einheitliche Kontaktbelegung einigen konnten, zumal es eine ganze Reihe von Kameras gibt, die mit zusätzlichen Steuerungen ausgerüstet sind (Minolta XD-7, Canon AE-1 /A-1, Olympus OM etc.). Da gibt es eine DIN- und sogar eine ISO-Norm für den Sucherschuh, aber keinerlei Einigung über die Belegung der Nebenkontakte!

Objektive: An der Nikon FE läßt sich die gesamte Objektivpalette verwenden, ausgenommen sind lediglich die beiden Fisheye-Objektive 6 mm und 8 mm, denn die Kamera verfügt nicht über einen arretierbaren Spiegel für diese beiden Exoten. Im breiten Angebot sind auch einige Objektive enthalten, die nicht über eine Springblende bzw. Blendenkupplung verfügen. In diesen Fällen (und auch bei der Verwendung von einfachen Balgengeräten oder Zwischenringen) ist eine Arbeitsblendenmessung möglich. Es muß lediglich das Belichtungsmesser-Kupplungshebelchen ausgeklappt werden, dann kann mit Automatikbetrieb oder manuell belichtet werden.
Belichtungskorrekturen sind -soweit man nicht mit der Memory-Taste arbeitet - über einen Korrekturschalter am Filmempfindlichkeitsrad möglich. Eine Warnanzeige im Sucher fehlt

Bajonett: Die Markierungen für das Ansetzen des Objektives sind sehr schlecht sichtbar und zu klein, ein Tastknopf am Objektiv fehlt ganz. Für Anwender, die mit dem Nikon-System nicht vertraut sind, ist der Objektivwechsel deshalb schwieriger als bei anderen Bajonettsystemen.

Belichtungsmessung: Zwei Siliziumzellen, die zu beiden Seiten des Sucherokulars angeordnet sind, messen praktisch verzögerungsfrei. Offenblendenmessung mit allen Objektiven, die mit AI-Kupplung ausgestattet sind, Arbeitsblendenmessung mit allen anderen (auch älteren) Objektiven. Ganz charakteristisch für Nikon ist die recht deutliche Konzentration der Empfindlichkeit des Meßsystemes auf die Bildmitte. 
Außerhalb des Sucherzentrums liegenden Zonen tragen nur unwesentlich zur Bildung des Belichtungsmeßwertes bei.
Ganz besonders in Verbindung mit der Memory-Taste ist diese Anordnung der Belichtungsmesserzonen gut geeignet für eine problemlose Belichtungsmeßtechnik. Sie ermöglicht sogar einfache Messungen des Kontrastumfanges bei sehr kontrastreichen Motiven. Der Meßbereich erstreckt sich von EV 1 bis EV 18 (Blende 1,4 bei 1 sek. bis Blende 16 bei 1/1000 sek. bezogen auf ASA 100 mit Objektiv 1,4/50 mm). Als Zeitautomat verfügt die FE natürlich über einen wesentlich größeren dynamischen Steuerbereich als ein Blendenautomat, trotzdem gibt es hier Einschränkungen: Wie die nachstehende Tabelle zeigt, wird der Zeitautomat Verschlußzeiten bis 1 sek. bei ASA 100 bilden, wenn die Blende voll auf 1,4 geöffnet ist. Bei Schließen der Blende wird er entsprechend längere Zeiten bilden. Bei Film mit ASA 25 werden auf jeden Fall bis 4 sek. gebildet, wenn voll aufgeblendet ist, unabhängig davon, weiche Lichtstärke das Objektiv hat. Bei ASA 400 und Blende 1,4 ist 1/4 sek. die längstmögliche Verschlußzeit.
In der Praxis werden Sie schnell feststellen, daß der Meßbereich für die meisten Aufnahmesituationen völlig ausreicht. Nur bei sehr geringem oder sehr grellem Licht wird es notwendig sein, besonders aufzupassen. Die Empfindlichkeitseinstellung überstreicht den großen Bereich von ASA 12 bis ASA 4000. Zusätzlich Korrekturring mit Rastung von -2EV bis +2EV. In den beiden Endstellungen allerdings nur bis -1 bzw. + 1. Verschluß: Elektronisch gesteuerter Metallschlitzverschluß, vertikal von unten nach oben ablaufend. X-Synchronzeit 1/125 sek., 1/90 sek. mit Blitzgerät SB-10. Verschlußlaufzeit: 6,7 ms. Verschlußoffenzeit bei 1/125 sek.: 2,1 ms, bei 1/90 sek.: 4,3 ms. X-Kontaktverzögerung bei 1/125 sek. 0,15 ms, bei 1/90 sek.: 0,2 ms. Offenzeit abzüglich Kontaktverzögerung: bei 1/125 sek.: 1,95 ms, bei 1/90 sek.: 4,1 ms. Mittlere Vorhanggeschwindigkeit: 3,6 m/s. Bei Automatikbetrieb stufenlose Verschlußzeiteneinstellung von 8 sek. bis 1/1000 sek. (unsere Testkamera arbeitete bis 16 sek. einwandfrei!). Bei Manuellbetrieb 14 definiert gerastete Verschlußzeiten von 8 sek. bis 1/1000 sek. Zusätzlich mechanisch definierte Zeit 1/90 sek., wenn keine oder keine funktionsfähige Batterie in der Kamera ist. Ist das Verhalten des Verschlusses im Manuell-Betrieb schon recht gut, wird es in der Automatikstellung noch übertroffen.

Die Belichtung wurde in der Filmebene photometrisch gemessen, ein Verfahren, das natürlich weitaus genauer ist als die üblichen Methoden der Filmauswertung, die andere, weniger gut ausgestattete Testlabors anwenden!

Die DIN 19010/Teil 2, die sich mit der automatischen Belichtungseinstellung an Kameras befaßt, läßt eine Toleranz von ± 2 DIN zu, ist also gegenüber dem Entwurf noch sehr viel großzügiger geworden.
Bei der Nikon FE wird diese recht große Toleranzbreite überhaupt nicht in Anspruch genommen. Die relativ lange Zeit für die 1/125 sek. ist sicherlich ein Kunstgriff zur Erzielung einer längeren Verschlußoffenzeit für Blitzaufnahmen, denn bei einer korrekten 1/125 sek. wäre die tatsächliche Offenzeit nur 1,3 ms lang. Interessant erscheint auch, daß mit dem Blitzgerät SB-10 nicht auf die X-Zeit 1/125 sek., sondern auf die längere M 1/90 sek. umgeschaltet wird. Dadurch wird eine einwandfreie Belichtung auch mit den etwas länger leuchtenden Studioblitzgeräten erreicht. Die Nikon FE ist nur X-synchronisiert, eine Verwendung von FP- oder M-Blitzlämpchen ist nur von 8 sek. bis zur 1/30 sek. möglich.
Blitzlichtaufnahmen in der Stellung "Automatik" sind möglich, wenn die entsprechend langen Verschlußzeiten angezeigt werden.

Verschlußauslösung: Sehr weiche Auslösung mit extrem weichem Druckpunkt. Wenn der Transporthebel angelegt ist, wird der Auslöser automatisch gesperrt. Der eingebaute Selbstauslöser löst je nach Einstellung nach 8-14 sek. den Verschluß aus. Bei der Nikon FE kann das Spannen des Selbstauslösers rückgängig gemacht werden, wenn man sich nachträglich entschlossen hat, normal auszulösen. Da die Kamera keinen Okularverschluß besitzt, was heutzutage eigentlich eine Selbstverständlichkeit bei einer Automatikkamera sein müßte, muß das Okular bei Aufnahmen mit Selbstauslöser mit geeigneten Mitteln vor Fremdlichteinfall geschützt werden.

Sucher: Die Größe des Sucherfensters beträgt 21,9x33,0 mm und zeigt somit 83% des Filmformates bzw. 89,7% des Dias. Bei der ersten Testkamera war das Sucherbild nach unten dezentriert, bei einer angeforderten zweiten Kamera aber einwandfrei. Im Sucher wird links die Zeitskala abgebildet. Wie von den Vorgängermodellen EL und EL2 her bekannt mit einem schwarzen und einem grünen Zeiger. Zusätzliche Anzeigen für Automatikbetrieb, Manuellbetrieb und B. Bei allen AI-Objektiven wird oberhalb des Sucherbildes die eingestellte Blende eingespiegelt.

Weitere Ausstattungsmerkmale: Kontrolltaste für Schärfentiefe, Sicherungshebel gegen unbeabsichtigtes Öffnen der Rückwand, Mehrfachbelichtungshebel für beliebig viele Mehrfachbelichtungen mit automatisch richtiger Zählwerksbetätigung. Batteriekontrolle. Anschluß für Motor MD-11.

Batterien/Stromverbrauch: Zwei Silberoxydzellen a 1,5 Volt. Stromverbrauch zur Batteriekontrolle ca. 25 mA, zur Verschlußbetätigung ca. 24 mA, zur Belichtungsmessung ca. 1,6-2,3 mA. Einwandfreie Funktion -- 2,37 Volt (gemessen bei EV 3-17, ASA 100).

Motor: Der bereits für die Nikon FM entwickelte Motortrieb MD-11 bildet mit der FE eine durch die Belichtungsautomatik ermöglichte sehr schnelle Einheit. Auch mit angesetztem Motor bleibt der Begriff "Kompaktkamera" noch rechtens. Der Motor zieht sich in Form eines Handgriffes an der rechten Kameraseite hoch und paßt sich gut und handlich an. Ausgelöst wird jetzt nicht mehr an der Kamera, sondern oben am Motorgriff. Etwas ungünstig liegt bei angesetztem Motor der Memory-Knopf. Man kann ihn nur mit etwas Verrenkungen mit dem Fingernagel eindrücken und muß das üben. Bei der FM mußte mit Motorbetrieb der Schnellschalthebel in Ruhestellung sein, anderenfalls wurde unversehens von der Kamera nochmals ausgelöst. Dieser Schaltfehler ist bei der FE behoben.

Blitzgerät SB-10: Batteriebetriebenes, speziell für die FE abgestimmtes Elektronenblitzgerät mit zwei Automatikbereichen und einer Manuell-Einstellung, Leitzahl 17 bei ASA 100 (21 DIN). Filmempfindlichkeitseinstellung von 25 bis 800 ASA. Bei Einstellung auf 100 ASA arbeitet das Gerät wahlweise von 0,6 Meter bis 6 Meter mit der Automatikblende 4 oder von 0,6 Meter bis 3 Meter mit der Automatikblende 8. Zwar erfolgt mittels des Hilfskontakts im Sucherfuß die Umstellung der Kamera auf 1/90 Sekunde, nicht aber die Einsteuerung der Blende, wie das bei einigen Mitbewerbern mittlerweile der Fall ist. Der Fuß ist schwenkbar, das Gerät ist aber nicht für Indirektblitz verstellbar. Pro Batteriesatz Zink/Kohle etwa 60 Aufnahmen, Alkali/Mangan etwa 160 Aufnahmen.

Fazit: Nikons neue FE ist nicht allein die automatische Version der FM und Nachfolgemodell der EL2. Sie ist eine konsequente Weiterentwicklung des Systems. Mit dem SB-10 Blitzgerät, dem Motor MD-11 und weiteren Zubehörteilen, wie dem Intervallauslöser, der Data-Rückwand und einem Magazin 250 ist sie profigerecht. Durch das schon von der Zeiss Contarex her bekannte System des Sucherscheibenwechsels durch die Bajonettöffnung wird sie sehr universell. Die Belichtungsautomatik arbeitet erstaunlich genau. Was die Kamera so liebenswert macht, ist, daß trotz der kompakten Ausführung alle wichtigen Bedienungselemente die gewohnte Größe behalten haben. Durch die Zeitautomatik in Verbindung mit dem Motor MD-11 dürfte sie auch die schnellste Nikon sein!

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