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Aufnahmesysteme mit motorischem Filmtransport
Nikon FE und FM plus Motor Drive MD-11
Ein handliches Trio
Mit der Nikon FE und der Nikon FM plus Motor Drive MD-11 hat das umfangreichste und vielseitigste Kamerasystem der Welt eine weitere Bereicherung erfahren, die nicht nur fällig, sondern auch notwendig war. Die stürmische Entwicklung auf dem Fotomarkt, besonders auf dem Sektor der Motor- und Winderkameras, zum Teil gesteuert über Mikroprozessoren, konnte die Entwicklungsabteilung der Nikon-Mannen nicht ruhen lassen. Ich habe unter Fotofreunden manchmal ein nicht zu überhörendes Murren vernommen: Wann bringt man denn nun endlich auch bei Nikon eine handliche, schnelle und dabei noch preisgünstige Motorkamera heraus? Wieso schlafen die Nikon-Leute? Nein, bei Nikon schlief man keinesfalls, man befolgte nur das alte Erfolgsrezept: lieber warten, aber keine halben Sachen. Denn Nikon ist bei allen Fotofans gleichbedeutend mit Qualität, höchster Präzision, Zuverlässigkeit und sorgfältigster Ausführung bis ins kleinste Detail. Also ließ man sich Zeit - und entsprechend ist das Ergebnis, um es vorwegzunehmen.
Gleich, welche man in die Hand nimmt, die FE oder die FM - sie sind äußerst handlich und griffig. Und sie sind integriert in ein Zubehörprogramm, mit dem jede, aber auch jede Aufgabenstellung fotografischen Art zu lösen ist. Es ist nicht meine Aufgabe, in diesem Bericht auf Einzelheiten dieser beiden Nikon-Kameras einzugehen, das ist bereits erschöpfend in COLOR FOTO getan worden. Aber auch für die FE und FM gilt, was ich in anderen Beiträgen immer wieder geschrieben habe: Der motorische Filmtransport steigert die Möglichkeiten des fotografischen Einsatzes dieser beiden Kameras ganz beträchtlich. Und ist es nicht so, daß Fotografieren für die meisten Fotofreunde schon längst nicht mehr gleichbedeutend mit dem gelegentlichen Knipsfoto von Tante Emma oder irgendeiner anderen Urlaubserinnerung ist? Wollen wir alle, die wir unser Herz an die Fotografie gehängt haben, nicht weit mehr? Wollen wir nicht im Grunde genommen kreativ, schöpferisch tätig sein? Ist nicht gerade die Fotografie ein Hobby, das so ausbaufähig und so vielseitig ist, wie kaum ein anderes? Ein Drachenflieger, der aus dem Abendhimmel heraus zur Landung ansetzt, ein Jet, der mit seiner geballten Kraft startet, ein Rennen, bei dem es um Sekunden geht, die mühsam erkämpfte schnelle Serie eines scheuen Tieres, das wir lange beobachten, belauern, beschleichen mußten? Oder der ganz plötzlich sich ergebende Schnappschuß, der optimal erst durch den Motor Drive unserer Kamera möglich wurde? Dynamische Fotografie meine ich, sie ist längst ein Ausdruck unserer Zeit geworden - und auch sie ist kaum mehr denkbar ohne den motorischen Filmtransport, sei es nun Winder oder Motor Drive. Und deshalb sind auch diese beiden Nikons, die FE und die FM zusammen mit dem MD-11, wieder ein echter Gewinn für alle Fotofreunde. Denn sie halten, was ihr Name verspricht. Wer eine Automatik will, selbstverständlich umstellbar auf manuellen Betrieb, der interessiert sich für die Nikon FE. Wer aber die manuelle Belichtungssteuerung bzw. -einstellung aus Gründen eigener Kreativität bevorzugt - und das sind nicht wenige Fotofreunde, wie ich aus vielen Gesprächen und Diskussionen weiß der wähle die FM, und er ist gut bedient.
Der Nikon Motor Drive MD-11, Grundsätzliches: Beim MD-11 handelt es sich um einen echten Motor Drive, das ergibt sich schon aus seiner maximalen Bildfrequenz von 3,5 Bildern/sek. Diese Schußfolge setzt allerdings eine Mindestbelichtungszeit von 1/125 sek. voraus. Der Nikon Motor Drive MD-11 ist einstellbar auf Einzelbildschaltung (Stellung S des S-C-Wählschalters) und auf Serienschaltung (Einstellung C). Der Wählschalter hat einen Verriegelungsknopf, den man zur Änderung der Einstellung erst herunterdrücken muß. Ein unbeabsichtigtes Verstellen ist nicht möglich. Am Handgriff vorne unten befindet sich der Fernbedienungsanschluß. Der MD-11 weist nur wenige Bedienungselemente auf, das erleichtert seine Handhabung (etwa im Vergleich zum MD-2, der von mir in COLOR FOTO Heft Nr. 4/78 in meinem Beitrag "Ferngesteuert Nikon-Motor-Serienblitz" ausführlich behandelt wurde) erheblich. Nicht nur das - es macht ihn schneller, so weit es die Schußbereitschaft der montierten Kamera betrifft. Ich meine, daß Nikon hier den richtigen Weg gegangen ist, denn eine Kamera mit Motor Drive muß nicht nur schnell in der Bildfrequenz, sondern auch in der Bedienung sein.
An Bedienungselementen sind folgende zu nennen: Die beiden sehr griffig ausgeführten Antriebsräder der Montageschraube. Sie stehen weit genug hervor und man kann den Motor Drive mit zwei Fingern bequem festziehen und ebenso blitzschnell auch wieder lösen. Rechts neben dem hinteren Antriebsrad für die Anschlußschraube befinden sich LED-Kontrollampe und der Ein-/Ausschalter. Mit dem Ein-/Ausschalter des Motors wird zugleich der Belichtungsmesser (FM) oder die Belichtungsautomatik (FE) ein- bzw. abgeschaltet. Das ist eine wichtige und sinnvolle Neuerung. Mit einem Griff sind immer sowohl Belichtungssystem als auch Motor Drive betriebsbereit, man kann nicht mehr vergessen, das eine oder andere einzuschalten und dadurch vielleicht eine wichtige Aufnahme zu vermasseln. Profis werden wissen, wie oft das sonst geschieht!
Wieder rechts rieben dem Ein-/Ausschalter ist der Schieber für die Rückspulentriegelung angebracht, die Rückspulung des belichteten Films selbst erfolgt beim MD-11 nicht motorisch, sondern mittels der Rückspulkurbel an der Kamera.
Ganz links am Motor Drive - von der Rückseite her gesehen - sitzt das integrierte und sehr gut zugängliche Batteriefach, es läßt sich mitsamt seinen acht Batterien nach Lösen der Verschlußschraube vollständig herausziehen. Am Boden des Motor Drive, an der Handgriffseite, ist die Stativschraube angebracht. Das große Batteriefach zwang zu dieser Lösung. Ich halte sie nicht für optimal, weil die Kamera, auf einem schwachen Stativkopf etwa, immer seitenlastig sein wird. Was das bedeutet, weiß derjenige, der gezwungen war, mit einem dieser "Auch-Stative" zu arbeiten!
Last - not least: Alle Kontakte des Motor Drive MD-11 sind vergoldet. Ebenso die der beiden Kameras FE und FM. Wie wichtig das ist, weiß man erst, wenn man sich über plötzliche Motor- oder Winderaussetzer schon geärgert hat. Von der Fehlersuche ganz abgesehen. Ein Tip an dieser Stelle für alle Betroffenen: Ein Läppchen mit etwas Sonax oder einem anderen guten Kontaktspray schafft Abhilfe. Und zwar sowohl in Batteriefächern von Windern und Motor Drives als auch in denen von Kameras. Das gilt ganz besonders für die kalte Jahreszeit!
Praxiserfahrungen mit der Nikon FM plus Motor Drive MD-11: Zunächst einmal - so kompliziert wie ein Kollege die Nikon FM schilderte, ist sie mir nicht vorgekommen. Ich gebe zu, bei Falschbedienung entwickelte sie eine Eigenart, die sicher manchen zur Verzweiflung treibt, der die Bedienungsanleitung nicht sorgfältig studiert hat - sie blockiert. Man vergesse jedoch eines nicht: Das Zeitalter der 6x9-Box ist vorbei. Wir stellen heute wesentlich höhere Anforderungen an unsere Fotoapparate und ihre Technik, und sie leisten Enormes. Da ist ein wenig Aufmerksamkeit bestimmt kein zu hoher Preis, und ganz bestimmt nicht bei einer Kamera wie der Nikon FM plus MD-11! So viel muß man natürlich wissen - man kann nicht alle manuellen und motorischen Funktionen und Einstellungen munter durcheinanderpraktizieren. Zwar passiert dabei weder Kamera noch Motor Drive das geringste, aber sie schützen sich, indem sich widersprechende Funktionen oder Manipulationen die Kamera oder den Motor Drive zum Selbstschutz blockieren. Ein Beispiel mag das erläutern: Aus irgendeinem Grund wurde der Film trotz montiertem Motor Drive manuell transportiert. Der Betriebswähler auf der Gehäuseoberseite ordnungsgemäß auf Manuell gestellt. Also schwarze Markierung auf schwarze Markierung. Versehentlich blieb der Motor Drive eingeschaltet und ebenso versehentlich wurde am Auslöser des Motors im Handgriff ausgelöst. Der Transporthebel befand sich beim Auslösen in Arbeitsstellung, weil auf diese Weise bei manuellem Betrieb der Belichtungsmesser ebenfalls eingeschaltet ist. Die Kamera löst aus, der Aufnahmevorgang läuft richtig ab. Aber dann geht plötzlich nichts mehr. Mit dem Schnelltransporthebel ist kein Filmtransport möglich, auch über den Motorauslöser geht nichts, der Motor arbeitet ebenfalls nicht. Auch wenn man den Motor Drive jetzt abschaltet, rührt sich immer noch nichts, der Filmtransport läßt sich nicht bewegen, er ist blockiert. Die Lösung des Problems ist ganz einfach, man muß jetzt nur folgendes tun: Schnelltransporthebel einklappen in Ruhestellung, Betriebsartwähler auf Motorbetrieb stellen, und sofort spannt der Motor den Verschluß wieder, transportiert den Film. Will man jetzt trotzdem manuell weiterfotografieren, muß man lediglich den Motor Drive abschalten und den Betriebsartenwähler wieder auf manuell stellen.
Es gibt eine Menge Möglichkeiten, derartige Falschbedienungen durchzuspielen und wieder aufzulösen. Aber der intelligente, aufmerksame Leser hat längst gemerkt, daß sich in diesem scheinbaren Durcheinander computergerechte Ordnung verbirgt: sich widersprechende Anordnungen sind unlogisch und werden deshalb auch nicht ausgeführt, sondern mit Blockierung - aus Selbstschutzgründen - beantwortet. Das ist einfach etwas, was man bei aller Perfektion und gerade wegen ihr - im Zeitalter der Mikroprozessoren akzeptierend muß.
An dieser Stelle noch gleich etwas, was hierhin gehört: Eine Selbstschutzeinrichtung des MD-11 ist auch, daß er bei maximaler Bildfrequenz und falscher Verschlußzeiteneinstellung nicht mehr den Verschluß der Kamera zerstört - wie noch bei der Nikon F2 in Verbindung mit ihrem Motor Drive MD-2 durchaus möglich - sondern sich der vorgewählten Verschlußzeit anpaßt, also langsamer transportiert und die Bildfrequenz verändert, falls er auf Serienschaltung steht. Und selbstverständlich kann man auch bei Einzelbildschaltung nicht eher wieder auslösen, bis der Verschluß seine Arbeit beendet hat.
Ich meine, solche Eigenschaften sollten nicht Anlaß zur Kritik, sondern zur Freude sein.
Die Nikon FE in Verbindung mit dem Motor Drive MD-11: Schon von der Konzeption her unterscheidet sie sich merklich von der FM, denn ihre Stärke ist ihre Belichtungsautomatik. Und ich wiederhole, was ich bereits mehrfach festgestellt habe: Erst in Verbindung mit einer präzise arbeitenden Belichtungsautomatik kann die Summe aller guten Eigenschaften eines schnellen Motor Drive wirklich voll ausgeschöpft werden. Wenn dann eine solche Automatikkamera auch noch - wie es bei der Nikon FE der Fall ist - auf manuellen Betrieb umgestellt werden kann, dann sind meine Wünsche erfüllt.
Und umgekehrt ist es auch richtig: Ohne Motor Drive mit schneller Bildfrequenz ist eine Kamera wie die Nikon FE nicht auszunutzen, denn ihre Belichtungsautomatik prädestiniert sie ja geradezu für schnelle Serien, gleich, welcher Art. Hinzu kommt: Alle Bedienungselemente sowohl beim Motor Drive als auch bei der Kamera - sind aufs Einfachste reduziert, die FE kann als narrensicher gelten. Fehlbedienungen sind so gut wie ausgeschlossen. Verfährt man zum Beispiel bei der FE wie vorhin bei der FM geschildert, drückt man bei eingeschaltetem Motor Drive den falschen Auslöser, so ist das nicht schlimm. Der Gehäuseauslöser der FE läßt sich - genau wie bei der FM - nur betätigen, wenn der Schnelltransporthebel in Arbeitsstellung gebracht wurde. Löst man aus, rührt sich der Motor Drive zwar im Moment nicht mehr, wird aber sofort automatisch wieder tätig, wenn man den Schnelltransporthebel in Ruhestellung bringt.
Trotzdem - auch bei der Nikon FE bleibt noch ein Wunsch offen: Ihre schnellste Verschlußzeit sollte unbedingt 1/2000 Sekunde betragen. Ich sage das, auch wenn Eingeweihte wissen, daß eine automatische Belichtungssteuerung immer schneller arbeitet als die auf dem Verschlußzeitenrad ersichtliche schnellste Einstellung. Bei der Contax RTS habe ich gesehen, wie nützlich diese Reserve von 1/1000 sek. bis zur 1/2000 sek. ist. Es gibt nicht wenige Situationen, wo man diese Reserve braucht, z. B. bei Aufnahmen von startenden Flugzeugen, landenden Drachenfliegern oder bei Segelregatten, wo Sonnenreflexe auf der Wasseroberfläche einen schnellen und starken Wechsel der Belichtung notwendig machen. Mit der Contax RTS habe ich Erfahrungen dieser Art sammeln können, und seither plädiere ich immer wieder für die 1/2000 sek. (Siehe COLOR FOTO Nr. 5/78 "Schnellschuß mit Belichtungsautomatik - Contax RTS plus Professional Motor Drive".)
Ich habe der FE nichts geschenkt, ehe ich diesen Bericht schrieb. Leider ist es mir nicht möglich, die Ergebnisse in Farbe vorzustellen, denn sie erst liefern den Beweis für die Qualität dieses Belichtungssystems.
Weitere Eigenschaften des Motor Drive MD-11: Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß der MD-11 sich auch an verschiedene Fernbedienungssysteme anschließen läßt. An die ML-1 Modulite Fernsteuerung genauso wie an die MW-1 Funkfernsteuerung, die aber in der BRD noch nicht zugelassen ist. Außerdem kann das MT-1 Nikon Intervalometer angeschlossen werden, sehr wichtig z. B. für wissenschaftliche Serienaufnahmen.
Maße und Gewicht: 144x68,5x109,5 mm/410 g ohne Batterien.
Fazit: Sowohl die Nikon FM als auch die Nikon FE sind in Verbindung mit dem Nikon Motor Drive MD-11 zwei echte Motorkameras, die durch das große Zubehörsystem jederzeit auch Profis gute Dienste leisten werden. Beim Motor Drive MD-11 vermißte ich lediglich eine Batteriekontrolle und die Möglichkeit, ihn bei kalter Witterung über einen Adapter und einen in der Tasche getragenen Batteriebehälter mit Strom zu versorgen. Desgleichen sollten ebenfalls die Kamerabelichtungssysteme der FE und der FM über diesen Adapter versorgt werden können. Handlichkeit, sorgfältige Verarbeitung bis ins letzte Detail machen die FE, die FM und den MD-11 Motor Drive zu einem neuen, interessanten Trio aus dem Hause Nikon.
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