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Die beste Kamera

9334 COLOR FOTO-Leser haben entschieden

Im Oktoberheft forderten wir unsere Leser auf, das aktuelle Kameraangebot in der großen Aktion "Die beste Kamera" zu bewerten. Das Resultat ist in der Tat sensationell: In der Gesamtwertung zogen die Wähler zwei Kameraklassiker den neuesten Autofokus-Modellen vor. Nikon stellt nicht nur den Gesamtsieger mit der F 3, sondern liegt auch in zwei Kategorien vorn.
Rund 10000 COLOR FOTO-Leser haben entschieden, das Ergebnis ist in der Tat verblüffend: Ein völlig überraschender Gesamtsieg für ein acht Jahre altes Modell, Platz zwei geht an den typischen Vertreter eines klassischen Kamerakonzepts, die beliebteste Autofokus-Spiegelreflex belegt nur den dritten Platz. Die Redaktion staunte nicht schlecht als das Gesamtergebnis der großen COLOR FOTO-Aktion "Die beste Kamera" bekannt wurde. Viele sahen die Minolta Dynax oder die Nikon F-801 in vorderster Front der Entscheidung, weil beide den neuesten Stand der Kameratechnik in eindrucksvoller Form repräsentieren und weil beide zum Zeitpunkt der Wahl mit dem Vorteil der vielbeworbenen und im Heft viel besprochenen Kameraneuheit aufwerten konnten. Trotz aller Publicity mußten sich die Newcomer des High-Technology-Zeitalters von zwei Oldies besiegen lassen. Das Rennen machte die Nikon F3, seit nunmehr acht Jahren im Markt und für viele die Profikleinbildkamera schlechthin mit einem Anteil von 10,5 Prozent an den Gesamtstimmen, dahinter folgt mit relativ großem Abstand von fast einem Prozent die Leica M6, einzige Vertreterin des klassischen Meßsucherprinzips. Bei der Vielzahl der vorgeschlagenen Kameras entfällt natürlich eine absolut gesehen geringe Prozentzahl auf die Spitzengruppe, aus diesem Grund sind auch die prozentualen Unterschiede, die zur Platzverteilung führen zwar gering, aber dennoch aussagekräftig. Ein Abstand von 0,9 Prozent zugunsten der Nikon auf die Leica wirkt sich da schon deutlich aus. Erst auf den Plätzen drei und vier tauchen Autofokus-Spiegelreflexkameras auf, Minolta Dynax und Nikon F-801 scheinen unseren Lesern die überzeugendsten Vertreter dieser offenbar etwas mit Skepsis betrachteten Kameragattung zu sein. Eine Canon EOS hat offenbar trotz hohem Marktanteil und groß angelegter Werbung bei unseren Lesern nur geringe Chancen als beste Kamera überhaupt eingestuft zu werden. Die EOS 650 landet weit abgeschlagen auf Platz 16 der Gesamtwertung, die 620 bringt es sogar nur auf Platz 18. Offenbar haben anfängliche Kinderkrankheiten und die Lieferschwierigkeiten bei den Objektiven Canon wertvolle Punkte gekostet.
Der größte Spiegelreflexkamerahersteller der Welt kommt überhaupt schlecht weg. Zur Ehrenrettung reichen da gerade noch ein fünfter Platz für die T 90 und ein elfter Rang für die F-1 New. Beide sind hervorragende Kameras, die leider zu Unrecht in den Schatten der EOS gerieten. Canon sollte seine Lehre aus diesem Ergebnis ziehen und die beiden Spitzenmodelle des FD-Systems intensiver pflegen. In der Sympathie unserer Leser rangiert das konventionelle Canon-Reflex-System weit vor Autofokus. Im Falle Minolta stießen allerdings die X-Kameras auf wenig Gegenliebe, sie tauchen in keiner Wertung mehr auf.
Offenbar zeigt die Autofokus-Übermacht des Pioniers inzwischen Wirkung. Auf Rang 7 plazierte sich bereits, knapp geschlagen von der Leica R5, die brandneue Nikon F4. Viele photokina-Besucher unter den Wählern nutzten den Freiraum auf der Postkarte, in der eine Kamera eigener Wahl als beste gekürt werden konnte, für die F4. Doch ist diese Wahl nicht ganz zulässig, da eine just präsentierte Kamera mangels Erfahrungswerten für eine fundierte Beurteilung noch nicht in Frage kommt. In der grafischen Darstellung des Endergebnisses wurde sie deshalb nicht berücksichtigt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß kaum einer auf diesem Wege für die photokina-Neuheit Leica R 6 stimmte, sie erscheint erst auf Platz 19.
Die Kleinbildkameras dominieren in der Gesamtwertung bei weitem, offenbar sind nicht viele unserer Leser der Meinung, daß die beste Kamera eine Mittelformat sein soll. Dennoch Achtungserfolge können Hasselblad (Platz 7 und 8) und Rollei mit einem 12. Platz für die 6006 verbuchen. Ferner ist erstaunlich, daß die von COLOR FOTO als vollwertige Autofokus-Alternativen empfohlenen Spiegelreflexkameras Contax 167 MT, Olympus OM 4 Ti und Pentax LX noch vor der Canon EOS 650 im unteren Mittelfeld rangieren.
Wie die Auswertung der Kategorie "Die beste Autofokus-Spiegelreflexkamera" beweist, ziehen die Leser diesmal erstaunlicherweise die Nikon F-801 der Minolta Dynax 7000i bei weitem vor. Der Unterschied macht fast zwanzig Prozentpunkte zugunsten der Nikon F-801 aus. Während in der Gesamtwertung "Die beste Kamera überhaupt" die Minolta mit knappem Abstand vor der Nikon führt. Eine plausible Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch mag die Tatsache sein, daß die Wähler der besten Kamera überhaupt gerne für ihre eigene votieren, wobei der Anteil der Dynax 7000i Besitzer deutlich größer ist als der der Nikon-Eigner. Auch deshalb ist der Einzelsieg in der AF-Kategorie höher zu bewerten als der höhere Rang der Minolta in der Gesamtwertung. Denn hier stoßen die beiden Hauptkonkurrenten frontal aufeinander. Die Nikon F-801 setzt sich bei diesem Zweikampf mit enormem Abstand durch und holt damit den zweiten Sieg für Nikon nach Düsseldorf Lind Tokio. Auf Rang drei trifft man überraschend auf einen alten Bekannten, der fast schon ein Oldie ist. Die Minolta 9000 behauptet sich wacker mit 11 Prozent.
In der Kategorie "Die beste Autofokuskamera" bekam Canon von unseren Lesern ebenfalls einen Korb. Erst die Plätze vier und fünf belegen die EOS-Kameras 620 und 650 trotz guter Testergebnisse und großem Bekanntheitsgrad. Damit ist das Rennen in dieser Kategorie auch schon gelaufen, die anderen Konkurrenten bringen es nur auf Anteile von unter zwei Prozent, wobei das relativ gute Abschneiden der Yashica 230 AF überrascht, die vor Pentax und Olympus liegt und sogar die Nikon F-401 abhängt.
Ein klarer Lesertrend zu Qualität und Image läßt sich auch bei der Analyse des Wahlergebnisses der Kategorie "Die beste Manual Fokus (MF)-Spiegelreflexkamera" ausmachen. Gleichzeitig bedeutet die Entscheidung in dieser Gruppe den dritten Sieg für Nikon. Dieser Nikon-Hattrick, mit dem niemand in der Redaktion gerechnet hatte, beweist wie goldrichtig die Firmenphilosophie der gelben Marke liegt, die technischen Fortschritt mit Systemkompatibilität verbindet. Auch die Rücknahme der Entscheidung, populäre Objektive nur noch in AF-Fassung zu bauen, brachte Nikon viele Sympathiepunkte ein. Mit 27,3 Prozent führt die gute alte F 3 eindeutig vor der technisch ebenfalls konservativen Leica R 5, die sich mit nur 0,7 Prozent Vorsprung knapp gegenüber der modernen und voll elektronischen Canon T 90 behaupten kann. Wie reizvoll ein traditioneller Name kombiniert mit fortschrittlicher Kameratechnik sein kann, beweist das gute Abschneiden der Contax 167 MT, der es immerhin zum 4. Platz reichte. Wie groß allerdings der Unterschied zwischen dem Top Trio und dem Rest der konventionellen Kamerawelt sein kann, beweisen satte 14 Punkte Unterschied zur T 90. Im Mittelfeld liegen in dichter Folge Canon F1-N, Pentax LX und Rolleiflex 3003. Unter den Außenseitern tut sich die unterschätzte Ricoh XRX hervor. Ganz am Ende, soeben noch erfaßbar, taucht immerhin noch die Praktica BC-1 auf, eine Ehre die dieser preiswerten Einsteigerkamera zu Recht gebührt. Immerhin schrieb der Name ein Stück Kamerageschichte.
Dieses Verdienst trifft wohl noch eher auf Hasselblad zu. Die schwedische Marke kann gleich zwei Plätze im Spitzentrio der besten Mittelformat-Spiegelreflexkameras für sich verbuchen. Sieger ist die traditionelle 500 C/M mit 21,8 Prozent, den dritten Platz stellt die elektronisch gesteuerte 2000 FC/W mit 13,5 Prozent. Dazwischen schiebt sich die fortschrittliche Rolleiflex 6006 mit 17,5 Prozent. Mechanik siegte über Elektronik. Die Mamiya M 645 Super hat sich, allerdings schon unter der 10-Prozent-Marke liegend, den beachtlichen vierten Platz erkämpft und die Fuji GX 680 schob sich als Newcomer zwischen die Etablierten. Überraschenderweise überholte die zwanzig Jahre alte Pentax 6x7 die moderne 645 aus dem gleichen Hause.
Die Gruppe der Spezialkameras diente als Auffangbecken kameratechnischer Sonderfälle, die wir nicht unter Sucherkameras zusammenfassen wollten, um der Flut der AF-Kompakten zu entgehen. Lediglich aus sechs Vertretern bestand diese recht bunte Mischung, die sich aus drei klassischen Sucherkameras, zwei Bridge-Modellen und der Pentax Zoom 70 zusammensetzt. Die Leica M 6 lief hier bezüglich Anmut und Faszination natürlich außer Konkurrenz, dies erklärt den einmalig hohen Sieg mit 63,1 Prozent. Doch sollte man dies nicht leichtfertig abtun, sondern sich auch den hervorragenden zweiten Platz der M6 in der Gesamtwertung "Die beste Kamera überhaupt", vor Augen halten. Die feine Kamera genießt außerordentliche Sympathie, daran vermag auch die drastische Preiserhöhung im letzten Jahr wenig zu ändern. Trotz der enormen Kluft zwischen Platz eins und Platz zwei dieser Kategorie, die mehr als 50 Prozent beträgt, schlägt sich die Kleinstbildkamera Minox LX recht wacker, das feinmechanische Kleinod vermag offenbar immer noch viele zu begeistern. Der dritte Platz für die Minox 35 GT-E tut den angeschlagenen Heuchelheimern bestimmt gut. Von den Zoomkompakten setzte sich die Olympus AZ-300 verdient an die Spitze, dennoch nehmen unsere Leser diese Kamerakategorie offensichtlich noch nicht ganz ernst.
Recht aufschlußreich ist es, einmal die Querverbindungen innerhalb der Ergebnisse zu beleuchten. Dabei stellt man ohne große Mühe fest, daß die Leica Besitzer bei der Mittelformatwahl eindeutig Hasselblad favorisierten. Nikon-Eigner wählten zu 70 Prozent die Leica M6 als beste Spezialkamera. Sie bilden damit die zweitstärkste Fraktion neben den markeninternen Sympathisanten aus dem Leica-Lager. Ein Beweis für das generelle Qualitätsbewußtsein der Anhänger der Top-Marken. Auch die alte Nikon-Canon Rivalität läßt sich - freilich mit einer großen Ausnahme - anhand der Zahlen ablesen. Dem Kandidaten F 3 bei der Wahl zur besten Spiegelreflexkamera verweigerten besonders eklatant die Canon Fotografen ihre Gefolgschaft, während sich 31 Prozent der Minolta-Besitzer, vielleicht mangels Alternative im eigenen Haus, der Nikon anschlossen. Wie umstritten die Canon EOS im eigenen Lager ist, beweist die Tatsache, daß immerhin 28,4 Prozent aller Canon-Besitzer die Nikon F-801 zur besten Autofokus-Spiegelreflex küren. Damit erreicht die Nikon unter den Canon-Besitzern ironischerweise exakt die gleiche Punktzahl wie die EOS 620. Normalerweise entscheiden mindestens die Hälfte der jeweiligen Kamerabesitzer für die Modelle der eigenen Marke.
Ginge es übrigens nach den Olympus-Fotografen so wäre die Rolleiflex 6006 Mittelformat-Sieger.
Eine Analyse des Wahlverhaltens von Besitzern der verschiedenen Kameramarken bringt aufschlußreiche Ergebnisse an den Tag. In der Kategorie "Die beste Manual Fokus Spiegelreflexkamera" ergeben sich erstaunliche Resultate über die Linientreue der Fotografen. Bei Pentax und Olympus-Fotografen scheint diese nicht sehr ausgeprägt zu sein. Denn nur 43,3 Prozent aller Pentax-Eigner können sich für die LX als Spitzenreiter bei der besten Spiegelreflexkamera entschließen, bei den Olympus-Besitzern hat die OM 4 Ti ebenfalls nur eine knappe Mehrheit von 55,3 Prozent. Außerdem ist erstaunlich, daß sogar nur 54,5 Prozent der Canon-Fotografen die T 90 favorisieren. Eine stärkere Markenidentifikation können da schon die Nikon-Anwender vorweisen, 65,3 Prozent von ihnen entschieden sich für die F3, während Leica-Anhänger in Treue fest mit 81 Prozent zur R 5 halten.

Fazit

9334 COLOR FOTO-Leser gaben ihre Stimme ab. Eine ebenso kritische wie sachkundige Wählerschaft sorgte bei der ersten Leserwahl von Kameras für eine echte Sensation: Nikon ist mit drei Siegen der absolute Star dieser Wahl. Sicher hätte man den Japanern einen Klassensieg durchaus zugetraut, aber gleich drei auf einmal? Die großen Prestigemarken Nikon, Leica, Minolta, Hasselblad und Canon liegen in der Lesergunst weit vorn. Canon verscherzte sich eine bessere Gesamtplazierung durch die schlechte Bewertung der EOS-Modelle. Als Retter in der Not erwiesen sich T 90 und F-1N. Im Mittelfeld tummeln sich Contax, Pentax, Olympus und Yashica. Die Wunschausrüstung der COLOR FOTO Leser läßt sich nun exakt benennen. Eine Nikon F3, eine Nikon F-801, eine Hasselblad 500 C/NI und eine Leica M 6. Zweifellos handelt es sich dabei um die Spitzenprodukte der Kameraindustrie überhaupt. 

Die beste Kamera 1988

Zwei ausgereifte Spitzenkameras machen das Rennen: Nikon F3 und Leica R6. Erst auf Platz drei taucht mit der Minolta Dynax 7000i das erste Autofokus-Modell auf.

Die beste MF-Spiegelreflexkamera

In der Kategorie "Die beste Manual Fokus (MF)-Spiegelreflexkamera" ist der F3-Sieg nun keine Überraschung mehr.

Die beste AF-Spiegelreflexkamera

In der Autofokus-Kategorie liegt die Nikon F-801 vorn. Sie wurde gerne von den Besitzern der Konkurrenzmarken gewählt.

Die beste Mittelformat SLR-Kamera

Beinahe wäre es zu einem Hasselblad-Doppelsieg im Mittelformat gekommen, doch die Rolleiflex 6006 schob sich in letzter Minute dazwischen. Die beiden Favoriten tragen den Kampf Elektronik gegen Mechanik aus.

Die beste Spezialkamera

Außer Konkurrenz liegt die Leica M6 bei den Spezialkameras. Der zweite Platz in der Gesamtwertung ist um so beachtlicher.

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