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Marktübersicht Bridge-Kameras
Spielen Sie Bridge?
Bösartig könnte man sie Zwitterkameras nennen, häufig werden sie als Bridge-Kameras tituliert, weil sie die Brücke zwischen Kompakt- und Spiegelreflexkamera schlagen. Doch so richtig paßt kein Oberbegriff für die neue Kamerageneration, die den Bedienungskomfort einer Kompaktkamera mit der Vielseitigkeit einer Spiegelreflex kombinieren will. Ein Vergleich ist auf der Suche nach der besten Bridge.
Bridge, ein Kartenspiel mit 52 Blatt, dessen Beherrschung Intelligenz und Kombinationsgabe voraussetzt, wird im Vereinigten Königreich einem Klischee nach gerne im Kreise betuchter alter Damen gespielt. In Stockholm existiert sogar ein Lehrstuhl an der Universität für dieses trickreiche Gesellschaftsspiel, bei dem es nicht um Geld, sondern um Taktik geht. Eine gewisse Intelligenz und Verspieltheit kann man auch jener neuen Generation von Kameras nicht absprechen, die mit der Yashica Samurai und der Olympus AZ-300 Super Zoom debütierte. Ziel der japanischen Konstrukteure in beiden Fällen war es, eine möglichst leicht zu bedienende und vielseitige Kamera auf die Beine zu stellen, die wesentlich mehr Bildgestaltungsmöglichkeiten bietet, als eine herkömmliche Kompaktsucherkamera und eine Spiegelreflex beinahe überflüssig macht. Werden die fünf Zwitter ihrem hohen Anspruch und ihrem durchweg hohen Preisniveau gerecht? Eine intensive Begegnung mit der fremden Art soll diese Frage klären.
Vier der fünf Kameras haben ihr auffälliges und markantes Design direkt aus Utopia entlehnt. Die Ricoh Mirai sieht nicht nur futuristisch aus, sie heißt auch so, das Wort "Mirai" bedeutet im Japanischen Zukunft. Einzig die Konica wirkt von ihrer Form her noch vertraut. Sie erinnert an herkömmliche Zoom-Kompaktkameras, wie wir sie in COLOR FOTO 11/88 komplett präsentiert haben.
Sucher oder Spiegelreflex - Die Prinzipfrage
Im täglichen Umgang mit den Kameras und bei der Konzentration auf das Bild kann einem die Prinzipfrage recht gleichgültig sein, trotzdem ist sie für die Sucherqualität von Belang. Denn, so weiß man ja aus langer fotografischen Praxis, nur der Reflexsucher kann mit einem naturgetreuen, brillanten Abbild von dem, was hinterher auf den Film kommt, aufwerten. Aber schon diese eingefahrene Meinung muß der Benutzer von Bridgekameras beim Blick durch die Olympus AZ 300 Super-Zoom relativieren, deren heller, verzeichnungsfreier Sucher einer Spiegelreflexkamera zur Ehre gereichen würde. Anders dagegen die Konica Z-up 80, deren Sucher an eine Kompaktkamera erinnert und wenig naturgetreue Wiedergabe vermittelt.
Den besten Durchblick hat der Fotograf bei den Spiegelreflexkameras Ricoh Mirai und Yashica Samurai. Die ebenfalls nach dem Spiegelreflexprinzip operierende Chinon GS-7, woanders auch unter dem einprägsamen Namen Genesis bekannt, fällt etwas durch die recht grob strukturierte Fresnellinse ab, bei der Olympus geriet das Sucherbild bei aller Helligkeit etwas zu klein. Es zeigt nur 85 Prozent des realen Bildes. Was die Sucherinformation anbetrifft, so vermag die teuerste Kamera dieser Vergleichsgruppe, die runde 1000 Mark kostende Ricoh Mirai, am meisten zu überzeugen. Neben einer deutlichen alphanumerischen Anzeige für Verschlußzeit und Blende, - über diese wichtigen Werte informiert die Konkurrenz erst gar nicht - finden sich die üblichen Symbolhinweise für Programmshift, Autofokus, Makroeinstellung und Blitzbereitschaft. Die Programmautomatiken der Mirai lassen sich jederzeit manuell beeinflussen. In diesem Fall ist es wichtig, daß die Zeit- und Blendenwerte stets exakt abgelesen werden können. Überzeugen kann auch der Meßwertspeicher. Wenn er aktiviert wird, erscheint im Mirai Sucher die Buchstabenreihe AEL. Recht spartanisch fällt im Vergleich zu der Informationsfülle bei der Mirai die Sucheranzeige bei den anderen Bridge-Kameras aus. Bei Olympus wird neben der Autofokus-Anzeige noch auf Blitzbereitschaft und Spotmeßmodus hingewiesen, die Konica signalisiert Blitzbereitschaft und die Autofokuseinstellung anhand von Entfernungssymbolen. Auch die Chinon GS-7 zeigt korrekten Autofokus und schußbereiten Blitz an, ebenso wie die mit dem ungewöhnlichen Halbformat operierende Samurai.
Handlichkeit und Bedienung - so manches im Verborgenen
Bei allen Kameras ergänzt ein LCD Monitor das bis auf die Ricoh Mirai spärliche Informationsangebot im Sucher. Das Display fungiert nicht nur als Anzeige der eingestellten Kamerafunktion. Mit seiner Hilfe lassen sich die Kameras über entsprechende Tipptasten für die gewünschte Anwendung programmieren. Als handlichste Kamera dieses Vergleichs besticht die Konica Z-up 80. Sie liegt durch das abgerundete Design sympathisch in der Hand. Beim Betätigen des Hauptschalters springt der Zoomreflektor-Blitz automatisch in Bereitschaftsstellung, Auslösersperre und Objektivschutz werden ebenfalls selbsttätig freigegeben. Die Konica Z-up 80 ist am ehesten Kompaktkamera geblieben, sie begnügt sich deshalb wie auch die Chinon mit einem Zweifach-Zoom. Die Lichtstärke fiel mit Rücksicht auf die Kompaktheit nur mäßig aus (1:7,3 bei 80 mm). Auch ohne die Bedienungsanleitung in die Hand zu nehmen, begreift man die Konica schnell. Das übersichtliche Display auf der Rückwand, die zugleich als Data-Back funktioniert, erleichtert die Handhabung wesentlich.
Eine beachtliche Vielzahl von Funktionen lassen sich eingeben. Ob Gegenlichtkorrektur oder Aufhellblitz, Selbstauslöser oder Serienbildschaltung, all diese Funktionen kann man bei Bedarf abrufen. Außerdem kann die Konica auf Wunsch Mehrfachbelichtungen - das bieten sonst nur noch Chinon und Olympus -, Langzeitbelichtungen und sogar Zeitraffer-Bildserien mit programmierten Intervallen machen. Das ist absolut einmalig in der Serienausstattung einer Kamera, spricht jedoch nur einen eng begrenzten Anwenderkreis an. Bei der Samurai kann der Fotograf bei Bedarf ebenfalls das Datum in seine Bilder einbelichten. Die Kamera erfordert zur Bedienung am wenigsten irgendwelche fotografischen Grundkenntnisse, nur ihre Handhabung ist durch den seitlich angebrachten Griff recht gewöhnungsbedürftig. Statt der Samurai X 3.0 hätte die zur photokina vorgestellte X 4.0 schon preislich besser ins Bild gepaßt, doch war sie leider zum Zeitpunkt dieses Vergleichs noch nicht verfügbar. Auch mit der Samurai lassen sich Bildserien fotografieren, die Langzeitblitzfunktion ermöglicht reizvolle Nachtaufnahmen. Dieses Feature bietet sonst nur noch die Olympus AZ-300 Super Zoom. Mit dieser teilt sich die Samurai auch die Exklusivität der Spotmessung. Diese funktioniert je nach Kontrast, der Fotograf kann sie mich beeinflussen. Außerdem stellt die Samurai - in diesem Punkt ganz erwachsene Spiegelreflexkamera - nach dem CCD-Prinzip scharf.
Bei der Olympus und der Ricoh Mirai mußten, um die weniger verzierten Fotografen nicht zu verwirren oder zu erschrecken, einige, weniger oft gebrauchte Bedienungselemente, beispielsweise für die Einstellung der Filmempfindlichkeit, für die Belichtungskorrektur oder die Serienbildschaltung, unter einer Abdeckklappe verschwinden.
Die Olympus kommt trotzdem der Idealvorstellung einer vielseitigen Allround-Kamera in dieser Vergleichsgruppe am nächsten. Sie ist noch ausreichend leicht und handlich, bietet mit einem Zoom-Faktor von 2,76 ein annäherndes Dreifach Zoom und in Kombination mit einem Abbildungsmaßstab von 1:6 genügend bildgestalterische Möglichkeiten, die sie aus dem Umfeld der normalen Zoom-Kompaktkameras weit hervorheben. Es ist wirklich erstaunlich, was die Olympus-Kamerakonstrukteure in ihre AZ 300 Super Zoom alles hineingebaut haben. Der Fotograf kann sogar zwischen einer Spotmessung und herkömmlicher mittenbetonter Integralmessung wählen. Auch das Blitzprogramm der Olympus überzeugt durch angemessene Vielfalt. Der Blitz mit eingebautem Zoomreflektor paßt sich nicht nur in seinem Ausleuchtwinkel automatisch der gewählten Brennweite an, er schaltet sich bei Lichtmangel ebenso selbständig zu wie bei Gegenlichtsituationen, die wegen des hohen Motivkontrastes der Aufhellung bedürfen. Beim sogenannten "Fill-in"-Programm zündet der Blitz, wenn man es will, bei jedem Licht, außerdem eignet es sich für Nachtaufnahmen. Die Kamera wählt dann eine lange Verschlußzeit. Dies ergibt in Kombination mit dem Blitz Aufnahmen voller Tiefe bei denen auch noch die Lichter des Hintergrundes von vorbeifahrenden Autos oder Reklametafeln eingefangen werden.
Viele Anfänger in Sachen Fotografie haben Mühe, den optimalen Bildausschnitt zu bestimmen. Die AZ-300 hilft ihnen mit zwei Porträtprogrammen. Je nachdem ob der Fotograf Halb- oder Vollporträt per Tipptaste eingibt, findet die Kamera den idealen Bildausschnitt per Auto-Zoom-Funktion über die passende Brennweite. Obwohl sich die Olympus konstruktiv wegen des Sucherprinzips und des Zentralverschlusses der üblichen Kompaktkamerabauweise verschreibt, tanzt sie mit ihrem Autofokusmeßprinzip, das nach dem von Spiegelreflexkameras her bekannten CCD-Phasenvergleichssystem arbeitet, aus der Reihe. Im Vergleich zur verbreiteten Infrarot-Messung bietet die Olympus-Lösung zwei Vorzüge. Bei schnell bewegten Motiven ist die automatische Intervall-Schärfenachführung, bekannt unter dem Namen Servo-AF, außerordentlich sinnvoll. Sie wird bei der Olympus dann aktiviert, wenn man Spot- und Subject-Taste gleichzeitig drückt. Darüber hinaus kann der Fotograf den Schärfepunkt vorher speichern, bei diesem sogenannten Pre-Fokus löst die Kamera genau dann aus, wenn das Motiv den Schärfepunkt durchläuft.
Bei dieser Ausstattungsvielfalt, gepaart mit ausgeklügelter Technik, hat es die neue Ricoh Mirai schwer, mitzuhalten. Schwer im wahrsten Sinne des Wortes, denn die futuristische Kamera bringt mit einem Kilo die Olympus wiegt nur 600 Gramm, die Chinon GS-7 rund 750 Gramm - ein beachtliches Gewicht auf die Waage oder besser in die Hand. Daran ändert auch der bequeme ausklappbare Handgriff wenig. Voraus hat die Mirai der Olympus den besseren Sucher 'und den größeren Zoombereich, der mit 35 -135 mm beinahe dem eines Vierfach-Varios entspricht. Auch die Ricoh arbeitet nach dem CCD-Kontrastsystem, genau wie bei der Olympus unterstützt ein Infrarot-Meßstrahl die Fokussierung bei schwachem Licht und beim Blitzen. Der Schlitzverschluß mit einem riesigen Zeitenbereich von 30 Sek. bis 1/2000 Sek., das Nachführsystem, und die B-Einstellung sind ebenso Konstruktionselemente einer reinrassigen Spiegelreflexkamera wie der Meßwertspeicher und die hervorragende Sucherinformation. Drei brennweitenabhängige Programmautomatiken mit Shiftmöglichkeit weisen außerdem deutlich darauf hin, daß die Mirai kein Zwitter sondern eine echte Spiegelreflexkamera im Tarnanzug ist.
Die dritte Kamera im Bunde mit Spiegel und Prisma heißt Chinon GS-7. Sie verkörpert in dieser Gruppe die Beschränkung auf das Wesentliche zu einem sehr günstigen Preis-Leistungsverhältnis. Das Zoom ist nicht viel mehr als ein Zweifach-Vario (35-80 mm). Die Brennweite läßt sich nur von Hand verstellen, was Batteriestrom spart und in Anbetracht des kürzeren Zoombereichs noch akzeptabel ist. Stichwortartig aufgelistet liest sich die GS-7-Ausstattung wie folgt: Automatische Blitzzuschaltung, Selbstauslöser, Mehrfachbelichtungsmöglichkeit, Gegenlichtkontrolle, Serienschaltung und manuelle Makroeinstellung von 50 cm an.
Die Olympus überbrückt am besten
Die Kluft zwischen der Kompaktkamera und der Spiegelreflex wird von der Olympus AZ 300 Super Zoom am besten gemeistert, ohne sie freilich voll auszufüllen. Hinsichtlich Kompaktheit, Ausstattungsmerkmalen, Preis und in Anbetracht ihrer hohen Bildqualität, sie liegt gleichauf mit der Mirai, verdient die AZ-300 Super Zoom den ersten Platz. Noch zwar knapp vor der Mirai, die eine verkappte echte Spiegelreflex darstellt. Dahinter rangiert die Chinon Genesis, die in der Preisklasse normaler Zoom-Kompaktkameras absolut herausragt. Das gleiche gilt für die viertplazierte Konica, die zu sehr zu dieser Gruppe hin tendiert, um einen besseren Rang belegen zu können. Der Yashica Samurai bleibt der letzte Platz schon wegen des unvorteilhaften Halbformats nicht erspart. An dieser Kamera scheiden sich die Geister. Die einen halten sie für genial, die anderen für einen Gag. Sie ist deshalb nur denjenigen zu empfehlen, die aus voller Überzeugung zur ersten Gruppe tendieren.
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