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Beratung

Konkurrenz im eignen Haus

Kaufberatung Bridge gegen Spiegelreflex

Welche ist die bessere Wahl? Drei markeninterne Duelle entscheiden über Sieg und Niederlage der Spiegelreflex-Systemkamera. Chinon GS-7 gegen Chinon CP 7m. Olympus AZ-300 Super Zoom gegen Olympus OM 707. Ricoh Mirai gegen Ricoh XR-X.

Billig sind sie nicht, die neuen Kameras. Bestes Beispiel für die nicht gerade zimperliche Preisgestaltung der Bridge-Modelle ist die Ricoh Mirai, die das Kameraflaggschiff des Hauses, die Ricoh XR-X, trotz bescheidenerer technischer Fähigkeiten und geringerer Ausbaumöglichkeit bei weitem übertrifft. Immerhin kostet ein Stück "Zukunft" bei Ricoh knappe 1000 Mark, eine XR-X mit dem Zoom 35-70 mm ist bereits für runde 700 Mark zu haben. Wenn man zum exakten Vergleich eine XR-X mit 35-135-mm-Zoom heranzieht, um dem Brennweitenspektrum der Mirai zu entsprechen, so ist die XR-X mit etwa 950 Mark immer noch billiger, bietet allerdings, das sei fairerweise bemerkt, zwar keinen Autofokus, dafür aber, abgesehen von deutlich vielseitigeren Anwendungsmöglichkeiten, ein wesentlich lichtstärkeres Objektiv 1:3,5/35-135 mm statt 1:4,2-5,6/35-135 mm bei der Mirai.
Woanders ist die Preissituation ähnlich, wenn auch nicht ganz so kraß wie bei Ricoh. Für den Preis einer getunten Sucherkamera AZ-300 Super Zoom (750 Mark) gibt es bei der gleichen Marke, nämlich bei Olympus, eine ausgewachsene Autofokus-Spiegelreflex-Systemkamera mit eingebautem Blitz namens OM 707. Bei Chinon kostet die Multiprogramm-Systemkamera Chinon CP-7m mit einem Exakta-Zoom 35-70 mm mit rund 650 Mark gerade 50 Mark mehr als die GS-7 ReflexZoom aus dem gleichen Hause, die laut Werbetext "das Beste aus Spiegelreflex- und Kompaktkameras in einem neuen revolutionären Kamerakonzept genial vereint". Verschwiegen wird dabei allerdings, daß die GS-7 in den bildgestalterischen Möglichkeiten weit hinter der reinrassigen Spiegelreflexkamera CP-7m zurückbleibt.

Vorurteil Nummer eins: Bridgekameras sind zum günstigen Komplettpreis zu haben.

Im direkten Preisvergleich schneiden die Bridge-Kameras also schlechter ab, als die ausgewachsenen Spiegelreflexmodelle der gleichen Hersteller. Zwar besitzen alle Zwitter ein eingebautes Blitzgerät, doch ist diese wegen der geringen Leitzahl und der festgelegten Blitzrichtung kaum als vollwertig zu bezeichnen. Ricoh hat das offenbar klar erkannt und liefert zur Mirai ein vollwertigesTTL-Blitzgerät, das erst alle Blitztalente der futuristischen Kamera weckt. Weniger Kamera fürs Geld, so lautet auf den ersten Blick das Fazit für einen Vergleich Bridge kontra Spiegelreflex, das drückt sich auch im Prestigewert der Modelle aus. Eine Spiegelreflex macht allemal mehr her, man genießt als Fotograf volle Anerkennung unter Gleichgesinnte, was mit den etwas kurios aussehenden Bridge-Modellen sicher schwerfällt.

Vorurteil Nummer zwei: Bridgekameras sind leicht zu begreifen.

In der Werbung für die neue Kamerageneration wird besonders deutlich der hohe Bedienungskomfort und die komplette Ausstattung der Kameras herausgestellt. Doch gab es diese positiven Charaktereigenschaften einer Kamera bereits lange vor Erscheinen der Zwitter-Modelle. Sogar waschechte Spiegelreflexkameras können ' mit diesen Tugenden aufwerten. Canon tat auf dem Gebiet 1983 mit der T 50 den ersten Schritt. Diese unkomplizierte Einsteigerkamera mit Programmautomatik und vollautomatischem Filmmanagement sollte Fotografen, die mit Technik nichts im Sinn haben, auf die Spiegelreflexschiene locken, um ihnen das komplette FD-ObjektivProgramm zu erschließen. Eine Canon T 50 begreift ein Kompaktkamera-Knipser ohne weiteres auf Anhieb. Die Bridgekameras erfordern da schon ein wenig mehr Talent und technische Begabung, um ihnen alle Geheimnisse zu entlocken. Vor allem bei der Olympus AZ-300 und bei der Ricoh Mirai liegen einige Bedienungselemente im wahrsten Sinne des Wortes im Verborgenen und Kamerafunktionen wie Programmshift bei der Mirai oder die Porträtprogramme und das raffinierte Blitzsystem der Olympus AZ-300 Super Zoom lassen sich nur über das Studium der Bedienungsanleitung erschließen.

Vorurteil Nummer 3: Bridgekameras sind der beste Kompromiß.

Die Chinon gibt sich da im Vergleich zur übrigen Bridge-Konkurrenz noch recht bescheiden. Sie ist vom Prinzip her eher Kompaktkamera geblieben, trotz der Spiegelreflexbauweise, die vor allem für ein schönes Sucherbild sorgt, darauf deutet auch das stufenlose aktive Infrarotsystem hin, die beiden anderen Bridge-Kameras dieser Gegenüberstellung arbeiten mit dem Phasendetektionssystem der ausgewachsenen Spiegelreflex-Autofokusmodelle. Verglichen mit der Chinon GS-7 ist die nur wenig teure vollwertige Spiegelreflexkamera CP-7m der gleichen Marke eine hochwertige Präzisionskamera mit allen Finessen. Statt eines recht einfachen Programmverschlusses mit Langzeitprogramm bei der GS-7, der auch Aufnahmen bei geringem Licht ohne automatische Blitzzuschaltung ermöglicht oder bei Nachtaufnahmen in Verbindung mit dem Blitz reizvolle Stimmungen erzeugt, meistert der Schlitzverschluß der CP-7m fast jede fotografische Situation. Die reinrassige Spiegelreflexkamera Chinon CP-7m offeriert dem ambitionierten Fotografen neben der Zeitautomatik, der Blendenautomatik und der manuellen Nachführmessung gleich drei Programmautomatiken. Außerdem verfügt die CP-7m über einen Meßwertspeicher. Über einen Intervall-Zeitgeber läßt sich der Verschluß bis zu 90 Minuten vor dem Ablauf programmieren, das funktioniert auch mit dem Selbstauslöser. Der Verschlußzeitenbereich geht von vollen 8 bis 1/2000 Sekunde, die eingestellte oder von der Kamera gebildete Verschlußzeit wird sowohl im Sucher als auch vom LCD-Monitor auf der Kameraoberseite signalisiert. Display und Sucher zeigen auch die Art des Programmes an. Lediglich die Blendenangabe vermißt man im Sucher. Gegenlichtaufnahmen lassen sich über den Meßwertspeicher (nur bei Zeitautomatik) und über die Korrektur der Filmempfindlichkeit sicher beherrschen.
Auch eine Mehrfachbelichtungsmöglichkeit sowie die schnelle Bildserienschaltung (2,5 B/Sek.) sind vorgesehen.
Die Rivalin aus dem eigenen Haus, die GS-7 besitzt eine Korrekturtaste für Gegenlicht oder hohen Motivkontrast, Serienbilder und Mehrfachbelichtungen schafft auch die Bridge. Alles was den Film angeht funktioniert bei beiden Kameras vollautomatisch. Setzt der Fotograf ein Zoomobjektiv in das trotz aller Programmautomatiken gewöhnliche K-Bajonett der Chinon CP-7m ein, so muß er die Brennweite genauso manuell verstellen wie sein GS-7-Kollege. Den ersten Zweikampf entscheidet die Chinon CP-7m klar für 'sich. Auf Autofokus und den eingebauten Blitz verzichtet die ansonsten unerhört vielseitige Kamera zwar, auf Normalprogrammautomatik gestellt und mit einem Systemblitzgerät ausgerüstet, wird sie zur beliebig ausbaufähigen Bridge-Kamera.
Während im ersten Duell die Spiegelreflexkamera weitaus mehr technische Raffinessen und gestalterische Möglichkeiten bot , sieht es beim Olympus-Zweikampf auf den ersten Blick anders aus. Der üppige AZ-300 Prospekt verbunden mit einer wahrhaft vielseitigen Bedienungsanleitung lassen eine spannende Auseinandersetzung in beiden Disziplinen erwarten. Was die technische Raffinesse angeht, so ist die Olympus AZ 300 Super Zoom in der Tat nicht ohne. Sie übertrifft ihre Spiegelreflex-Schwester mit der Umschaltmöglichkeit von Integral- auf Spotmessung. Die OM 707 hat nur eine mittenbetonte Integralmessung zu bieten, allerdings nach Olympus-Manier an der Filmebene. Über die beiden Porträtprogramme nimmt die Olympus AZ-300 dem Fotografen die Wahl des richtigen Bildausschnitts ab, die Zoomautomatik stellt je nach Wunsch und feststehendem Motivabstand entweder auf Voll- oder Halbporträt richtig ein, indem sie die korrekte Brennweite selbsttätig wählt. Beide Kameras stellen über CCD-Sensoren mit Hilfe des passiven Phasenvergleichssystems scharf. Beide Olympus-Modelle führen über den Continous Autofokus die Schärfe bei bewegten Objekten automatisch nach und speichern die Schärfe bei halb gedrücktem Auslöser. Die AZ-300 bietet sogar noch eine Schärfefalle.
In Sachen Blitztechnik hat die Olympus AZ-300 von Haus aus mehr zu bieten. Der integrierte Blitz schaltet sich automatisch nicht nur bei schwachen Lichtverhältnissen, sondern auch zum Aufhellen bei hohem Motivkontrast zu. Außerdem sorgt er in Verbindung mit einer langsamen Verschlußzeit für reizvolle nächtliche Großstadtaufnahmen mit lebendig und natürlich beleuchtetem Hintergrund. Der ebenfalls eingebaute Blitz der OM-707 reicht allenfalls noch zum Aufhellen neben der üblichen Flashmatic-Funktion. Zum universellen Blitzwunder wird die OM-707 erst mit dem Linearblitz F-280. Er erlaubt in Blitzaufnahmen mit Verschlußzeiten von 1/100 bis 1/2000 Sekunde. Imponierend dabei ist die freie Gestaltung mit der Schärfentiefe. Das Handicap des F-280 ist sein hoher Preis von rund 360 Mark. Die Multifunktions-Bridgekamera Olympus AZ-300 macht es ihrer Spiegelreflex-Schwester OM 707 nicht leicht. Zwar ist die AZ-300 an ihr fest eingebautes motorischem Zoom mit einer Brennweite von 38-105 mm und der mäßigen Lichtstärke 1:4,5-6 gefesselt, doch ist sie in ihren technischen Finessen der OM-707 leicht überlegen. Das Olympus-Duell geht unentschieden aus.
Sollte es der Ricoh Mirai sogar gelingen, das große Dreifach-Duell Bridge gegen Spiegelreflex in ein Unentschieden zu verwandeln? Von der Papierform bringt sie jedenfalls gute Voraussetzungen mit, das stolze Flaggschiff des Hauses, die XR-X zu schlagen. Denn die Mirai verkörpert am allerwenigsten einen Bridge-Kompromiß. Das futuristische Kleid ist lediglich eine perfekte Tarnung für eine ernstzunehmende Spiegelreflexkamera. Das Sucherbild ist hell, die Informationen mit numerischer Verschlußzeit und Blendenangabe sowie allerlei Funktionsanzeigen ausführlich und der Verschlußzeitenbereich von vollen 30 bis zur 1/2000 Sekunde würde jeder ausgewachsenen Spitzen-Spiegelreflex zur Ehre gereichen. Zwar verfügt die Mirai nur über eine Programmautomatik, sie paßt sich jedoch über den Automatik-Shift von selbst an die jeweils eingestellte Brennweite an und bevorzugt kürzere Verschlußzeiten bei längeren Brennweiten. Auch die TTL-Blitzmessung läßt wenig Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Mirai, allerdings ist sie nicht mit dem eingebautem Miniblitz wirksam, der sich auch als Aufhellblitz eignet, sondern erst mit einem TTL-Zusatzblitz von Ricoh.

Die Ricoh XR-X ist der Mirai überlegen

Bei allen erwähnenswerten Mirai-Features findet sich die technische Kompetenz von Ricoh im Kamerabau nach wie vor in der XR-X ihren Höhepunkt. Nicht nur der Preisvorteil gegenüber der recht teuren Mirai spricht für die Multiprogramm-Kamera XR-X - sie ist sogar mit dem 35 -135-mm-Zoom billiger als die Autofokuskamera aus dem gleichen Hause - bei der XR-X gerät jeder Liebhaber hochentwickelter Kameratechnik ins Schwärmen. Die Programmvielfalt der XR-X sucht in der Tat ihresgleichen. Der Fotograf kann unter nicht weniger als sechs Belichtungsprogrammen wählen. Davon sind drei echte Programmautomatiken, nämlich ein Action-Programm mit Verschlußzeitenpriorität, ein Normalprogramm und ein Schärfentiefenprogramm unter Bevorzugung einer kleiner Blende. Zeitautomatik, Blendenautomatik und ein manueller Abgleich für außergewöhnliche Lichtsituationen runden das Programmangebot der XR-X ab. Die TTL-Blitzmessung auf der Filmebene erweist sich insbesondere im Makrobereich als sinnvoll. Bei den Belichtungsmeßmethoden läßt sich die Ricoh XR-X ebenfalls nicht lumpen. Während die Mirai nur eine mittenbetonte Integralmessung mit automatischer Gegenlichtkompensation offeriert, kann die XR-X souverän zusätzlich mit einer Spotmessung kontern. Einen Meßwertspeicher findet man bei beiden. Erfreulicherweise fiel die Schärfentiefenkontrolle bei der Multi-Programm-Kamera nicht dem Rotstift zum Opfer. Überhaupt drängt sich ein Vergleich zwischen der XR-X und der Chinon CP-7m auf, die beiden Kameras stimmen in ihren Ausstattungsmerkmalen haargenau überein und repräsentieren beide den Entwicklungsstandard der Prä-Autofokus-Ära. Im Zweikampf mit der Mirai geht die XR-X jedenfalls eindeutig als Sieger hervor. Dem fehlenden Autofokus stehen auf der Habenseite der XR-X eine vielseitigere Programmautomatik und die Spotmessung gegenüber.
Fazit: Das Endergebnis im großen Duell Bridge gegen SLR lautet einmal unentschieden und zwei klare Siege nach Punkten für die reinrassigen Spiegelreflexkameras. Bridgekameras sind weder preiswert noch narrensicher. Einzig die Olympus AZ-300 konnte sich gegenüber der hauseigenen Rivalin Olympus OM-707 in einigen Disziplinen behaupten. Für den einen Benutzer mag Autofokus schwerer wiegen als das Wechselobjektiv. Er möge sich getrost nach einer Bridge umschauen. Engagierte Fotografen fahren besser zweigleisig.
Eine anspruchsvollle, ausbaufähige Spiegelreflex für die Fotografie als Hobby, eine Autofokus-Sucherkamera für die Schnappschüsse und das Familienalbum.

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