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Preiswerter Exote

Reiz und Qualität des größeren Formats schlagen nicht selten mit hohen Anschaffungskosten für Kameras und Objektive zu Buche. Allerdings gibt es bei den Mittelformat-Systemkameras drei preiswerte Ausnahmen: Pentacon Six, Kiev und Kowa Six. Die japanische Kamera ist gebraucht günstig zu haben und vermittelt das Flair weit teurerer Kameras.

Die Kamera liegt satt und schwer in der Hand des Fotografen. Das massive Ganzmetallgehäuse vermittelt den Eindruck unerschütterlicher Stabilität und Robustheit, den die gedrungene Form noch unterstreicht. Wenn das dumpfe, etwas schwerfällige Auslösegeräusch ertönt, glaubt man eine Hasselblad zu hören.

Kowa? - nie gehört

Auch sonst gibt es ein paar Parallelen zur 500 C/M, der schwedischen Nobelmarke, seien es Konstruktion und Objektive, oder sei es die Form des Lichtschachtsuchers, der mit seiner markant nasenförmigen Erhebung gerade in der Chrom-Version an die Schwedenkamera erinnert. Ältere Kowa-Modelle verleugnen ihr Vorbild selbst bei der umständlichen Bedienung des Lichtschachts nicht. Wie war doch gleich der Name - Kowa? Nie gehört', so lautet sicher manch' stereotype Antwort von eingefleischten Kleinbildfotografen.
Kowa hat inzwischen den Bau von Kameras aufgegeben und fertigt nur noch Fernrohre und Astroteleskope. Insider munkeln, die Kameras seien zu gut und zu preiswert gewesen. Auf dem deutschen Markt gab Kowa nur ein relativ kurzes Gastspiel von noch nicht einmal zehn Jahren, offenbar zu gering, um im Gedächtnis der Fotografen haften zu bleiben. Die Firma Optica in Hamburg hatte die Kowa-Vertretung und warb offensiv, wenn auch mehr für sich selbst als für die Kamera: "Optimal mit Optica".
Preiswürdigkeit war heausragendes Merkmal der japanischen Mittelformat-Kameras. Das Einsteigermodell Six Standard kostete 1975 nur etwas mehr als 1100 Mark, inklusive Standardobjektiv 2,8/85 mm, was damals dem Gegenwert einer Minolta XE-1 entsprach. So teuer waren Kleinbildkameras früher!
In der Modellhierarchie weiter oben rangiert die damals 1300 Mark teure Kowa Six MM mit Mehrfachbelichtungs-Möglichkeit und Spiegelvorauslösung. Wechselmagazin haben nur die beiden Spitzenmodelle Kowa Six II und Kowa Super 66 zu bieten, deren Benennung je nach Exportmarkt mal so oder so ausfiel. Bei den jüngeren Typen ob 1975 hieß die Version in "profischwarz" auf dem deutschen Markt Super 66, Komplettpreis damals: ca. 2000 Mark. Der besondere Clou bei den Wechselmagazin-Kowas ist die automatische Magazin-Verschlußklappe, der lästige Schieber entfällt. Eine ähnlich praxisgerechte Lösung offerierte Rollei zehn Jahre später bei der 6006. Acht preiswerte Wechselobjektive vom 19-mm-Fisheye bis zum 500er Tele sowie zahlreiches preiswertes Systemzubehör, unter anderem mit TTL-Lupenlichtschacht, rundeten das Kowa-Programm ab, das für Profis nicht selten die preiswerte Alternative zur Hasselblad darstellte.
Dazu der Werbetext von damals: "Mit jedem Teil dieser perfekten Systemkameras sparen Sie Geld. Bis zur kompletten 6x6-Ausrüstung ist der Gegenwert eines Autos herausgesprungen. Wann beginnen Sie mit dem Kowa-Systemsparen".

Preiswerter Hasselblad-Ersatz

Fotografenmeister Alfred Evers aus dem rheinischen Viersen nahm diese Aufforderung wörtlich. Er entschied sich für eine umfangreiche Kowa-Ausrüstung, die ihm seit Jahren treu dient. Kommentar des Meisters: "Die Hasselblad kann auch nicht mehr.'
Auf dem Gelegenheiten-Markt werden Kowa-Kameras zwar nicht sehr häufig, dafür aber recht preisgünstig angeboten. Der Interessent sollte dabei den Modellen ohne Wechselmagazin den Vorzug geben, weil damit eine potentielle Störquelle entfällt und weil die Standardkameras in Amateurhand meist besonders geschont wurden. Für eine gut erhaltene (Zustand AB) Kowa Standard mit Objektiv müssen etwa 700 Mark angelegt werden. Populäre Wechselobjektive wie das 3,5/55 mm und das 3,5/150 mm schlagen noch einmal mit je 500 Mark zu Buche. Technisch kann den robusten Mittelformatkameras eine Unbedenklichkeitsbescheinigung attestiert werden, dank robuster Mechanik ist sie im Folie eines Falles auch noch leicht zu reparieren.

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