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Report
Nikon F-801
Dreimal Weltrekord
Gleich die erste Neuvorstellung von Nikon im photokina Jahr 1988 war ein Paukenschlag. Mit der neuen Nikon F-801 rechtfertigte der japanische Kamerahersteller wieder einmal seine Führungsrolle im Bereich hochwertiger Spiegelreflexkameras und schockte damit die gesamte Branche. Wahrend alle anderen auf den Wachstumsmarkt der kompakten Zoom-Kameras setzten, kam Nikon mit einer echten Autofokus-Spiegelreflex-Sensation. Mit der neuen Nikon F-801 erhält die anspruchsvolle Fotografie endlich die langerwarteten und bitter nötigen neuen Impulse.
Es war das bestgehüteste Geheimnis des Jahres. Außer den vagen Andeutungen und Absichtserklärungen von Nikons General Manager Tatsuo Fuji bei dem Besuch von COLOR FOTO Anfang des Jahres in Tokio waren über die neue Spitzenkamera der Nikon Autofokus-Spiegelreflexreihe keinerlei Informationen durchgesickert. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet und das Warten hat sich gelohnt. Endlich kommt wieder eine Spiegelreflexkamera auf den Markt, über deren Ausstattung man ins Schwärmen geraten kann.
Da sind zunächst einmal der schneller und empfindlicher gewordene Autofokus, das verbesserte Matrix-Belichtungsmeßsystem, die 1/8000 Sekunde als schnellste Belichtungszeit, die ausgeklügelten automatischen Blitzgelichtungssteuerungen, der schnelle, eingebaute Motor für 3,3 Bilder pro Sekunde, der High-Eyepoint-Suchereinblick, die Verwendbarkeit herkömmlicher Nikon Objektive und nicht zuletzt das Design, das hervorragende Handlichkeit verspricht.
Das Autofokus-System
Ähnlich wie bereits die Nikon F-401 arbeitet auch die neue Nikon F-801 mit einem verbesserten AM-200 Phasendetektion-System. Ein optischer Block mit 200 hochsensiblen CCD-Sensoren, die größte Anzahl in AF-Kameras überhaupt, ist das Herzstück des Nikon Autofokus-Systems. Die Überlegenheit dieses Sensors gegenüber anderen Systemen liegt in seiner höheren Empfindlichkeit, die automatisches Scharfstellen selbst bei Lichtverhältnissen ermöglicht, bei denen andere Kameras längst aufgeben. Technisch ausgedrückt: Das AF-System funktioniert bis EV-1 einwandfrei. In der Praxis bedeutet das: Automatisches Scharfstellen ist sogar noch bei einer Beleuchtung mit Kerzenlicht möglich. Die entscheidende Verbesserung gegenüber der etwas langsamer reagierenden F-401 liegt in der neuen Software des in der Nikon F801 eingebauten 8-bit Mikrocomputers, der die Fokussierdaten schneller verarbeitet und sie zur schnellsten Autofokus-Kamera der Welt macht. Drei Computer arbeiten in dem Autofokus-System zusammen. Zwei davon befinden sich in der Kamera, einer jeweils in den Objektiven. Der Fotograf kann auch bei der neuen Nikon F-801 zwischen Schärfenpriorität und Auslösepriorität wählen. Bei Schärfenpriorität wird die eingestellte Entfernung solange gespeichert, wie der Auslöser halb gedrückt wird. Bei Auslösepriorität mit ständigem Autofokus kann die erreichte Schärfe durch eine kleine, griffgünstig plazierte Taste festgehalten werden. Sie befindet sich an der Vorderseite der Kamera rechts unten, neben dem Bajonett. Sie dient auch als Schärfespeicher, wenn in der
Funktion Schärfenpriorität mehrere Aufnahmen mit der gleichen Entfernungseinstellung gemacht werden sollen. Auch Nikon hat jetzt die Schärfenfalle für sich entdeckt. Allerdings ist diese Sonderfunktion, bei der die Kamera automatisch auslöst, sobald ein Objekt die vorgewählte Schärfenebene erreicht, nur in Kombination mit der als Zubehör lieferbaren MF-21 Multifunktionsrückwand möglich. Für den AF-Antrieb wird ein kernlosen Motor, verwendet. Kernlose Motoren erlauben bei gleicher Leistung eine kompaktere Bauweise gegenüber herkömmlichen Typen. Sie lassen sich schneller beschleunigen und stoppen und gestatten so eine höhere Steuergenauigkeit. Auch an die Kompatibilität wurde gedacht: Für die Verwendung von Objektiven mit manueller Scharfstellung bietet die Nikon F-801 eine elektronische Schärfenanzeige im Sucher.
Das Matrix-Belichtungsmeßsystem
Zwei unterschiedliche Meßsysteme stehen dem Benutzer der Nikon F-801 zur Verfügung: Die mittenbetonte Messung, bei der das Meßfeld der Bildmitte mit 75% und das Umfeld mit 25% berücksichtigt werden und die Matrixmessung, bei der das Bild in Segmente von 5x5 Feldern aufgeteilt wird. Bereits 1983 hat Nikon die Matrixmessung eingeführt und seither ständig verbessert. Sie wurde erfunden, um auch Motive mit unterschiedlich hellen Partien meistern zu können. Durch den Einbau eines noch leistungsfähigeren Computers in die F-801 und die verbesserte Software konnte die Effektivität dieser Meßmethode für diffizilste Lichtverhältnisse noch einmal gesteigert werden, Bei aller Automatik hat der Benutzer der Nikon F-801 jedoch jederzeit die Möglichkeit manuell einzugreifen, um seine individuellen Gestaltungswünsche zu realisieren. Das kann wahlweise sowohl durch Umschaltung auf manuellen Betrieb als auch durch die Korrektur der Belichtungsautomatik erfolgen. Auch Manipulationen über die ISO-Einstellung sind möglich.
Die Matrixbelichtungsmessung ist nur mit Nikon AF-Objektiven oder Objektiven mit eingebautem Computer, wie etwa das F4/500 mm IF P, möglich. Bei herkömmlichen Objektiven wird immer mittenbetont gemessen.
Die Belichtungssteuerung
Insgesamt fünf Belichtungsprogramme stehen bei der Nikon F-801 zur Auswahl: Die Dual-Programm-Automatik mit Normal- und Kurzzeitprogramm sowie Programmshift, Zeitautomatik, Blendenautomatik und manuelle Einstellung von Verschlußzeit und Blende.
Die Dual-Programm-Automatik steuert die Kamera automatisch in Abhängigkeit von der Brennweite des verwendeten Objektivs. Das Normalprogramm tritt in Kraft, wenn Objektive mit kürzerer Brennweite als 135 mm angesetzt werden. Bei längeren Brennweiten schaltet die Kamera automatisch auf das Kurzzeitprogramm um. Das Verhältnis Blende/Verschlußzeit kann durch manuellen Programmshift in ganzen Stufen verändert werden, um wahlweise kürzeren Zeiten oder kleineren Blenden den Vorzug zu geben.
Die korrekte Belichtung bleibt in jedem Fall erhalten. Kurzzeit- oder Normalprogramm können auch manuell, unabhängig von der eingesetzten Brennweite vorgewählt werden, so daß im Grunde genommen drei Programmautomatiken zur Verfügung stehen: Das Normalprogramm, das Kurzzeitprogramm und das Dualprogramm mit automatischem Shift. Jedes der drei Programme kann zusätzlich manuell geshiftet werden. Natürlich kann mit der Nikon F801 auch mit Blenden- oder Zeitautomatik oder mit manueller Steuerung fotografiert werden. Bei der manuellen Einstellung zeigen Sucher und LCD-Monitor stets die Abweichung der Einstellung von dem aktuellen Meßwert der Kamera in Drittelstufen an.
Die Möglichkeit zu Mehrfachbelichtungen ist für eine Kamera dieser Klasse eine Selbstverständlichkeit. Die F-801 bietet aber auch hier etwas Besonderes. Der Fotograf kann die Anzahl der Belichtungen, die er auf ein Bildfeld machen möchte, vorwählen. Auf dem LCD-Monitor wird die verbleibende Anzahl der Belichtungen angezeigt. Das ist beispielsweise für Aufnahmen von Feuerwerken oder bei Studien von Bewegungsabläufen von entscheidender Bedeutung, zumal sich die Doppelbelichtung mit der Serienschaltung der Kamera kombinieren läßt.
Eine weitere Kombination der Mehrfachbelichtungs-Funktion ist die Auto-Bracketing Einrichtung. Leider ist diese auch nur, wie die Fokus-Falle, mit der Multifunktionsrückwand MF-21 möglich. Die Yashica 230, die wohl die stärkste Konkurrenz zur F-801 darstellen wird, hat diese Funktionen eingebaut. Trotzdem hat die Nikon auch hier einen Trumpf im Ärmel, denn mit ihr sind automatisch bis zu 19 Bilder umfassende Belichtungsreihen mit vorgewählter Belichtungsdifferenz von halben- oder dritten Stufen machbar.
Weltrekord: schnellste Verschlußzeit 1/8000 Sek.
Mit 1/8000 Sek. als schnellste Verschlußzeit ist die Nikon F-801 doppelt so schnell wie die zur Zeit schnellsten Kameras der Konkurrenz. Der Verschluß ist eine völlige Neuentwicklung, bei der die hohe Ablaufgeschwindigkeit durch neuartige Aluminiumlamellen und eine verbesserte Mechanik erreicht wurde. Dadurch wird auch die schnelle Blitzsynchronzeit von 1/250 Sek. für Tageslichtblitzen möglich. Insgesamt lassen sich an der F-801 19 verschiedene Verschlußzeiten und B einstellen. Neben der schnellsten Verschlußzeit von 1/8000 Sek. sorgt der eingebaute, superschnelle Motor für den Filmtransport für einen weiteren Weltrekord. Mit 3,3 Bildern pro Sekunde ist er derzeit der schnellste seiner Art. Der Fotograf kann zwischen Einzelbildschaltung und Serienaufnahmen von 2, beziehungsweise 3,3 Bildern pro Sekunde wählen. Beider Rückspulung wird der Film normalerweise ganz in die Patrone zurückgezogen. Das verhindert, daß ein Film versehentlich zweimal belichtet wird.
Beim Nikon Kundendienst kann die F-801 aber so umprogrammiert werden, daß der Filmanfang noch der Rückspulung noch ein Stück aus der Patrone herausragt.
Insgesamt verwendet die Nikon F-801 drei leistungsstarke, kernlose Motorantriebe für alle Funktionssteuerungen. Neben dem AF-Motor zur Steuerung der Scharfeinstellung an den Objektiven dient ein weiterer für den Transport und die Rückspulung der Filme. Der dritte Motor übernimmt die Kontrolle der mechanischen Funktionen wie Öffnen und Schließen der Blende, Bewegung des Schwingspiegels und Spannen des Verschlusses.
Raffinierte Blitztechnik
Auch bei der automatischen Blitzsteuerung läßt die neue Nikon keine Wünsche offen. "Cybernetic Sync" heißt das neue Zauberwort der Nikon Ingenieure. Darunter ist die automatische Steuerung von Verschlußzeit und Blende beim Blitzen in Abhängigkeit von den gegebenen Lichtverhältnissen gemeint. Mit dem Nikon Speedlight SB 24 sind folgende Automatiksteuerungen beim Blitzen möglich:
1. Matrix-Aufhellblitzsteuerung.
2. Mittenbetonte Aufhellblitzsteuerung.
3. Matrix-TTL-Blitzsteuerung.
4. Mittenbetonte TTL-Blitzsteuerung.
Im ersten Fall werden Beleuchtungsunterschiede von Vorder- und Hintergrund durch den Aufhellblitz automatisch ausgeglichen. Vorder- und Hintergrund werden ähnlich, aber nicht gleich belichtet, so daß ein natürlicher Effekt entsteht. Beim Aufhellblitzen mit mittenbetonter Messung legt die Kybernetik-Steuerung der F-801 die Blitzstärke auf 2/3 Blendenstufen unter dem normalen Wert fest, so daß der Aufhell-Effekt immer minus 2/3 Blende hat. Das ist ein großer Unterschied zur Matrix-Aufhellung, bei der der Helligkeitsausgleich variieren kann. Bei der Matrix-TTL-Blitzsteuerung kann der Fotograf den Unterschied zwischen Vorder- und Hintergrundbeleuchtung vorwählen. Dabei kann der Unterschied zwischen +1 bis -3 Blenden liegen.
Die TTL-Blitzsteuerung mit Mittenbetonung erlaubt dem Fotografen zunächst einmal, die nötige Belichtung für den Hintergrund zu ermitteln und dann die Aufhellblitzstärke festzulegen. Dabei hat er die Wohl von einer Differenz zwischen Vordergrund- und Hintergrundbelichtung von +1 bis -3 Blendenstufen.
Eine Alternative ist selbstverständlich auch hier die manuelle Blitzsteuerung. Die vollautomatische Matrix-Aufhellblitzsteuerung arbeitet mit allen Belichtungsprogrammen. Bei Programmautomatik hat die schnelle Synchronzeit von 1/250 Sek. Vorrang. Doch wenn die Blende vollgeöffnet werden muß, wird die Verschlußzeit auf 1/60 festgelegt. Beim Blitzen mit Blendenautomatik kann der Fotograf eine Synchronzeit zwischen 1/250 und 30 Sek. wühlen. Die Blende wird automatisch zwischen 2,8 und der kleinsten Objektiv-Öffnung eingestellt. Diese Einstellung ist zum Beispiel ideal bei Nachtszenen mit Leuchtreklamen und einem aufgeblitzten Vordergrund. Wird mit Zeitautomatik geblitzt, wählt der Fotograf die Blende vor und die Kamera stellt automatisch die dazu passende Verschlußzeit zwischen 1/60 und 1/250 Sek. ein.
Bei Blendenautomatik und manueller Blitzsteuerung, schaltet die Kamera automatisch auf 1/250 um, wenn eine schnellere Zeit vorgewählt wurde. Auch Nikon bietet jetzt die Möglichkeit der Blitzsynchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang. Das heißt, der Blitz löst erst unmittelbar bevor sich der zweite Vorhang zum Schließen des Bildfeldes in Bewegung setzt aus und nicht wie üblich schon in dem Moment, wo der erste Vorhang das Bildfeld freigibt. Dadurch erscheinen bei langen Synchronzeiten die Leuchtspuren eines bewegten Gegenstandes im Bild hinter und nicht vor ihm. Sinnvoll ist auch die Möglichkeit, den Zeitvorlauf für den Selbstauslöser zwischen 2 und 30 Sekunden vorzuwählen. Das erspart für viele Falle den Drahtauslöser. Eine inzwischen übliche Einrichtung ist der Selbstauslöser mit wahlweise zwei Belichtungen im Abstand von fünf Sekunden.
Übersichtliche Kontrollanzeigen
Die Nikon F-801 besitzt einen sogenannten High-Eyepoint-Sucher, wie man ihn von der F3 her kennt. Dieser Suchertyp erlaubt die Betrachtung des gesamten Sucherbildes aus einem Abstand bis zu 19 Millimetern. Das ist vor allem für Brillenträger eine angenehme Sache. Zusätzlich gibt es Korrekturlinsen für den Dioptrienausgleich. Die Einstellscheiben sind auswechselbar. Drei stehen zur Auswahl. Neben der Standardscheibe mit den Meßfeldern für Autofokus und mittenbetonte Belichtungsmessung werden eine Gitterscheibe und eine Einstellscheibe mit Mikroprismenring angeboten. Alle wichtigen Funktionen werden übersichtlich auf einem automatisch beleuchteten LCD-Display unterhalb des Sucherbildes angezeigt. Dazu gehören Schärfenindikation, Betriebsart, Verschlußzeit/Filmempfindlichkeit, Blende, Belichtungskorrektur, Abweichung der eingestellten Werte von den Meßdaten und Blitzladesignal. Die Einstellung der Kamerafunktionen erfolgt nun auch bei Nikon über Tasten in Kombination mit einem Eingabe-Rad. Hier hat sicherlich das wirklich nachahmenswerte Multifunktionsrad von Canon als Vorbild gedient. Mit dem bei der Nikon F-801 rechts oben auf der Kamera positionierten Einstellrad lassen sich durch Drehung mit dem Daumen alle Eingaben vornehmen. Die korrekte Eingabe laßt sich auf dem übersichtlichen LCD-Monitor jederzeit kontrollieren. Damit man nicht ins Schwimmen kommt, wenn Sonderfunktionen wieder aufgehoben werden sollen, gibt es eine schnelle Möglichkeit, wieder auf das Normalprogramm zurückzuschalten. Dazu braucht der Fotograf nur die "Mode"- und die "Drive"-Tasten gleichzeitig zu drücken. Und schon kann man mit der F-801 so unbeschwert fotografieren, wie mit einer Sucherkamera. Doch dazu ist die Neue von Nikon eigentlich viel zu schade. Obwohl die Nikon F801 durchaus auch professionelle Anforderungen erfüllt, ist sie noch nicht die Nachfolgerin der Nikon F3 Profikamera. Diese wird in den nächsten Monaten, spätestens aber zur photokina erwartet. Man darf gespannt sein, was sich die Nikon Ingenieure über die F801 hinaus noch alles haben einfallen lassen.
Plus
+ Schneller, sensibler Autofokus
+ Bequemer Suchereinblick übersichtliche Sucheranzeigen
+ Bequemes Einstellrad
+ Matrixmessung für Blitz und Dauerlicht
+ Schneller Filmtransport
Minus
- Schärfenfalle und Auto-Bracketing nur mit Zubehör möglich.
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