← Zurück

Artikel

Sammlerkamera des Monats

Rollei SL35

Konzentration auf das Wesentliche

Rollei-Kameras sind unter Sammlern und Liebhabern längst ein Begriff. An der Spitze der Beliebtheitsskala stehen naturgemäß die Zweiäugigen und die kompakten 35 Modelle mit herausziehbarem Objektivtubus. Im Schatten dieser Rollei-Originale müssen die Kleinbild-Spiegelreflexkameras der Braunschweigen Marke leben, deren konventionelle Technik den Führungsanspruch von Rollei etwas vermissen ließ. Dennoch sind einige Modelle für Liebhaber durchaus reizvoll.

Erst spät, nämlich 1970 erkannte Rollei-Chef Dr. Heinrich Peesel den Trend zur Kleinbild-Spiegelreflexkamera. Im Debütjahr der Rolleiflex SL 35 hatten die Japaner, allen voran Minolta und Canon, schon erhebliche Marktanteile in dieser Kameraklasse erobert. Peesel wollte für sein gigantisches Werk in Singapur "die Japaner mit ihren eigenen Waffen schlagen" ein stückzahlintensives Modell. Es mußte den typischen Rollei-Qualitätsstandard repräsentieren, Objektive von Carl Zeiss und Schneider-Kreuznach sollten dies unterstreichen. Allerdings bot die Rolleiflex SL 35 nichts Aufsehenerregendes. Im Gegenteil, eigentlich war sie schon damals veraltet, denn die Belichtung mußte der Fotograf über Arbeitsblendenmessung ermitteln. Eine separate Meßtaste neben dem Auslöser wies darauf hin. Trotzdem ist die SL 35 eine liebenswerte Kamera, sie ist bemerkenswert kompakt und liegt daher ungewöhnlich gut in der Hand. Äußerlich erinnert sie etwas an die Pentax Spotmatic, von ihr hat sie auch die Philosophie von der Konzentration auf das Wesentliche übernommen. Technische Spielereien sucht man an dieser Kamera vergebens. Sogar der Blitzschuh war ursprünglich nicht vorgesehen. Ein Bajonett ermöglicht im Gegensatz zur Spotmatic einen schnellen Objektivwechsel, die Zeiss- und Schneider-Kreuznach-Palette war eher bescheiden. Es gab zunächst nur Festbrennweiten von 25-200-mm-Brennweite, die später um ein Fisheye und zwei hochlichtstarke Leckerbissen erweitert wurden (Distagon 1,4/35 mm und Planar 1,4/85 mm).

Gesuchte Rarität Rolleiflex SL 350

Zuerst wurde die SL 35 in Braunschweig produziert, ab 1972 verlagerte Heinrich Peesel die Fertigung nach Singapur. Die Rollei-Techniker beseitigten mit dem außerordentlich seltenen Nachfolgemodell SL 350 den Kritikpunkt der Arbeitsblendenmessung. Die 350 ist äußerst rar und daher heißbegehrt. Sie wurde bereits sehr schnell noch Erscheinen von einer neuen Spiegelreflexkameralinie verdrängt, die aus den Schubladen der damals übernommenen Zeiss-Ikon-Voigtländer-Gruppe stammte. Die Stuttgarter Techniker hatten nämlich einen Zeitautomaten entwickelt und ein mechanisches Schwestermodell dazu, basierend auf dem gleichen Grundgehäuse, schien eine rationelle Produktion zu garantieren.

Mit Vorsicht zu genießen: Modelle SL 35 M und ME

Daß die geerbten Kameras klobig, schwer und unhandlich waren, schien keinen zu stören. Eher fiel da schon die bisweilen miserable Qualität unangenehm auf, die zu enormen Reklamationsquoten führten. Gerade die SL 35 ME mit der Zeitautomatik - besonderes Kennzeichen ist die Energieversorgung über vier Knopfzellen - entpuppte sich als großer Versager, wahrend sich die mechanische SL 35 M als recht zuverlässig erwies, obwohl das Finish bei beiden enttäuschte. Kaum ein Sammler mag die Kameras anrühren, auch wenn der Name Rollei immer noch für einen Preis von 150-180 Mark garantiert. Schon zwei Jahre später, nämlich 1978 feierte notgedrungen das Nachfolgemodell SL 35 E - Premiere. In Design und Ausmaßen an die SL35 erinnernd. Auch die Qualität von Technik und Verarbeitung orientiert sich wieder deutlich an dem Urmodell der Gattung, wenn auch der Verschluß des Zeitautomaten elektronisch gesteuert wird. Gewöhnungsbedürftig ist allenfalls der schwergängige Auslöser. Ansonsten präsentiert sich die Kamera als ernstzunehmende Alternative zu japanischen Konkurrenzmodellen. Für viele ist die Anschlußmöglichkeit der Carl Zeiss-Objektive ein gewichtiges Argument. Preiswerter als über eine gebrauchte Rollei SL 35 kommt man allenfalls über eine Yashica in den Genuß dieser Objektive.

{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}