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Sammlerkamera des Monats

Voigtländer Prominent

Adel verpflichtet

Die Voigtländer Prominent machte als erste 35mm-Zentralverschlußkamera mit Wechselobjektiv Geschichte. Als technischer Leckerbissen sollte sie gegen die Contax- und Leica-Konkurrenz antreten, zum vergleichsweise populären Preis. Sie kostete mit dem Ultron 1953 etwa 500 Mark. Ein Verkaufsrenner wurde die Prominent trotzdem nicht, aber eine reizvolle Alternative zu den beiden Edelmarken ist sie für Sammler und Liebhaber allemal.

Die Kamera-Prominenz der fünfziger Jahre war eine elitäre Gesellschaft. Um sie aufzuzählen, reichen die Finger einer Hand. Leica M3, Contax IIIa, Linhof Technika, Rolleiflex 2,8E und die Voigtländer Prominent. Daß der Ruhm der einst begehrtesten Voigtländer-Kamera inzwischen verblaßte, beweist die Tatsache, daß nur wenige die Kamera heute noch kennen. Dabei kann die Prominent als echter Geheimtip gelten. Gerade im gutem Zustand vermag sie eine ähnliche Faszination auszustrahlen wie eine Contax oder Leica der damaligen Zeit. Genau wie jene kann sie als echte Systemkamera gelten. Voigtländer bot reichliches Zubehör an, die Objektive ließen sich selbstverständlich wechseln, sogar einen Spiegelkasten für Makrofotos und extreme Fernaufnahmen gab es zu erwerben. Dem Schlitzverschluß, wie ihn Leica und Contax verwendeten, schwor man in Braunschweig allerdings ab. Der leise und kompakte und für alle Blitzzeiten synchronisierte Synchro-Compur-Verschluß übernahm bei der Prominent die Funktion der Lichtschleuse, selbstverständlich mit Selbstauslöser. Als Normalobjektiv kamen drei Voigtländer-Rechnungen zum Einsatz. Das vierlinsige Standardobjektiv Color-Skopar 3,5/50mm, das weit verbreitete und hervorragende Ultron 2/50mm und das Prestige-Objektiv Nokton 1,5/50mm. Letztes ist zwar teuer und begehrt, kann es aber in der Abbildungsqualität nicht ganz mit dem Ultron aufnehmen. Obwohl Sammler und Liebhaber den Zustand einer solchen Kamera höher bewerten als das Modelljahr, so kann man doch auch bei der Prominent anhand einiger typischer Merkmale Rückschlüsse auf das Alter ziehen. Die ersten Modelle von 1951 haben noch den bis 1/400 Sekunde schnellen Compur-Rapid-Verschluß eingebaut. Auch fehlt der Zubehörschuh auf der Oberseite. Statt dessen breitet sich dort der Schriftzug Prominent' in voller Schönheit aus. Wenig später führten die Braunschweiger dann den Synchro Compur-Verschluß mit der 1/500 Sekunde ein. Die nach 1954 gebauten Modelle der Prominent I besitzen bereits einen Schnellschalthebel. Größere Veränderungen und Verbesserungen führte Voigtländer erst ab 1959 beim sehr seltenen Nachfolgemodell Prominent II ein. Augenfälligstes Merkmal der nicht mehr ganz so formschönen Kamera ist der neue brillante 1:1 Durchsichtssucher mit Leuchtrahmen, der das unübersichtliche Guckloch des ersten Modells ablöst. Außerdem sind die Bildfeldbegrenzungen der wichtigsten Modelle eingespiegelt. Beide Prominent-Typen besitzen einen Mischbildentfernungsmesser, der mit der Entfernungseinstellung des Fokussierknopfes an der Kameraoberseite gekuppelt ist. Damit sind wir bei einer weiteren konstruktiven Besonderheit der Prominent angelangt. Die Scharfeinstellung übernimmt nicht -wie üblich der Schneckengang im Objektiv, sondern ein Balgen im Kameragehäuse. Bei den Objektiven kann deshalb die Scharfeinstellung entfallen. Auch der Verschluß befindet sich fest eingebaut hinter dem Bajonett für Normalobjektive. Die Brennweiten werden über den gesamten Fronttubus gestülpt und mit einer Art Außenbajonett außen arretiert. Geniestreich der Konstrukteure, um die Objektive vom Verschluß und von der Einstellschnecke zu entlasten. Eine sehr gut erhaltene Prominent 1 mit Ultron 2/50 ist schon für rund 400 Mark zu haben. Der Synchro-Compur-Verschluß kann bei Verharzung auch heute noch problemlos gereinigt und instandgesetzt werden. Das Modell II ist rar und entsprechend teuer, ein Aufschlag von 200 Mark muß in Kauf genommen werden. Zubehör gibt es ebenfalls nicht gerade reichlich. Mit den beiden direkt ansetzbaren Objektiven Skoparon 3,5/35mm und Dynaron 4,5/100mm, die hin und wieder im einschlägigen Gebrauchthandel auftauchen, ist man allerdings schon bestens gerüstet. Doch um den genauen Bildausschnitt festlegen zu können, empfiehlt sich der Turnit-Aufstecksucher mit einstellbarem Parallaxenausgleich. Bei ihm kann man die Einblickrichtung umkehren, so daß einmal der 35-mm-Bildwinkel und dann der 100mm-Bildausschnitt sichtbar wird. Die Voigtländer Prominent verkörpert mit ihrem soliden Messinggehäuse ein gutes Stück echter Kamerawertarbeit und wartet zudem noch mit konstruktiven Finessen auf. Dies vermag zusammen mit den günstigen Gebrauchtpreisen darüber hinwegzutrösten, daß nicht Leitz oder Contax auf der Oberseite eingraviert ist.

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