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Beratung
Außenseiter mit Medaillen-Chancen
Kaufberatung Autofokus-Alternativen
Autofokus auf der Überholspur. In der Klasse der hochwertigen Spiegelreflexkameras hat sich die Scharfstellhilfe einen dominierenden Platz erobert und sie schickt sich an, die Ziellinie zu überschreiten. Auf der Strecke blieben dabei viele bemerkenswerte konventionelle Kameras, die vom Modellsterben dahingerafft wurden wie von einer plötzlichen Seuche. Die technische Evolution verlangt ihre Opfer. Berühmte Namen wie Olympus OM-1, Canon A-1 oder Nikon FA stehen auf der Sterbetafel. Dennoch gibt es einige bemerkenswerte Kameras, die überlebt haben und die auch ohne Autofokus oder gerade wegen der fehlenden automatischen Scharfeinstellung Beachtung verdienen.
Gäbe es einen Preis für die ungewöhnlichste Kleinbildkamera, die Rolleiflex 3003 hätte beste Aussichten, diese Auszeichnung verliehen zu bekommen. Obwohl sie samt Vorgängermodell SL2000F nun schon seit 1981 auf dem Markt ist, wirkt die Rollei immer noch so aufregend anders wie am ersten Tag. Daran hat das kubisch gestaltete Gehäuse, dessen Handhabung stark an eine Mittelformatkamera erinnert, ebenso Anteil wie das Wechselmagazin-Konzept und die zwei eingebauten Sucher. Rollei schuf mit dieser Kamera endlich eine konstruktive Alternative zum weltweit beherrschenden und kaum veränderten Leica-Konzept. Die Rolleiflex 3003 verlangt vom Benutzer allerdings eine gewisse Eingewöhnung, bis alle Bedienungsgriffe vom unkonventionellen Filmeinlegen bis zur richtigen Haltung der Kamera sitzen. Die drei am Gehäuse befindlichen Auslöser und die Griffschlaufe erleichtern diese zwar, doch will sich zunächst eine Art Fremdkörpergefühl in der Hand des Fotografen einstellen, das erst nach einigen belichteten Filmen einer narrensicheren Vertrautheit weicht. Diese Kamera braucht mehr als die anderen vier dieser Kaufberatung die innere Überzeugung des Benutzers, er muß sich mit ihrem Konzept voll und ganz identifizieren können, sonst wird er trotz leistungsfähiger Zeiss-Objektive und einer kompletten Ausstattung, die den hohen Preis vergessen läßt, nicht glücklich mit ihr.
Frei von solch tiefschürfenden Überlegungen dürfte der Contax-167-MT-Interessent sein. Wenn eher nüchtern das Preis-Leistungsverhältnis abgewägt wird, ist sie die erste Wahl unter den fünf Autofokus-Alternativen. Diese Kamera steht mit ihren technischen Merkmalen fest im Zeitalter der neuen Generation, das einzige was ihr fehlt ist der Autofokus. Ansonsten verfügt sie über alle Merkmale modernen Spiegelreflexkamerabaus und bietet darüber hinaus noch jenes spezielle Charisma, das sie in dieser Gruppe von Individualisten bestehen läßt.
Die Contax bietet viel
Eine Dreifach-Programmautomatik neben Zeit- und Blendenautomatik wird unterschiedlichen Motivsituationen genauso gerecht wie die Umschaltbarkeit von Integral- und Spotmessung. Technischer Standard von heute, so ist der nüchterne Betrachter versucht zu sagen, ansonsten nichts besonderes. Dennoch erfreut den praxisorientierten Fotografen, daß die Contax-Konstrukteure, statt umständliche "moderne" Tipptasten-Fummelei hinzunehmen, in erster Linie auf logisch angeordnete und gut zu bedienende konventionelle Schalter geachtet haben.
Die Contax 167 MT ist sehr gut verarbeitet, sie liegt, trotz ihres nicht gerade geringen Gewichts noch gut in der Hand und besticht durch ihren leisen Betrieb. Allerdings fragt man sich mit Recht, ob mit dem eingebauten Automatic-Bracketing-Control, das selbsttätig eine Belichtungsreihe von drei Bildern mit exaktem sowie mit um eine halbe Blendenstufe höherem und niedrigerem Belichtungswert macht, die Grenze zur bloßen technischen Spielerei nicht schon überschritten ist. Zumal die Contax diesen Ausstattungsgag gar nicht nötig hat. Dank der vielen Belichtungsprogramme kann sie allen denkbaren Belichtungssituationen gerecht werden.
Verglichen mit der Rolleiflex 3003 und erst recht mit der Contax 167 MT kann die Pentax LX nicht verleugnen, daß sie bereits auf der photokina 1980 ihr Debüt feierte. An ihr wirkt äußerlich nichts spektakulär. Sie trägt das Tarnkleid der Funktionalität. In dieser Gruppe der verkannten Größen spielt die LX ihren Part hervorragend, mehr Understatement ist zum recht stolzen Komplettpreis von rund 1800 Mark nicht denkbar. Bemerkenswert ist indes was die Pentax-Konstrukteure im relativ kleinen LX-Gehäuse alles unterbrachten. Da wäre als erstes einmal die raffinierte Belichtungsmessung, von Pentax anspruchsvoll IDM - integrierte Belichtungsmessung auf der Filmoberfläche - getauft, zu nennen. Frei nach dem Olympus-typischen autodynamischen Meßsystem wird bei kurzen Belichtungszeiten die Reflexion eines auf den zweiten Verschlußvorhang aufgedampften Rasterbildes, das der durchschnittlichen Filmoberfläche Tausender belichteter Bilder entspricht, gemessen. Bei längeren Verschlußzeiten als 1/75 Sek. mißt die Zelle direkt auf der Filmoberfläche, ebenso natürlich bei der TTL-Blitzsteuerung. Die Vorteile des Prinzips liegen auf der Hand. Die Belichtung erfolgt extrem reaktionsschnell, sogar noch nachdem der Spiegel hochklappt. Fremdlichteinfall durch das Sucherokular findet nicht statt.
Das zweite technische Highlight an der Pentax LX ist der sogenannte elektromechanische Hybrid-Verschluß aus Titanfolie. Bei Batterieausfall hat der Fotograf bei Manualbetrieb nicht wie sonst üblich nur eine mechanische Notzeit zur Verfügung, sondern alle kurzen Verschlußzeiten von 1/2000 Sek. bis herunter zur 1/75 Sek. Ein Jahr später übernahm Canon dieses Prinzip für seine neue F-1 und bewies damit ebenfalls, daß es der Notlösung "Notzeit", praktiziert bei der Nikon F 3, überlegen ist. Daß die LX als echte Profikamera gelten kann, beweisen Ausstattungsmerkmale wie der Wechselsucher, der Rückschwingspiegel und der besondere Gehäuseschutz gegen Staub und Nässe. Von allen fünf Kameras liegt sie am besten in der Hand. Ihre belichtungstechnische Ausstattung ist für heutige Begriffe spartanisch. Zeitautomatik und mittenbetonte Integralmessung sind heutzutage bereits Standard in der 500-Mark-Klasse.
Während es Pentax leider versäumt hat, die LX in einigen Punkten wie Blendenautomatik oder Spotmessung weiterzuentwickeln, tat man dies bei Olympus im Falle der OM-2 mit viel Geschick. Der jüngste Ableger der Kamera, die das autodynamische Meßsystem erstmals einführte, heißt Olympus OM-4 Ti. Die Kamera ist zugleich die letzte Überlebende der traditionellen OM-Reihe, nachdem ein großes Modellsterben OM 2 SP, OM-3, OM-4 und sogar die OM-1 dahingerafft hat. Die Titankappen an der Ober- und Unterseite der Kamera geben der OM-4 Ti ein exklusives Äußeres. Ti-spezifisches Merkmal ist außerdem die Vollzeitsynchronisierung in Verbindung mit dem Linearblitz F-280 von 1 Sek. bis 1/2000 Sek. Aufhellblitzen bei Tageslicht, die Darstellung schneller Action und auch langsamer Bewegung gelingt dadurch besser als mit der herkömmlichen Blitztechnik. Das Herz der OM-4Ti, der Tuchschlitzverschluß, erinnert noch an die OM-2, die zusätzliche Meßwertspeicherung verleugnet zwar die Spontaneitäts-Philosophie der autodynamischen Meßsteuerung, erweist sich aber in der Praxis als wertvoll. Die Kamera bildet aus bis zu acht Spots den Mittelwert, Highlight- und Shadow-Funktion entschärfen auch komplizierte Lichtverhältnisse. Das Olympus-Belichtungsmeßsystem des Zeitautomaten setzt Maßstäbe, wie sie die neuerdings so populäre Mehrfeldmessung nicht erreichten. Auch die Bedienung der verschiedenen Funktionen ist nicht verwirrend, im Sucher wird überdies alles angezeigt. Doch erfordert die genaue Interpretation der LCD-Pünktchen-Kette im Sucherdisplay einige Übung.
Begegnungen der angenehmen Art
Die technischen Voraussetzungen, die für ein gutes Bild erforderlich sind, heißen immer noch Schärfe und richtige Belichtung. Zwei simple Anforderungen, denen man ohne großen technischen Aufwand und ohne komplizierte Bedienung gerecht wird. Die Nikon FM-2 beweist dies auf sehr schlüssige Weise. Kamera pur, ist man versucht zu sagen, und diese knappe Umschreibung paßt denn auch vorzüglich zur Philosophie der Kamera, die nur Wesentliches bietet, aber dies in hoher Qualität. Der mechanisch gesteuerte Verschluß ist aus Titanfolie und auch ohne Chip-Unterstützung in der Lage, eine Verschlußzeit von einer 4000stel Sekunde zu bilden und eine Blitzsynchronzeit von 1/250 Sek. zu realisieren. Drei Leuchtdioden in Verbindung mit gekuppeltem Zeitenknopf und Blendenring genügen, um exakt die richtige Belichtung einzustellen oder besser die gewünschte, um von korrekten auch einmal abzuweichen. Zwei erstaunliche Lehren lassen sich aus dem Umgang mit den bewährten Individualisten ziehen. Zuviel verspielte Technik lenkt den Fotografen von der wesentlichen Funktion einer Kamera ab, nämlich für Schärfe und korrekte Belichtung zu sorgen. Wirkliche Handlichkeit hat nichts mit überdimensionierten Handgriffen und vermeintlichem Ergonomiedesign zu tun.
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