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Artikel

1996

Beratung

Zehn Kompakte

Marktübersicht Sucherkameras mit Zoomobjektiv

Autofokus-Sucherkameras werden immer raffinierter. Sie dringen immer tiefer in das angestammte Spiegelreflex-Revier der kreativen Fotografie ein. Mit fest eingebauten Zoom-Objektiven, die kreativen Möglichkeiten erweitern, eroberten sie sogar die letzte Domäne der Spiegelreflexfotografie.

Bildgestaltung durch verschiedene Brennweiten, das war es, was der narrensicher zu bedienenden Autofokus-Sucherkamera über Jahre hinaus fehlte. Die Spiegelreflexkamera, das klassische Werkzeug der ambitionierten Fotografen, übertraf die kleine Schwester in diesem Kriterium dank Wechselbajonett und einer schier unendlichen Auswahl unterschiedlichster Brennweiten, vom Fisheye über Zooms bis hin zum Supertele, bei weitem. Allerdings erkannten die Kompaktkamera-Konstrukteure dieses Handicap noch rechtzeitig während des Sucherkamera-Booms. So ersannen sie zuerst Tele-Vorsätze als provisorische Hilfsmittel, gingen dann den beschwerlichen Weg über zwei eingebaute Linsensysteme - die Gattung der erfolgreichen Dual-Fokus-Kameras war geboren. Kameras dieser Art bekamen schnell Zuwachs, sogar zur jetzigen photokina setzt sich der Dual-Fokus-Trend mit den Modellen Olympus AF-Twin und Minolta Tele-Super erneut fort.
Vor zwei Jahren allerdings stellte Pentax die Weichen in eine neue Kompaktkamerazukunft. Der nächste Schritt, nämlich die Integration eines Zweifach-Zoomobjektivs in eine Sucherkamera, war vollzogen. Der Markt nahm die neue Kamera begeistert auf, für Pentax bedeutete die Zoom 70 nicht nur die seit langem vorenthaltene konstruktive Anerkennung von der Konkurrenz, sie sicherte sogar das Überleben der Asahi Optical Co. auf dem Kamerasektor. Das eingebaute 35 - 70 mm Zoom der Zoom-70 versprach die bildgestalterischen Möglichkeiten einer kompakten Spiegelreflexausrüstung mit Zoom. Winder und Blitz. 
Bildgestaltung per Knopfdruck, das Objektiv fährt motorisch vor und zurück, der entsprechende Bildausschnitt ist im Sucher deutlich sichtbar, und zwar im Verhältnis 1:1 und nicht als simple Leuchtrahmenbegrenzung. Das überzeugte viele.
Zur Pentax gesellte sich wenig später die Panasonic 900 ZM. Ebenfalls mit einem Zweifach-Zoom gleicher Spezifikation (1:3,5-6,7, 35-70 mm) ausgestattet, verfügt sie aber als wichtiges Unterscheidungsmerkmal nicht über ein Motorzoom, sondern nur über ein manuell zu verstellendes Vario. Nach längerer Pause folgte Olympus im Frühjahr mit der AZ-1. Diese Kamera basiert im Prinzip auf der Pentax Zoom-70, bietet jedoch ein paar ausstattungstechnische Feinheiten zusätzlich.
Dann ging es Schlag auf Schlag. Von den großen Herstellern verzichten einzig Minolta und Ricoh noch auf eine Zoomkompakte.
Inzwischen gibt es zehn Zoomkompakte im Angebot, das näher zu beleuchten sich lohnt. Nikon steuerte zur photokina'88 noch die TW-Zoom bei.
Das äußere Erscheinungsbild der zehn Kameras mutet erstaunlich gleichförmig an. Die beiden einzigen Ausnahmeerscheinungen bilden Konica Z-up 80 und die Olympus AZ300 Super Zoom.
Die Ähnlichkeit der übrigen Konkurrenten kommt nicht von ungefähr. Bereits ohne ganz genaues Hinsehen lassen sich drei Kameras als erstaunlich artverwandt, wenn nicht sogar als baugleich einstufen. Gemeinsames Erkennungsmerkmal, das sie von allen anderen dieser Vergleichsgruppe unterscheidet, ist das manuell einzustellende Zoom. Die Konkurrenz besorgt die Brennweiteneinstellung sämtlich mit motorischen Unterstützung: Canon Prima Zoom, Panasonic 900 ZM und Vivitar 300 Z verzichten bewußt auf diesen Bedienungskomfort. Sie kommen alle aus der gleichen Küche, nämlich von einem Kamerahersteller namens West Electronic-Company.
Bis auf wenige optische Elemente geradezu identisch sind Canon und Panasonic. Die Vivitar besitzt keinen so großen Brennweitenbereich. Sie gibt sich mit 38-60 mm zufrieden, genauso wie die brandneue Pentax Zoom 60. Dennoch, ein echtes Zweifach-Zoom darf man getrost in dieser Kameraklasse erwarten. Kompromißlösungen, die zugunsten kleiner Außenmaße den Brennweitenbereich beschneiden, bedeuten wieder einen Schritt zurück ins Dual-Fokus-Lager.

Design - Thema mit Variationen

Auffällig und ausgefallen zugleich sind Attribute, die auf die Olympus AZ-300 Superzoom zutreffen. Schon am andersartigen Design, das darauf abzielt, die ganze Funktionsvielfalt der Kamera unter ein ergonomisches Gehäuse zu bringen, wird deutlich, daß die AZ-300 zu einer höheren Kameraklasse gehört. Die Olympus, vom Prinzip her eindeutig eine Sucherkamera, tendiert ganz klar zu den Bridge-Kameras, zu den Spiegelreflex-Zwittern, die Yashica Samurai und Chinon GS-7, auch bekannt als Genesis, verkörpern. Die beiden letztgenannten sind zwar Spiegelreflexkameras und deshalb hier nicht aufgeführt, müssen aber demnächst in einem detaillierten Vergleich in COLOR FOTO ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen. Dazu gesellen wird sich noch Ricohs brandneuer Spiegelreflex-Zwitter namens "Mirai", was soviel wie Zukunft bedeutet.
Das Handling der Olympus AZ-300 wirkt gewöhnungsbedürftig. Sie will per Handschlaufe zum Fotografieren ans Auge genommen werden und erinnert in ihrer Handhabung an die Yashica Samurai. Konicas Z-up 80 trägt den Blitz nicht mehr wie alle Sucherkameras seitlich, sondern nach dem Vorbild der Autofokus-Spiegelreflexmodelle über dem Objektiv. Betätigt man den Hauptschalter der Kamera, so fährt der Blitz automatisch aus. Auffallend an der Konica Z-up 80 (gesprochen "sieap") ist die Datenrückwand, die gleichzeitig als Bedienungszentrale der Kamera fungiert. Nicht aus dem Rahmen fällt die Nikon TW-Zoom, deren Design die Corporate Identity der Everyday-Nikons - so die firmeneigene Umschreibung der Kompakt-Klasse - bestätigt.
Als seien Sucherkameras und nicht etwa Spiegelreflexmodelle die eigentliche Herausforderung für japanische Kamerakonstrukteure, so versuchen sich die konkurrierenden Hersteller in der Raffinesse der Ausstattungsmerkmale gegenseitig zu übertreffen. Die größte, schwerste und teuerste Kamera dieses Vergleichs, die AZ-300 Zoom von Olympus, hält mit Superlativen nicht hinter dem Berg. Ein beinahe Dreifach-Zoom bestreicht den größten Brennweitenbereich - die Pentax-Zoom 70 S kann da selbst mit Konverter (100 mm) bestückt nicht mehr mithalten. Das Sucherbild brilliert am meisten von allen und kommt beinahe dem einer Spiegelreflexkamera gleich, der Autofokus wird bei schwachen Lichtverhältnissen von einem Meßstrahl unterstützt, ansonsten verwendet Olympus bei dieser Kamera statt des üblichen aktiven Infrarot-Systems das CCD-Phasenvergleichssystem, wie bei einer ausgewachsenen Autofokus-Spiegelreflexkamera. Die gesamte Konkurrenz in diesem Vergleich setzt auf das seinerzeit von Canon eingeführte Infrarotsystem. Zusätzlich unterstreicht die mögliche Spotmessung die Verwandtschaft der AZ-300 zur Spiegelreflex. Wie eine Kommandozentrale informiert das großflächige Flüssigkeitskristall-Display wirklich über alle Kamerafunktionen und Einstellungen, nicht so häufig gebrauchte Bedienungselemente für Filmempfindlichkeit, Belichtungskorrekturfaktoren und Blitzsteuerung verschwinden bei der AZ-300 unter einer Abdeckkappe.
Automatische Blitzzuschaltung bei Gegenlicht und bei zu schwachem Licht bedeuten nichts Ungewöhnliches in dieser Kameraklasse. Besondere Beachtung verdient dagegen die Möglichkeit von Langzeit-Blitzaufnahmen. Wenn der Fotograf es wünscht, bleibt der Verschluß selbst bei Blitzaufnahmen zwei Sekunden lang geöffnet, das natürlich vorhandene Licht hat Zeit genug, sich zu entfalten.
Doch damit nicht genug der Technik bei der AZ-300. Bei Personenaufnahmen kann sich der Fotograf jetzt ganz auf das Bild konzentrieren. Zwei Porträtprogramme, entweder Ganzkörperaufnahme oder Halbporträt, machen es möglich. Die Kamera wählt automatisch die richtige Brennweite für die entsprechende Abbildung.
Nikon griff diese Idee bei seiner neuen TW-Zoom ebenfalls auf und führte noch eine Zwischenstellung ein, die den Körper ungefähr zu zwei Dritteln zeigt. Ein Nikon-exklusives Ausstattungsmerkmal an der neuen Kamera ist allerdings das Five-Step-Zoom. Wählt man dieses Kameraprogramm, so gleitet das Objektiv nicht stufenlos durch den Brennweitenbereich, sondern vollzieht fünf Schritte. So lassen sich Fotos mit exakt der gleichen Brennweite wiederholen. Aber die Nikon TW-Zoom hat noch etwas mit den beiden Olympus-Modellen AZ-1 und AZ-300 gemeinsam, nämlich die Serienbildschaltung. Solange der Finger auf dem Auslöser bleibt, machen die Kameras Bildserien.

Für Makro nur bedingt tauglich

Von einer hochentwickelten Kompakt-Sucherkamera erwartet man auch eine, zumindest bedingte, Tauglichkeit für Makroaufnahmen. Die AZ-300 erfüllt diese Anforderung bis zum Abbildungsmaßstab 1:6, da können nur noch die drei Pentax-Modelle Zoom 60, 70 und 70 S mithalten sowie die AZ-1 aus gleichem Hause.
Alle beschriebenen Finessen werfen beinahe zwangsläufig die Frage auf, ob die ursprüngliche Funktion einer Kompaktkamera damit nicht ad absurdum geführt wird. Einst wurde sie als handliche Kamera für unbeschwertes Fotografieren entwickelt, die Bedienungsanleitung konnte man getrost zu Hause lassen. Früher beherrschte jeder Anfänger eine solche Kamera im Nu, heute wird das Fotografieren mit einer Leica M-Kamera, oft als höhere Weihe für Könner dargestellt, statt dessen zum Kinderspiel.
Wegen der Programmvielfalt steht der Fotograf oft vor der Qual der Wahl. Beispiel: "Soll ich jetzt das Gegenlicht mit dem Aufhellblitz oder mit dem Belichtungsmesser parieren?" Deshalb ist es durchaus wohltuend, vom High-Tech-Trip Olympus AZ-300 hinabzusteigen. Canon Prima-Zoom, Panasonic 900 ZM und Vivitar 300 Z machen ihre Sache trotz Handbetrieb erstaunlich gut. Es fällt nicht schwer, auf das Motorzoom zu verzichten, zumal die Bildqualität bei allen Vertretern dieser Gruppe sehr gut ausfiel. Wichtige Funktionen für das Gelingen guter Bilder, wie z. B. Aufhellblitz, Blitzautomatik und ein vollautomatischer Filmtransport sind jedenfalls auch bei den Preiswerten vorhanden. Bei der Canon und der Panasonic kommt der Fotograf noch in den Genuß einer Langzeitbelichtung. Außerdem lockt die Panasonic noch mit einem sehr günstigen Preis. Die drei Pentax-Sisters praktizieren ebenfalls die Beschränkung auf das Wesentliche.
Klein, zierlich und in gelungenem Design kommt die Zoom 60 daher, die schroffe, kantige Zoom 70 wirkt dagegen äußerlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die 70 S wirkt gefälliger, sie liegt besser in der Hand, ermöglicht Langzeitaufnahmen mit und ohne Blitz und bringt es bei Verwendung eines Telekonverters auf maximal 100 mm Brennweite.
Nahezu alle angesprochenen Modelle gibt es zusätzlich noch in einer Data-Back-Version, nur bei der Konica Z-up 80 kann man diese Anschaffung getrost vergessen, denn bei der Konishiroku-Kamera ist die Datenrückwand bereits integriert. Sie dient zusammen mit einem LCD-Display als Steuerzentrale der pfiffigen Kamera. Das ausfahrbare Blitzgerät paßt sich, um beste Ausleuchtung zu gewährleisten, der gewählten Brennweite per Zoomreflektor automatisch an. Über die Datenrückwand lassen sich nicht nur Datum und Uhrzeit einbelichten, man kann mit ihrer Hilfe auch vier Blitzfunktionen eingeben, sowie verschiedene Selbstauslöser-VorLaufzeiten und Belichtungsintervalle, welche die Kamera im vorgegebenen Rhythmus auslösen kann.

Fazit

Darf es etwas weniger sein?
Selbst unter diesem Motto fällt es nicht ganz leicht, die besten aus der Gruppe zu küren. Bei dieser subjektiven Entscheidung spielt der praktische Nutzen der Kamera, mit einfachen Mitteln zu guten Bildern zu kommen, die wesentliche Rolle. Genau dieses weniger, was mehr ist, findet man bei der Olympus AZ-1. Sie ähnelt in ihrer Konzeption stark der Zoom 70 von Pentax, übertrifft diese jedoch dank Mehrfachbelichtungs-Möglichkeit, einem besseren Sucher und der Möglichkeit, Serienbilder zu schießen. Die Zoom-70 S muß sich von der Olympus nur knapp geschlagen geben. Es folgen Nikon TW-Zoom (etwas zu viel Spielerei), Pentax Zoom 70 (schlechteres Handling), Panasonic 900 ZM (sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis), Canon Prima-Zoom und die Olympus AZ-300, die in dieser Kameraklasse des Guten zuviel bietet. Schlußlichter bilden Pentax Zoom 60 (hervorragend handlich) und Vivitar 300 Z, bis auf das Objektiv baugleich mit der Panasonic, weil diese Kameras nur einen knappen Zoombereich bieten. Alle Kameras benötigen mittel- bis hochempfindliche Filme, weil die Lichtstärke beim Tele mit Werten zwischen 1:5,8 und 1:7,8 nicht gerade brilliert. Bliebe zum Schluß nur noch eine ketzerische Frage zu stellen: Würde man einer preiswerten Spiegelreflex mit 35-70-Zoom zum gleichen Preis nicht doch den Vorzug geben?

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