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Artikel
1997
Test & Technik
Neuheitenankündigungen im Vorfeld der größten amerikanischen Fotomesse
Blick nach Dallas
Zwei Tage vor Erscheinen dieses Heftes ging in Dallas, Texas, die PMA, die größte Fotoshow des amerikanischen Kontinents, zu Ende. COLOR FOTO konnte schon vorab einige interessante Messeneuheiten in Erfahrung bringen.
Alljährlich treffen sich die Mitglieder der amerikanischen Photo Marketing Association, einer Vereinigung von Händlern und Fotoindustrie zur größten Fotomesse des Landes. Die amerikanische Fotoshow, kurz PMA genannt, ist im Vergleich zur photokina zwar noch eine kleine, familiäre Veranstaltung, doch gewinnt sie international immer mehr an Bedeutung, da viele Firmen sie als Bühne für die Einführung oder Vorstellung neuer Produkte benutzen. Immerhin sind die USA nach wie vor der größte Fotomarkt der Welt. Auch wenn das amerikanische Treffen der Fotohändler, Hersteller und Journalisten sich in keiner Weise mit der photokina messen kann, so hat es einen entscheidenden Vorzug: Es findet jährlich statt und das ist bei den immer kürzer werdenden Abständen für die Einführung neuer Produkte ein wichtiges Argument. Kein Hersteller kann es sich mehr leisten, mit der Vorstellung seiner neuesten Entwicklungen auf die vielleicht erst mehr als ein Jahr später stattfindende photokina zu warten. Viele nutzen Messen überhaupt nicht mehr für die Einführung neuer Produkte, weil sie diese bei Produktionsreife so schnell wie möglich auf den Markt werfen und nicht mehr abwarten, bis vielleicht ein Mitbewerber zur Messe mit einem ähnlichen Produkt auf den Markt kommt.
Ein weiterer Vorzug der PMA für die Industrie liegt im Termin. Auf dieser Messe vorgestellte und georderte Produkte werden mit Sicherheit zu den verkaufsgünstigen Zeiten im Sommer oder zumindest vor Weihnachten in den Schaufenstern liegen. Hier stellen wir Ihnen die ersten im Vorfeld der Messe bekannt gewordenen PMA-Neuheiten vor.
Amerika, du hast es besser...
Um zu erfahren, was die deutsche Fotoindustrie, oder vielmehr das, was von ihr übrig geblieben ist, demnächst unter die Leute zu bringen beabsichtigt, ist die PMA aus Tradition ein guter Platz. Treu nach dem Motto "Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande" wird Agfa, nun schon zum wiederholten Mal, seine neue Produktlinie von Professional-Filmen nicht zuhause, sondern in den Vereinigten Staaten aus der Taufe heben.
Insgesamt sechs Filme umfaßt das neue Profiangebot der Leverkusener Filmgießer, deren Liebäugeln mit dem amerikanischen Markt durchaus verständlich ist. Schließlich tut sich an dem riesigen Kuchen von Milliardengröße fast ausschließlich Kodak gütlich. Nur Fuji hat es bisher geschafft, dem gelben Riesen ein kleines Stück von 10 bis 15 % streitig zu machen.
Eines bleibt unbestritten: Der amerikanische Fotomarkt gehört zu den attraktivsten überhaupt, und es ist nur zu verständlich, daß Agfa hier gern etwas besser aussehen möchte. Dazu hat man der neuen Produktlinie auch ein neues Pakkungsdesign verpaßt, das die inzwischen etwas langweilig wirkende Silberschachtel ablöst.
Drei neue Dia- und drei neue Farbnegativfilme werden als erste das neue Profisortiment verjüngen. Das Umkehrmaterial wird in den Empfindlichkeiten von ISO 50/18xGRADx, ISO 100/21xGRADx und ISO 200/24xGRADx angeboten werden. Inwieweit sich die neuen Emulsionen von den bisherigen und den bereits zur photokina vorgestellten neuen Amateurfilmen unterscheiden, wird COLOR FOTO in einem aktuellen Filmtest im nächsten Heft untersuchen.
Die Farbnegativfilme werden in den gängigen Empfindlichkeiten von ISO 100/21xGRADx, ISO 200/24xGRADx und ISO 400/27xGRADx angeboten. Auch hier ist anzunehmen, daß es sich um ausgesuchte, bzw. leicht modifizierte Emulsionen der bereits bekannten Amateurprodukte XRG 100 und XRG 200 handelt. Sobald erste Testergebnisse vorliegen, wird COLOR FOTO darüber berichten, ob die Bezeichnung Professional auch hält, was Agfa verspricht.
Die Markteinführung der neuen Agfafilme soll in Deutschland bereits in diesen Wochen erfolgen.
Zurück zur Natur
Galt Fuji bisher in Fachkreisen als der Vorreiter der sogenannten "bunten Filme", so heißt der neue Trend der Japaner: Zurück zur Natur. Die Grünen stellten als Antwort auf die neuen Kodak Ektar und Ektapress Gold Filme einen neuen Farbnegativfilm mit ISO 100/210 mit dem Beinamen Reala vor. Der Fujicolor Reala, so behauptet man bei Fuji Photo Film in Tokyo, stellt revolutionäre Fortschritte in der Farbwiedergabe, vor allem bei Hauttönen dar. Er wird als Kleinbild- und Rollfilm angeboten und soll nach Angaben von Fuji Farben so wiedergeben, wie das menschliche Auge sie sieht. Man spricht von überlegener Schärfe und Farbtreue, die jedes Konkurrenzfabrikat mit ISO 100 eindeutig übertreffen soll. Dieser Qualitätssprung sei Fuji mit Hilfe einer blau-grün-empfindlichen Extraschicht gelungen, die spezielle Verzögerer während der Entwicklung freigeben. Diese Technologie soll sogar den häßlichen Blaugrünstich bei Neonröhren unterdrücken. Wann dieser Film in Europa auf den Markt kommen soll, steht noch nicht fest. In Amerika und Japan ist er bereits im März erhältlich.
Revolution im Kino
Bei Kodak wird auf der PMA auf dem Amateurfilmsektor nach der Einführung von Ektar und Ektapress Gold für Profis nichts Spektakuläres zu sehen sein. Die Einführung von Ektapress 100 in Deutschland ist nach wie vor fraglich. Die Stuttgarter Kodak-Niederlassung will sich mit Ektapress 400 und 1600 begnügen, um das Angebot übersichtlicher zu halten. Die Revolution bei Kodak findet im Kino statt. Die Chemiker in Rochester haben eine neue Kinefilm-Generation entwickelt, die an Schärfe und Farbwiedergabe alles bisherige gleicher Empfindlichkeit weit in den Schatten stellen soll. Das neue Farbnegativmaterial mit der Bezeichnung EXR für "Extended Range" wird in Empfindlichkeiten von ISO 501 18xGRADx (Kunstlicht), ISO 100/21xGRADx (Tageslicht) und ISO 500/28xGRADx (Kunstlicht) angeboten und soll besonders bei Unterbelichtung geduldig reagieren. Damit entspricht es dem Trend, demzufolge Kameramänner heute mehr und mehr dazu neigen, ihr Material knapper zu belichten. Ein weiterer Vorzug des neuen Filmmaterials ist die sogenannte Schnittkompatibilität. Das heißt, Streifen unterschiedlicher Empfindlichkeiten lassen sich problemlos aneinanderhängen, ohne daß der Zuschauer einen Qualitätssprung hinsichtlich Farbwiedergabe oder -schärfe bemerkt.
Außerdem wird von Kodak Neues bei der elektronischen Bildaufzeichnung erwartet. Im Gespräch ist eine hochauflösende Stillvideo-Kamera, die mit insgesamt drei Bildsensoren arbeitet.
Mut zur Lücke
Mit zwei neuen Spiegelreflexkameras setzt Vivitar da an, wo andere aufgehört haben. Bei den Modellen Vivitar V 2000 und Vivitar V 6000 handelt es sich um manuell fokussierbare Kameras, die direkt auf die von den großen, zu Autofokus übergeschwenkten Kameraherstellern hinterlassene Lücke abzielen.
Die Vivitar V 2000 ist eine mechanisch arbeitende, kompakte Kleinbild-SLR-Kamera, die mit einem 3,5-4,8/35-70 mm Zoom unter 500 Mark kosten soll. Die Verschlußzeiten reichen von 1 bis 1/2000 Sek. Zusätzlich gibt es eine "B"-Einstellung für beliebig lange Belichtungen. Der Metallamellenschlitzverschluß stammt aus dem renommierten Hause Copal. Die Blitzsynchronzeit beträgt immerhin schon 1/125 Sek. Auch die Einstellung der Filmempfindlichkeit erfolgt manuell zwischen ISO 25/15xGRADx und ISO 1600/33xGRADx. Es lassen sich mit einem Trick aber auch höher empfindliche Filme mit ISO 3200/360 verwenden. Dann muß beim Belichtungsabgleich statt auf die mittlere LED auf das Minuszeichen eingestellt werden. Das Schwestermodell der Vivitar V 2000, die Vivitar V 6000, hat zusätzlich eine Zeitautomatik. Beide Kameras besitzen K-Bajonette, so daß auch alle alten K-Objektive verwendet werden können.
Bei den Objektiven sind ein 2,8/300 mm, ein neues 2,8/100 mm Makro und ein 5,6/15 mm Superweitwinkel der Serie 1 in Vorbereitung. Prototypen sind für die PMA angekündigt. Der Termin für die Markteinführung ist ungewiß. Ob die Rechnungen für ein 18-28 mm AF-Zoom-Objektiv und ein 28-105 in Miniaturausführung in Produktion gehen, stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest. Die Planung ist allerdings abgeschlossen. Bei den Sucherkameras will Vivitar mit einem Zoom-Modell mit 38-100 mm Serie 1 Objektiv glänzen.
Ooooh-Produkt
Mit einer Sucherkamera im aufsehenerregenden Design im klassischen Stil der 20er Jahre feiert Olympus sein 70jähriges Jubiläum. Die ungewöhnliche Kompaktkamera besitzt in ihrem zwischen nostalgisch und postmodern angesiedelten Aluminium-Gehäuse eine hochmoderne Automatiksteuerung, die ihr neben dem ästhetischen Charme, einen hohen technischen Standard verleiht. Die Kamera, die sich wie keine zweite aus dem mittlerweile mehr als 350 Sucherkameras umfassenden Sumpf des Kompaktkameramarktes abhebt, besitzt einen eingebauten Motor, automatische Filmeinfädelung, Belichtungsautomatik, Autofokus und automatische Zuschaltung des abnehmbaren Blitzes. Die Olympus "0-Produkt" wird weltweit in limitierter Stückzahl aufgelegt. Sie reiht sich damit in die begehrte Linie elitärer Designprodukte, wie sie seit längerem bei Füllhaltern, Lampen oder Uhren Mode ist, ein.
Verbesserte Software
Eine seit der photokina nochmals verbesserte Software für ihr Dia-Beschriftungsgerät "Minityper professional" stellt die Hanns Loersch GmbH aus Straelen auf der PMA vor. Dieser computergesteuerte Drucker für Kleinbild-Diarahmen bedruckt bis zu 23 Diarahmen pro Minute mit 8 Zeilen. Durch die neue Software können nicht nur Firmen-Logos in den Computer "eingescannt" und gedruckt, sondern auch Datenbanken für die Archivierung Lind Verwaltung angelegt werden. Bei der Beschriftung werden gleichzeitig Such- oder Schlüsselbegriffe eingegeben. Bis zu maximal 1 Million Dias können, die entsprechende Speicherkapazität des Computers vorausgesetzt, mit der neuen Software zum Minityper verwaltet werden. Die Erfassung erfolgt nur ein einziges Mal bei der Beschriftung.
Rückzieher bei Angenieux
Das von der französischen Edelmarke auf der photokina in Köln stolz angekündigte AF-Zoom 3,2/28-80 mm wird es jetzt doch nicht geben. Statt dessen wollen die Franzosen ein 2,8/28-70 mm AF-Zoom mit Anschluß für Minolta, Nikon und Canon EOS-Kameras bauen. Dieses Zoom soll auch in einer Ausführung mit manueller Fokussierung für Leica R und Nikon-Kameras vertrieben werden. Das Hauptproblem für das außer auf dem Objektivsektor, bei Brillen, medizinischen Geräten und vor allem militärischen Gebieten aktive Unternehmen ist nach wie vor die Lieferfähigkeit. Die hochwertigen Angenieux-Objektive sind im deutschen Fotohandel leider mit der Lupe zu suchen.
Die großen Hersteller Canon, Minolta, Nikon und Yashica haben vor Redaktionsschluß keine konkreten Angaben über ihre Aktivitäten auf der PMA machen wollen. Hier begnügte man sich mit Absichtserklärungen. Eine Sucherkamera, Objektive und Zubehör sind von Nikon zu erwarten. Eine neue Profi-EOS ist bei Canon in der Schublade, und eine neue Contax ist ebenfalls fällig. Ob Minolta bereits seine Spitzen-Dynax aus dem Sack läßt, ist ungewiß. COLOR FOTO wird im nächsten Heft darüber berichten.
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