← Zurück
Artikel
1997
Alexander Borell Kommentar
Nikon F-401s
Modell-Pflege
In COLOR FOTO 7/87 und 8/87 wurde die damals brandneue Nikon F-401 ausführlich besprochen. Nun, knapp zwei Jahre später, schiebt Nikon das neue Modell F-401s nach, als Ersatz für die auslaufende Kamera ohne "s". Muß man aber die "Neue" unbedingt haben und hat sie gar die "Alte" zu Schrott gemacht?
Bei der Vorstellung der neuen F-401s betonte Nikon, daß es sich hier nur um die fortschrittliche Modellpflege handle, und zudem habe man bei dem neuen Modell manche Kundenwünsche berücksichtigt. Sowas hört man von einer Weltfirma recht gern.
Tatsächlich hat sich nichts Entscheidendes geändert, es wurde nur einiges verbessert. Die häufigste Klage der F-401-Besitzer war, daß sich die beiden Einstellrädchen auf der Oberseite der Kamera zu leicht von selber verstellen und daß die Blenden- bzw. Verschlußzeiten zu schlecht abzulesen sind. Beides wurde geändert: Die Zahlen sind etwas deutlicher geworden und die Einstellrädchen haben Rastpunkte, die nur per Knopfdruck zu lösen sind. Damit wird unbeabsichtigtes Verstellen verhindert. Erkauft wird diese Sicherheit allerdings damit, daß man nur mit besonders trainiertem rechten Zeigefinger gleichzeitig die Sperre lösen und das Rädchen verstellen kann, ich brauche dazu zwei Finger, einen von jeder Hand. Der für viele Hobbyfotografen - die zwar gute Aufnahmen machen, sich aber technisch nicht belasten wollen - eingebaute Blitz ist bei Leitzahl 12 geblieben, ein wenig mehr hätte er wohl vertragen.
Der Verschlußzeitenbereich von 1-1/2000 Sek. ist ebenfalls geblieben, auch hier hätte ein wenig mehr nach unten - etwa 4-6 Sek. - nicht geschadet. Die AF-Empfindlichkeit wurde gesteigert, jetzt bis Lichtwert -1, was fotografische Möglichkeiten auch bei schwachem Licht erschließt, die man mit der Vorgängerin nicht in diesem Maße hat.
Das bewährte System für die Belichtungsmessung wurde beibehalten: Die F-401s mißt über drei Felder: linke Bildhälfte, rechte Hälfte und Mitte. Daraus resultieren nicht nur allgemein sehr gute Ergebnisse, sondern man hat zusätzlich noch die Wahl, nur mit dem Mittelfeld gezielt zu messen, entweder per Knopfdruck oder automatisch bei völlig manueller Einstellung von Blende und Verschlußzeit.
Sie haben Blenden- und Zeitautomatik zur Verfügung, was immerhin schon etwas fotografisches Wissen erfordert, oder Sie verwenden - dem Sinn dieser Kamera entsprechend - einfach die Einstellung auf "Programm". Da im Sucher weder Zeit noch Blende angezeigt werden, müssen Sie sich auf das Können der Kamera verlassen, und Sie sind gut beraten, wenn Sie dies tun. Diese Programmautomatik erkennt die Brennweite des verwendeten Objektivs und schaltet sich selber um: längere Zeit und kleinere Blende bei Brennweiten unter 135 mm, darüber wird die Verschlußzeit verkürzt, um Verwackeln möglichst auszuschalten.
Gegenlichtaufnahmen sind die besondere Spezialität der 401s: Bei einer Differenz von mehr als anderthalb Stufen zwischen Mitte und Seiten empfiehlt die Kamera den Aufhellblitz, den sie zudem korrekt dosiert.
Serienaufnahmen und Mehrfachbelichtungen sind nicht möglich, beides wird aber von Besitzern einer solchen Kamera auch kaum praktiziert.
Der Autofokus soll etwas schneller sein als bisher, aber dazu muß ich bekennen, daß schon die ersten AF-Kameras elektronisch schneller scharf einstellen konnten, als es meine Nervenleitung vom Auge bis zum Auslösefinger vermochte. Natürlich gibt es auch bei dieser Kamera einige Kritik. So empfinde ich es immer wieder als Zumutung, wenn man zu einer
Kamera der Mittel- oder Oberklasse vom Hersteller ein kleines Stückchen Plastik mitgeliefert bekommt, das man bei Stativaufnahmen über das Sucherokular schieben soll, um falsche Belichtungsmessung durch Fremdlicht zu vermeiden. Wenn es einem Hersteller schon nicht gelingt, sein Meßsystem gegen Fremdlicht unempfindlich zu konstruieren, sollte man diesen Kameras wenigstens eine eingebaute Abdeckung zugestehen. Die kleine Abdeckplatte zur Nikon F-401s stecken Sie in eine Tasche, wissen nicht mehr in welche, haben es nicht dabei, wenn es einmal nötig wäre: am besten werfen Sie es gleich weg und decken - im Bedarfsfall - das Okular mit irgendwas anderem ab.
Meine zweite Kritik wiegt schwerer und betrifft nicht nur die F-401s, sondern manche AF-Modelle, einschließlich Nikon. Ich spreche von dem winzigen AF-Meßrechteck in der Suchermitte.
Als die ersten AF-Kameras von Canon und Minolta auf den Markt kamen, erhielt ich häufig Briefe und Anrufe mit dem Tenor: "Ich kann mit dieser tollen AF-Kamera nicht einmal meine Kinder fotografieren, die zwei Meter vor mir spielen." Und ich hatte Schwierigkeiten mit dem Autofokus, als ich versuchte, Eishockey mit langer Brennweite zu fotografieren. Der Grund: Der AF braucht ein wenig Kontrast, um die Schärfe zu finden, und dieser Kontrast muß in dem kleinen Meßrechteck liegen. Kommt man damit bei spielenden Kindern aufs einfarbige Kleidchen, findet die Kamera keinen Kontrast und das Objektiv sucht und sucht, bis die Szene selber nicht mehr interessant ist. Beim Eishockey passierte mir das, wenn ich z. B. einen Teil der Jacken oder sonst etwas im Meßfeld hatte, was ebenfalls nicht den nötigen Kontrast aufwies. Selbst bei einem formatfüllenden Porträt geht nichts, wenn man nicht gelernt hat, auf den Augen- oder Mundwinkel einzustellen. Und genau diese Unzulänglichkeit ist es, die den Autofokus hin und wieder als "unbrauchbar" in Verruf bringt.
Operation gelungen
Bis jetzt hat dies nur Minolta erkannt und berücksichtigt: Das Meßfeld bei der Dynax 7000i ist variabel, man kann wahlweise mit dem kleinen Rechteck in aller Ruhe auf einen Punkt genau einstellen, durch Umschalten jedoch das Meßfeld derart vergrößern, daß bewegte Motive wie spielende Kinder, Sport und andere Motive immer voll erfaßt und scharf gestellt werden. Diese für die praktische Fotografie so nötige Hilfe fehlt nicht nur bei der F-401s, sondern bei allen Nikon-Kameras, einschließlich der F-4, und das ist bedauerlich.
Sonst ist die F-401s eine sehr glückliche Kombination aus einfacher Bedienung und vielen Möglichkeiten der Beeinflussung durch den Fotografen zu eigener Gestaltung. Und wenn Sie mir nun die Frage stellen, die ich täglich mehrmals höre, ob die F-401s gute Bilder macht, muß ich diesmal - wie immer! - mit einem klaren "Nein" antworten. Ich kenne nämlich keine Kamera, die das kann, weil das "gute Bild" immer noch allein ein Produkt des Fotografen ist. Was aber die F-401s kann: Sie liefert - auch unter den meisten schwierigen oder extremen Licht- und Kontrastbedingungen - einwandfrei belichtete und scharfe Aufnahmen.
{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}