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Artikel
Test & Technik Praxisbericht
Contax S2 und Contax ST
Rendezvous der Gegensätze
Tradition und Fortschritt sollen die zwei neuen Kameramodelle von Contax alias Yashica Kyocera verkörpern. Die S2 steht für die sechzigjährige Tradition des Hauses, die ST demonstriert den Stand der Dinge bei den manuell zu fokussierenden Kameras. Der Frage, was dies nun für das Fotografieren bedeutet, sind wir in unserem Praxisbericht nachgegangen.
Daß die Rückbesinnung auf eine sechzigjährige Tradition im Kamerabau bei der Konstruktion der Contax S2 Pate stand, wird bereits bei der ersten Begegnung mit der Kamera deutlich. Das merkt man nicht nur an der kalligrafischen Gravur "Contax 60 Years", sondern auch an der Ausstattung und der Bedienung der Kamera. Die Contax S2 ist eine mechanische Kamera, die mit einer TTL-Nachführmessung ausgestattet ist. Als Meßmethode steht nur die Spotmessung zur Verfügung; der Meßkreis entspricht etwa dem äußeren Mikroprismenring. Die Sucheranzeigen sind von großer Kargheit: Nur die Verschlußzeiten und je ein Pfeilsymbol für Unter- beziehungsweise Überbelichtung werden durch Leuchtdioden (LED) angezeigt. Zu der von den Werbetextern beschworenen "Konzentration auf das Wesentliche" (ein Slogan, den eigentlich bereits eine andere Firma belegt hat) gehört jedoch unserer Meinung nach in jedem Fall auch die Einspiegelung oder die Anzeige der Blende im Sucher, die wir bei der Contax S2 vergeblich gesucht haben.
Contax S2 "für Puristen"
Die schwergängige Abblendtaste der Contax S2 haben wir in recht schmerzhafter Erinnerung behalten, weg deren Betätigung jedesmal einen runden Abdruck auf der Fingerkuppe hinterlassen hat. Der Ring für die Auslösersperre dagegen ist zu leichtgängig und wird oft vom Zeigefinger, der das Verschlußzeitenrad bedient, ungewollt verstellt.
Positiv zu registrieren ist die Blitzsynchronzeit von 1/250 Sekunde und die kürzeste Verschlußzeit von 1/4000 Sekunde - auch wenn sie nur mit einer in Belichtungsstufen ausgedrückten Abweichung von 22,9 Prozent eingehalten wird, wie unsere Normtest-Messungen ergaben.
Ein sinnvolles Zugeständnis an die Gegenwart ist die Möglichkeit, die Einstellscheiben zu wechseln. Die Verarbeitung und auch die verwendeten Materialien hinterlassen einen ausgezeichneten Eindruck. Daß die Schrauben, mit Ausnahme der Bodenplatte, nicht versenkt sind, wird wohl lediglich die Puristen unter den Fotografen stören und das, obwohl die hauseigene Werbung gerade die Contax S2 als eine "anspruchsvolle Kamera für Puristen" preist.
Contax ST mit Extras
Ganz anders als die mechanische S2 präsentiert sich die elektronische Contax ST. Die Ausstattung der ST ist als üppig zu bezeichnen. Programm-, Zeit- sowie Blendenautomatik, manuelle Belichtungseinstellung, Belichtungskorrektur, Belichtungsreihenautomatik, Integral- und Spotmessung, TM-Blitzsteuerung (mit TLA-Blitzsystem), Blitzsynchronisation auf den zweiten Verschlußvorhang, eingebauter motorischer Filmtransport mit Einzelbild- und Serienschaltung, eingebauter Dioptrienausgleich, DX-Codierung und einiges mehr. In Programm- und Zeitautomatik können Verschlußzeiten zwischen 16 Sekunden und 1/6000 Sekunde gesteuert werden. Bei Manueller Belichtungseinstellung und bei Blendenautomatik können Verschlußzeiten zwischen einer und 1/4000 Sekunde nur in ganzen Stufen eingestellt werden. Das Verschlußzeitenrad ist auf der linken oberen Seite des Kameragehäuses plaziert, was zumindest gewöhnungsbedürftig ist. Außerdem ist dies in der Blendenautomatik und bei manueller Belichtungseinstellung unpraktisch. Die "klassische Arbeitsteilung", bei der die linke Hand die Blende und die Entfernung einstellt und die rechte Hand den Auslöser und das Verschlußzeitenrad bedient, hat den Vorteil, daß man die Hände aus der entsprechenden Kamerahaltung nicht mehr bewegen muß. Um das Verschlußzeitenrad mit der linken Hand zu bedienen, muß diese aber vom Objektiv zum Rad bewegt und dann,
für den richtigen Halt beim Auslösen, wieder in die ursprüngliche Position zurückgeführt werden. Der Schalter für die Betriebsarten befindet sich ebenfalls auf der linken Seite, direkt unter dem Verschlußzeitenrad. An der Stelle, wo man normalerweise das Verschlußzeitenrad zuerst sucht, befindet sich das Rad für die Belichtungskorrektur-, unmittelbar darunter liegt der Schalter für die Belichtungsreihenautomatik. Die Belichtungskorrektur kann im Bereich von ± 2 EV in Drittelstufen eingegeben werden. Das Einstellrad bewegt sich sehr leicht und ist gegen versehentliches Verstellen nicht geschützt. Für die Belichtungsreihenautomatik können die Abstände der flankierenden Belichtungen zwischen 0,5 und 1 EV eingegeben werden. Allerdings ist der Hebel in der Position "+/- 1" sehr nahe am Auslöser-Ring und läßt sich nicht optimal in eine andere Position bringen. Etwas fummelig sind die zwei Tasten für Einzel- und Serienschaltung (und Selbstauslöser) sowie manuelle Einstellung der Filmempfindlichkeit.
Das Display neben dem Auslöser ist etwas zu klein geraten und daher nicht optimal ablesbar. Die Sucheranzeigen informieren über Verschlußzeit und Blende sowie über die Anzahl der gemachten Aufnahmen, die Blitzbereitschaft und die aktivierte Spotmessung. Die Betriebsart wird im Sucher nicht angezeigt, dafür wird man aber im umfunktionierten Bildzählwerk über die verbleibende Zeit beim Vorlauf des Selbstauslösers auf dem Laufenden gehalten. Der Hebel für die Okularabdeckung ist, wie auch die Abblendtaste, nicht sehr angenehm zu bedienen.
Fazit
Die Contax S2 ist zweifelsohne eine gute Kamera, die aber die hohen Erwartungen, die suggeriert werden, nicht erfüllt. Die "Liebe zum Detail", in der hauseigenen Werbung propagiert, haben wir nicht so recht erkennen können. Sie scheint eher für Fotografen geeignet zu sein, die großen Wert auf Tradition legen. Die Contax S2 erhält das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht gut * * *.
Der Fortschritt bei der Contax ST reduziert sich auf das "Abspecken" der von der Contax RTS HI her bekannten Ausstattungsmerkmale, was hier nicht negativ gemeint ist, weil alles geboten wird, was für anspruchsvolles Fotografieren nötig ist. Die Contax ST überzeugt aber mehr durch die Ausstattung als durch die Bedienung. Daher erhält die Contax ST das COLOR FOTO-Prüfsiegel Praxisbericht sehr gut****.
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