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Artikel
1997
Beratung
Welche Canon EOS ist die richtige?
Wahlkampf
Das Canon EOS-Modellprogramm umfaßt inzwischen fünf Modelle, die äußerlich nahezu identisch sind und sich auch in den Ausstattungsmerkmalen ähneln. Eine verwirrende Typenbezeichnung erschwert zusätzlich die Kaufentscheidung. Mehr Transparenz tut not.
Seit 1987 gibt es Kameras mit dem Namen Canon EOS und vor zwei Jahren sorgten die nach der griechischen Göttin der Morgenröte benannten Modelle 650 und 620 für eine kleine technische Revolution bei den Autofokus-Spiegelreflexkameras. Die Autofokussteuereinheit ist nämlich direkt in das Objektiv eingebaut (Power Eye Autofokus), was mit dem wesentlichen Vorteil einer besonders schnellen automatischen Fokussierung verbunden ist. Inzwischen zog Minolta in dieser Disziplin mit der Dynax 7000i zwar gleich, dennoch bleibt den mittlerweile fünf Modellen der EOS-Baureihe der Triumph, die meistverkauften Autofokus-Spiegelreflexkameras auf dem deutschen Markt zu sein. Wer sich also für eine EOS entscheidet, bekommt eine qualitativ hochwertige und leicht bedienbare Kamera mit zahlreichen Ausstattungsmerkmalen entweder für deutlich mehr oder deutlich weniger als eintausend Mark geboten. Nur, für welche EOS soll er sich entscheiden? Um im Bild der griechischen Mythologie zu bleiben, müßte er das Orakel von Delphi befragen, um die richtige Wahl zu treffen. Denn Canon pflegt die Qual der EOS-Wahl nicht nur mit fünf Modellen. die sich - mit Ausnahme der 750 mit integriertem Blitz - gleichen wie ein Ei dem anderen. Eine undurchsichtige Modellbezeichnung kommt strafverschärfend hinzu. Zwar mag es recht originell doch wenig praxisnah sein, die Modellhierarchie nach fallenden statt steigenden Typenbezeichnungen zu ordnen. Nach dieser Interpretation bekommt nämlich das "professionelle Modell" (Canon-Jargon) 620 unverständlicherweise die brandneue 600 vor die Nase gesetzt. Das "heimliche Spitzenmodell" 600 wartet nicht nur mit dem schnellsten EOS-Autofokus auf, sondern offeriert gerade die von Profis so geschätzte hohe Motorfrequenz von 5 Bildern pro Sekunde bei Continous-Betrieb, während es die 620 genau wie die 650 nur auf 3 Bilder pro Sekunde bringt. In der Preisliste untergräbt die 620 ebenfalls die EOS-Rangordnung. Sie kostet inklusive Normalobjektiv EF 1,8/50 mm 100 Mark mehr als die 600 und kann ihre Spitzenstellung im EOS-Programm nur durch den High-Speed-Verschluß mit der 1/4000stel Sek. und der kürzesten Blitzsynchronzeit von 1/250 Sek. rechtfertigen. Die wegen des eingebauten Blitzgerätes im Vergleich zur 850 100 Mark teurere, aber ansonsten identische 750 macht die Orientierungslosigkeit im EOS-Programm perfekt.
Nur wer großen Wert auf den schnellen Verschluß legt, ist mit der teuren 620 gut bedient, vom Preis-Leistungsverhältnis und von den Ausstattungsmerkmalen her verdient die neue 600 den unangefochtenen Spitzenplatz im EOS-Programm. Daß sie die modernste Kamera im Land der Morgenröte ist, wird anhand der Vollautomatik mit sieben eingebauten Motiv- und Kreativprogrammen PIC (Programmed Image Control) sofort klar. Ähnlich wie bei der Minolta 7000i - nur ohne Chips - kann der Fotograf auf spezielle Aufnahmesituationen von Porträt über Sport bis hin zu Makro und Innenaufnahmen mit Blitz zugeschnittene Zeit-Blendenkombinationen vorprogrammierten mit den üblichen Belichtungsautomatiken mit Programm-Shift, Mehrfachbelichtungsautomatik und Bracketing bietet die EOS 600 eine einzigartige Programmvielfalt. Und noch etwas ist einmalig bei der EOS 600. Der Fotograf kann die Kamera über 7 Funktionsbefehle manipulieren, indem er störende akustische Signale abschaltet, das vollständige Rückspulen des Films in die Patrone verhindert oder die DX-Abtastung ausschaltet, um Filme zu pushen.
Die wahlweise Umschaltung von Selektiv- auf 6-Feldmessung haben 600, 620 und 650 gemeinsam, die Schärfentiefenautomatik zeichnet alle Modelle bis auf die 620 aus. Die 650 ist rund 200 Mark billiger als die 600, sie bildet vom Preis-Leistungsverhältnis her die goldene Mitte im EOS-Programm, weil sie trotz des günstigen Preises und ihrer immerhin schon zweijährigen Marktpräsenz alles bietet, was der ambitionierte Fotograf braucht. Außerdem eröffnet sie auch dem Einsteiger Aufstiegsmöglichkeiten in der Beherrschung ihrer anspruchsvollen Technik. Er muß, wenn er das Fortgeschrittenen-Stadium erreicht hat, die Kamera nicht wechseln. Die Basismodelle 750 und 850 - von der 750 gibt es als zusätzliche Variante noch eine Data-Back-Version 750 QD - präsentieren sich im Vergleich zur 650 schon deutlich abgespeckt. Zielgruppe für diese Kameras sind Aufsteiger von Vollautomatik-Sucherkameras, die sich die kreativen Möglichkeiten der Spiegelreflexkamera auf unkomplizierte Weise erschließen wollen. Gerade die 750 mit ihrem eingebauten Blitzgerät ist für diese Klientel maßgeschneidert. Allerdings muß der Fotograf im Vergleich zu der nur wenig kostspieligeren EOS 650 auf etliche Finessen verzichten. Blendenautomatik, Zeitautomatik sowie Programmseift entfallen ebenso wie die wertvolle Selektivmessung. Die maximale Bildfrequenz reduziert sich bei den Sparmodellen von 3 auf 1,2 Bilder pro Sekunde. Die Palette der Filmempfindlichkeiten wird kleiner und die langen Verschlußzeiten von 2 bis 30 Sekunden entfallen. Eine Wechselmöglichkeit der Einstellscheiben sucht man ebenso vergebens wie den manuellen Belichtungsabgleich.
Fazit
Bei einer kritischen Analyse des verwirrenden EOS-Programms kristallisieren sich zwei Favoriten deutlich heraus: EOS 650 und EOS 600. Beide warten mit einem besonders überzeugenden Preis-Leistungsverhältnis auf und besitzen alle EOS-typischen Ausstattungsmerkmale. Die preisgünstige 650 ist ausgereift und erfüllt alle Ansprüche, die man an eine hochmoderne Spiegelreflexkamera stellt. Die 600 ist billiger als die 620. Ihr fehlt zur letzten Vervollkommnung nur noch der High-Speed-Verschluß aus der 620.
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