← Zurück
Artikel
1997
Spezial Studio-Fotografie
Verstellungskünstler
Studio-Kameras
Vor allem für die Sachfotografie eröffnen sich durch die Großbild-Studio-Kameras mit ihren zahlreichen Verstellmöglichkeiten wichtige gestalterische Möglichkeiten. Perspektivausgleich und Schärfendehnung sind die wichtigsten. Aber auch Mittelformatkameras mit verstellbarer Vorderstandarte erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten im Studio.
Der wesentliche Unterschied der Studio-Kameras im Vergleich zu den normalen Mittelformat- und Kleinbildkameras liegt weniger im unterschiedlich großen Format als vielmehr in den zusätzlichen Verstellmöglichkeiten von Rückwand und Standarte. Die klassische Studio-Kamera ist eine Aufnahmeeinheit auf optischer Bank. Als Bank bezeichnet man das Grundrohr, auf dem durch einen Balgen verbunden - die Objektivstandarte und die Mattscheiben- beziehungsweise Filmhalterung beweglich angebracht sind.
Die Objektive dieser Kameras werden auf Trägerplatten montiert und lassen sich so schnell einsetzen und wechseln. Durch die Verstellbarkeit von Standarte und Filmhalterung lassen sich Perspektiveänderungen, Schärfendehnungen oder auch Begrenzungen des Schärfenraumes bei der Aufnahme vornehmen und ihre Wirkung vorher auf der Mattscheibe exakt beurteilen. Die Schärfenebene kann dadurch korrigiert werden, ohne daß zusätzlich abgeblendet werden muß.
Durch den kontinuierlichen Kameraauszug können alle Bildweiten durchgehend erfaßt werden, so daß spezielles Nahzubehör überflüssig wird.
Da die Konstruktion der Kameras auf optischer Bank ihre Montage auf stabilen Stativen erforderlich macht, bleibt ihr Einsatz vor allem der Studiofotografie, zumindest aber der Fotografie von feststehenden, bewegungslosen Motiven vorbehalten. Sach- oder Produktaufnahmen sind folglich die Domäne dieser Kameras. Aber auch Porträts können mit ihnen wirkungsvoll gestaltet werden. Durch die exakte Festlegung der Schärfenebene können störende Details unterdrückt und bildwichtige hervorgehoben werden.
Voraussetzung für die Verstellmöglichkeiten ist der große Bildkreis der verwendeten Objektive. Er muß auf alle Fälle bei Stellung auf unendlich größer sein als die Bilddiagonale. Mit zunehmender Bildweite - darunter versteht man den Abstand zwischen Objektiv und Filmebene nehmen auch die Verstellmöglichkeiten gleichbleibendem Bildwinkel zu.
Parallelverschiebung und Verschwenkung sind die beiden Verstellmöglichkeiten von Kameras auf optischer Bank. Beide Verstellarten können getrennt oder gleichzeitig eingesetzt werden. Parallelverschiebungen helfen zum Beispiel. stürzende Linien, hervorgerufen durch unterschiedlichen Verlauf von Objekt- und Bildebene, zu vermeiden. Verschwenkungen machen Schärfendehnungen nach Scheimpflug möglich. Bei dieser Technik, die ohne Einfluß auf die Perspektive ist, kann der Verlauf der Schärfenebene gezielt verändert werden. In der Regel wird sie eingesetzt, um einen Tiefenschärfengewinn zu erzielen, ohne weiter abblenden zu müssen.
Neben den Kameras auf optischer Bank gibt es einäugige Mittelformat-Spiegelreflexkameras wie die Fuji GX 680 oder die Rollei SL 66 SE und SL 66X, die bis zu einem gewissen Grad Verstellungen des Objektivs erlauben. Am weitesten geht dabei die Fuji 680 GX Professional für das 6x8-cm-Format. Die Objektivstandarte läßt sich kippen, anheben, verschieben und drehen. Der eingebaute Motor sorgt für automatischen Filmtransport, und mit dem AE-Sucher sind nicht nur die Belichtungsmessung durch das Objektiv und automatische Belichtungssteuerung, sondern auch Blitzlichtmessung möglich. Wechselobjektive und umfangreiches Zubehör machen die Fuji GX 680 Professional zu einer universell einsetzbaren Studio-Kamera mit großem Verstellbereich.
Viel Komfort, aber nur begrenzte Verstellmöglichkeiten bieten die Rolleiflex SL 66 SE und SL 66X-Kameras. Der integrierte Balgen ermöglicht auf einfache Art und Weise den Vorstoß in den Nahbereich. Die Standarte ist um + 8 Grad verschwenkbar. TTL-Belichtungsmessung mit Spot- und Integralmessung (SL 66 SE) und Blitzautomatik machen diese Kameras zum praktischen, bequem zu handhabenden Handwerkszeug für Sachaufnahmen. Ihre verhältnismäßig geringen Maße machen auch den Einsatz außerhalb des Studios ohne großen Aufwand möglich.
Mit dem Shift-Adapter können sogar Großbildobjektive verwendet werden, um besondere Aufgaben im Telebereich bei Sachaufnahmen zu lösen. Der Schwenkbereich des Adapters beträgt 13xGRADx nach allen Seiten. Einsetzbar sind Objektive mit Verschlußgrößen 1 und 0 ab Brennweite 150 mm. Dadurch wird die Kombination von Groß- und Mittelformat möglich. Der große Vorteil des gelungenen Kompromisses namens Rolleiflex SL 66 liegt in der Kombination von Großbild- und Mittelformattechnik. Abgesehen von den begrenzten Verstellmöglichkeiten der eingebauten Balgen und der Schärfendehnung nach Scheimpflug bietet die Kamera eine umfangreiche Objektivpalette vom 30mm-Fisheye bis zum 1000 mm Supertele. Darüber hinaus lassen sich auch 4,5x6cm-Kassetten für Aufnahmen im Rechteckformat anbringen.
Linhof Technikardan
Moderne Klassik
+ Allseits verstellbar
+ Ausbaufähig
+ Verwendung von Roll- und Planfilm
+ Kompaktbauweise
- Objektive weniger lichtstark
- Nur auf Stativ zu benutzen - Im Vergleich zu SLR-Kameras sehr voluminös.
Rolleiflex SL 66 SE und SL 66X
Auszugskünstler
+ Großer Balgenauszug
+ Schwenkmöglichkeit der Objektivstandarte
+ Bequeme Handhabung und Belichtungsautomatik
+ Auch außerhalb des Studios für allgemeine Fotografie einzusetzen
- Begrenzte Verstellmöglichkeiten
- Relativ kleines Format
Fuji GX 680 Professional
Elektronik-Riese
+ Großes Format mit optimalem Seitenverhältnis
+ Relativ große Verstellmöglichkeiten
+ Motorischer Filmtransport
+ Rechnergesteuerte Kamerafunktionen
+ Belichtungsautomatik
+ Blitzlichtmessung
- Sehr klobig
- Bequem nur vom Stativ zu handhaben
- Batterieabhängig
{ewl Thnhlp32.dll,THIN,SKIN.LZH;STEIMERM.BMP}