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Artikel

1997

Test & Technik

Schwerarbeiter mit viel Format

Fuji GX 680 Professional

Eine Studiokamera ganz besonderer Art ist die Fuji GX 680 Professional. Wie keine andere ihrer Art verbindet sie perfekte Mechanik mit dem Komfort automatischer Belichtungssteuerung und motorischem Filmtransport. Wir haben die Kamera mit dem ungewöhnlichen 6x8-cm-Aufnahmeformat für Sie ausprobiert.

Eine wie Keine, so kann man ohne Übertreibung die nun endlich auch bei uns in Deutschland lieferbare Fuji GX 680 Professional bezeichnen. Dieses ungewöhnliche Kamerakonzept, das die Verstellmöglichkeiten einer Studiokamera mit dem Bedienungskomfort einer Kleinbildkamera verbindet, stellt wirklich eine Revolution der Studiofotografie dar. Warum? Weil den Fuji-Konstrukteuren mit dieser Kamera zum ersten Mal gelungen ist, bisher nur dem Großformat vorbehaltene Verstelltechniken in einer Mittelformatkamera für normalen Rollfilm zu realisieren. Dabei wurde streng darauf geachtet, daß die Handhabung dennoch so komfortabel und sicher wie nur möglich blieb. Dafür sorgen motorischer Filmtransport mit Einzelbild oder Serienschaltung, LCD- und LED-Anzeigen für alle wichtigen Kamerafunktionen, automatische Belichtungssteuerung und Warnung vor Fehlbelichtungen bei manueller Einstellung, AE-Sucher für TTL-Blitz- und Dauerlichtmessung mit großem LCD-Display sowie Korrektur- und Speichermöglichkeit, um nur die wichtigsten Besonderheiten zu nennen. Doch mehr noch als die technischen Möglichkeiten faszinieren bei der Fuji GX 680 die sinnvolle Anordnung und Gestaltung der Bedienungselemente für bequeme und sichere Handhabung.
Der Bedienungskomfort einer Kamera läßt sich sehr einfach danach bemessen, wie umständlich oder wie schnell sich die wichtigsten Handgriffe für die Vorbereitung der Aufnahme vornehmen lassen. Bei der Fuji GX 680 Professional sind diese durch die hohe Automatisierung auf das Wesentliche beschränkt. Allerdings benötigt die Kamera wegen ihrer hohen Automatisierung auch eine entsprechende Energieversorgung. Dazu ist sie mit einem wiederaufladbaren Akku ausgestattet, dessen Ladung für etwa 1000 Belichtungen reicht. Seine Aufladezeit beträgt nur eine Stunde. Das Ladegerät gehört mit zum Lieferumfang der Kamera. Auch hier zeigen LEDs den Ladevorgang und -zustand an. Der Akku befindet sich an der linken Seite der Kamera und läßt sich nach Entriegelung einer Sperre blitzschnell austauschen. Für den Dauerbetrieb im Studio kann die Fuji GX 680 aber auch über den Netzadapter batterieunabhängig mit Netzstrom betrieben werden.
Geradezu blitzartig geschieht das Ansetzen beziehungsweise Wechseln der Objektive. Bei gleichzeitigem Drücken eines Schiebers auf der Vorderstandarte in Richtung Kamera und Anheben der Sperre läßt sich das Objektiv einfach aus seiner Fassung heben und ebenso einfach wieder einsetzen. Die Kameraelektronik überwacht diesen Vorgang. Wurde das Objektiv fehlerhaft angesetzt, blinkt die Bereitschaftsanzeige auf der Oberseite der Kamera, rechts neben dem Sucher.

Sicherheit wird großgeschrieben

Genauso einfach geht das Ansetzen und Austauschen der Filmmagazine vor sich. Sie werden durch einen drehbaren Bajonettverschluß mit der Kamera verbunden. Die Magazine werden nach der Bezugslinie an der Kamerarückwand ausgerichtet, eingesetzt und durch Drehen nach rechts bis zum Einrasten verriegelt. Der große Vorzug der Fuji GX 680 Professional ist der Magazin-Revolver, das heißt beim Wechsel von Quer- auf Hochformat wird nur das Magazin, nicht die Kamera gedreht. Für Probeaufnahmen mit Sofortbildfilm gibt es spezielle Polaroid-Magazine. Alle Magazine lassen sich nur abnehmen, wenn der Schutzschieber für die Abdeckung des Films eingeschoben ist, damit kein Bildfeld durch Lichteinfall verlorengehen kann. Die am Magazin eingestellte Filmempfindlichkeit wird automatisch an die Belichtungssteuerung weitergegeben. Eine manuelle Umstellung beim Empfindlichkeitswechsel ist also an der Kamera nicht erforderlich. Die Magazine besitzen eine LCD-Anzeige für das Bildzählwerk und eine Einstellmöglichkeit für die Filmempfindlichkeit. Außerdem besitzen sie eine Kontrolle für den korrekten Filmtransport. Die Rückwand läßt sich öffnen, ohne daß das Magazin von der Kamera genommen wird. Der Rollfilmeinsatz läßt sich problemlos herausnehmen, neu bestücken und wieder einsetzen. Besonders praktisch sind auch hier die groß und griffig gehaltenen Bedienungselemente, die schnelles und sicheres Arbeiten gewährleisten.
Für Sicherheit bei der Arbeit sorgt auch das LED-Bereitschaftsanzeigefeld rechts oben auf der Kamera. Hier wird angezeigt, ob der Batteriezustand für einwandfreie Funktion ausreicht, ob Filmmagazin und Objektiv korrekt angebracht wurden, ob der Schutzschieber herausgezogen ist und ob der Verschlußzeitenwähler auf manuellen oder Automatikbetrieb gestellt wurde. Auch Störungen im Transportmechanismus, des Verschlusses oder des Spiegelablaufs werden hier registriert. Sie werden durch Blinken der LEDs angezeigt. Leuchten die LEDs ständig, ist die Kamera aufnahmebereit. Die Farbe der LEDs informiert über den Batteriezustand. Bei Grün ist noch genügend Energie vorhanden. Bei Orange reicht der Strom noch für etwa fünfzig weitere Aufnahmen. So blinkt zum Beispiel eine der beiden LEDs immer, wenn die Kamera in Auto-Stellung ohne den Automatiksucher verwendet wird. Automatikbetrieb ist nämlich nur in Verbindung mit dem AE-Sucher möglich.
Bei Funktionsstörungen der Kamera blinken die orangefarbene und die grüne LED abwechselnd. Die Kamera blockiert dann, und ein zusätzlicher Warnton macht auf die Störung aufmerksam. Bei Störungen am Filmmagazin blinkt dessen LCD-Anzeige. Auch hier ertönt zusätzlich ein akustisches Warnsignal. Die Störungen werden von opto-elektronischen Kopplern erkannt. Sie verhindern, daß Aufnahmen bei fehlerhafter Bedienung gemacht werden können.
Über den Hauptschalter an der rechten Kameraseite lassen sich die verschiedenen Filmtransportarten wie Einzelbildschaltung, Serienaufnahmen oder Mehrfachbelichtung vorwählen. Bei Verwendung des Polaroid-Magazins muß der Hauptschalter auf Mehrfachbelichtung stehen. Um nach einer Mehrfachbelichtung den Film weiterzutransportieren, wird der Filmtransportknopf neben dem Hauptschalter gedrückt. Wird etwa eine Viertelstunde lang keine Belichtung vorgenommen, schaltet die Fuji GX 680 Professional automatisch ab, um Strom zu sparen. Um sie wieder zu reaktivieren, muß sie zunächst aus und danach wieder eingeschaltet werden.
Die Scharfstellung des Objektivs erfolgt durch Veränderung des Balgenauszugs. Dazu besitzt die Fuji GX 680 zwei sanft laufende Zahnstangenführungen mit griffigen Verstellrädern. Sie lassen sich mit Flügelschrauben zur Vermeidung von versehentlichen Verstellungen festziehen. Um auch Verstellungen des Objektivs in der Unendlich-Position zu ermöglichen, besitzen die Fujinon-Wechselobjektive der GX 680 keinen Anschlag für die Unendlicheinstellung.
Wie bei KB-Spiegelreflexkameras erfolgt der Filmtransport motorisch. Die Bildzahl wird auf dem LCD-Display des Magazins angezeigt. Bei 220er Rollfilmen sind achtzehn, mit 120er Magazinen neun Aufnahmen pro Film möglich. Die Kamera registriert nicht nur die Aufnahmen pro Film, sondern zählt alle Auslösungen überhaupt, um so dem Fotografen Hinweise auf eine eventuell fällige Überholung zu geben. Die Magazine sind zur dauerhaften Sicherung der Daten mit Lithium-Batterien versehen. Alle Daten können daher auch beim abgenommenen Magazin auf Knopfdruck abgelesen werden. Auf der Rückseite der Magazine befindet sich ein weißes Feld für Bleistiftnotizen, die sich jederzeit wieder ausradieren lassen. So kann sich der Fotograf leicht merken, was für ein Film im Wechselmagazin eingelegt wurde.
Durch die Verstellmöglichkeiten der Objektivstandarte können Bildschärfe und Perspektive beeinflußt werden. Wichtigste Möglichkeiten sind dabei die Schärfendehnung für die scharfe Abbildung räumlicher Objekte und die Perspektivekorrektur zur Vermeidung von stürzenden Linien in der Architekturfotografie. Die Fuji GX 680 Professional erlaubt sowohl vertikale als auch horizontale Verstellung, Neigen und Schwenken der Standarte. Bei ganz eingefahrenem Objektiv sind mit dem normalen Balgen keine Kameraverstellungen möglich. Daher kann er mit wenigen Handgriffen gegen einen sogenannten Weitwinkelbalgen ausgetauscht werden.
Um auch geringste Erschütterungen während der Aufnahme zu vermeiden, läßt sich der Schwingspiegel vor der Belichtung hochklappen. Das empfiehlt sich vor allem bei Nahaufnahmen. Für extreme Nahaufnahmen lassen sich die Zahnstangen für den Feintrieb der Kamera durch Zusatzschienen verlängern; so kann der Abbildungsmaßstab vergrößert werden.
Für die Fuji GX 680 Professional wird ein umfangreiches Wechselobjektivprogramm mit Brennweiten von 65 mm bis 300 mm angeboten. Es können aber über entsprechende Adapterplatten auch Großformatobjektive angesetzt werden. Diese Objektive dürfen allerdings nicht über die Trägerplatte herausragen, da sie sonst den Schwingspiegel beschädigen könnten.
Ein praktisches Zubehörteil ist der GX-AE-Sucher FL. Er ermöglicht automatische Belichtungssteuerung und TTL-Belichtungsmessung für Dauerlicht sowie die Blitzlichtmessung durch das Objektiv. Da die Fujinon-Objektive für die GX 680 mit Zentralverschluß ausgestattet sind, ist Blitzen mit allen Verschlußzeiten möglich.

Fazit

Die etwas über vier Kilogramm schwere Fuji GX 680 Professional ist eine Kamera, die schon wegen ihres Gewichts vorzugsweise im Studio und dort auf einem stabilen Stativ eingesetzt werden sollte. Durch die Verstellmöglichkeiten der Objektivstandarte bietet sie nahezu die Vielseitigkeit einer Großbildkamera, verbunden mit der einfachen Bedienung einer automatischen, motorgetriebenen Kleinbild-Reflexkamera.
Durch sinnvolle Warnanzeigen und Sperren macht sie die Fotografie sicherer. Noch besitzt die Fuji GX 680 Professional eine Alleinstellung, zu der es in naher Zukunft keine Alternative geben wird.

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