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Artikel
1997
Test & Technik
Canons Nummer 1
Normtest Canon EOS 1
Mit der EOS-1 bietet nun auch Canon Autofokus-Spiegelreflexkamera an, die im Profibereich Fuß fassen will. Wie sie in einem Vergleich mit ihrem direkten Gegenspieler auf diesem Sektor der Nikon F4 - abschneidet, ist an anderer Stelle in diesem Heft zu lesen. Normtest untersuchte, ob die EOS-1 ihrem Profianspruch auf dem technisch-wissenschaftlichen Prüfstand genügt.
Eines ist die Canon EOS-1 mit Sicherheit nicht. Sie ist nicht die von vielen erwartete Nachfolgerin der Canon F1 N, die mit Autofokus und einiger Elektronik aufgewertet wurde. Statt dessen bleibt die F-1, die auch acht Jahre nach der Markteinführung zur Unterscheidung von der ersten Version noch immer die Zusatzbezeichnung "N" für "Neu" trägt, im Programm. Sie ist und bleibt die Profi-Canon auf dem Sektor der manuell zu fokussierenden Spiegelreflexkameras, obwohl ihr in der Canon T90 auf diesem Sektor eine ernstzunehmende hausinterne Konkurrentin erwachsen ist.
Durch die Canon EOS-1, die das Top-Modell der Reihe der Canon-EOS-Autofokus-Spiegelreflexkameras darstellt, eröffnet sich für Profis oder engagierte Hobbyfotografen die Möglichkeit, im Canon-Programm zwischen einem Profimodell herkömmlicher Prägung (und den FD-Objektiven) und einem Profimodell modernster Prägung (und den EF-Objektiven) zu wählen.
In die Hand gebaut
Daß die EOS-1 in die Serie der Canon Autofokus-SLRs gehört, macht schon das Design deutlich. Obwohl sich die bullige EOS-1 von den eher schlanken an deren Modellen (EOS 850 bis EOS 600) doch sichtbar unterscheidet, sind andererseits auch die Ähnlichkeiten nicht zu übersehen. Die Profi-EOS präsentiert sich wie seit der Colani-gestylten T90 bei Canon üblich ohne Ecken und Kanten, ist abgerundet und genau in die Hand des Benutzers hineinkonstruiert.
Das Einstellrad, das seinen Platz zwischen Handgriff und dem eigentlichen Gehäuse hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Es hat sich in der T90 und den "kleinen" EOS-Modellen bewährt und gibt auch dem EOS-1-Fotografen die schnelle und präzise Kontrolle über seine Kamera. Fast alles, was einzustellen ist, wird in diesem zentralen Einstellrad gewählt: Belichtungsmessung, Belichtungssteuerung, Autofokusfunktion, Verschlußzeit, Blende, Programmshift, Filmtransportmodus, Individualanpassung, Belichtungskorrekturfaktoren, Zahl der Mehrfachbelichtungen, Filmempfindlichkeit und Bracketing-Stufen, wobei gegebenenfalls durch Betätigen eines oder zweier Knöpfe vorgewählt werden muß, worauf mit dem Einstellrad Einfluß genommen werden soll. Ein zweites Einstellrad ist neu. Es hat seinen Platz etwas rechts von der Mitte auf der Rückwand. Liegt das zentrale Einstellrad genau im Griffbereich des Zeigefingers, so kommt auf dem zweiten Einstellrad der Daumen wie von selbst zu liegen.
Das große Rad, das sich sowohl bei Aufnahmen im Hoch- wie auch im Querformat bequem bedienen läßt, hat zwei Aufgaben. Arbeitet der Fotograf mit einer der Belichtungsautomatiken, so kann er am Rad eine Belichtungskorrektur einstellen, ohne die Kamera vom Auge nehmen oder umgreifen zu müssen. Zieht der Fotograf den manuellen Belichtungsabgleich vor, dient das Rückwand-Einstellrad als Blendenring. Die Kamera läßt sich allerdings auch so schalten, daß es als Zeitenrad verwendet wird, während die Blende am zentralen Einstellrad gewählt wird.
Individuelle Anpassung möglich
Daß wahlweise die Blende oder die Verschlußzeit mit dem Rückwand-Einstellrad beeinflußt werden können, gehört zu den acht Möglichkeiten der Individualanpassung, mit denen die EOS-1 auf die Wünsche ihres Benutzers abgestimmt werden kann. Die anderen sieben sind: Umstellung von automatisch eingeleiteter Filmrückspulung auf manuellen Rückspulstart; Umstellung von totalem Filmeinzug beim Rückspulen auf Filmeinzug bis zum letzten Zentimeter; Abschaltung der DX-Filmempfindlichkeitsabtastung; Umschaltung der AF-Aktivierung vom Auslöser auf die Meßwert-Speichertaste; Umschaltung der Blenden- und Verschlußzeiteneingabe von Drittelschritten auf ganze Schritte; Abschaltung des manuellen Eingriffs in die Scharfstellung, die normalerweise mit Ultraschallmotor-Objektiven möglich ist; Umschaltung von Mehrfeldmessung auf mittenbetonte Integralmessung. Dies macht es auch dem Umsteiger von einer anderen Kamera leicht, die EOS-1 von Anfang an sicher zu bedienen.
Doppeltes Motorsystem
Auch die Gesamtkonzeption der EOS-1 erleichtert es, auf Anhieb mit ihr zurechtzukommen. Die Schalter und Knöpfe sind entweder dort angeordnet, wo sie gebraucht werden, oder sie sind wenn sie seltener Verwendung finden - hinter einer großen Klappe auf der rechten Kameraseite verborgen. Der eingebaute Motor wird für viele Zwecke ausreichend sein. Der schnelle Nachschuß ist natürlich möglich, und auch für Ausnahmeserien reichen 2,5 Bilder pro Sekunde normalerweise aus. Wer aber schnellere Serien schießen muß oder ganz einfach das Gefühl haben möchte, schnellere Serien schießen zu können, hat die Möglichkeit, den externen Motor "Power Drive Booster E-1" an die EOS-1 anzusetzen. Der Handgriff wird in diesem Fall zwar mitgewechselt, die Handhabung ändert sich aber nicht, da die Form der beiden Griffstücke identisch ist.
Der externe Motor macht bis zu 5,5 Auslösungen pro Sekunde möglich, wobei die Schärfe nicht nachgeführt werden kann. Aber selbst dann, wenn nach jeder Aufnahme die Schärfe neu bestimmt und gegebenenfalls angeglichen wird, können noch bis zu 4,5 Bilder pro Sekunde belichtet werden.
Der Power Booster übernimmt die Energieversorgung der ganzen Kamera, sobald er angesetzt wurde. Er ist mit einem eigenen Auslöser und einer Belichtungs-Meßwertspeichertaste ausgestattet und erleichtert dadurch Aufnahmeserien im Hochformat.
Totale Information
Noch einmal zurück zur Kamera. Zwei Informationszentren geben dem Fotografen den Überblick über den Stand der Dinge. Die eine Informationszentrale ist der LCD-Monitor auf der rechten Oberseite der Kamera. Das zweite Informationszentrum ist der Sucher. Wie von der Canon T90 bereits bekannt, liegt unterhalb des Sucherbildes einer Zeile, in der die Daten alphanumerisch (zum Beispiel Zeit und Blende) sowie durch Sonderzeichen (zum Beispiel Stand der Scharfstellung, Belichtungsmeßart) angezeigt werden. Rechts vom Sucherbild hat eine vertikal angeordnete Zeile Platz gefunden. Es handelt sich um eine Quasi-Analoganzeige. Es gibt zwar keinen Zeiger, der über eine Skala wandert und dabei alle Werte stufenlos anzeigt, aber das LCD-Dreieck, das an einer LCD-Skala "entlangspringt" (jeder "Sprung" entspricht einer Veränderung um eine drittel Belichtungsstufe) zeigt sehr deutlich an, welche Auswirkungen Eingriffe in die Belichtung haben. Das heißt: Hier hat der Fotograf die Kontrolle über Belichtungskorrekturen, die als Abweichungen von der Normbelichtung dargestellt werden.
In der vertikalen Zeile werden auch die verbleibenden Bilder - rückwärtszählend - angezeigt. Der Überblick sowohl über das Sucherbild und wie auch die Anzeigezeilen ist auch für Brillenträger jederzeit gewährleistet, da der Sucher in der Art eines sogenannten "Sportsuchers" ausgelegt ist. Das gesamte Sucherbild ist auch dann erfaßbar, wenn das Auge nicht direkt am Okular liegt. Auf Grund dieser Einrichtung kommt der Dioptrienverstellung ein relativ geringer Stellenwert zu, da es hier generell nicht nötig ist, des besseren Sucherüberblicks wegen ohne Brille zu fotografieren.
Belichtungsmessung
Die Canon EOS-1 ist mit (nahezu) allem ausgestattet, was Canon in Sachen Belichtungsmessung bisher zu bieten hatte.
Ausnahme: Die Mehrfach-Spotmessung der Canon T90 wurde nicht übernommen. Sicher stimmt es, daß die Achtfachmessung mit Mittelwertbildung überflüssig ist, da sie dasselbe Ergebnis bringt wie eine Integralmessung. Es stimmt aber auch, daß zwei oder drei Spotmessungen mit der T90 sehr genau Auskunft über den Helligkeitsumfang des Motivs geben. Der Profi, für den die EOS-1 ja gedacht ist, könnte diese Möglichkeit sicher nutzbringend einsetzen.
Die normale Spotmessung berücksichtigt etwa 2,3 % des Bildfeldes. Hinzu kommen die Canon-typische Selektivmessung (circa 5,8 % des Bildfeldes werden zur Messung herangezogen) und die Mehrfeldmessung.
Die Mehrfeldmessung, die sechs Meßzonen im Bildfeld auswertet und gegebenenfalls selbsttätig Belichtungskorrekturen einsteuert, kann gegen eine mittenbetonte Integralmessung getauscht werden die Individualanpassung macht es möglich. Hat sich der Fotograf zwischen Mehrfeld- und Integralmessung entschieden, stehen ihm also drei Belichtungsmeßmethoden zur Verfügung, die er per Knopfdruck und Betätigung des zentralen Einstellrades aufrufen kann. Belichtungssteuerung
Auf den Ergebnissen der Belichtungsmessung basiert zunächst jede Art der Belichtungssteuerung der EOS-1. Es ist aber in jedem Fall möglich, durch entsprechende Eingriffe die Belichtung nach Erfahrungswerten zu korrigieren.
Nimmt man die Blitztechnik der EOS-1 hier aus (sie wäre einen eigenen, umfangreichen Test wert), stehen fünf Arten der Belichtungssteuerung zur Wahl: Zeitautomatik, Blendenautomatik, Zeitautomatik nach schärfenzonenabhängiger, automatischer Blendenvorwahl ("Depth"), Programmautomatik mit Programmshift, manueller Belichtungsabgleich. Alle Automatiken können im Bereich von + 3 Blendenstufen korrigiert werden - was im Fall der Programmautomatk nicht mit dem Programmshift verwechselt werden darf.
Wird der Programmshift eingesetzt, bleibt dagegen die Belichtung gleich - obwohl durch eine größere oder kleinere Blende die Schärfenzone oder durch eine längere oder kürzere Verschlußzeit die Bewegungsunschärfe beeinflußt wird. Automatisch tritt ein Programmshift in Kraft, wenn die Brennweite des eingesetzten Objektivs - sei es durch Objektivwechsel, sei es durch Zoomen - sich ändert. Wer sich der richtigen Belichtung nicht ganz sicher ist, kann durch die Belichtungsreihenautomatik die Trefferquote ganz erheblich erhöhen.
Belichtungsgenauigkeit
Die Belichtungssteuerung welche auch immer - kann nur so gut sein, wie der Verschluß und die Blendenmechanik es zulassen. Die Verschlußzeiten, die von vollen 30 Sekunden bis 1/8000 Sekunde reichen, werden äußerst exakt gesteuert. Zwischen der 1/8 Sekunde und der 1/250 Sekunde ist keine Abweichung festzustellen. Am "langen" Ende liegen die 1/15 Sekunde und die 1/30 Sekunde weniger als 1/10 Belichtungsstufe über dem Soll, am "kurzen" Ende ist es die 1/4000 Sekunde, die ebenfalls um nicht ganz 1/10 daneben liegt. Die 1/8000 Sekunde bringt wie nicht anders zu erwarten - mit knapp 2/10 Belichtungsstufen in Richtung Überbelichtung die größte Abweichung. Aber auch sie macht sich in keinem Fall als Fehlbelichtung bemerkbar. Zwischen der 1/500 Sekunde und der 1/2000 Sekunde sind -2/10 Belichtungsstufen Abweichung zu verzeichnen.
Eine solche Präzision des Verschlußablaufes ist im Falle der EOS-1 die Voraussetzung dafür, daß die Verschlußzeiten-Einstellung in Drittelstufen tatsächlich wirksam werden kann. Da auch die Blende m Drittelstufen zu verstellen ist, liegt die Vermutung nahe, daß die Blendensteuerung ähnlich exakt arbeitet wie der Verschluß. Der Test zeigt, daß dem so ist. Sowohl bei Zeit- wie auch bei Blenden- und bei Programmautomatik liegen alle Abweichungen im Bereich von + 1/6 Blendenstufen, was für die Praxis keine Auswirkungen hat. Nur wenn - unter extremen Lichtbedingungen etwa - die Verschlußzeit sehr kurz und die Blendenöffnung sehr klein wird, sind Abweichungen von etwa 1/3 Blendenstufe zu erwarten.
Autofokus
Ebenso exakt wie die Belichtungssteuerung arbeitet die Schärfensteuerung der Canon EOS-1. Auch bei geringer Helligkeit und mit lichtschwachen Objektiven wird die Schärfe schnell und präzise eingestellt. Fokussieren von Unendlich auf 45 cm dauert mit dem EF 3,54,5/35-70 mm etwa 8/10 Sekunden.
Wie schon bei verschiedenen Tests vorher konnte auch in diesem Fall festgestellt werden, daß die Fokussierdauer nahezu unabhängig vom Kontrast und von der Helligkeit ist. Auch bei sehr hohem Kontrast wird nicht schneller scharfgestellt als bei einem Kontrastwert, der eben noch erkannt werden kann.
Die Helligkeit spielt erst dann eine Rolle, wenn sie gering ist. Bei allen Messungen zwischen LW 15 und LW 2 waren die Fokussierzeiten (bei sonst gleichen Bedingungen: gleicher Startpunkt, gleiche Entfernung des Testmotivs) gleich. Erst bei LW 1 war eine etwas längere Fokussierdauer zu verzeichnen (1,08 Sekunde mit EF 3,5-4,5/ 35-70 mm und Scharfstellung von Unendlich auf 45 cm). Bei LW-1 und darunter wurden immer noch viele gute Ergebnisse erzielt. Allerdings waren auch einige Aussetzer zu verzeichnen, bei denen die Kamera die Schärfe nicht festlegen konnte.
Der neue AF-Sensor der EOS-1 spricht auf vertikale und horizontale Strukturen an. Er stellt innerhalb des Canon AF-Systems einen deutlichen Fortschritt dar.
Fazit
Die Canon EOS-1 hat sich im Normtest hervorragend geschlagen und bekommt dafür das Prüfsiegel "COLOR FOTO Normtest Note 1". Besonders viele durchdachte Detaillösungen, durch die die Aufnahmepraxis deutlich vereinfacht wird, unterstützen den guten Eindruck, der an den Meßgeräten gewonnen wurde.
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