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Artikel
1997
Test & Technik
Olympus AZ 200
Mit Stotterblitz
Klein, kompakt und trotzdem noch mit einem eingebauten Zoomobjektiv ausgestattet ist Olympus' neue AZ 200. Der besondere Gag: Ein stroboskopartiger Stotterblitz, der den typischen Rote-Augen-Effekt unterdrücken soll.
Das Problem ist allen Kompaktkamera-Besitzern geläufig: So einfach und bequem die "Alles in Einer"-Kameras heute auch sind, so sehr ihre brillanten Bilder überzeugen, so enttäuschend sind immer wieder die geblitzten Fotos bei Schummerlicht, auf denen vor allem Hellhäutige, blonde Menschen plötzlich Kaninchenaugen haben. Die Ursache ist ebenfalls hinlänglich bekannt. Je dunkler das Umgebungslicht, um so weiter öffnet sich die Pupille, um das Auge den Lichtverhältnissen anzupassen. Wird letzt geblitzt. reflektiert die stark durchblutete Netzhaut des Augenhintergrundes das Blitzlicht, und die Augenmitte wird Kaninchenrot. Dieser Effekt wird um so deutlicher, je mehr sich die Strahlen des Blitzlichts der optischen Achse nähern. Spiegelreflex-Fotografen vermeiden diesen Effekt durch indirektes oder entfesseltes Blitzen. Der eingebaute Miniblitz der Kompaktkameras läßt sich allerdings bis heute weder von der Kamera nehmen und mit TTL-Kabel seitlich plazieren noch für indirekte Blitzbeleuchtung nach oben schwenken oder zur Seite drehen. So bleibt dem Fotografen nach wie vor als einziger Ausweg, dafür zu sorgen, daß sich die Pupille seines Modells soweit wie möglich schließt. Meist geschah dies dadurch, daß er entweder sein Modell bat, in eine helle Lichtquelle, etwa die Zimmerlampe zu schauen, oder er löste einfach einen Probeblitz aus. Diese Möglichkeit haben inzwischen auch die Kamerahersteller erkannt und bei ihren Automatisierungsbestrebungen berücksichtigt. Als erster kam Nikon mit seiner TW2AF den Markt, die zur Vermeidung roter Augen vor der eigentlichen Belichtung einen Vorblitz auslöst, der bewirken soll, daß die Pupille sich zur Aufnahme schließt.
Mit der AZ 200 Multi AF Zoom ist Olympus noch einen Schritt weiter gegangen. Ein Blitz allein reicht nicht, sagten sich die Konstrukteure der AZ 200. Entweder ist er zu stark und belastet die Augen unnötig oder er ist zu schwach, daß die Pupille sich schließt. So erfanden sie den Stotterblitz. Die Olympus AZ 200 sendet vor der Aufnahme fünfzehn leichte Blitze in etwa einer Sekunde aus, bevor der Blitz mit voller Leuchtkraft gezündet wird. Die Wirkung: Der Rote-Augen-Effekt ist stark vermindert. Intensive wissenschaftliche Forschungen waren nötig, um die optimale Anzahl der Vorblitze und ihre Stärke festzulegen.
Doch nicht nur wegen dieser Vorblitzfunktion ist das neuartige Blitzsystem der Olympus AZ 200 erwähnenswert, auch für normale Blitzaufnahmen besitzt es vielseitige Steuerfunktionen. Ein 8-Bit-Mikroprozessor kontrolliert das neuartige Transistorsteuersystem für die Blitzmengendosierung. Die Blitzmenge wird in Abhängigkeit von der durch das AF-System ermittelten Entfernung gesteuert. Dadurch ist es möglich, selbst bei kurzen Aufnahmedistanzen, die früher regelmäßig zu Überbelichtungen führten, korrekte Blitzbelichtungen zu erzielen.
Fünf Blitzfunktionen kann der Besitzer einer AZ 200 nutzen. Beim Auto-Blitzprogramm schaltet sich der Blitz bei zu wenig Licht oder bei Gegenlicht automatisch zu und garantiert so bei Tag und Nacht einwandfreie Blitzaufnahmen. Bei Tag kann der Blitz auch gezielt als Aufhellblitz zugeschaltet werden. Die Blitzsynchronzeit wird hier dynamisch in Abhängigkeit von der verwendeten Brennweite und Umgebungshelligkeit zwischen 1/40 und 1/500 Sekunde bei Weitwinkel und 1/60 und 1/500 Sekunde bei Tele gesteuert.
Sogar Stroposkop-Effekte lassen sich mit der Olympus AZ 200 realisieren. In dieser Funktion löst der Blitz bei einer konstanten Belichtungszeit von 1/6 Sekunde in Intervallen von 50 Millisekunden insgesamt viermal hintereinander aus, so daß zum Beispiel ein bewegtes Objekt viermal auf einem Bild festgehalten werden kann. Diese Technik war bisher nur sehr aufwendigen Kamera- und Blitzsystemen vorbehalten.
Selbstverständlich läßt sich der Blitz für stimmungsvolle Aufnahmen bei vorhandenem Licht auch abschalten. Die längstmögliche Verschlußzeit beträgt eine Sekunde.
Eine weitere technische Glanzleistung stellt das eingebaute Motorzoom-Objektiv 38-80 mm dar. Durch seine kompakte Bauweise wurde es möglich, die Kamera so zu bauen, daß sie nur ganze 370 Gramm wiegt. Der Sucher nach dem Kepler-Prinzip stellt ein eigenes optisches Zoom-System dar. Er sorgt dafür, daß Bildausschnitt und Sucherbild stets übereinstimmen. Das Motorzoom ermöglicht auch die vorherige Festlegung des Abbildungsmaßstabes von 1:35, der einer typischen Halbtotalen entspricht. In dieser Funktion wählt die Kamera automatisch bei Entfernungen zwischen 1,3 und 2,8 Metern in Abhängigkeit von der Entfernung die erforderliche Brennweiteneinstellung. Der vorgegebene Bildausschnitt kann hierbei aber durch manuelles Zoomen jederzeit korrigiert werden. Das Mehrpunkt-Autofokus-System orientiert sich an drei unterschiedlichen Bildzonen. Dies verhindert das typische Hindurchfokussieren bei zwei nebeneinander stehenden Personen, wie es bei Einpunktmeßsystemen üblich ist. Das Ergebnis war ein scharf abgebildeter Hintergrund, vor dem verschwommen zwei Personen zu sehen waren. Das Mehrpunkt-AF-System der Olympus stellt automatisch fest, ob sich bildwichtige Objekte außerhalb der Mitte befinden. Allerdings funktioniert diese Messung nur bei Querformat, weil die Sensoren horizontal auf einer Linie angebracht sind.
Selbstverständlich können Belichtung und Entfernung auch mit auf das in der Mitte des Suchers befindliche kleine Meßfeld abgestimmt werden. Für diese Funktion wird die Kamera auf Spotmessung gestellt. Der Meßwert kann durch Antippen und Gedrückt-Halten des Auslösers gespeichert werden.
Besonders praktisch ist der herausnehmbare Fernauslöser, mit dem die AZ 200 aus einer Entfernung bis zu fünf Metern drahtlos ausgelöst werden kann. Die Auslösung kann mit einer Verzögerung von einer Sekunde oder drei Sekunden erfolgen, so daß man noch genügend Zeit hat, den Fernauslöser in die Tasche zu stecken. Mit der Serienschaltung sind übrigens auch zwei Aufnahmen hintereinander möglich.
Noch gibt es keine andere Kamera, die so viele Ausstattungsmerkmale bei so kompakter Bauweise, geringem Gewicht und einfacher Bedienung bietet. Keine Zoom-Kompaktkamera hat mir bisher so großen Fotospaß bereitet wie die Olympus AZ 200.
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