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1997

Sammlerkamera des Monats:

Contax T

Steile Karriere

Sie ist die jüngste Kamera, die jemals auf dieser Seite vorgestellt wurde. Trotzdem ist sie schon heute, zwei Jahre nach Produktionseinstellung, ein Favorit für Sammler. Die Contax T hinterließ eine Lücke im Kameramarkt, obwohl sie zu "Lebzeiten" nur mäßig erfolgreich war.

Rund 1000 Mark mußten die Käufer 1985 für die Contax inklusive Blitzgerät hinblättern, und diese Summe erschien vielen angesichts des Gebotenen als zu hoch. Eine kleine, unscheinbare Kompaktkamera mit fest eingebautem Objektiv durchschnittlicher Lichtstärke kostet woanders, beispielsweise bei Minox, inklusive Blitzgerät nur die Hälfte, von den Autofokusmodellen der Japaner einmal ganz zu schweigen. Die Contax T wollte sich über den Luxus profilieren. Das Gehäuse besteht nicht etwa aus profanem Kunststoff, sondern aus edel schimmerndem Leichtmetall, das wahlweise auch in elegantem Schwarz statt silberfarben geordert werden konnte. Der Auslöser präsentiert sich gar als synthetischer Rubin, und auch für das Objektiv war den Kyocera-Konstrukteuren das Beste gerade gut genug. Ein fünflinsiges Sonnar, aus der Zusammenarbeit mit Carl Zeiss stammend, rundet den hohen Anspruch der Kamera ab. Es ist mehrschichtvergütet, besitzt die Kenndaten 2,8/38 mm und sorgt für ungewöhnlich brillante Fotos. Unterstützt wird die hohe Abbildungsleistung noch durch den in dieser Kameraklasse heutzutage einmaligen Mischbild-Entfernungsmesser, der punktgenaues Scharfeinstellen ermöglicht. Die Bildschärfe wird nicht über die Schärfentiefe erreicht wie beim Schätzen, sondern durch exakte Scharfeinstellung per Entfernungsmesser. Auch sonst steckt bei dieser teuren Kamera viel Aufwand im Detail: Die Zwischenlinsenblende weist sieben Lamellen auf und kommt damit der runden Idealform recht nahe, der aufwendige Hinterlinsen-Zentralverschluß verfügt über die Zahl von fünf Lamellen. Die Rückspulmechanik arbeitet kugelgelagert wie bei der Contax RTS II. Zeitgemäßem Bedienungskomfort entspricht eine Zeitautomatik nach Blendenvorwahl. Im Sucher zeigen Leuchtdioden die von der Kamera selbsttätig gewählte Verschlußzeit an. Der Contax-T-Fotograf wählt die Blende vor, stellt scharf und drückt auf den wertvollsten Auslöser aller Kameras, einen künstlichen Saphir mit dem poetischen Namen "Romande". Allerdings will das ausgesprochen modische LCD-Bildzählwerk nicht so recht in den konservativ-eleganten Rahmen der Contax T passen. Die zahlreichen "inneren Werte" und der hohe konstruktive Aufwand rechtfertigen den hohen Preis von rund 1000 Mark, in dem noch eine Alcantara-Tasche und ein Blitzgerät enthalten sind. Es läßt sich seitlich an die Kamera montieren - ähnlich wie bei der Olympus XA - und wird vollautomatisch von der Kamera gesteuert.
Die Contax T gehört zu den beinahe vom Markt verschwundenen Meßsucherkameras. Der beliebten Rollei 35 S hat die Contax T den Entfernungsmesser voraus und mit ihr das kompakte Format sowie das Sonnar-Objektiv gemeinsam. Soweit die Positionierung der Kamera unter ihren Konkurrenten. Sammler und Kameraliebhaber fühlen sich von der Contax T zunehmend angelockt. Die Gründe für dieses plötzlich aufkeimende Interesse sind unterschiedlicher Natur. Die Kamera wird seit Oktober 1987 nicht mehr gebaut, trägt einen berühmten Namen, wurde in geringer Stückzahl produziert und ist konstruktiv aufwendig und originell. All diese Eigenschaften rufen die Sammler auf den Plan. Sie sind inzwischen bereit, den damaligen Neupreis von 1000 Mark zu akzeptieren und legen manchmal sogar - zumal wenn es sich um die seltenere schwarze Version handelt - bis zu 1300 Mark für die erste Contax-Meßsucherkamera nach 25 Jahren Pause an. Daß die Contax T nicht so eine außergewöhnliche Kamera ist wie die Contax IIIa von 1960, sondern lediglich eine mit allen Mitteln der Kamerabaukunst verfeinerte Minox, scheint dabei nur wenige zu stören. Bei der Einführung der Kamera hatte Yashica Kyocera nicht speziell die Sammler im Visier, sondern ganz allgemein Leute mit Geld und Geschmack. Kein Wunder, daß sie in der Werbung den Bonvivant Oscar Wilde zitierten: "Kunst sollte niemals versuchen, populär zu sein". Wenn Ihnen dieser Gedanke nicht fremd ist, dann interessiert Sie sicherlich die Contax T. Schade, daß ihr erst jetzt die Anerkennung zuteil wird, die ihr während ihrer kurzen Produktionszeit versagt blieb.

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