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Artikel
1997
Test & Technik
Canon EOS-RT
Echt Zeit für Real Time?
Schon einmal spielte die Bezeichnung Real Time eine Rolle bei der Namensfindung einer Kamera. Die "RTS" der ersten Japan-Contax stand für "Real Time System". In diesen Tagen nun kommt der High-Tech-Ausdruck wieder zu Ehren. "EOS-RT" nennt Canon ein Sondermodell der EOS-Serie.
Real Time, das soll nicht mehr und nicht weniger bedeuten, als daß die Belichtung in exakt dem Moment erfolgt, in dem der Fotograf den Auslöser betätigt.
Echtzeitaufnahmen sind mit Spiegelreflexkameras herkömmlicher Bauweise nicht möglich. Grund dafür ist der Schwingspiegel, der in der Zeit zwischen den Aufnahmen das vom Objektiv kommende Licht in den Sucher umzuleiten hat. Für die Aufnahme selbst muß aber der Spiegel aus dem Weg geräumt werden. Er klappt nach oben. Um diesen Moment, den der Spiegel braucht, um aus dem Strahlengang entfernt zu werden, muß sich die Aufnahme verzögern. Abhilfe versprechen teildurchlässige Spiegel, die einen Teil des vom Objektiv kommenden Lichtes zum Sucher umlenken und einen anderen Teil zum Film passieren lassen.
Canon hat bereits mehrfach mit teildurchlässigen Spiegeln in SLRs gearbeitet. In der Canon EOS-RT wird nun ein neuer Typ eines teildurchlässigen Spiegels verwendet. Seine Fähigkeit, gleichzeitig Licht passieren zu lassen und zu reflektieren, erhält er von wechselnd angeordneten transparenten und reflektierenden Streifen. Laut Canon ist die Lichtdurchlässigkeit erheblich verbessert worden. Genaue Zahlen, wieviel Licht für das Sucherbild abgezweigt werden muß, liegen derzeit noch nicht vor.
Dagegen gibt Canon sehr genau an, welchen Gewinn an Geschwindigkeit der Benutzer einer EOS-RT gegenüber einer herkömmlichen Kamera zu erwarten hat.
Vergehen dort etwa 110 ms (Millisekunden) zwischen dem Druck auf den Auslöser und dem Beginn der Belichtung, so dauert es bei der Canon EOS-RT nur noch ganze 8 ms, bis der Auslösobefehl des Fotografen in den Verschlußablauf umgesetzt wird.
Bedenkt man, daß das AF-System der EOS-1 und auch das der EOS-RT darauf programmiert ist, Bewegungen zu analysieren und die Schärfe so einzustellen, daß sich das Motiv im Moment des Auslösens in der Schärfenebene befindet, so wird der Vorteil der kaum mehr wahrnehmbaren Verzögerung zwischen Auslösen und Belichten deutlich.
Das Motiv ist immer - auch im Moment der Belichtung sichtbar. Das hat zur Folge, daß das Motiv auch im Augenblick der Aufnahme noch überprüft und der schnelle Nachschuß gegebenenfalls gezielt eingesetzt werden kann. Und Nachführaufnahmen, bei denen das Motiv am selben Fleck innerhalb des Bildformates bleiben soll, können auch einfacher realisiert werden, wenn der Blick auf das Motiv nicht im entscheidenden Moment durch einen hochklappenden Spiegel versperrt wird.
Weiterhin: Das SLR-typische Auslösegeräusch, das der in seine Endpositionen krachende Spiegel verursacht, entfällt ganz und gar; der Fotograf sieht im Sucher, ob der Blitz gezündet hat oder nicht.
Natürlich hat die Canon EOS-RT mehr zu bieten als den feststehenden Spiegel.
Äußerlich ist sie unverwechselbar eine Canon EOS. Das Gehäuse entspricht dem der EOS 650/EOS 620 Modelle. Es weist die typischen abgerundeten Kanten auf, ist mit einem zentralen Einstellrad und einem LCD-Display versehen, zum Ein- und Verstellen von Werten müssen Knöpfe gedrückt werden, der Motor, der den Film vor- und rückwärts transportiert, ist eingebaut, und wer auf einen Fernauslöser-Anschluß Wert legt, muß die Basisversion des Handgriffes gegen den Griff GR-20 austauschen.
Die EOS-RT ist eine Autofokus-Kamera, die mit Schärfenpriorität oder mit Schärfennachführung arbeiten kann. Im letzteren Fall hat man der EOS-RT das AI-Servo-System mit auf den Weg gegeben, das die Motivbewegungen (siehe oben) analysieren und entsprechend reagieren kann.
Der Verschluß allerdings kommt nicht aus der EOS-1 oder der EOS-620, denn als kürzeste Zeit steht dem EOS-RT-Benutzer die 1/2000 Sekunde zu Verfügung, die allerdings ausreichend kurz für alle Aufgaben der täglichen Fotografie angesehen werden kann. Ob das für die längste Zeit von 1/30 Sekunde auch gilt, mag angezweifelt werden. Noch zum Verschluß: Synchronzeit ist 1/125 Sekunde.
Die Belichtungsmessung zeigt den Einfluß aus der EOS1-Entwicklung - es stehen nämlich Mehrfeldmessung, Integralmessung und Selektivmessung zur Verfügung. Die Umsetzung der Meßwerte kann durch manuelles Nachführen von Blende und/oder Verschlußzeit erfolgen oder einer der Belichtungsautomatiken überlassen werden. Genannt werden: Intelligente Programmautomatik, Zeit- und Blendenautomatik, Schärfen-(Depth-) Automatik, Blitzautomatik. Die Möglichkeit, Belichtungsreihen von der Automatik steuern zu lassen, soll die Ausbeute an optimal belichteten Bilder erhöhen.
Natürlich ist auch die EOS-RT keine Kamera mehr, die man nimmt, wie man sie gekauft hat. Fünfzehn Individualfunktionen sollen es möglich machen, die Kamera an all die großen und kleinen Wünsche anzupassen, die man als Fotograf eben so hat.
Eine der wirklich interessanten Umschaltmöglichkeiten setzt für das Blitzen mit Zeitautomatik die Synchronzeit auf 1/125s fest. Im Normalfall wird die Synchronzeit nämlich passend zur Blende und der Umgebungshelligkeit eingestellt, und führt dann zur paradoxen Situation, daß man bei Dunkelheit und vorgewählter kleiner Blende für Blitzaufnahmen ein Stativ braucht.
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